Interview des Monats: DOC AG, St. Gallen/CH

"Mit unseren Produkten kann sich der Handel vom Wettbewerb differenzieren"

Der Schweizer Schlafsystemproduzent DOC wird seit gut zwei Jahren vom neuen Führungsduo Patrik Ogris und Josef Stieger geleitet, die das Unternehmen vom früheren Eigentümer Philippe Cuérel übernommen haben. Mit den beiden jungen Inhabern ist auch zusätzlicher Schwung in das Unternehmen gekommen, was die Exportaktivitäten betrifft. Verstärkt hat man die Aktivitäten, die Händler wie auch die Konsumenten auf dem deutschen Markt von Schweizer Präzisionsprodukten zu überzeugen. Worin unterscheiden sich DOC-Produkte von denen, die schon auf dem deutschen Markt verfügbar sind? Braucht der hiesige Fachhandel noch einen weiteren Anbieter von hochwertigen Schlafsystemen? Haustex unterhielt sich darüber mit den beiden Firmeninhabern.

Haustex: Herr Ogris, Herr Stieger, was heißt DOC?

Patrick Ogris: Das Unternehmen wurde 1948 gegründet, damals schon unter dem Namen DOC. Ursprünglich stand er für das Wort Doppelcouch, also für ausziehbare Betten, die noch bis in die 70er Jahre ein wichtiges Geschäftsfeld des Unternehmens waren. Die Umfirmierung wurde dann in den 80er Jahren vorgenommen und bedeutet seitdem "dream on comfort". Das Familienunternehmen wurde zuletzt in der zweiten Generation geführt, da aber keine Nachfolge in der Familie angestrebt wurde, haben Josef Stieger und ich das Unternehmen zum Januar 2008 in einem klassischen Management-buy-out übernommen.

Haustex: Welche Aufgabenbereiche verantworten Sie beide?

Josef Stieger: Patrick Ogris trägt die Gesamtverantwortung als Geschäftsführer und kümmert sich um die Bereiche Marketing und Verkauf. Ich bin zuständig für den Betrieb: Also Produktion, Technik sowie Logistik, oder anders ausgedrückt für sämtliche verarbeitungsrelevanten Prozesse.

Haustex: Und die Produktentwicklung?

Ogris: Seit zwei Jahren haben wir eine eigenständige Stelle als Entwickler mit einer Person besetzt. Diese führt parallel verschiedene Projekte, welche hauptsächlich durch das Marketing initialisiert werden. Das Entwicklungsteam besteht aus dem Entwickler, aus Stieger und mir.

Haustex: Wie läuft das konkret ab?

Stieger: Hier gibt es zwei unterschiedliche Arten von Projekten. Einerseits erhalten wir von Großkunden konkret definierte Entwicklungsaufträge. Hier entscheidet je Projektstadium der Kunde, wie weiter vorgegangen wird. Andererseits planen wir für unsere Programme Neuheiten, die hinsichtlich Sortimentsdefinition, Qualität, Kundennutzen, Mitbewerbersituation und so weiter stimmen müssen. Hier liegt die ganze Verantwortung in unserem Bereich. Dies wird dann brisant, wenn wir vor großen Investitionsentscheidungen stehen und der Ausgang recht unklar ist. Zurzeit laufen rund 15 Projekte parallel.

Ogris: Wir sind bei der Eigenentwicklung dazu übergegangen, weniger das Produkt oder die Technik in den Vordergrund zu stellen. Wenn ein neuer Schaum auf den Markt kommt, bringen wir nicht ein neues Produkt auf den Markt, nur weil der Schaumstoff so tolle Werte aufweist und stellen ihn in den Vordergrund. Wir verfolgen jeweils ein sehr schematisches Vorgehen: Definition der Zielgruppe, Produktnutzen und -argumentation, Botschaft respektive deren Kommunikation. Ein Produkt muss für den Konsumenten einfach verständlich, überzeugend und schlüssig wirken. Das Produkt braucht eine Story.

Haustex: Heißt das, dass Sie den Konsumenten im Geschäft nicht mit technischen Details überschütten wollen, sondern mit einem konkreten Produktvorteil ansprechen?

Ogris: Ganz genau. Nur so kann der Händler oder sein Verkäufer gegenüber dem Kunden argumentieren. Wir stellen nicht die Technik in den Vordergrund und bauen darum eine Matratze. Bei uns ist es genau umgekehrt. Wir sehen ein bestimmtes Bedürfnis und bieten dafür die richtige Matratze. Die Technik sehen wir nur als ein Hilfsmittel, um den Nutzen zu erreichen.

Haustex: Bietet DOC heute noch die so genannten Doppelcouchen an?

Ogris: Nein, die Raumsparbetten hat das Unternehmen irgendwann in den 70er Jahren aufgegeben. Heute führen wir ausschließlich Schlafsysteme, bestehend aus Matratzen und Unterfederungen, als Besonderheit ein technisch ausgereiftes Luftbett.

Stieger: Raumsparbetten bestehen im Prinzip ja nur aus einem Holzgestell, in dem sich Matratzen befinden. Aus diesem Bereich hat sich bereits sehr früh unsere Matratzenproduktion entwickelt.

Haustex: Wo werden die DOC-Produkte hergestellt?

Stieger: In unserem eigenen Betrieb in St. Gallen, einem traditionsreichen Textilstandort in der Ostschweiz. Wir entwickeln und produzieren unsere Produkte selber. Die Wertschöpfungskette im Betrieb ist relativ lang - je mehr man selber macht, desto eher ist man unabhängig und kann Qualität, Innovation und Lieferzeiten beeinflussen.

Ogris: Für unsere Lattenroste verfügen wir über eine hoch moderne Montageanlage. Früher waren wir ein reiner Matratzenfabrikant und haben, wie häufig in der Branche üblich, die Lattenroste zugekauft. 2002 hat sich unsere Firma jedoch entschieden, ein Systemanbieter zu werden und Lattenroste selbst herzustellen. Das Produktionskonzept besteht aus einem patentierten Alurahmen, welcher von nicht verstellbar bis zur fünfmotorigen Variante immer gleich aufgebaut ist. Die Liegefläche ist variabel und je nach Sortiment und Kundengruppe von starr gelagerten Latten über punktelastische Teller bis hin zum modernen Polsterbett ausführbar. Ich glaube, dieser modulare Aufbau ist europaweit einzigartig!

Haustex: Wie ist DOC im Heimatmarkt Schweiz positioniert hinsichtlich des Marktanteils und der Preislagen?

Ogris: In der Schweiz ist eine Vielzahl unserer Mitbewerber in einer der zwei großen Gruppen, Recticel und Hilding Anders, eingegliedert. DOC ist eine der wenigen verbliebenen eigenständigen schweizerischen Firmen. Unser Unternehmen genießt den Ruf einer aufstrebenden, technisch hoch innovativen und agilen Firma.

Haustex: Wie viele Mitarbeiter beschäftigt DOC?

Stieger: Es sind insgesamt 30 Leute, davon 20 in der Produktion.

Haustex: Weniger als erwartet, angesichts der Produktionstiefe. Sie scheinen die Produktion demnach stark automatisiert zu haben.

Stieger: Eine Matratze zu produzieren ist keine Schwierigkeit, die Frage ist nur in welcher Qualität und in welcher Geschwindigkeit. Unsere speziellen Nähtechniken sind so automatisiert und von uns entwickelt, dass größte Effizienz und Leistung im Vordergrund stehen. Im Prinzip befinden sich an jeder Nähmaschinen spezielle von uns gebaute Vorrichtungen, damit wir diesen Arbeitsgang in einer entsprechenden Präzision und Qualität hinbekommen, ohne die Geschwindigkeit zu vernachlässigen. Somit sind wir in vielen Produktionsprozessen nicht mehr kopierbar. Natürlich kann ein anderer unsere Matratze auch produzieren, es fragt sich nur, mit welchem Aufwand. So können wir uns vor unseren Mitbewerbern schützen. Die Produktion immer weiter zu beschleunigen und zu automatisieren, gehört zu meinen wichtigsten Aufgaben.

Haustex: Können Sie mir ein Beispiel nennen?

Stieger: Unsere Philrouge Primabella und Premium verfügen auf beiden Seiten über ein so genanntes Easy-Top, das per Reißverschluss mit der Matratze verbunden ist und somit leicht entfernt und gewaschen werden kann. Darunter befindet sich immer noch eine komplette Matratze. Von dem Easy-Top werden das Material oben, das Kederband, der Reißverschluss und das Material unten in einem Arbeitsgang eingenäht, und zwar auf die Zacke genau passend zum Reißverschluss-Teil an der eigentlichen Matratze. Im Normalfall sind das vier Arbeitsgänge, die wir in einem schaffen.

Ogris: Diesen Vorsprung müssen wir haben, da wir im Unternehmen keinen Größenvorteil gegenüber dem Wettbewerb haben. Wir setzen daher auf einen Wissensvorsprung.

Haustex: In welchen Ländern außer der Schweiz ist DOC auch noch aktiv?

Ogris: Vor knapp zwei Jahren haben wir angefangen, Deutschland und Österreich aktiv zu bearbeiten. In weiteren Exportländern, wo wir großes Potenzial sehen, stehen wir zurzeit in interessanten Gesprächen und Verhandlungen. Dieses Business Development übernimmt für uns die WTB Group in München, welche einen verlängerten Exportarm unserer Firma bildet. Was den deutschen Markt betrifft, war unsere Firma bereits in den 90er Jahren stark vertreten. Leider fehlte es aber an Nachhaltigkeit und der damalige Geschäftsführer hatte 2002 entschieden, den Markt nicht weiter aktiv zu bearbeiten. So sind einige Kunden geblieben, die direkt aus St. Gallen betreut wurden. Diesen Januar stellten wir das erste Mal auf der IMM in Köln aus, was für die nächsten Jahre auch ein fixer Bestandteil unserer Aktivitäten sein soll. Damit wollen wir unbedingt unsere Kontinuität und Seriosität unter Beweis stellen. Ebenfalls haben wir unseren Vertrieb in Deutschland von einer auf drei Personen ausgebaut, mit einer vierten Person stehen wir aktuell in Verhandlung. Auch hier ist uns die Nähe zum Händler außerordentlich wichtig.

Haustex: Was hat Sie veranlasst, den deutschen Markt jetzt doch wieder intensiv zu betreuen?

Ogris: Wir könnten es uns einfach machen und sagen, dass DOC jetzt zwei neue Inhaber hat. Wir schätzen den Markt anders ein, als es unser Vorgänger getan hat. Die Entscheidung ist aber auch auf Veränderungen innerhalb des Unternehmens zurückzuführen. Bis Anfang dieses Jahrzehnts hatten wir uns im Vertrieb auf wenige ganz große Kunden in der Schweiz konzentriert, für die wir Privat-Label-Produkte produziert haben. Erst seit wenigen Jahren verfügen wir auch über ein sehr starkes eigenes Produktportfolio für den Fachhandel. Wir sind mit unseren Marken in der Schweiz sehr schnell auf sehr viel Zustimmung gestoßen, damit aber auch geografisch an die Grenzen des Landes. Die Schweiz genießt jedoch den Ruf, dass bei uns für Schlafsysteme sehr viel Geld ausgegeben wird und die Anforderungen im oberen Sortiment entsprechend hoch sind. Auch der schweizerische Wettbewerb wird vom Ausland aus oft unterschätzt. Von daher fühlen wir uns fit, uns auch auf den deutschen Markt einzulassen. Wir registrieren, dass dort eine Hersteller-Konzentration stattgefunden hat und deshalb inzwischen viele Produkte sehr ähnlich geworden sind. Wir sehen daher für uns als Hersteller originärer Produkte große Chancen, einen festen Platz im Markt zu belegen. Der Händler soll davon profitieren, dass er attraktive Produkte mit außerordentlichen Argumenten anbieten kann.

Haustex: Gibt es in Deutschland allen Ernstes eine Marktlücke für DOC?

Ogris: Das im eigentlichen Sinn vielleicht nicht, aber eine Nische sehen wir für uns durchaus. Wir haben Produkte, die der deutsche Händler anderswo nicht bekommt, die aber durchaus ihre Berechtigung haben. Natürlich sieht jede Matratze sehr ähnlich aus, aber am Ende entscheiden die Verkaufsargumente und technischen Besonderheiten, welche den Konsumenten ansprechen.

Haustex: Welche Matratzentechnologien nutzt DOC bei der Herstellung seiner Produkte?

Stieger: Wir verwenden Kerne aus Kaltschaum, Latex und Federkern. Allerdings bestehen unsere Federkerne aus Kunststoff und sind dennoch selbsttragend wie herkömmliche Metallfederkerne. In der Schweiz ist Metall im Bett nahezu verpönt wegen magnetischer Felder, die dadurch entstehen können. Es war jedoch gar nicht so einfach, die Dynamik, die eine Stahlfeder besitzt, einer Kunststofffeder zu verleihen. Alle Kunststofffedern, die ich kenne, außer unserer, weisen einen so genannten Plateau-Effekt auf. Das heißt, sie kommen irgendwann an einen Punkt, wo sie keinen Widerstand mehr bieten und schlagartig zusammenfallen. Unsere Feder baut eine progressive Spannung auf, bis sie am Ende komplett zusammengedrückt ist. So erreichen wir ein Liegegefühl wie auf einem Metallfederkern. Wir haben die Feder zusammen mit einem Lieferanten entwickelt.

Haustex: Kommen wir zu den einzelnen Marken Ihres Hauses.

Ogris: Da ist einmal Sanapur, ein Schlafsystem basierend auf mehrschichtigen viskoelastischen Schäumen. Diese Marke wird derzeit nur in der Schweiz und ausschließlich über die Physiotherapie und medizinische Kanäle vertrieben. Philrouge ist unsere hochwertige Marke für konventionelle Schlafsysteme aus Matratze und Unterfederung. Sie findet man im Fachhandel. Außerdem bieten wir mit Airtouch ein so genanntes Luftbett an, das sich den unterschiedlichen Liegewünschen des Schläfers leicht und schnell anpassen lässt.

Stieger: Was uns auszeichnet: Wenn wir uns bei einer Marke für einen Vertriebsweg entschieden haben, dann bleibt es auch dabei. Die Produkte werden dann nicht ein paar Jahre später auch an anderen Stellen und in anderen Vertriebskanälen zu finden sein.

Haustex: Was verstehen Sie unter dem Begriff Fachhandel?

Ogris: Die Definition dafür unterscheidet sich in Deutschland von der in der Schweiz. Bei uns ist ganz klar, dass wir darunter sowohl den spezialisierten und kompetenten Bettenfachhandel verstehen, aber auch den Möbelhandel mit einer kompetenten Fachabteilung. Es ist weder der Discount noch die Mitnahme. Bei einigen größeren Möbelhäusern stellen wir seit einiger Zeit fest, dass sehr viel Know-how und kompetente Bettenfachabteilungen geschaffen worden sind. Um diese Häuser werden wir keinen Bogen schlagen.

Haustex: Die Marke Philrouge ist noch einmal in verschiedene Teile gegliedert. Vertreibt DOC die gesamte Produktpalette in Deutschland?

Ogris: Philrouge Noblesse ist die Linie, auf die wir im Prinzip das meiste Gewicht legen. Hier findet man technisch sehr weit entwickelte Produkte, preislich im obersten Segment. Artemano verwendet überwiegend Naturmaterialien. Sie kommt aus unserer Geschichte, denn wir sind bis heute noch einer der stärksten Latexverarbeiter in der Schweiz. Neben konventionellen Latexmatratzen finden Sie dort auch eine Matratze mit Rosshaarfüllung oder einen gänzlich metallfreien Einlegerahmen. Classic ist für uns eine preisliche Abrundung nach unten. Die Linien unterscheiden sich in erster Linie durch die verwendeten Materialien. Mit Classic würden wir es in Deutschland schwierig haben, da wir damit schon wieder in eine Vergleichbarkeit mit anderen Anbietern kämen. Der Markt für Artemano wiederum wird von Jahr zu Jahr kleiner. In Deutschland konzentrieren wir uns daher auf Philrouge Noblesse und auf Airtouch, unser Luftbett.

Haustex: Luftbetten sind eher ein schwieriges Produkt, ähnlich wie Wasserbetten.

Stieger: Airtouch unterscheidet sich aber in mindestens zwei Punkten von anderen Matratzen dieser Art. Zum einen ist unsere Matratze mehrzonig aufgebaut, konkret gibt es fünf Zonen. Sie ist daher auch nicht als Alternative zum herkömmlichen Wasserbett angelegt, bei der man auf einer großen Kammer über sehr viel Luft schläft. Vielmehr sind die Luftkammern, 15 an der Zahl, einzeln in den Schaum eingelegt, so dass auch eine Durchlüftung des Kerns dazwischen stattfinden kann. Daher ähnelt das Liegegefühl auch eher einer konventionellen Matratze. Aber von ihr unterscheidet sich Airtouch dadurch, dass man die Härte auf einfache Weise variieren kann, und das auch noch für jede einzelne Liegezone. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Matratze von den Bedürfnissen des Schläfers lebt. Im Laufe der Nutzungsdauer kann sich ein Mensch stark verändern. Er nimmt zu oder ab, er hat einen Unfall oder wird schwanger. Oder man bevorzugt in den heißen Sommermonaten eine feste Matratze, in den kühlen Winternächten eine weichere. Normalerweise schläft er immer auf der gleichen Matratze, unabhängig von den unterschiedlichen Liegebedürfnissen. Die Airtouch kann man darauf einstellen, die Härte ein wenig verstärken oder die Matratze ein wenig softer machen. Und das alles innerhalb weniger Minuten auf Knopfdruck.

Haustex: Überfordern diese technischen Möglichkeiten den Schläfer nicht ein wenig?

Stieger: Nein. Aufgrund von empirischen Erhebungen haben wir auf der Fernbedienung drei Standardwerte festgelegt: soft, medium und dura. Daraus wählt man sich einen Wert, schläft eine Nacht darauf und kann dann für die Folgenacht gegebenenfalls einen besser passenden Wert einstellen und fertig. Wem das nicht reicht, der kann über fünf Tasten die fünf Kammern einzeln ansprechen und ihre Härte variieren. Das System funktioniert im Übrigen unabhängig vom Gewicht des Schläfers, da wir in den Luftkammern Sensoren haben, die ihn vor der Härteeinstellung über den Gegendruck wiegen. Die Soft-Einstellung für einen 70 kg schweren Körper ist also eine andere als für einen Körper mit 120 kg.

Haustex: Für welche Körpergrößen ist diese Matratze geeignet?

Stieger: Die Durchschnittsgröße haben wir mit 175 cm veranschlagt. Da wir die Matratze von der Mitte des Körpers aufgebaut haben, stimmt die Zonierung auch noch auf den Zentimeter genau für jemanden, der 185 oder 165 cm misst. Kritisch wird es ab 155 runter und 190 aufwärts. Aber im letzten Fall kann man auch eine längere Matratze kaufen.

Haustex: Die Airtouch dürfte aufgrund der komplizierten Konstruktion auch einiges Kosten.

Ogris: Ja, wegen der Konstruktion, aber auch, da sehr viel Handarbeit darin steckt. Die Standardgröße kostet, je nach Ausstattung, zwischen 1.590 und 1.890 Euro. Das ist sicherlich nicht ganz billig, aber es gibt eine gar nicht mal so kleine Kundenschicht, die genau so etwas sucht. Auch in Deutschland. Es stimmt uns ein wenig traurig, dass es so wenige Mitbewerber in diesem Bereich gibt. Wir hätten gerne mehr, weil dann das Luftbett bei den Verbrauchern stärker thematisiert würde. Eins steht jedenfalls fest: Mit Airtouch kann sich ein Fachhändler wirklich von anderen Anbietern differenzieren.

Haustex: Definieren Sie bitte die Zielgruppe, die Sie mit Philrouge Noblesse und mit Airtouch erreichen wollen.

Ogris: Bei beiden sprechen wir bestimmt nicht den 20-jährigen oder den Ersteinrichter an. Geld haben natürlich auch jüngere Verbraucher, aber die geben ihr Geld noch lieber für andere Dinge aus. Solange man kerngesund ist, schläft man überall gut und macht sich keine Gedanken über diese Thematik. Eher sprechen wir Konsumenten ab 40 Jahren aufwärts an, mit einer hohen Sensibilisierung respektive Anforderung an den Schlafkomfort und die Ergonomie. Bei Airtouch kommt hinzu, dass der Kunde offen ist für Technologie und Elektronik.

Haustex: Propagieren Sie die Airtouch als Problemlöser für gesundheitliche Probleme?

Stieger: Das finden wir eher problematisch, denn eine Matratze kann aus unserer Sicht kein Heilmittel gegen körperliche Beschwerden sein. Wenn ich 40 Jahre falsch geschlafen habe, kann ich die Probleme nicht innerhalb kürzester Zeit durch eine gute Matratze lösen. Von solchen Ansprüchen und Aussagen nehmen wir Abstand. Mit Sicherheit sind unsere Produkte nicht schlechter, eher noch besser als jene, die als medizinisch getestet propagiert werden. Nur unsere Kommunikation ist anders aufgebaut und betont den Komfortgedanken. Unsere Slogans "Komfort auf Knopfdruck" oder Philrouge - der Traum vom Schlafen" geht viel mehr in die Richtung Wellbeing.

Haustex: Welchen Nutzen bieten Sie dem Einzelhändler als Gegenleistung dafür, dass er Ihren Produkten Fläche einräumt?

Ogris: Wir können hochwertige Produkte mit Geschichten und sehr vernünftigen Argumenten anbieten, die man nicht an jeder Ecke sieht. Bei Philrouge sind es der metallfreie Federkern, der eine sehr gute Durchlüftung gewährleistet sowie das auswechselbare Easytop, gefüllt mit reinem, hochabsorbierendem Polstermaterial, das eine einfach zu handhabende Hygiene bietet. Das Schlüsselprodukt schlechthin ist jedoch unser Lattenrost T5 Alu. Er weist, basierend auf Fiberglasleisten, eine auf den jeweiligen Körper maßgeschneiderte Oberfläche auf. Das erreichen wir dadurch, dass die Doppelleisten nicht nur in der Härte, sondern auch in der Höhe passgenau reguliert werden können, und zwar in fünf Stufen. Das ist im Prinzip zwar nicht einzigartig, aber auch hier haben wir einen Schritt weiter gedacht und bieten dem Einzelhändler ein Instrument, mit dem er den Kunden innerhalb von drei Minuten restlos vom System überzeugen kann.

Haustex: Klingt nahezu unglaublich, wenn man bedenkt, wie lange manches Verkaufsgespräch für eine Matratze dauert.

Ogris: Aber es ist so. Wir stellen unseren Philrouge-Händlern nämlich auf Wunsch ein Messsystem zur Verfügung, bei dem sich der Kunde auf den Lattenrost legt, lediglich abgepolstert durch einen dünnen Topper. Im Ausgangszustand befinden sich alle Latten auf einer Höhe, also wie beim herkömmlichen Lattenrost. Dann misst ein Computer die Belastung der Latten beziehungsweise die Einsinktiefe durch den Körper und richtet die Höhe der Leistenpaare danach aus. So erhalten wir nicht nur die genauen Daten, sondern der Kunde erlebt am eigenen Körper, was es ausmacht, dass sich der Lattenrost maßgeschneidert an seinen Körper anschmiegt. Ähnlich wie im spezialisierten Sportgeschäft, wo eine Laufschuhsohle angepasst wird, spürt der Kunde "eindrücklich", was passiert. Die erfassten Daten erhalten wir mit der Bestellung des Lattenrostes und wir stellen den Lattenrost in der Produktion nach den erfassten Daten ein. Es handelt sich also um einen maßgeschneiderten und individualisierten Lattenrost.

Haustex: Muss jeder, der Philrouge führt, auch so ein Messgerät haben?

Ogris: Nein, den Entscheid überlassen wir dem Händler. Man kann den Rahmen auch einstellen lassen, indem man uns einige Grunddaten über den Schläfer bei der Bestellung mitliefert. Wir verfügen über einen Pool an Messdaten, anhand derer wir dann die für den Käufer optimale Höheneinstellung vornehmen. Allerdings verzichtet der Händler dann auf ein wirklich überzeugendes Verkaufsinstrument. Wir werden es im übrigen auf der nächsten Möbelmesse in Köln wieder vorführen.

Haustex: Das Messsystem ist wahrscheinlich nicht ganz billig. Muss man es kaufen, oder kann man es auch mieten?

Ogris: Wir bieten eine Kombination aus Miete und Leasing an. Das System, einschließlich PC, Bildschirm, Drucker, Unterfederung und vor allem Messsystem kostet rund 12.000 Euro. Man muss also schon einige Rahmen verkaufen, damit es sich amortisiert. Wer es kaufen möchte, dem können wir daher auch eine Finanzierung über drei Jahre anbieten, so dass es dann am Schluss auch für einen kleineren Händler finanzierbar ist.

Haustex: Und was kostet solch ein Rahmen im Verkauf?

Stieger: Das fängt in den Standardgrößen an bei 540 Euro in der nicht verstellbaren Variante, Kopf- und Fußverstellung manuell liegt bei 630 Euro. Zweimotorig kostet der Rahmen knapp 1.500 Euro.

Haustex: Das ist sicherlich nicht für jeden finanzierbar, aber angesichts der Zielgruppe wiederum erschwinglich.

Ogris: Bei der Preisfindung haben wir unsere Märkte gründlich analysiert. Wir glauben in unserer Branche nicht an schwindelerregende Höchstpreisstrategien und wollen unsere Produkte in einem Bereich anbieten, wo die Luft noch nicht zu dünn ist.

Haustex: Der T5 ist wahrscheinlich Ihr High-End-Produkt bei den Rahmen.

Stieger: Wir bieten auch noch unseren T1 an. Statt Fiberglas- hat er Holzfederleisten, die Härte der Leisten kann in drei Stufen variiert werden, aber sie können eben nicht in der Höhe verändert werden. Preislich liegen T1 und T5 um eine Klasse auseinander. Bei beiden Rahmen haben wir uns für Aluminium als Grundmaterial entschieden. Es ist im Vergleich zu Holz superleicht, sehr stabil und extrem langlebig. Das Material ermöglicht es uns, filigrane Rahmen herzustellen, die dennoch sehr stabil sind. Das Profil ist nur 42 mm hoch. Wenn ich die gleiche Stabilität mit Holz erreichen wollte, müsste ich ein Profil von mindestens sechs bis sieben Zentimetern wählen.

Ogris: Wir haben noch ein sehr spezielles Produkt, das auch nicht überall erhältlich ist. Aus unseren Rahmen T1 und T5 kann man mit Zubehör eine Einzelbettlösung machen. Aber es ist nicht jedermanns Sache, ein Bett zu haben, bei dem man zwischen Matratze und Bettrahmen sehen kann. Daher haben wir uns Easyletto einfallen lassen. Es verwandelt den auf den Füßen stehenden Rahmen in ein auch optisch vollwertiges Bett. Dazu müssen lediglich an den Ecken des Bettes Winkel montiert werden, danach wird ein textiles, dehnbares Farbband um die Umrandung gespannt und per Klettverschluss befestigt. Wir liefern Easyletto gleich mit drei Farbbändern in Rot, Schwarz und Grau, so dass der Verbraucher sein Bett je nach Lust und Laune immer wieder farblich neu gestalten kann. Es ist außerdem platzsparend, da eine Blende normalerweise immer ein paar Zentimeter mehr benötigt, Easyletto aber überhaupt nicht aufträgt.

Haustex: Sehr interessant, aber ursprünglich zielte die Frage nach den Vorteilen für den Handel auch auf die Kalkulationsspanne. Wie sieht es damit aus?

Ogris: Wir verzichten bewusst auf überhöhte Kalkulationen, wir bewegen uns in diesem Punkt im Durchschnitt der anderen Anbieter. Wir haben nämlich die Erfahrung gemacht, je höher die Kalkulation, desto höher ist auch das Risiko von Rabattierungen. Wir bieten allerdings sehr interessante Bonifikationen abhängig von den erzielten Umsätzen. Wer stärker mit uns zusammenarbeitet, kann wirklich überdurchschnittlich viel verdienen. Und was wir auch bieten, ist eine sehr starke Unterstützung bei der Werbung am POS. Unser Ziel ist es, dass der Verbraucher die wertige Präsentation der Ware sieht und dann erfreut feststellt, dass unsere Produkte preiswerter sind als angenommen.

Haustex: Nun gehört die Schweiz nicht der EU an. Macht sich das in längeren Lieferzeiten bemerkbar?

Ogris: Überhaupt nicht. Innerhalb von zwei bis drei Wochen befindet sich die Ware beim Händler. Zudem verfügen wir über ein Mehrwertsteuerkonto in Deutschland. Somit erhält der Händler eine Rechnung wie die eines deutschen Lieferanten.

Haustex: Anfangs erzählten Sie, dass der Außendienst in Deutschland verstärkt werden soll. Was wird das Ihren Kunden bringen?

Ogris: Wir wollen dadurch näher am Kunden und noch stärker vor Ort präsent sein. Wir werden nach dem Ausbau des Außendienstes vermehrt Schulungen anbieten können oder falls gewünscht auch eine Verkaufsmithilfe bei einer Markenpromotion.

Haustex: DOC ist schon einige Zeit in Deutschland aktiv. Welche Erfahrungen haben Sie dort mit Ihren Produkten machen können?

Ogris: Ich bin da ganz ehrlich. Wir sind uns bewusst, dass alles seine Zeit braucht. Es zeigt sich aber, dass unsere Produkte ihre Berechtigung haben, denn wir platzieren die Ware nicht nur im Handel, es wird auch Umsatz damit erzielt. Es gibt einige Händler, die den Nutzen unserer Produkte erkannt haben und diesen auch erfolgreich an die Konsumenten weitergeben. Diese Händler machen mit uns bereits jetzt gute Geschäfte. Aber wir sind natürlich noch lange nicht dort, wo wir sein wollen. Vergleicht man den Markt für Schlafsysteme in der Schweiz mit dem in Deutschland, dann sind wir in der Schweiz preislich in der oberen Hälfte angesiedelt, in Deutschland aber sicherlich in der oberen Spitze. Der Anteil, den die Discounter einnehmen, ist in Deutschland auch deutlich höher als in der Schweiz. Allerdings gibt es in der Schweiz zügige Veränderungen.

Haustex: Die Kölner Möbelmesse startet in rund zwei Monaten. Was dürfen die Besucher dort von DOC erwarten?

Ogris: Zwei attraktive Marken (Philrouge und Airtouch) mit einer Handvoll schlagkräftiger Verkaufsargumente. Für unsere bestehenden Händler haben wir einige interessante Neuheiten parat (lächelt und schweigt). Alles in allem kümmern wir uns darum, dass sich ein Besuch lohnen wird.


DOC Telegramm

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Das Unternehmen wurde 1948 als Einzelfirma DOC Doppelcouch gegründet. Im Laufe der Jahre profilierte sich das Unternehmen mehr als Anbieter von Matratzen. 1984 entstand der Neubau am heutigen Standort Mövenstraße in St. Gallen. Sechs Jahre später übernahm Philippe Cuérel das Unternehmen von seinem Vater. 2001 entwickelte sich das Unternehmen vom reinen Matratzenhersteller zum Anbieter von Schlafsystemen und startete eine eigene Lattenrost-Produktion. 2004 startete man mit viskoelastischen Matratzen unter der Marke Sanapur. Seit 2005 arbeitet das Unternehmen mit der hochwertigen Marke Philrouge. Zum Januar 2008 übergab Cuérel das Unternehmen an Patrik Ogris und Josef Stieger, die vorher schon im Unternehmen tätig waren.

Inhaber: Patrik Ogris, Josef Stieger
Mitarbeiterzahl: 30, davon 20 in der Produktion
Produkte: Matratzen, Unterfederungen,
Marken: Philrouge, Airtouch, Sanapur
Absatzmärkte: Schweiz, Österreich, Deutschland
aus Haustex 11/09 (Wirtschaft)