30. Internationale Baumwolltagung

Veränderungen und Entwicklungen


Bremen - Für fast eine Woche (24. - 27. März) war die Baumwolle im Bremer Rathaus und der nahe gelegenen Baumwollbörse zentrales Thema. Trotz der auch für den Baumwollhandel und die Textilindustrie spürbaren Krise kamen fast 500 Teilnehmer aus 40 Ländern nach Bremen, um die 30. Internationale Baumwolltagung und die verschiedenen Rahmenveranstaltungen zu besuchen. "Angesichts der schwierigen Zeit, die insbesondere im letzten Jahr dem Handel und der Industrie weltweit große Probleme bereitete, sind wir sehr froh, dass unsere Tagung international wiederum eine so große Anerkennung findet, die sich auch in den Besucherzahlen widerspiegelt" so Jan B. Wellmann, Geschäftsführender Direktor der Bremer Baumwollbörse.

Die wichtigste aller Naturfasern wird in mehr als 80 Ländern produziert. Auf dem Sektor rund um die Baumwolle sind weltweit gut 350 Millionen Menschen beschäftigt. Der Baumwollhandel konzentriert sich in Deutschland seit Beginn hauptsächlich auf Bremen. Die Hansestadt importiert bereits seit Beginn des 17. Jahrhunderts Baumwolle und entwickelte sich aus dieser Position heraus zu einem wichtigen Platz für den Baumwollhandel und die in Deutschland ansässige Textilindustrie. Die bremischen Häfen waren noch in den 1980er Jahren zusammen mit dem japanischen Kobe die weltweit führenden Importhäfen für den Rohstoff.

Das Programm der 30. Internationalen Baumwolltagung in Bremen spiegelte die Veränderungen und Entwicklungen des Baumwollmarktes wider: Neben den neuesten Forschungsergebnissen des wissenschaftlichen Tagungsbereiches und der immer wieder aktuellen Situation der Baumwollerzeugung einzelner Länder haben zukunftsorientierte Themen wie Biotechnologie und Nachhaltigkeit in Bremen mittlerweile ein großes Forum.

Die weltweite Baumwollernte 2009/10 liegt mit rund 22 Mill. t fünf Prozent unter dem Volumen der Vorsaison. Der Grund hierfür sind niedrigere Erträge. China führt mit einer Ernte von rund 6,8 Mill. t die Liste der größten Baumwollerzeuger unverändert an, gefolgt von Indien (5,1 Mill. t) und den USA (2,7 Mill. t). Die drei mit Abstand an der Spitze liegenden Länder machen etwa zwei Drittel der gesamten Baumwollerzeugung weltweit aus. Pakistan und Brasilien fuhren 2,1 bzw. 1,2 Mill. t ein. Bemerkenswerte Veränderungen gab es in den letzten Saisons in den USA: Dort bewegte sich die Baumwollerzeugung in den letzten acht Jahren auf hohem Niveau zwischen rund 4 und 5 Mill. t. In 2008/09 nahm die Anbaufläche für die Naturfaser schlagartig ab und die Ernte brach auf 2, 8 Mill. t ein. Im Vergleich zur Vorsaison ging die Erntemenge um rund 35 Prozent zurück.

Die weltweite Baumwollverarbeitung in der Saison 2009/10 wird sich voraussichtlich nach der problematischen Vorsaison, in der sich die globale Finanz- und Wirtschaftskrise noch deutlich manifestiert hatte, etwas erholen. Mit fast 24 Mill. t in 2009/10 und einer Aussicht auf 24,5 Mill. t für die Saison 2010/11 spiegelt der Baumwolleinsatz positivere wirtschaftliche Entwicklungen wider. Die drei großen Baumwollverarbeiter sind die Volksrepublik China, Indien und Pakistan. China allein konsumiert bereits fast vierzig Prozent. Zählt man Indien und Pakistan hinzu, gehen hier zwei Drittel der weltweit verarbeiteten Baumwolle in den Verbrauch. Die Prognose zu den Weltbaumwollbeständen liegt für die laufende Saison bei 10,5 Mill. t. Im Saisonvergleich zu 2008/09 nahmen die Vorräte um rund 14 Prozent ab. Infolge geringerer Produktion und zunehmender Verarbeitung ist auch für die kommende Saison mit einer weiterhin abnehmenden Tendenz der Bestände zu rechnen.

Im Hinblick auf die europäische Baumwollsituation führt Italien die Liste der importierenden Länder an. In der laufenden Saison 2009/10 erreichen die Baumwolleinfuhren rund 55.000 t Baumwolle. Als Verarbeiterland liegt Italien in Europa traditionell an der Spitze, wobei auch hier die Tendenz abnehmend ist. So wurden in der Vorsaison bei einer Verarbeitungsmenge von 75.000 t rund 67.000 t Baumwolle importiert. An zweiter Stelle steht Deutschland mit einem Baumwollkonsum von geschätzten 35.000 t für die laufende Saison, gefolgt von Portugal mit einer Verarbeitung sowie einer Einfuhr von je 36.000 t. Die Baumwolleinfuhren in die Bundesrepublik Deutschland waren im Jahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr stark rückläufig: Das importierte Volumen erreichte im letzten Geschäftsjahr knapp 39.000 t bzw. rund 180.000 Ballen und wies damit einen Rückgang um über 30 Prozent auf. Der Einfuhrwert wurde mit rund 43 Mill. Euro angegeben (-33 Prozent im Vorjahresvergleich). Der Kilopreis von 1,11 Euro steht einem Vergleichswert von 1,14 Euro aus 2008 gegenüber.

Die vier Hauptlieferländer Kasachstan, Usbekistan, Israel und Griechenland machten 2009 zusammen mit rund 16.000 t 41 Prozent der Gesamteinfuhren aus. Wie im Vorjahr ist Kasachstan der Spitzenreiter mit 4.560 t, wobei sich die Einfuhren aus dieser zentralasiatischen Region im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte verringert haben. Auch aus Usbekistan wurde weitaus weniger Baumwolle importiert: Mit einem Volumen von 4.170 t in 2009 nahmen die Lieferungen um rund 56 Prozent ab. Die Israelbaumwolle hielt das Niveau mit 3.700 t vergleichsweise unverändert, während Griechenbaumwolle um 35 Prozent rückläufig war. Insgesamt war der Einsatz hochwertiger langstapliger Baumwollqualitäten in der deutschen Textilindustrie in 2009 weniger gefragt. Das spiegelt sich in den geringeren Einfuhren aus den USA (Pima-Baumwolle) und insbesondere den ägyptischen Einfuhren wieder: Ägypten lieferte in 2008 noch 1.700 t, im Folgejahr lediglich 270 t. An Sudanbaumwolle wurden 2009 rund 1.200 t importiert, ein Rückgang von rund 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Im Langzeitüberblick hat sich die Baumwolleinfuhr nach Deutschland jährlich verringert. In den 1950er Jahren wurden Rekordeinfuhrwerte von 370.000 t erreicht. Bis zum Beginn der 1970er Jahre lag das Einfuhrvolumen bei einem 10-Jahresdurchschnitt von 280.000 t. In den 70er Jahren begann parallel zum Abwandern der Textilindustrie der Rückgang der Importe. Im Rückblick auf die letzten zehn Jahre bis zum Jahr 1999 liegt die durchschnittliche Einfuhr in die Bundesrepublik bei rund 90.000 t.
aus Haustex 04/10 (Wirtschaft)