Interview mit dem Pergo-Führungstrio

Den Mythos des Margen-Bringers wahr werden lassen

Als im Jahre 2007 die im MDax notierte Pfleiderer AG den Laminatboden-Hersteller Pergo kaufte, konnte es eigentlich nur eine Frage der Zeit sein, bis der mächtige Konzern die Branche aufmischen würde - aber Fehlanzeige: Alles blieb wie es war. Vor knapp einem Jahr wurde schließlich mit Ralf Eisermann ein ausgewiesener Kenner des Fachs an Bord geholt, der jetzt vom Schweizer Baar aus als CEO die Fußboden-Aktivitäten von Pfleiderer leitet und direkt an Konzernchef Hans H. Overdiek berichtet. Trotz eher bescheidener Bordmittel hegt Eisermann hoch gesteckte Ambitionen, wie BTH Heimtex im Interview erfuhr. An dem Gespräch beteiligten sich auch Thomas Schultz, Vertriebsleiter D-A-CH, sowie Markus Schätzle, Leiter der globalen Marketingmaßnahmen.

BTH Heimtex: Herr Eisermann, Sie sind jetzt seit einem Jahr bei Pergo. Da können wir uns vorstellen, dass die Schonfrist vorbei ist und der Vorstandsvorsitzende der Pfleiderer AG auf erste Erfolgsmeldungen wartet?

Ralf Eisermann: Schonfristen kann sich in der heutigen Zeit niemand mehr leisten. Von Anfang an ging es hier mit Full Speed zur Sache: Die Mannschaft musste verstärkt und die Struktur angepasst werden. Vor allem galt es, den Markt adäquat zu bedienen, was uns mit wachsendem Erfolg gelingt. Durch die positive Resonanz von außen und innen sehen wir unsere Arbeit bestätigt.

BTH Heimtex: Dass die Pfleiderer AG eine schwierige Phase durchläuft ist hinreichend bekannt. Hat diese Situation Auswirkungen auf die Geschäftseinheit Pergo?

Eisermann: Konzernangelegenheiten möchte ich grundsätzlich nicht kommentieren. Was die Performance von Pergo betrifft, lässt sich feststellen: Solange das Gesamtergebnis einen positiven Trend aufweist - und das ist der Fall -, haben wir genügend Handlungsspielraum, um das Projekt "The New Pergo" mit aller Konsequenz weiterzuverfolgen. An dieser strategischen Ausrichtung wird nicht gerüttelt. Selbstverständlich gehen wir sorgsam mit unseren Budgets um, aber das macht in diesen schwierigen Zeiten jeder.

BTH Heimtex: Die Dachorganisation von Pergo im Schweizer Baar firmiert seit einigen Wochen als AG. Was hat es damit auf sich?

Eisermann: Dahinter steht das Ziel, die Unternehmenseinheit schlanker und somit agiler zu machen. Deshalb wurde in der Schweiz ein Headquarter gegründet - die Pergo AG; unter diesem Dach sind die beiden großen Töchter Pergo Europa und Pergo USA angesiedelt, so dass jetzt die Fäden an einem zentralen Ort zusammenlaufen.

Diese Maßnahme soll auch dazu beitragen, die Außendarstellung der Marke zu vereinheitlichen. Dabei gilt es, das Beste aus Amerika und Europa zu bündeln und daraus einen globalen Auftritt abzuleiten. Ein Beispiel: Der in den USA gebräuchliche Claim "Theres Only One Pergo" wird künftig weltweit genutzt, während die von Pergo Europa entwickelte Idee der "Competence Center" von der amerikanischen Organisation bereits am Standort Garner adaptiert ist.

BTH Heimtex: Zurück zum deutschen Markt: Allein die Tatsache, dass sich Pergo neu aufgestellt hat, dürfte noch keinen Jubel bei potenziellen Abnehmern ausgelöst haben. Auf welche Umstände ist es zurückzuführen, dass die Kundenakquise dennoch recht erfolgreich verläuft?

Eisermann: Dass die Märkte für Laminatböden in diesen Zeiten eher schrumpfen, ist hinlänglich bekannt. Diese Tendenz hat gewissermaßen eine Bewusstseinsänderung erzeugt. Viele Händler erinnern sich noch an Zeiten, als Pergo-Böden mit ihren Alleinstellungsmerkmalen Hochmargen-Produkte waren. Heute befinden sie sich zwar in einem Marktumfeld mit einigen guten Anbietern, die sich jedoch kaum unterscheiden - weder was den Auftritt, noch die Qualität, den Service oder die Story betrifft.

Ein kurzer Blick zurück: Laminatboden in HPL-Qualität wurde bekanntlich von Pergo erfunden. Andere Industrieunternehmen nutzten ihre Chance, ließen sich aber von der Fragestellung leiten: "Welche Minimalanforderungen muss ich erfüllen, damit mein Produkt halbwegs so aussieht wie das Original?" An dieser unteren Grenze ist man lange erfolgreich gesegelt. Doch für dieses Spiel benötigt man gewaltige Mengen, die heute vielerorts nicht mehr absetzbar sind.

Unsere Kunden haben erkannt, dass sich in der Krise nur dann auskömmliche Margen erzielen lassen, wenn man den dafür richtigen Partner hat. Aus heutiger Sicht war es eine glückliche Fügung, dieses Zeitfenster für die Pergo-Marktoffensive in Deutschland zu erwischen.

BTH Heimtex: Um am europäischen Markt ein großes Rad zu drehen, dürften High-End-Produkte kaum reichen?

Eisermann: Seine guten, teilweise sehr guten Zahlen wird Pergo keinesfalls durch ein anonymes Massengeschäft gefährden. Stattdessen wollen wir im kommenden Jahr mit einem neuen Produktportfolio zusätzlich die solide Mittelklasse erschließen. Und was unsere Marktposition in Europa betrifft: Von den drei ganz großen Laminat/ HDF-Herstellern abgesehen, dürfte kaum ein anderer Produzent an die Umsatzzahlen von Pergo heranreichen - trotz mehrfacher Produktionsmenge. In Amerika ist Pergo unumstrittener Marktführer; am Volumen gemessen beträgt der Marktanteil zirka 30%. Dass es gelingt, diese Position mit einer Hochpreispolitik zu verteidigen, spricht für sich.

BTH Heimtex: Pergo wurde 1979 gegründet. Da kann man fast schon von einem Traditionsunternehmen sprechen. In welcher Form soll das Jubiläum begangen werden?

Eisermann: Selbstverständlich sind wir uns dieser Tradition bewusst, doch statt zurückzublicken, wollen wir mit unserem Launch 2010 die nächsten 30 Jahre angehen. Da feiern wir dann gerne mit unseren Kunden die gemeinsamen Erfolge. Der Blick ist nach vorn gerichtet.

BTH Heimtex: Organisatorisch betrachten Sie Deutschland nicht isoliert, sondern zusammen mit Österreich und der Schweiz als Einheit. Wie muss man sich die Vertriebskonzeption für diese Region vorstellen?

Thomas Schultz: Für die gesamte D-A-CH-Region besteht die klare Vorgabe, dass wir uns in eine Richtung orientieren. Auf keinen Fall beansprucht Pergo, an jeder Ecke vertreten zu sein, sondern wir haben einen selektiven Vertriebsweg eingeschlagen mit Prioritäten im Großhandel und Objektgeschäft.

BTH Heimtex: Da die meisten bedeutenden Großhändler überregional tätig sind, dürften sie schnell auf Grenzen stoßen.

Schultz: Unser Fokus ist auf Grossisten unterschiedlicher Branchen gerichtet: den Bodenbelagsgroßhandel, den Großhandel mit Holzwerkstoffen sowie den Malergroßhandel. Überschneidungen sind eher gering, da die Zielgruppen doch sehr unterschiedlich sind. In diesen Bereichen sprechen wir mit geeigneten Marktteilnehmern und haben bereits Abschlüsse getätigt, die aber erst mit der Einführung des neuen Sortiments aktiviert werden. Bis dahin gilt es, eine Erfolg versprechende Startposition zu beziehen.

Die Konzeption für den Großhandel basiert auf Premiumpartnern, mit denen wir in einer sehr engen, vertrauensvollen Kommunikation stehen. Durch das interaktive Miteinander versprechen wir uns unter anderem den notwendigen Input, um kurzfristig auf Markttendenzen zu reagieren.

BTH Heimtex: In welcher Form ist der Objektbereich in das Konzept eingebunden?

Schultz: Objekteure nehmen an dem Kommunikationsprozess ebenso teil wie Planer, Designer und Investoren. Wenn die sich für uns entschieden haben, treten die Premiumpartner auf den Plan. Selbstverständlich wird das Objektgeschäft von uns nicht direkt, sondern über den Großhandel abgewickelt. In diesem Kreislauf besteht der Part von Pergo quasi darin, die Kunden seiner Kunden zu überzeugen. Man muss wissen, dass wir mit namhaften Architekturbüros zusammenarbeiten und inzwischen den Status haben, von diesen bei speziellen Problemlösungen kontaktiert zu werden.

BTH Heimtex: Wird es eine spezielle Kollektion für die Großfläche geben?

Schultz: Nein. In der Region D-A-CH wird es Pergo weder im Baumarkt noch im Baustoffhandel geben.

BTH Heimtex: Was muss man sich unter dem geplanten Markenrelaunch vorstellen?

Markus Schätzle: International stellt sich die Marke sehr unterschiedlich dar. Wie eingangs bereits erwähnt, haben wir als globale Leitlinie den Claim "Theres Only One Pergo" gewählt. Gerade sind wir dabei, ein Brandbook zu erstellen, das alles dokumentiert, was diese Marke ausmacht und durch welche Faktoren unser Handeln bestimmt wird - und zwar für alle Märkte verbindlich. Dieser Prozess umfasst viele Details, die für Außenstehende schwer nachzuvollziehen sind. Dabei spielt uns in die Karten, dass sich Pergo in der D-A-CH-Region ohnehin neu aufstellen muss.

Neu wird nicht nur das Outfit sein, sondern darüber hinaus die transparente Kommunikationsform mit der wir das Einzigartige der Marke Pergo verdeutlichen wollen. Keine großen Worte müssen wir dagegen über qualitative Aspekte verlieren, hier setzt Pergo wie immer die Standards.

BTH Heimtex: Was ist kennzeichnend für die neue Identität von Pergo?

Eisermann: Wenn wir über die Identität des Unternehmens sowie der Produkte sprechen, dann liegt dem eine simple Philosophie zugrunde: Wir wollen Clickboards mit hochwertigen Oberflächen herstellen. Genau das ist die Ausrichtung der nächsten 30 Jahre. Dass Pergo den Laminatboden erfunden hat, ist kein Garant für eine gesicherte Zukunft. Wenn etwas haften bleibt aus der phänomenalen Erfolgsgeschichte der Marke, dann ist es nicht das Laminat an sich, sondern das Know-how, unterschiedlich beschichtete Paneele mit einem speziellen Mechanismus zusammenzufügen. Diese Botschaft haben wir aufgenommen und werden uns mit völlig neuen Materialien, Ausstattungsmerkmalen und Qualitäten auseinandersetzen, um Zukunftsmärkte zu entwickeln.

BTH Heimtex: Ist der Standort Trelleborg mit seiner Anlagentechnologie denn in der Lage, die hohen Ansprüche zu erfüllen?

Eisermann: Wenn wir heute Anlagen kaufen müssten, um unsere Innovationen umzusetzen, dann wären das genau dieselben Maschinen, die bereits in Trelleborg stehen. Man könnte auch von einer Renaissance des Standortes unter anderen Voraussetzungen sprechen. Einige Neuentwicklungen werden bereits produziert.

BTH Heimtex: Etwas präziser könnten Sie schon sein.

Eisermann: Um Details zu verraten ist es noch zu früh. Freuen Sie sich auf unsere Präsentation im Januar 2010.


Pergo Telegramm

Pergo AG
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Tel.: +41 (0)417 / 26 93 00
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E-Mail: info@pergo.com
Internet: www.pergo.com

Gründungsjahr: 1979
Muttergesellschaft/Anteilseigner: Pfleiderer AG
Markennamen: Perfect Fold, Pergo, Soft Tech, Titan X
Jahresumsatz: (2008) 320 Mio. EUR; (2006); 315 Mio. EUR; (2005) 320,4 Mio. EUR
Tochtergesellschaften/Beteiligungen:
- Pergo AB
- Pergo GmbH
- Pergo LLC, USA
- Pergo India Pvt Ltd.
Verbandsmitglied bei: EPLF Verband der europäischen Laminatfußbodenhersteller e. V.
CEO: Ralf Eisermann
Marketing: Markus Schätzle
Regional Director D, A, CH: Thomas Schultz
Vertrieb Europa: Torbjörn Linge
aus BTH Heimtex 11/09 (Wirtschaft)