Designers Guild: Interview mit Tricia Guild und Henry Jones

"Wir verkaufen Emotionen"

Designers Guild ist seit Jahren Synonym für kreatives Wohnen mit Farbe. In London sprach Ilona Schulz für BTH Heimtex mit Firmengründerin Tricia Guild und Henry Jones, Sales & Marketing Director (Europe & Special Projects), über ihre Produktphilosophie und die künftige strategische Ausrichtung des Unternehmens.

BTH Heimtex: Mrs. Guild, Sie haben auf den internationalen Herbstmessen wieder eine sehr umfangreiche Kollektion gezeigt mit einer Fülle neuer Ideen. Woher nehmen Sie immer wieder Ihre Inspirationen?

Tricia Guild: Aus der Natur, aus Kunst und Architektur. Auch die neue Kollektion zeigt vielerlei Einflüsse aus der europäischen Kunst bzw. aus dem Kunsthandwerk. Von handbedruckten französischen Tapeten des 19. Jahrhunderts, Stuckarbeiten der Paläste des Palladio, bis hin zu Josef Hoffmanns Textilien im Wiener Jugendstil, Rokoko und Barock. Eine sehr eklektische Kollektion - Dekostoffe, Tapeten, Accessoires - mit sowohl strengen, maskulinen Elementen als auch sehr opulenten, dekorativen Dessins. In der Bed & Bath-Kollektion haben wir diese Einflüsse übersetzt in hochwertige, vielfarbige Drucke und aufwendige Stickereien.

BTH Heimtex: Ihre typische Farbphilosophie mit den unkonventionellsten Kombinationen überrascht immer wieder und hat so manche Schulweisheit zum Thema Farbe auf den Kopf gestellt. Was gibt Ihnen diese Sicherheit im Umgang mit Farbe?

Guild: Ich habe einfach keine Angst vor dem Umgang mit Farbe und davor, Dinge in vielen verschiedenen, oftmals vielleicht auch ungewöhnlichen Farben herzustellen. Das ist vielleicht nicht jedem gegeben. Aber wichtig ist doch, dass sich die Menschen überhaupt mit Farbe umgeben. Die meisten Menschen sind sich nicht bewusst, welchen Einfluss Farbe auf unsere Psyche hat.

BTH Heimtex: In jeder Lebenslage, in jedem Alter?

Guild: Unbedingt. Ich habe hin und wieder Farbkonzepte für Altenheime und Krankenhäuser entwickelt. Und ich habe das mit großer Freude getan. Ich glaube fest daran, dass Farbe unsere Psyche aufhellen kann. Nur Weiß und Beige ist nicht stimulierend. Es kann im Gegenteil depressiv machen. Ein farbiger Raum hingegen kann sehr belebend wirken.

BTH Heimtex: Welche Farben prägen die neue Kollektion?

Guild: Viel Grün von Moos bis Salbei, Gelb, als Kontrast Magenta, daneben sanfte Töne, aber keine Pastelle, eher Vintage Farben wie verblasstes Delfter Blau, verwaschener Travertin, dazu neutrale, aber raffinierte Töne wie Mondstein, Cappuccino, Mandel und klassisches Schwarz/Weiß.

BTH Heimtex: Ökologie und Nachhaltigkeit sind wichtige Stichworte - gerade in der Textilbranche. Welchen Anspruch stellen Sie in dieser Hinsicht an Ihre Stoffe?

Guild: Wir bieten Stoffe in den unterschiedlichsten Preisklassen an. Von den preisgünstigeren Essentials bis hin zu hochpreisigen High End Qualitäten. Aber egal für welches Preislevel, wir suchen nur nach den besten Qualitäten. Unser Product Development Team ist ständig weltweit unterwegs, um nach wirklich einwandfreien Materialien zu suchen. Beste Qualität ist schon immer unser oberstes Gebot. Das gilt sowohl für unsere Produkte als auch für unseren Service sowie für die Warenpräsentation.

BTH Heimtex: Was sind Ihre wichtigsten Beschaffungsmärkte?

Guild: Für die Bed & Bath-Kollektion orientieren wir uns in Italien und Großbritannien, aber selbstverständlich auch in Portugal und Asien. Die schönsten Qualitäten für den Bereich Dekostoffe finden wir in Italien und Großbritannien, beziehen aber auch hochwertige Seiden aus Indien. Wir kaufen dort, wo die jeweiligen Angebote am besten sind.

BTH Heimtex: Designers Guild belegte 2008 den 22. Platz in der PricewaterhouseCoopers Umsatzrangliste der 100 am schnellsten wachsenden, privat geführten Unternehmen. Wie ist Ihre aktuelle Umsatzentwicklung?

Henry Jones: Unser Geschäftsjahr geht von April bis März. Im März 2009 konnten wir unser bisher bestes Jahr überhaupt abschließen mit einem Umsatz von 53 Mio. GBP, das sind rund 58 Mio. EUR. Das bedeutet einen Zuwachs von 20 %. Allerdings waren die Monate Januar bis März 2009 nicht so gut, hingegen die Monate April bis Dezember 2008 ganz stark. Der Zeitraum Januar bis August 2009 war auf dem gleichen Niveau wie 2008, hier konnten wir keine Zuwächse verbuchen. Das ist etwas enttäuschend, andererseits im gegenwärtigen ökonomischen Klima nicht schlecht.

BTH Heimtex: Wie verlief die Entwicklung bisher im deutschen Markt?

Jones: Deutschland ist auf dem gleichen Level. Wir empfinden das als sehr positiv. Auch die deutschen Kollegen sind sehr zuversichtlich. Sie machen sehr viele erfolgreich Marketingaktionen. Wir sehen das an den Verkaufszahlen.

Natürlich haben wir die Auswirkungen der Finanzkrise auch gespürt. Aber es hätte viel schlimmer kommen können. Wir sind jetzt im neuen Geschäftsjahr und hatten im September ein Plus. Das gibt uns neuen Auftrieb.

BTH Heimtex: Werden Sie angesichts der wirtschaftlich unsicheren Zeiten mit Investitionen oder Brand Diversity zurückhaltender sein?

Jones: Ganz im Gegenteil. Wir investieren kräftig und gehen ganz aggressiv in die Produktentwicklung und Brand Diversity. Auf der Maison & Objet in Paris und jetzt hier in London zeigen wir zehn neue Kollektionen in den Bereichen Dekostoffe, Tapeten, Polsterstoffe, Outdoor, Kinder, Bed & Bath und Accessoires.

Und zum Thema Brand Diversity: Wir bringen erstmals abgepasste Teppiche und wollen dieses Geschäft ganz stark pushen. Im Frühjahr 2010 wird dann die Möbelkollektion um einige Modelle erweitert.

Guild: Die Teppiche zeigen die ganze Bandbreite der Dessinvielfalt unserer Stoffe und Tapeten, das heißt von üppigen floralen Dessins bis hin zu strengen, maskulinen, geometrischen Formen - und auch die reichhaltige Farbpalette. Mit Teppichen können wir einem Raum eine ganz neue Dimension verleihen.

BTH Heimtex: Wir haben in Ihrer Dekoration Polstermöbel, Dekostoffe und Accessoires von geradezu königlichem Charakter entdeckt: die sogenannte Royal Collection. Was hat es damit auf sich?

Guild: Die Queen höchstpersönlich hat uns mit der Erstellung dieser Kollektion beauftragt, um das reichhaltige Erbe des britischen Königshauses zu bewahren. Es sind Adaptionen von Originalen aus den Archiven von Buckingham Palace und Schloss Windsor. Es war eine hochspannende Arbeit. Wir haben tausende von Dokumenten gesichtet.

BTH Heimtex: Sie bieten seit 2008 unter dem Label "White Collection" eine Bed & Bath Range für Hotels an. Werden Sie sich künftig noch stärker und konsequenter im Objekt-Geschäft engagieren?

Guild: Wir beabsichtigen in der Tat eine Ausweitung des Objekt-Geschäfts und sind eigens dafür erstmals eine Zusammenarbeit mit Trevira CS eingegangen. In Österreich haben wir bereits Hotels ausgestattet, zum Beispiel das Hotel Krone in Lech.

BTH Heimtex: Designers Guild ist in Europa gut aufgestellt. Welche Märkte haben Sie nun im Visier?

Jones: Wir sind jetzt ganz neu in den USA gestartet mit einem eigenen Showroom. Hier sehen wir ein großes Potenzial. Auch in China haben wir bereits eigene Showrooms und machen unsere ersten Schritte in Indien.

BTH Heimtex: Wie schaffen Sie es, in so unterschiedlichen Märkten Ihre Produkte zu verkaufen? Gibt es nicht große geschmackliche Unterschiede?

Guild: Sicher, es gibt schon Unterschiede. So sind zum Beispiel die skandinavischen Länder und Deutschland moderner ausgerichtet, Frankreich wiederum ist viel üppiger und dekorativer orientiert. Aber unsere Kollektion ist so breit gefächert, dass wir jeden Bedarf abdecken können.

Jones: Wir verkaufen nicht nur Produkte. Man sagt zwar, Emotionen kann man nicht kaufen, aber - wir verkaufen Emotionen. Außerdem haben wir festgestellt, dass sich die Bedürfnisse verschieben. In Deutschland zum Beispiel verkaufen wir inzwischen mehr Tapeten als noch vor einigen Jahren. Unser Sales Profile sieht dort folgendermaßen aus: Stoffe, Bed & Bath 60 %, Tapeten 15 %, Accessoires 15 % und Möbel etwa 10 %. Stoffe und Tapeten splitten sich hier in etwa 75 % für den privaten Gebrauch und um 25 % für den Objekt-Bereich.

BTH Heimtex: Sie haben kürzlich eine Business Webseite gestartet. Wen wollen Sie damit ansprechen?

Jones: Wir würden niemals an Endverbraucher übers Internet verkaufen. Aber die Leute können sich unsere Produkte anschauen und sich so ihr eigenes Interieur gestalten. Allerdings haben wir für unsere Handelskunden in Großbritannien und in Irland eine Website. Damit machen wir inzwischen 1 Mio. GBP Umsatz.

BTH Heimtex: Mrs. Guild, sie haben im Laufe der Jahre zahlreiche Bücher veröffentlicht über Inneneinrichtung, Farbe, Blumen, geben in dem Band "Private View" sehr persönliche Statements zu den genannten Themen ab. Dürfen wir uns bald wieder auf ein neues Buch freuen?

Guild: Ja, bereits im nächsten Jahr wird ein neues Buch herauskommen. Aber darin geht es wieder ausschließlich um Produkte für den Interior-Bereich.


Designers Guild Daten und Fakten

Tricia Guild gründete Designers Guild im Jahre 1970 mit einer kleinen, handverlesenen Stoffkollektion. Zwei Jahre später eröffnete sie ihren ersten Laden in der Kings Road in London - damals schon als Concept Store mit Möbeln und Accessoires. Mitte der 1970er Jahre startete sie eine Zusammenarbeit mit Künstlern.

Mit Beginn der 1980er Jahre expandierte das Unternehmen in rasanter Geschwindigkeit. 1986 trat Tricia Guilds Bruder Simon Jeffreys - heute Mitinhaber - als Chief Executive in das Unternehmen ein. Die Kollektion wurde sukzessiv erweitert und umfasst heute die gesamte Interior-Palette von der Tapete - rund 4.000 Positionen -, über Dekostoffe - aktuell insgesamt über 5.000 Positionen -, Teppiche, Bed & Bath bis zu Möbeln, Porzellan und Accessoires; darüber hinaus in Lizenz Tapeten und Stoffe von William Yeoward und Jasper Conran.

The Designers Guild Group beschäftigt über 260 Mitarbeiter im heimischen Großbritannien sowie bei Tochtergesellschaften in München und Paris. In der Londoner Kings Road werden ein Flaghship-Store und ein Showroom unterhalten, die Zentrale residiert in West-London, wo sich auch das große Lager befindet.

Das Unternehmen operiert in 40 Ländern weltweit, zum Teil mit eigenen Showrooms. Größter Markt ist Großbritannien. Der Umsatz ist seit der Gründung stetig und mit zunehmender Geschwindigkeit von unter 5 auf 55 Mio. GBP im Geschäftsjahr 2008/2009 (31. März) gestiegen, umgerechnet 58 Mio. EUR.

Tricia Guild wurde mit vielfältigen Auszeichnungen für ihre erfolgreiche Arbeit bedacht. Sie hat zahlreiche Bücher verfasst, liebt ihre Gartenarbeit, Oper und Ballett. Sie ist verheiratet mit Richard Polo, Inhaber von Orso und Joe Allens Restaurants in London. Die beiden haben eine Tochter, Lisa, und eine Enkelin, Lola.


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aus BTH Heimtex 12/09 (Wirtschaft)