Interview des Monats: Smartfiber AG, Rudolstadt

"Alle unsere Produkte sind umweltfreundlich"

Auf der Heimtextil 2007 stellte das Bettwarenunternehmen Billerbeck eine Bettdecke mit einer neuartigen, Temperatur regulierenden PCM (Phase Changing Material)-Faser der Firma Smartfiber als Füllung vor. In diesem Jahr war Smartfiber selbst auf der Frankfurter Messe präsent und stellte eine Weiterentwicklung dieser Faser vor: Sie hat die Feinheit von 1,7 dtex und besteht dennoch bis zu rund 50 Prozent aus PCM-Material. Diese Technologie beherrscht derzeit weltweit kein anderes Faserunternehmen. Mit dieser extra feinen Faser können nun auch Funktionsgewebe hergestellt werden, beispielsweise für Bettwäsche. Wer steht hinter dieser innovativen Firma, und was ist der Grund für diese Bahn brechende Innovation? Haustex unterhielt sich mit den Vorständen Michael Kohne und Dr. Ralf-Uwe Bauer sowie mit der Marketingleiterin Natalia Kohne.

Haustex: Herr und Frau Kohne, Dr. Bauer, Sie waren in diesem Jahr zum ersten Mal mit Smartfiber auf der Heimtextil mit einem eigenen Stand vertreten. Wie waren Ihre Erfahrungen?

Michael Kohne: Wir waren in der Halle 8 nur mit einem kleinen Stand vertreten. Aber trotzdem haben wir zahlreiche neue und sehr wertvolle Kontakte knüpfen können. Und das Schöne war, dass wir gar nicht viel dazu tun mussten, die Leute kamen von selbst auf uns zu. Die Messe hat sich daher für uns richtig gerechnet, im Gegensatz zur Techtextil, bei der es mehr darum ging, Flagge zu zeigen. Aber bei der nächsten Heimtextil werden wir auf jeden Fall wieder dabei sein.

Haustex: Worauf führen Sie diese erfreuliche Resonanz zurück?

Michael Kohne: Im vergangenen Jahr haben wir gemeinsam mit Billerbeck die Bettdecke mit unserem neuartigen PCM-Produkt Smartcel Clima vorgestellt. Unser Produkt sorgte auf Grund seiner speziellen Konstruktion für Aufsehen und hat seitdem großes Interesse bei weiteren Unternehmen der Haustextil-Branche geweckt.

Haustex: Smartcel Clima ist ja nicht die erste Faser, die verspricht, Temperatur regulierend zu wirken. Können Sie ganz kurz die Besonderheit Ihrer Faser erklären?

Dr. Ralf-Uwe Bauer: Eine PCM-Faser ist in der Lage, Energie aufzunehmen und bei Bedarf wieder abzugeben. Als Füllung in einer Bettdecke zum Beispiel nimmt sie in der Anfangsphase vereinfacht ausgedrückt die Wärme des Schläfers auf, so dass er unter der Decke nicht schwitzt. Während des Schlafs kühlt der Körper in der Ruhephase ab, dann gibt die Faser die vorher gespeicherte Wärme wieder zurück. Solch eine Bettdecke sorgt also für eine weitgehend gleich bleibende Temperatur für den Schläfer und damit für einen erholsameren Schlaf.

Haustex: Das nehmen ja eigentlich alle PCM-Materialien für sich in Anspruch.

Bauer: Das schon, aber unsere Faser ist speziell konstruiert und dadurch besonders leistungsfähig. Sie basiert auf dem so genannten Alceru-Verfahren. Es ist eine abfallarme und vor allem umweltfreundliche Technologie zur Zelluloseverformung. Hierbei wird Zellulose direkt und ohne chemische Modifizierung aufgelöst, um anschließend daraus durch einen Spinnprozess textile Fasern herstellen zu können. Die Möglichkeit der homogenen Einarbeitung von organischen oder anorganischen Additiven in die Fasern erlaubt die Herstellung verschiedener funktionaler zellulosischer Werkstoffe.

Haustex: Was bedeutet Alceru?

Bauer: Alternative Cellulose Rudolstadt. Bei der Faser handelt es sich um eine Entwicklung des Thüringischen Instituts für Textil- und Kunststoff-Forschung TITK hier in Rudolstadt, dessen geschäftsführender Direktor ich bin. Was nun unsere Faser von denen anderer PCM-Fasern unterscheidet, ist unter anderem die Möglichkeit, Additive homogen in sie einzuarbeiten. Die andere Technologie ist es, mikroskopisch kleine Kugeln mit dem PCM-Material in die Faser einzutragen. Sie stößt aber auf Grund der Größe der Kugeln und der Inhomogenität der Faser technisch schnell an ihre Grenzen.

Michael Kohne: Ein Beispiel: Unsere Faser mit einer Stärke von 6,7 dtex kann pro Gramm rund 60 Joule Wärme speichern, die Faser mit Kügelchen etwa 12 Joule, also nur ein Fünftel. Bei unserer feinen 1,7 dtex-Faser kommen wir auf etwa 35 Joule, bei einem Anteil von bis zu 50 Prozent PCM-Material in der Faser. 1,7 dtex bedeutet, dass ein Kilometer unserer Faser nur 1,7 Gramm wiegt. Das kann die herkömmliche Technik mit Mikrokapseln rein konstruktionsbedingt gar nicht leisten. Dieses Produkt haben wir weltweit exklusiv. Smartfiber ist etwa zwei Drittel teurer als die andere Faser, dafür aber um ein Vielfaches leistungsfähiger.

Bauer: Hinzu kommt, dass unser Produktionsverfahren wirklich umweltfreundlich ist. Unsere Faser wird nach dem Lyocell-Verfahren hergestellt. Wir verwenden ein organisches Lösungsmittel zur Aufbereitung des Zellstoffs, das nicht verdampft und zu 99,9 Prozent im Kreislaufverfahren verwendet wird. Sie können sich den Vorgang vorstellen wie Zucker, der in Wasser aufgelöst wird. Wenn das Wasser verdampft, erhalten Sie den Zucker zurück. Der kleine Rest kann in der Kläranlage biologisch abgebaut werden. Das konkurrierende Produkt entsteht im Viskoseverfahren. Dabei wird eine chemische Reaktion durch den Zusatz von Schwefelkohlenstoff hervorgerufen. Mit komplizierten Verfahren, bei denen wieder viel Chemie verwendet wird, wird diese Chemikalie dann zurück gewonnen. Bei dem Verfahren entsteht außerdem eine andere Fasertype, die zum Beispiel auch eine deutlich geringere Festigkeit aufweist.

Haustex: Nun benötigt man aber zur Herstellung der Zellulose doch auch Chemie, oder nicht?

Bauer: Das stimmt natürlich. Ganz ohne Chemie geht es eben nicht. Wer das annimmt, irrt sich leider gewaltig. Aber unser Alceru-Verfahren ist definitiv umweltfreundlich.

Michael Kohne: Wir sind der Überzeugung, dass unsere Faser reiner als Baumwolle ist. Wenn sie einmal auf eine Plantage gehen und sehen, wie dort mit Pestiziden gearbeitet wird, dann schaudert es Sie. Im Gegensatz dazu ist das, was wir hier herausgeben, eine feine Faser. Um zu demonstrieren, dass wir mit unseren Smartcel-Fasern ein reines Naturprodukt anbieten, habe ich sie vor Zeugen auch schon mal gegessen. Und wie Sie sehen, lebe ich noch und mir geht es bestens!

Natalia Kohne: Alle Produkte, die Smartfiber auf den Markt bringt, sind umweltfreundlich. Daher haben wir als Unternehmen uns auch die Aussage von Charles Darwin zur Maxime gemacht: "Alles was gegen die Natur ist, hat auf die Dauer keinen Bestand."

Haustex: Sie sprachen eben das TITK an. Wie hängt das Institut mit Smartfiber zusammen?

Bauer: Das TITK geht zurück auf die Gründung eines Textilforschungsinstituts 1954 in der damaligen DDR, das dann im Rahmen der Bildung eines Chemiefaserkombinats aufgelöst wurde. 1991 wurde das TITK dann als erstes privatrechtliches und gemeinnütziges Institut des Freistaates Thüringen mit neuem strategischem Profil wieder gegründet. Irgendwann war dann die Basisentwicklung unseres Alceru-Verfahrens so weit gediehen, dass wir uns als Institut dazu entschieden haben, in die nächste Stufe zu gehen. Wir wollten über die Mengen, die wir im Institut selbst herstellen konnten, und das waren schon einige Tonnen, hin zu Mengen, die in einer wirtschaftlichen Preis/Leistungs-Relation stehen. Allerdings war uns klar, dass es am Standort Rudolstadt keinen Sinn macht, die komplette Zellulose-Produktionskette aufzubauen. Dazu brauchte man Kapazitäten von 50.000 bis 100.000 t im Jahr.

Haustex: Dafür fehlte natürlich das Kapital.

Bauer: Das ist nicht der Punkt, denn die Investition hätte sich gar nicht gelohnt, da für solche Mengen einfach die Aufnahmefähigkeit des Marktes fehlt. Außerdem wären wir in Konkurrenz getreten zu Produkten aus Asien und hätten entsprechend schlechte Preise realisiert. Also konzentrierten wir uns lieber auf Funktionalitäten, die es erlauben, ganz neue technische Textilien oder Funktionstextilien zu entwickeln und zu produzieren. Damit bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, sich mit Spezialitäten gegenüber der Billigkonkurrenz zu profilieren, und wir brauchen keine großen Mengen abzusetzen, um einen Gewinn zu realisieren.

Haustex: Dann ist Smartfiber im Vergleich zu anderen Faserherstellern eher eine kleine Manufaktur?

Michael Kohne: Wenn man uns mit den großen Chemiefaserunternehmen vergleicht, dann schon. Aber als Hersteller von Spezialfasern sind wir schon nicht mehr so klein.

Bauer: Als wir mit unserer Faser in den Markt gingen, führte das gleich zu regem Interesse in der Industrie. Aber wir merkten recht bald, dass wir mit unseren vorhandenen Instrumenten bei der Vermarktung schnell an unsere Grenzen stießen. Wir brauchten daher einen Partner, der etwas von Marketing, Vertrieb und Finanzen versteht, das zählt einfach nicht zu unseren Kernkompetenzen. Und da kam Michael Kohne ins Spiel, den wir über Verbindungen innerhalb des Instituts ansprachen. Recht schnell kamen wir überein, ein Gemeinschaftsunternehmen zu gründen. So entstand dann die Smartfiber AG.

Haustex: Wer sind heute die Aktionäre des Unternehmens?

Kohne: Das sind ein 100-prozentiges Tochterunternehmen des TITK, die Ostthüringische Materialprüfgesellschaft für Textil und Kunststoffe mbH (OMPG), eine Schweizer Investorengruppe, die es vorzieht, im Hintergrund zu bleiben, einige Kunden als Kleinaktionäre und die Familie Kohne, also meine Frau Natalia und ich. Die Gründung erfolgte zum 1. Oktober 2005.

Natalia Kohne: Die Entwicklung von Smartfiber ist seitdem sehr dynamisch verlaufen. Im Institut gab es eine Kapazität von 20 Tonnen. Vor allem durch die Nachfrage nach unserer PCM-Faser war uns aber klar, dass wir relativ schnell ausreichend Produktionskapazitäten brauchten. Uns kam zugute, dass die Zimmer AG hier in Sichtweite des Instituts eine Produktion hatte, die auf dem Alceru-Verfahren beruhte. Dort wurde und wird auch heute noch die bekannte Seacell-Faser produziert. Da Zimmer aber ein Maschinenbau-Unternehmen ist, wollte das Unternehmen sich von der Produktion trennen. Das kam uns gerade recht. Im vergangenen Jahr konnten wir daher die Produktion, das Personal und die Markenrechte an Seacell übernehmen. Seitdem läuft dort neben Seacell auch die Produktion unserer smartcel-Fasern. Die Kapazität umfasst dort, je nachdem was wir produzieren, zwischen 700 und 800 t jährlich.

Haustex: Worin besteht der Unterschied von Seacell und Smartcel?

Bauer: Im Prinzip ist da kein großer Unterschied. Seacell ist, wie die Smartcel-Produkte auch, eine Funktionsfaser, denn sie enthält hochwertiges Algenpulver, das auf den menschlichen Organismus positive Wirkungen haben soll. In den Algen sind Spurenelemente wie Mineralien, Vitamine und Aminosäuren enthalten, die nachweislich gut für den menschlichen Organismus sind. Die Seacell-Faser funktioniert so, dass diese Spurenelemente sich bei Feuchtigkeit aus der Faser in homöopathischen Mengen freisetzen. Seacell ist also geeignet für Produkte in den Bereichen Wellness und Wohlfühlen.

Natalia Kohne: Die Marke Seacell gab es schon vor der Gründung von Smartfiber. Da sie am Markt schon gut eingeführt war, machte es für uns keinen Sinn, das Produkt umzubenennen und in das Smartcel-Portfolio einzugliedern.

Haustex: Ist Seacell also die "Mutter aller Smartcel-Fasern"?

Bauer: Das kann man so nicht sagen. Die ersten Patente haben wir schon 1994 beantragt. Und seitdem haben wir auch schon einige Produkte auf den Markt gebracht, die auf diesem Verfahren beruhen: eine elektrisch leitfähige Faser, mit der man textile Flächen heizen kann oder Schleifborsten für hochempfindliche Werkzeuge in der Feinmechanik oder eine Type als Ionenaustauscher in Teebeuteln zur Verbesserung des Teegeschmacks. Aber das waren immer nur kleine Absatzmengen. Wir wollten einfach einmal testen, inwieweit der Markt auf solche Produkte reagiert. Seacell ist dann allerdings das erste Produkt gewesen, das wir in größeren Mengen auf den Markt gebracht haben.

Michael Kohne: Den richtigen Durchbruch brachte uns jedoch die PCM-Faser. Bei ihr verspürt der Verbraucher sofort, was wir ihm versprechen, und man kann die Wirkung nachmessen. Billerbeck hat zum Beispiel seine Decke aufwändig testen lassen und Ergebnisse erhalten, die unsere Aussagen bestätigten.

Haustex: Die Verbindung zwischen Smartfiber und dem TITK erscheint im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Tests ideal zu sein.
Bauer: Wir testen unsere eigenen Produkte zwar selbst, aber wir lassen sie der besseren Glaubwürdigkeit halber auch von unabhängigen Instituten untersuchen und zertifizieren.

Michael Kohne: Aber es stimmt schon, dass wir hier in Rudolstadt eine ideale Konstellation haben. Wir legen wegen der Pflege der Marke Smartcel höchsten Wert auf qualitativ einwandfreie Produkte. Daher testen wir nicht nur unsere eigene Faser, sondern auch nach jeder weiteren Produktionsstufe bei unseren Kunden, ob der Artikel unseren Spezifikationen entspricht. Wenn jemand, nur als Beispiel, um zu sparen statt 30 Prozent nur fünf Prozent Smartcel Clima verarbeitet, hat das Produkt nicht die Wirkung, die dem Endverbraucher versprochen wurde. Das können wir uns nicht leisten und es wäre auch schädlich für die ehrlichen Geschäftspartner, wenn die Marke so in Verruf käme.

Natalia Kohne: Aber nicht nur die direkte Qualitätskontrolle ist wichtig, auch die Weiterentwicklung und die Entwicklung neuer Produkte. Durch die Nähe zum Institut werden wir der Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein. Seit Januar sind wir nun mit unserer Faser mit 1,7 dtex auf dem Markt. Um von 6,7 dtex dort hinzukommen, bedurfte es praktisch eines Quantensprungs. Um den zu erreichen, war aber auch die halbe Mannschaft des Instituts eingespannt. Wie tüchtig das Team vom TITK ist, kann vielleicht folgender Fall illustrieren. Kürzlich war ein amerikanisches Unternehmen bei uns mit einem speziellen technischen Problem. Die Leute waren vorher damit quer durch die Welt gereist und hatten niemanden gefunden, der in der Lage war, es zu lösen. Können Sie sich vorstellen, wie geschockt die waren, als Dr. Bauer den Leuten sagte, sie könnten die Lösung innerhalb von 14 Tagen erwarten?

Michael Kohne: Viele Textilunternehmen suchen nach einer antibakteriellen Silberfaser, die färbbar, bleichbar und rein weiß ist, aber nicht nachdunkelt. Bislang dunkelt jede Silberfaser durch die Oxidation des Silbers nach. Wir werden in Kürze eine solche Faser haben. Insofern ist die Versorgung mit technischem Wissen bei uns, auch wenn wir recht klein sind, durch die Nähe zum Institut mit 160 Forschern und Entwicklern fast wie in einem Großkonzern.

Haustex: Damit sind wir thematisch bei einem weiteren Smartcel-Produkt angekommen.
Natalia Kohne: Richtig, hierbei handelt es sich um Smartcel Bioactive. In diesem Fall ist Silber in die Faser eingearbeitet, das bekanntlich antibakteriell wirkt.

Haustex: Gibt es noch mehr Produkte unter dem Smartcel-Dach?

Natalia Kohne: Ja, aber die kommen für die Anwendung in der Textilindustrie weniger in Frage. Das wären Smartcell Energy, Smartcel Ceramic und Smartcel Filaments.

Haustex: Also ist Smartfiber nicht spezialisiert auf den textilen Markt?

Michael Kohne: Der Textilmarkt zählt zwar im Moment zu den wichtigsten Absatzbereichen, ist aber bei weitem nicht der einzige Markt für uns. Zu den Abnehmern zählen die Flugzeugindustrie und die Automobilindustrie, die Keramikfasern gegen unerwünschte Schwingungen einsetzen, oder der Schiffsbau, der unsere Keramikfasern zur Herstellung von Sonaren verwendet. Auch in der Medizintechnik und in privaten Haushalten findet man Produkte, in denen Smartcel steckt. Generell kann man sagen, dass unserer Produkte über die gesamte Breite der Industrie verwendet werden können.

Natalia Kohne: Das schöne ist, dass Endverbraucher-Produkte mit Smartcel zuerst von Umweltshops und -versendern gelistet wurden. Das unterstreicht unsere strikte Umweltorientierung, denn bevor diese Unternehmen ein Produkt aufnehmen, prüfen sie es auf Herz und Nieren. Zum Beispiel wird mit Smartcel Bioactive ein Overall für Kleinkinder mit Neurodermitis hergestellt. Die Kinder können sich bei diesem Artikel zum einen nicht mehr direkt auf der Haut kratzen. Aber der Stoff mit dem Silberbestandteil wirkt auch lindernd auf den Juckreiz und fördert die Heilung der Wunden. Es macht einfach Spaß, für ein Produkt arbeiten zu können, das den Verbrauchern Gutes tut.

Haustex: Welche Anwendungsmöglichkeiten, abgesehen von Bettwaren und Bettwäsche mit der Klimafaser, sehen Sie derzeit für Ihre Produkte in der Heim- und Haustextilindustrie?

Michael Kohne: Da muss man nur ein wenig die Fantasie spielen lassen. Zum Beispiel überall dort, wo Smartcel-Produkte Kontakt zur Haut haben. Bei Bademänteln, Schlafanzügen, Handtüchern, Aber auch bei Möbelstoffen. Stellen Sie sich Teppiche mit Silberfasern vor, oder Waschlappen antibakteriell, mit Seacell zur Belebung der Haut oder mit Lehm für ein Hautpeeling. Oder denken Sie an Duschvorhänge in Hotels, wie schnell die Schimmel ansetzen. Perfekt geeignet für unser Bioactive-Produkt.

Natalia Kohne: Das Gute für unsere Kunden ist doch, dass unsere Faser immer nur beigemischt wird, so dass sie sich bei der Verwendung ihrer Stoffe nicht groß umstellen müssen, ebenso die Designer.

Haustex: Wie hat sich das noch junge Unternehmen Smartfiber seit seiner Gründung wirtschaftlich entwickelt?

Michael Kohne: Im ersten Jahr, das nur ein Quartal hatte, haben wir nur wenige Kilogramm produziert und einen Umsatz von 35.000 Euro erzielt. Im letzten Jahr erzielten wir mit allen Produkten etwa zwei Millionen Euro, in diesem Jahr werden es zwischen vier und fünf Millionen Euro sein. Im kommenden Jahr erwarten wir, und das sind realistische Annahmen, eine Produktion von rund 500 t.

Haustex: Und wie hoch liegt Ihre Exportquote derzeit?

Michael Kohne: Wenn Sie die EU als Ausland bezeichnen, bei rund 60 Prozent. Das wird wohl auch in Zukunft so bleiben, denn ich erwarte nicht, dass sich die heimische Textilindustrie wieder erholt. Aber vieles von dem, was wir exportieren, kommt verarbeitet dann wieder nach Deutschland zurück.

Haustex: Welche Erwartungen und Pläne hat Smartfiber denn für seine eigene Entwicklung kurz-, mittel- und langfristig?

Michael Kohne: Kurzfristig, also bis Ende 2008, sollen die Smartcel-Fasern im Markt etabliert sein, vor allem unsere PCM-Faser. Das sollte durch die neue Faserstärke von 1,7 dtex möglich sein. Mittelfristig, also innerhalb der nächsten zwei Jahre, möchte ich unsere Produktionsanlage voll auslasten, also zwischen 500 und 800 t produzieren, je nachdem, welche Fasern dort laufen. Unser langfristiges Ziel ist es, ausgewählte und seriöse Partner zu bedienen, mit denen wir gemeinsam die Firma nach vorne bringen und edle Produkte schaffen können.

Wir wollen die Partnerschaften pflegen und auf gutem Niveau halten. Wenn wir etwas auf keinen Fall wollen, dann ist es das Massengeschäft. Wir werden nie ein großer Faserhersteller, auch wenn wir im Spezialfaserbereich kapazitätsmäßig kein kleiner sind. Wir wollen hochwertige Ware für hochwertige Partner produzieren und bieten ihnen damit die Möglichkeit, sich mit den Produkten gegenüber dem Asienmarkt abzusetzen. Wenn ein Unternehmen große Mengen, zum Beispiel 100 t und mehr zu einem besonderen Preis haben möchte, so bekommt dieses die Faser nicht, denn genau solche Firmen könnten diejenigen sein, die den Markt brechen und ein Produkt preislich kaputt machen. Es gehört sich aus meiner Sicht für einen Hersteller einfach nicht, den Firmen später in den Rücken zu treten, die ein Produkt mit aufgebaut haben. Unsauberes Marketing fällt zurück auf die ehrlichen Anbieter und auf uns als Hersteller der Faser.

Haustex: Apropos Marketing. Wie unterstützen Sie Ihre Kunden bei der Vermarktung Ihrer Produkte?

Natalia Kohne: Wir lassen deren Artikel auf unsere Kosten zertifizieren und stellen den Partnerfirmen diese Zertifikate zur Verfügung. Außerdem können die Artikel mit Hangtags versehen werden, die auf das jeweilige Smartcel-Produkt hinweisen.

Haustex: Auch in der Haustextilien-Industrie wird in der Beschaffung gerne um den letzten Cent gefeilscht, um den Verkaufspreis im Rahmen zu halten. Wie sehr verteuern Smartcel-Fasern den Verkaufswert?

Michael Kohne: Das hält sich wirklich in Grenzen. Anteilig auf ein Produkt sind unsere Fasern mit zwei bis 30 Prozent mitverarbeitet. Bei unseren Preisen pro Kilogramm und das heruntergebrochen auf ein Flächengewicht von 160 bis 180 Gramm pro Quadratmeter ist es nicht so viel, bedenkt man doch den großen Mehrnutzen, welchen der Kunde deutlich spürt.

Haustex: Die hochfeine PCM-Faser war der vorerst letzte Paukenschlag, mit dem Smartfiber auf den Markt kam. Mit welchen Innovationen darf der Markt den künftig noch rechnen?

Bauer: Wir sind das Forschungsgewissen von Smartfiber und werden in Zukunft noch eine ganze Reihe von Spezialprodukten im Unternehmen umsetzen. Wir haben schon eine ganze Reihe von Fasern in der Entwicklung, die quasi die zweite oder dritte Generation darstellen werden. Es gibt bei uns noch so viele Ideen, die auf die Realisierung warten, einige sind schon sehr weit gediehen, andere brauchen noch eine Weile. Aber wir wollen uns lieber Schritt für Schritt weiter entwickeln. Wir stehen doch erst am Anfang der Entwicklung von Smartfiber.


Smartfiber AG Firmentelegramm

Smartfiber AG
Breitscheidstr. 154
07407 Rudolstadt
Tel.: 0049/36 72/34 94-0
Fax: 0049/36 72/34 94-34
Mail: mail@smartfiber.de

Vorstand:Michael Kohne (Vorsitzender)Dr. Ralf-Uwe Bauer

Charakteristik: Die Smartfiber AG entwickelt, produziert und vertreibt Smartcel- und Seacell-Lyocellfasern mit verschiedenen Funktionalitäten und für unterschiedliche Industriesegmente. Im Jahr 2005 gegründet, kombiniert Smartfiber das wissenschaftliche Know-how der über zehnjährigen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit des Thüringischen Instituts für Textil- und Kunststoff-Forschung (TITK) in Rudolstadt mit dem unternehmerischen Background des Marketing- und Vertriebsprofis Michael Kohne. Im Juli 2007 übernahm Smartfiber die Fabrikanlage, Patente und Mitarbeiter von Seacell in Rudolstadt und erhöhte so die Produktionskapazität um über 500 t im Jahr.Smartcel stellt Funktionsfasern her, die je nach Zusatzstoff außergewöhnliche Leistungsmerkmale und Wirkungsgrade erzielen, wie hervorragende Klimaregulation, Bakterienreduktion, elektrische Leitfähigkeit und vieles mehr. Die einzelnen Funktionsweisen der Fasern finden sich in den fünf Smartcel-Segmenten Clima, Bioactive, Energy, Filaments und Ceramic wieder, die innovative und markttaugliche Produkte in verschiedenen Industriebereichen, vom Textilsegment bis zum Automobilhersteller, ermöglichen. Auf Basis der Smartcel-Fasertechnologie vertreibt Smartfiber mit dem Waschball Blue Magic Ball und dem Reinigungstuch Blue Wish auch innovative Eigenprodukte mit geruchs- und bakterien-reduzierender Wirkung.Das Unternehmen hat 2007 den 1. Platz beim Gründerpreis Marktlücke gewonnen, den die Zeitungsgruppe Thüringen gemeinsam mit den Industrie- und Handelskammern Gera und Erfurt ausrichtet. Es bewarben sich in dem Jahr 84 Unternehmen um den Preis.

Mitarbeiterzahl: 32 in Produktion und Verwaltung
Umsatz:
- 2007: rund 2 Mio. Euro
- 2008: geschätzt 4,5 Mio. Euro
aus Haustex 03/08 (Wirtschaft)