Von Fritz Langauer, Oritop GmbH

Reise nach Pakistan Politische und preisliche Entwicklung

Es sind die Reisen in die Herstellerländer, die für viele im Teppichhandel den Reiz ihrer Arbeit ausmachen. Über den Kontakt zu den Knüpfern, der Besichtigung ihrer Arbeitsstätten, dem temporären Zusammenleben mit ihnen und ihren Familien werden die Stimmungen "vor Ort" miterlebt. Und nur so werden private, gesellschaftliche und politische Veränderungen deutlich. Für die Daheimgebliebenen berichten an dieser Stelle "Teppichreisende" künftig in unregelmäßigen Abständen von ihren Eindrücken und Erlebnissen. Den Beginn macht Fritz Langauer, geschäftsführender Gesellschafter der österreichischen Oritop GmbH, die seit Jahrzehnten Knüpfteppiche in Afghanistan und Pakistan produzieren lässt.

Ankunft um 8.30 Uhr morgens in Lahore, wir kommen aus Dubai. Der Flughafen bietet das gleiche Bild wie immer. Auf der Fahrt in die Stadt passieren wir etliche Polizeikontrollen, an denen die Autos langsam durchgeschleust und einige angehalten werden. In den nächsten Tagen kommt das häufiger vor, zweimal müssen wir aussteigen und unsere Pässe werden kontrolliert. Wem es nichts ausmacht dabei hinter einer Wand aus Sandsäcken in den Lauf eines Maschinengewehrs zu blicken, kann sich auf einer solchen Reise durchaus wohlfühlen.

Ansonsten nimmt das Leben in Lahore seinen normalen Verlauf, Terroranschläge werden vor allem in Peshawar verübt. Dorthin reisen wir allerdings schon längere Zeit nicht mehr. Da erscheint uns sogar eine Reise nach Kabul problemloser.

Aus Sicherheitsgründen schlafen wir schon seit vorigem Jahr nicht mehr in Hotels, obschon sie heute wie ein Fort bewacht werden. Wir kommen unter denkbar einfachen Umständen bei turkmenischen Freunden und Lieferanten unter. Zwei Räume, in denen sonst Teppiche lagern, sind für meinen Schwiegersohn Christoph Ziereis und mich gastfreundlich hergerichtet. Gegessen wird auch dort oder bei verschiedenen Geschäftsfreunden. Wir lassen uns von Termin zu Termin fahren, Spaziergänge vermeiden wir ebenso wie Essen in Restaurants.

Die Ratschläge, die wir bekommen, sind gut gemeint, aber oft verwirrend. Im letzten Jahr trugen wir in Pakistan stets die typische Kleidung der Einheimischen (Shalvarkamiz) - weite Hose und Hemd -um nicht als Europäer aufzufallen. Jetzt aber sei es angeblich von Vorteil europäisch gekleidet zu sein, vor allem bei Polizeikontrollen.

Veränderungen gibt es auch bei der preislichen Entwicklung afghanischer Teppiche. Nach einer längeren Phase der Verbilligung durch laufende und langsame Abwertung der pakistanischen Rupie und dem niedrigen Dollar sind wir nun mit einer deutlichen Preissteigerung konfrontiert, die zu Beginn des Jahres 2010 bemerkbar werden wird. Der Afghani (AFN) ist gegenüber der pakistanischen Rupie (PKR) und auch dem USD stärker geworden. Teppiche werden im Norden Afghanistans in USD gehandelt und in Kabul in PKR. Die afghanischen Knüpfer erhalten nun für Ihre Arbeiten weniger AFN, was viele veranlasst das Knüpfen aufzugeben. Bereits im Herbst 2009 war eine gewisse Verknappung bei den sogenannten Kazak zu bemerken.

Durch die Wirtschaftskrise bedingt, sind es vornehmlich amerikanische Großhändler, die ihre Orders drastisch zurückgefahren haben. Viele bestehende Bestellungen wurden kurzfristig storniert, was für die Knüpfer in Afghanistan zu großen wirtschaftlichen Problemen führte. Um zu überleben, haben sich viele Knüpfer andere Tätigkeiten gesucht. Folge: Verknappung und damit verbundene Verteuerung.

Wir sollten uns einmal die heutigen Umstände bei der Produktion der Djubi und Kazak vor Augen führen: Nahezu 90 % der Teppiche werden heute wieder in Afghanistan geknüpft, in und rund um Kabul und im Norden in den Gebieten von Andkhoy und Achce. Die meisten Knüpffamilien sind aus Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt. Die zunehmenden Unruhen im Nordwesten Pakistans verstärken diesen Trend. Da es in Afghanistan an guten Wäschereien fehlt - in Kabul ist der Winter zu lang und in Achce die Wasserqualität zu schlecht -, kommen die ungewaschenen Teppiche nach Peshawar oder Lahore zur Wäsche und werden als pakistanische Teppiche von dort exportiert.

Zu welchen tollen Leistungen diese Menschen unter diesen Umständen fähig sind, sollten wir wirklich würdigen.
aus Carpet Magazin 01/10 (Wirtschaft)