Vor-Ort-Inspektionen

In zehn Tagen um die textile Welt

Bönnigheim - Die Überprüfung der Produktqualität direkt am Fertigungsstandort hilft allen Unternehmen, die weltweit Waren sourcen, dabei, Fehler im Fertigungsablauf frühzeitig zu erkennen und Folgekosten zu vermeiden. Schnelligkeit ist dabei für die Auftraggeber Trumpf! Wir haben bei den Hohensteiner Instituten in Bönnigheim einen Inspektionsauftrag mit einem optimalen Ablauf während der zehn Tage vom Auftragseingang bis zum abschließenden Prüfbericht begleitet.

Tag 1 - Auftragseingang

Ein europäisches Handelsunternehmen erteilt den Auftrag für die Produktionsüberwachung bei einem Konfektionär von Kinderschlafanzügen in China. Den Prüfumfang der Inspektion definiert der Auftraggeber zusammen mit der Leiterin des Inspektionsservices, Simone Hennefarth, und Sabine Giering, die von Bönnigheim/Deutschland aus die Vor-Ort-Inspektionen weltweit koordinieren:

- Konformität mit akzeptierten Produktionsvorläufern
- Einhaltung europäischer Gesetze bezüglich Schadstoffen
- Erfüllung internationaler Qualitätsstandards
- Verarbeitungsprüfung vor Ort
- Sicherstellung vertragsrelevanter Produkteigenschaften

Die Ziehung der Stichproben soll bei einem Produktionsstand von 10-20 Prozent im Rahmen eines so genannten During Production Checks (DPC) erfolgen.

Tag 2 - Terminvereinbarung

Über das interne EDV-Portal ruft Rachel Huang, Leiterin des Hohensteiner Verbindungsbüros in Shanghai/China, die Daten des neuen Auftrags ab. Sie vereinbart mit dem Textilhersteller einen Termin und ergänzt die Routenplanung eines Inspektionsteams entsprechend.

Tag 3 - Inspektion und Musterziehung

Das Hohensteiner Inspektionsteam besteht aus speziell geschulten Textilingenieuren und -technikern, die gemäß dem AQL-Standard (Acceptable Quality Level) und den Hohensteiner Prüfkriterien die laufende Produktion kontrollieren. Sie ziehen gemäß der bereits fertig gestellten Produktionsmenge sowie den AQL-Anforderungen Muster aus der laufenden Fertigung und ggf. aus dem Fertigwarenlager. Bereits vor Ort gleichen die Inspektoren die Artikel mit den akzeptierten Produktionsvorläufern hinsichtlich Verarbeitung, Farbgleichheit, Materialgewicht und Maßen ab. Bei versandfertigen Produktionschargen werden zusätzlich die Verpackungseinheiten, Sortierungen und Barcodes kontrolliert. Alle ermittelten Daten und Beurteilungen werden über ein Tablet Notebook in den elektronischen Prüfauftrag übernommen. Der Inspektionsbericht wird noch vor Ort erstellt, mit dem Hersteller durchgesprochen und zeitgleich an den Auftraggeber sowie die Kollegen an den Hohensteiner Instituten in Deutschland übermittelt. Ziel ist es, die Produktion umgehend zu verbessern und weitere Verarbeitungsfehler zu vermeiden. Auch der Produzent der Kinderschlafanzüge profitiert vom speziellen textilen Know-how und der jahrzehntelangen Erfahrung der Hohensteiner Institute: die Inspektoren weisen ihn bei den Kinderschlafanzügen auf Maschensprengschäden an den Nähten hin und helfen ihm, die Fertigungsleitung entsprechend zu instruieren.

In Deutschland steht Stephanie Müller, Bekleidungsexpertin mit Arbeitsschwerpunkt Verarbeitungs- und Passformprüfung, dem Kunden für die Erläuterung der Inspektionsergebnisse zur Verfügung. Sie gibt ihm Hinweise, wie die Produktqualität weiter verbessert werden kann. Im konkreten Fall berät sie den Auftraggeber auch bei der Frage, ob die festgestellten Maschensprengschäden tolerierbar sind und damit die Fertigungscharge abgenommen und bezahlt werden soll. Oder ob eine Nachfertigung vom Produzenten verlangt wird. Um die physikalischen und chemischen Parameter, wie z. B. die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, überprüfen zu können, bereitet das Inspektionsteam abschließend zusätzliche Produktionsmuster für den Versand nach Deutschland vor.

Tag 5 - Mustereingang in Deutschland

Via Luftpost erreichen die Prüfmuster die Hohensteiner Institute in Bönnigheim. Dort werden sie von Sabine Giering mit einem Strichcode zur Nachverfolgung versehen und für die in Auftrag gegebenen chemischen und physikalischen Untersuchungen vorbereitet.

Tag 6 bis 9 - Laboruntersuchungen

Um sicherzustellen, dass die Kinderschlafanzüge den normativen Vorgaben in Europa sowie den internationalen Qualitätsstandards entsprechen, hat der Auftraggeber eine Reihe von chemischen und physikalischen Untersuchungen in Auftrag gegeben:

- Überprüfung Farbechtheiten
- Ermittlung des pH-Werts
- Ausschluss verbotener Azo-Farbstoffe
- Mengenbestimmung von Phtalaten
- Ermittlung der Maßänderungen nach der Pflege
- Beurteilung der Pillingneigung

Die Hohensteiner Labormitarbeiter führen unter der Leitung von Dr. Manfred Hartmann die verschiedenen Prüfungen parallel zueinander durch. Bereits nach vier Arbeitstagen sind die Ergebnisse für die Kinderschlafanzüge elektronisch im Auftrag hinterlegt. Zeitlich aufwändiger wären Scheuertests, Untersuchungen der Lichtechtheit sowie der Nickellässigkeit gewesen - hierbei laufen die Prüfgeräte tagelang im Dauerbetrieb, um die Beanspruchung während einer durchschnittlichen Nutzungsdauer zu simulieren.

Tag 10 - Prüfbericht und individuelle Beratung

Nach Vorliegen aller Prüfergebnisse übermittelt Simone Hennefarth den ausführlichen Prüfbericht an den Auftraggeber. Bei der Interpretation der Ergebnisse unterstützt sie ihren Kunden. Sie berät ihn u. a. bei der Frage, ob die Produktionschargen bei Fehlern oder Abweichungen abgenommen werden sollen bzw. welche Veränderungen im Fertigungsprozess diese beheben helfen.

Das gilt auch im Fall der Kinderschlafanzüge aus China. Die Laboruntersuchungen haben einen zu hohen pH-Wert ergeben, der zu Hautirritationen und in der Folge zu Reklamationen von Käufern führen kann. Für die bereits gefertigten Artikel empfiehlt Simone Hennefarth dem Auftraggeber deshalb, eine Nachbehandlung vom Konfektionär zu fordern, bevor diese abgenommen und bezahlt werden. Für die ausstehende Produktion lässt sich das Problem durch ein zusätzliches Auswaschen der Maschenware im Betrieb selbst oder bereits beim Veredler vermeiden.

Da wie im konkreten Fall zahlreiche Qualitätsprobleme ihren Ausgangspunkt in der Vorstufe haben, lassen viele Kunden bereits die Vorprodukte im Rahmen eines Initial Production Check (IPC) von den Hohensteiner Inspektionsteams überprüfen - und das ebenfalls weltweit. Eine Empfehlung, die Simone Hennefarth ihrem Kunden für den nächsten Auftrag mit auf den Weg gibt.
aus Haustex 09/08 (Wirtschaft)