Belair: Interview mit Hakan Genctürk und Martina Kirches-Ernst

"Wir sind unverändert ein kompetenter und zuverlässiger Lieferant"

Belair meldet sich mit neuen Produkten und Ideen zurück. In den letzten zwei Jahren schien das Unternehmen sehr mit sich selbst beschäftigt, seit einigen Monaten blickt man in Flieden wieder nach vorn: Der türkische Mutterkonzern Zorlu hat Hakan Genctürc zum neuen Geschäftsführer berufen, mit Martina Kirches-Ernst hat Anfang des Jahres eine kompetente Produkt- und Marktkennerin die Vertriebsleitung für die deutschsprachigen Länder übernommen, am Sortiment wurde gearbeitet und auf der Heimtextil will sich Belair wieder in alter Form präsentieren. BTH Heimtex sprach mit den beiden über Kollektion, Konzept und Kunden.


BTH Heimtex: Endlich hört man wieder etwas von Belair. Warum war es in der letzten Zeit so still um das Unternehmen geworden?

Martina Kirches-Ernst: Direkt still war es nicht um uns geworden. Wir hatten von Herbst vergangenen Jahres bis Anfang 2007 eher das Gefühl, wir sind in der Branche in aller Munde... Richtig ist, dass wir weniger als zuvor in der Öffentlichkeit präsent waren. Hinzu kam noch, dass wir auf der Heimtextil 2007 nicht mit einem eigenen Messestand vertreten waren, sondern auf dem Stand unser Muttergesellschaft Korteks, der Textildivision der türkischen Zorlu-Gruppe. Das hat zu Spekulationen geführt, die jedoch jeglicher Grundlage entbehren.

In der Zwischenzeit haben wir intensiv an unserer neuen Kollektion gearbeitet und nachdem wir sie unseren Kunden präsentiert haben, stellen sie einhellig fest, dass wir zu alter Form zurückgekehrt sind und wieder mit innovativen Produkten Trendsetter-Funktion übernehmen. Auch der sehr positive Auftritt auf der Comfortex hat dazu beigetragen, zu verdeutlichen, dass es Belair weiter gibt.

Auf der Heimtextil 2008 werden wir wieder mit einem eigenen Stand in Halle 3.0 ausstellen - allerdings, weil unsere Mutter Korteks nicht an der Veranstaltung teilnimmt. Wir wollen in Frankfurt unterstreichen, dass wir unverändert ein kompetenter und zuverlässiger Partner sind und zu den Trendsettern gehören.

BTH Heimtex: Das klingt, als hätte sich an Ihrer Strategie und Ihren Konzepten nicht viel geändert...

Kirches-Ernst: Hat sich auch nicht. Unsere Strategien und Konzepte sind die gleichen geblieben - höchstens leicht modifiziert, um sich den Marktgegebenheiten anzupassen - und wir werden sie kontinuierlich weiter fahren - mit dem Ziel, die derzeitige Marktposition zu festigen und auszubauen. Dazu gehört nicht nur die Pflege der bestehenden Kunden, sondern wir müssen auch neue gewinnen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Denn wir haben in den letzten Monaten unsere Hausaufgaben gemacht, zeitgemäße Lifestyle-Themen und interessante Produkte für alle Distributionsschienen entwickelt. Zudem haben wir in einigen Bereichen die Basis-Auswahl aufgestockt - das ist uns dieses Jahr zu Gute gekommen. Weitere Ansatzpunkte sind das Coupon-Angebot und die Fertigkonfektion, die wir beide erweitern wollen.

Hakan Genctürc: Und dann wollen wir im Export weiter expandieren. Die ausländischen Märkte haben sich nämlich in den letzten Jahren sehr vielversprechend entwickelt.

BTH Heimtex: Welche Rolle spielt bei Ihrer Strategie und Firmenpolitik die Einbindung und Anbindung an Ihre türkische Mutter Korteks?

Genctürc: Belair profitiert von der vertikalen Integration eines Betriebes mit 100% Eigenfertigung vom Garn bis zum Fertigprodukt. Das ermöglicht, modische Themen schnell umsetzen und flexibel auf die Wünsche unserer Kunden eingehen zu können. Ein ISO zertifizierter Produktionsablauf erfüllt zudem den Ökotex-Standard und sichert den Produkten ein hohes Qualitätsniveau.

BTH Heimtex: Und wieweit nimmt Ihre Mutter Einfluss auf Ihr operatives Geschäft? Wie eigenständig agieren Sie?

Genctürc: Belair wird von der Muttergesellschaft als eigenständiges Unternehmen gesehen und auch so geführt. Das wird auch so bleiben. Selbstverständlich nutzen wir Synergien, die sich durch die Produktion in der Türkei für die Artikel von Belair und die schnelle Umsetzung von Design-Ideen ergeben. Aber, und das möchte ich ganz deutlich betonen: Belair und Korteks haben grundsätzlich unterschiedliche Sortimente, da die Ausrichtung beider Unternehmen völlig verschieden ist. Korteks ist auf die internationalen Märkte weltweit ausgerichtet, während sich Belair auf Europa konzentriert.

Daher werden in Flieden auch eigene Designer beschäftigt, die die Ideen von Belair umsetzen. Diese werden dann an Korteks weitergegeben, wo sie produziert werden.

Das ist eine der Stärken von Belair - dass fast ausschließlich mit eigenen Dessins gearbeitet wird.

Das hat natürlich den Vorteil, dass man sie nicht überall wieder findet. Und die Kunden haben die Sicherheit, dass die Belair-Produkte, die sie führen, nicht auch woanders angeboten werden.

Es war schon immer Unternehmens-Strategie, sich mit eigenen Kollektionen vom Markt abzusetzen. Zugekauft werden nur einige Basics und Gewebe, die Korteks nicht selber herstellen kann.

BTH Heimtex: Wie ist Ihr Sortiment aktuell aufgebaut?

Kirches-Ernst: Unser Sortiment ist vielschichtig angelegt, weil wir die verschiedenen Vertriebsschienen wie Fachhandel und Raumausstatter, Fachmärkte, Möbelhäuser sowie Bau- und Heimwerker-Märkte differenziert bedienen wollen und uns dabei an ihren jeweiligen Bedürfnissen orientieren.

BTH Heimtex: Und welchen Anteil haben jeweils Stück-, Coupon- und Fertigware?

Kirches-Ernst: Fertigkonfektion einerseits und Meterware/Coupons andererseits halten sich inzwischen ziemlich die Waage, das heißt jeweils 50% Anteil. Dabei verhalten sich Meterware/Coupons wiederum ca. 60:40. Alles, was wir im Coupon haben, bieten wir auch im Stück an, wobei wir feststellen, dass sich der Coupon-Anteil erhöht. Dementsprechend werden wir dieses Segment stärker ausbauen. In diesem Jahr haben wir bereits begonnen, die Kollektion dahingehend zu erweitern und der Erfolg gibt uns schon jetzt Recht.

BTH Heimtex: Sie sind im Vertrieb offensichtlich relativ breit aufgestellt. Wie gewichten sich die einzelnen Distributionsschienen?

Kirches-Ernst: Richtig - wie bereits erwähnt, beliefern wir nahezu alle Distributionskanäle. Zur Zeit stellen wir fest, dass die Baumärkte stark bei uns wachsen, den Bereich Raumausstatter und Fachhandel forcieren wir durch den Ausbau des Couponprogramms und erwarten auch dort klare Zuwächse.

BTH Heimtex: Bei welchen Absatzkanälen sehen Sie die besten Perspektiven?

Kirches-Ernst: Beste Zukunfts-chanchen haben Fachmarkt, Möbelhandel und Baumarkt - sofern sie sich neu ausrichten, die Stückware abbauen, Coupon-Ware weiter bedienen und sich auf Fertigkonfektion konzentrieren. Gerade die Baumärkte haben ja versucht, ganze Heimtextilien-Abteilungen mit Meterware etc. aufzubauen. Das hat aber nicht wirklich funktioniert. Ich glaube, dass sie mit der Fertigkonfektion besser beraten sind. Auch der Möbelhandel baut die Fertigkonfektion aus, obgleich hier der Schwerpunkt noch auf Coupon und Stück liegt.

Raumausstatter und Fachhandel haben genauso eine Zukunft: Wenn sie sich durch Flexibilität, Service, Kompetenz und hochwertige Produkte absetzen.

BTH Heimtex: Das Sortiment ist ein Faktor, genauso wichtig sind die Serviceleistungen Welche bieten Sie Ihren Kunden?

Kirches-Ernst: Wir sind ein absolut zuverlässiger Partner. Unsere Lagerbestände sind sehr hoch, entsprechend sind wir sehr lieferzuverlässig. Engpässe, wie sie leider im vergangenen Jahr aufgetreten sind, wird es nicht wieder geben. Schnelle Auftragsbearbeitung und Abwicklung sind auch selbstverständlich.

Speziell im Baumarkt-Bereich sind Shop-in-Shop-Systeme ein sehr großes Thema. Unsere Kunden wünschen sich immer wieder kompetente Vorschläge, wie sie die Fläche in ihren Häusern optimal nutzen können.

Das ist im Moment einer unserer großen Vorteile: dass wir komplette Lösungen anbieten: für freistehende Shops genauso wie für die Wandpräsentation, inclusive Pflege, Bestückung und Aktualisierung. Aber nur so funktioniert es auch. Belair hat rund 650.000 EUR in die neuen Shops investiert; das zeigt, wie wichtig uns dieser Bereich ist.

Wir können die Modelle individuell an die Wünsche und Gegebenheiten des Kunden anpassen - sowohl räumlich als auch optisch und wir bieten ihnen ein riesiges Service-Paket, sozusagen ein "Rundum-Sorglos-Paket": Wir stellen die Shops leihweise zur Verfügung, bauen sie auf, die Regalpflege erfolgt vor Ort durch unseren Außendienst und die Lieferung der Ware ist frei Haus. Und die Bestückung besteht nicht nur aus Schlaufenschals, sondern schließt auch Kissen, Raffrollos, Flächenvorhänge und Kleinfenster-Serien ein.

BTH Heimtex: Welche Rolle spielt die Marke Belair, welche Handelsmarken?

Kirches-Ernst: Das ist ein Punkt, an dem wir tatsächlich etwas verändert haben. Bislang war ein Großteil der Fertigware nicht mit unserem Logo gelabelt. Das wird anders werden, weil wir unseren Namen mehr forcieren und die Marke stärken wollen.

Klare Vorgabe: Wir wollen bei der BTH Heimtex-Umfrage nach den sympathischsten Gardinen- und Dekoanbietern wieder unter den ersten 17 sein.

BTH Heimtex: Wir haben vorhin schon einmal kurz das Thema Export angeschnitten. Welche Märkte bedient Belair von Deutschland aus?

Genctürc: Hauptmärkte sind eindeutig die deutschsprachigen Länder. Allein in Deutschland bedient Belair rund 3.000 Kunden, die verschiedenen Gruppen haben wir bereits genannt, in Österreich ist die Vertriebsstruktur ähnlich, in der Schweiz sind es vor allem Großabnehmer mit mehreren Häusern. Weitere wichtige Märkte sind Belgien, Frankreich und Russland, weiterhin beliefern wir auch Tschechien, Ungarn, Kroatien, Lettland und Litauen. Für Polen haben wir gerade einen neuen Vertreter eingestellt, dort sehen wir noch gute Umsatzmöglichkeiten. Insgesamt sind wir derzeit in ca. 30 Ländern präsent.

BTH Heimtex: Lassen Sie uns zum Schluss einen Blick auf Ihre Neuheiten werfen. Was erwartet uns auf Ihrem Stand auf der Heimtextil?

Kirches-Ernst: Wir haben unsere Kollektion zur Abrundung mit einigen interessanten Basics erweitert. Außerdem bringen wir natürlich Neuheiten in den aktuellen Trendfarben, unter anderem mit Blumen, Kreisen und Schmetterlingen. Wir werden auch weiterhin Themenkonzepte anbieten, allerdings nicht mehr in der Vielzahl wie früher, sondern wir werden uns auf zwei bis vier konzentrieren, die zugleich etwas konsumiger gestaltet sind. Auf gewisse Eyecatcher werden wir auch nicht verzichten.

Und dann sind wir noch mit einer weltbekannten Marke in Verhandlung und arbeiten an einem neuen Fertigkonfektions-Programm, das wir hoffentlich auf der Heimtextil präsentieren können.
aus BTH Heimtex 12/07 (Wirtschaft)