Industrievereinigung Chemiefaser

Ein schwieriges Jahr 2007

Frankfurt/Main - Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung der Industrievereinigung Chemiefaser e.V. (IVC) wurden die offiziellen Daten über das abgelaufene Geschäftsjahr sowie Ausblicke auf das laufende Jahr bekannt gegeben. Turnusgemäß erfolgte die Neuwahl des Vorsitzenden. Als Nachfolger des bisherigen Vorsitzenden Dr. Heinrich Koch von der Kelheim Fibres GmbH (Kelheim) wurde sein bisheriger Stellvertreter, Dr. Hartmut Kratzke von den Nexis Faserwerken (Neumünster) gewählt. Zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden wählte die Mitgliederversammlung Dr. Thomas Roth von der Diolen GmbH (Obernburg). Die Position des Schatzmeisters, die Jochen Boos von der Polyamide High Performance GmbH (Wuppertal) inne hat, stand in diesem Jahr nicht zur Neuwahl an.

Wie der scheidende Vorsitzende ausführte, stand bzw. steht das zurückliegende wie auch das laufende Jahr ganz im Zeichen von REACH, dem Vorhaben der Europäischen Union, das in seiner Dimension sowohl hinsichtlich der anstehenden Aufgabenstellung als auch der Auswirkungen auf die gesamte Industrie Europas unvergleichlich ist.

Neben der Erstellung von Prüfberichten über Chemikalien ist die Kommunikation entlang der Wertschöpfungsketten ein zentrales Element von REACH. Die Chemiefaserindustrie hat diesbezüglich sowohl mit ihren Kunden als auch vor allem mit ihren Lieferanten rechtzeitig Kontakt aufgenommen, um alle zunächst für die Vorregistrierung notwendigen Informationen auszutauschen, damit die Informationskette nicht reißt. Auch die interne Analyse zur Feststellung der eigenen Betroffenheit und zur Definition der Rolle, welche die Branche in der textilen Wertschöpfungskette im Sinne von REACH einnimmt, wurde intensiv betrieben. Obwohl die Chemiefaserindustrie augenscheinlich nur als Erzeugnishersteller auftritt und damit von REACH nicht direkt betroffen wäre, führt die Komplexität der Chemiefaserherstellung dazu, dass Chemiefaserhersteller sowohl als Direktimporteure, nachgeschaltete Anwender oder auch Hersteller von Chemikalien agieren. Damit sind zahlreiche Verpflichtungen gemäß REACH verbunden, denen nun gezielt nachgekommen wird.

Den Mitgliedern der Industrievereinigung Chemiefaser e. V. (IVC) wird der Umgang mit REACH deutlich erleichtert, da die IVC diesbezüglich zahlreiche konkrete Hilfestellungen gibt, die im weiteren Verlauf auch ihren Kunden zu Gute kommen. Diese Verbandsunterstützung schont die betriebsinternen Ressourcen, woraus ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Chemiefaserherstellern entsteht. Leider darf nicht übersehen werden, dass sich dieser Vorteil nur innereuropäisch ergibt. Die Kosten, die mit der Einführung von REACH verbunden sind, betreffen außereuropäische Chemiefaserhersteller nicht, weder bei der Rohstoffbeschaffung noch bei der laufenden Faserproduktion. Somit stellt REACH global betrachtet neben den bisherigen Abgaben und Steuern nur ein weiteres Element dar, das den europäischen Industriestandort kostenmäßig benachteiligt.

Bislang haben die deutschen und österreichischen Chemiefasererzeuger alle Herausforderungen der Vergangenheit erfolgreich gemeistert. Auch mit Blick auf REACH ist die Branche sehr gut vorbereitet. Eine Kette ist so stark wie deren schwächstes Glied. Die IVC-Mitglieder bleiben sehr starke Glieder in der textilen Wertschöpfungskette und weiterhin verlässliche Partner für ihre Kunden.

Die Chemiefaserindustrie hat ein schwieriges Jahr 2007 hinter sich. Die Produktion verminderte sich im Vergleich zum Vorjahr um -3,3 Prozent auf 905.000 t, und auch der Umsatz des Jahres 2006 wurde mit -6,9 Prozent deutlich unterschritten. Die Einbußen gehen insbesondere auf Chemiefasern aus Polyamid und Polyester zurück, wobei zu berücksichtigen ist, dass einer der Polyester-Produktionsstandorte in Deutschland seine Pforten schloss. Die Auswirkungen auf die Anzahl der Beschäftigten blieben nicht aus. Erwirtschafteten im Jahr 2006 noch 11.100 Mitarbeiter einen Umsatz von 2,9 Mrd. Euro, so waren es im Jahr 2007 nur noch 10.800 (-2,7 Prozent) Erwerbstätige, die einen Umsatz von 2,7 Mrd. Euro erzielten.

Wie schon im letzten Jahr stiegen die Chemiefaserimporte erneut deutlich an, und zwar um +13,3 Prozent auf 549.500 t, wohingegen der Abwärtstrend der Exporte mit -0,6 Prozent auf 810.200 t gebremst werden konnte. Dies hängt auch mit der unglaublichen Geschwindigkeit zusammen, mit der besonders China seinen Weltmarktanteil im Bereich der Chemiefasern ausbaut. So erhöhte China seine Produktionsmengen im Vergleich zum Vorjahr um ca. 15 Prozent. Damit werden nun 52 Prozent aller weltweit produzierten Chemiefasern in China hergestellt.

Wie auch in den letzten Jahren wuchs die Gesamtmenge der in Deutschland verarbeiteten Chemiefasern. Im letzten Jahr betrug die Steigerung +8,7 Prozent, so dass 775.000 t Chemiefasern in Deutschland Verwendung fanden. Dieses ist keineswegs das Resultat eines Verdrängungswettbewerbs zu Lasten von Wolle oder Baumwolle, sondern das Ergebnis der Erschließung weiterer Anwendungsbereiche, die den Naturfasern verschlossen bleiben. Spürbar ist das vor allem im technischen, medizinischen und hygienischen Sektor, dessen Anteil von 55 auf 58 Prozent ausgebaut wurde. Während der Bekleidungssektor anteilsmäßig mit 15 Prozent stabil blieb, musste ein Rückgang der Verarbeitung von Chemiefasern zu Heimtextilien von 29 auf 27 Prozent verzeichnet werden. Betrachtet man jedoch die absoluten Produktionsmengen im Heimtextilsektor, so konnte das Niveau des Jahres 2006 gehalten werden.
aus Haustex 09/08 (Wirtschaft)