Kerakoll zieht die "grüne" Karte

Mit Eco-Rating und Produkt-Transparenz in die Verkaufsoffensive

Der italienische Baustoffhersteller Kerakoll hat sich ein vollständig grünes Image verpasst - im Logo, im Namenszusatz "Green Building Company" und in der Deklaration seiner Produkte. Vor diesem Hintergrund startet auch die deutsche Vertriebsgesellschaft mit Verlegewerkstoffen für Fliesen, Parkett und Bodenbeläge eine neue Offensive. Sogar Parkettlack ist im Sortiment.

Die zweite Führungsgeneration im Familienunternehmen Kerakoll macht Ernst mit der "grünen" Ökonomie. Geschäftsführer Gian Luca Sghedoni hat zusammen mit Bruder und Schwester seinem Unternehmen den Titel "The Green Building Company" verpasst. Sieht man die Investitionen an den Standorten und die Maßnahmen zur Produktdarstellung, dann wird deutlich: Dies ist keine reine Marketingstrategie, hier präsentiert sich echte ökologische Firmenphilosophie.

Kerakoll wurde 1968 gegründet und wuchs in den vergangenen 15 Jahren von 10 Mio. EUR auf einen Umsatz von rund 350 Mio. EUR. Das Unternehmen ist neben Mapei Marktführer bei Verlegewerkstoffen in Italien und beschäftigt 1.200 Mitarbeiter in sechs italienischen Produktionsstandorten sowie in vier Werken in Spanien, Polen und Griechenland. Innerhalb der kommenden fünf Jahre ist auch ein Produktionsstandort in Deutschland geplant.

Futuristisches Forschungszentrum

2008 begannen die Bauarbeiten am Kerakoll Green Lab. Die futuristische Architektur dieses Labors wird schon bald 100 zusätzliche Mitarbeiter beherbergen, deren Aufgabe die Kontrolle und Weiterentwicklung aller Produkte hin zu einem immer umweltfreundlicheren Standard ist. 14 Mio. EUR lässt Kerakoll sich dieses Gebäude kosten, das auf einer Fläche von 7.000 m2 ganz und gar mit Green Building Materialien und energiesparenden Technologien errichtet wird. 5,4 % seines Umsatzes gibt Kerakoll für Forschung und Entwicklung aus. "Es ist unser Ziel, umfassende Lösungen zum Planen, Bauen und Leben im Einklang mit der Umwelt und dem Wohlbefinden beim Wohnen anzubieten", erklärt Deutschland-Geschäftsführer Anselmo Marchi.

Seine "grüne" Ausrichtung datiert Kerakoll allerdings schon ins Jahr 2000. Damals wurde der Chemie- und Klebstoffhersteller SLC übernommen und allmählich zu einem ökologisch orientierten Unternehmen umgerüstet. Die Forderung war: Reduzierung der eingesetzten Lösemittel in den ersten fünf Jahren um 60 % sowie Entwicklung von umweltfreundlichen, wasserbasierten und zertifizierten Produkten nach VOC-Richtlinien. Die Neustrukturierung und Konzentration auf Italien brachte es mit sich, dass SLC als Parkettklebstoffmarke vom deutschen Markt nahezu verschwand. Das soll nun wieder anders werden.

Ein weiterer Meilenstein grüner Firmenstrategie war 2003 die Entwicklung der Nivelliermasse Keratech, bei der hypoallergene Zemente mit niedrigem Chromsalzgehalt für geringe Emissionswerte an flüchtigen organischen Substanzen sorgen. 2005 folgte Biocalce, ein natürlicher Baustoff für Putze, Mörtel und Farben und, laut Kerakoll, "die erste grüne Marke weltweit". 2009 kam Nanoflex auf den Markt, eine wasserundurchlässige Abdichtung, die nicht nur wenig flüchtige Substanzen enthält, sondern zudem mit 30 % recycleten Mineralien speziell zur Reduzierung von CO2 in der Atmosphäre projektiert war. 2010 schließlich folgte die Taufe von Kerakoll in "The Green Building Company".

Eco-Rating sorgt für Produkt-Transparenz

Auf der Grundlage international gültiger Standards und Grenzwerte hat Kerakoll ein Eco-Rating erstellt, nach dem alle Produkte unter Green Building Aspekten eingestuft werden. Insgesamt fünf Punkte werden geprüft. Beim Kleber sind das: Mineralgehalt, VOC-Emissionen, Lösemittelanteil, Umwelteinfluss und Belastung der Gesundheit.

Schon die Kategorie Eco 0 erfüllt Mindestanforderungen, ist aber nicht als umweltverträglich zu betrachten. Je mehr der angeführten fünf Punkte dem Kerakoll-Maßstab entsprechen, desto höher ist dieses Produkt ökologisch einzustufen. Die höchste Stufe ist Eco 5. Dabei begnügt sich Kerakoll nicht mit einer generellen Aussage, sondern beschreibt detailliert, welche Mengen Mineralien, Emissionen oder Lösemittel noch in einem Produkt enthalten sind.

Nach Aussage von Kerakoll wurde das Green Building Rating entwickelt, um dem Markt ein Instrument an die Hand zu geben, Planen und Bauen umweltfreundlicher Gebäude in Bezug auf die benötigten Baustoffe transparenter zu machen. An der Preisschraube hat man dabei nicht gedreht. Kerakolls Produkte waren schon vorher im mittleren und höheren Preissegment angesiedelt. Das Eco-Rating gilt vielmehr auch als interner Ansporn für die Kerakoll-Forschung, Produkte mit neuen Rezepten in immer bessere Kategorien zu befördern.

Engagement in Deutschland und Österreich forciert

Die deutsche Kerakoll GmbH war 2006 mit Sitz in Großostheim bei Aschaffenburg gegründet worden und hatte dabei mit der bereits bestehenden SLC GmbH fusioniert. Darunter litt zunächst der Vertrieb von Verlegewerkstoffen für Parkett und Bodenbeläge. Jetzt wurde unter Geschäftsführer Anselmo Marchi ein neuer Entwicklungsplan für den deutschen und österreichischen Markt erarbeitet.

Rund 14 Außendienstmitarbeiter sind für Kerakoll derzeit im deutschsprachigen Raum unterwegs. Diese haben zusätzliche Aufgaben bekommen. Zum einen sollen sie aus einer Hand Verlegeprodukte für Fliesen, Parkett und Bodenbeläge an den Mann bringen. Sie müssen also sowohl im Bereich mineralischer Dünnbettmörtel wie auf dem Gebiet organisch mineralischer Parkettklebstoffe Kenntnisse mitbringen. Unterstützt werden sie dabei von der Anwendungstechnik. Experte für die Untergrundvorbereitung und Parkettverlegung ist Thorsten Reimann, die Keramik betreut Ralph Schütze und Steffen Hug ist ebenfalls für Fliesen sowie für SLC-Fußbodentechnik zuständig. Ihr gemeinsames Service-Ziel ist, innerhalb von 24 Stunden nach Anforderung auf einer Baustelle vor Ort zu sein.

Zusätzliche Aufgabe für jeden Kerakoll-Außendienstler ist die Organisation von mindestens zwei Schulungen monatlich in seinem Zuständigkeitsbereich. Vorbild ist Italien, wo Kerakoll jährlich rund 35.000 Handwerker unterrichtet. Als transportables Schulungspaket gibt es eine moderne Faltwand samt Beamer, deren Anschaffungswert 8.000 EUR betragen soll. In Großostheim wird zudem ein Schulungszentrum "Campus" aufgebaut, das ab 2011 in Aktion treten kann.

Vertrieb nur im Fachhandel

Die Vertriebspolitik der Kerakoll GmbH hat den Fachhandel im Visier, während der Außendienst seine Akquise beim Handwerker und vor allem bei großen Objekten durchführt. Marco Spinello, der im süddeutschen Raum aktiv ist, kann als Referenz zum Beispiel auf das Kloster Altötting verweisen, wo der so genannte Papst-Trakt mit Kerakoll-Spachtelmassen im System und dann mit Eichenparkett saniert wurde. Auch die Rückgewinnung von Parkett Dietrich in Wuppertal als Partner nach zweijähriger Pause wird als Erfolg genannt. Darüber hinaus hat sich Kerakoll mit einem deutschen Großhändler verbündet, der die Produkte aus Italien ab 2011 an seinen über 40 Standorten vertreiben wird. Und auf der Messe Estrich-Parkett-Fliese in Feuchtwangen (30.6. bis 2.7.2011), heißt es, "wollen wir richtig angreifen".

Die deutsche Kerakoll Vertriebsgesellschaft ist Mitglied im Fachhandelsring und spricht neuerdings auch das Malergewerk an. "Denn die verlegen häufig Teppichboden", begründet Marco Spinello das Engagement. Außerdem wurden alle 26 Bodenbelagsklebstoffe für Parkett bis hin zu elastischen Belägen von Kerakoll bereits beim DIBt zur Prüfung eingereicht.
Diese Klebstoffe tragen weiterhin die Bezeichnung SLC, dahinter aber stets die Zusatzbezeichnung Eco. In ihrer Gestaltung sind die Gebinde ganz in den grünen Kerakoll-Look eingebunden.

Nicht jedem deutschen Parkett- und Bodenleger ist bekannt, dass Kerakoll auch Parkettlacke, Öle und Wachse bereit stellt. Zusammen mit Reinigungs- und Pflegemitteln zählt der Produktkatalog hier vom Wasserlack bis zur Tiefenreinigung 23 Produkte auf. "Wir möchten der Branche beispielsweise unseren wasserbasierten Holzbodenlack SLC Eco Aqua-Pur näher bringen", sagt Marco Spinello.
aus BTH Heimtex 12/10 (Wirtschaft)