Interview mit den Handelsexperten SOCO Koeln GmbH und Gehrke econ

Qualität findet in den Köpfen der Kunden statt


25 Jahre lang war Gebhard Weißhaar Prokurist und Geschäftsführer namhafter Firmen und dort für das Marketing und den Vertrieb verantwortlich. Vor wenigen Monaten gründete er zusammen mit den zwei Gesellschaftern der Store Operators Holding in Köln die Unternehmensberatung SOCO Koeln GmbH. In Kooperation der SOCO mit der Gehrke econ Gruppe ergibt sich eine strategische Beratungs- und Dienstleistungsallianz für den Kunden. Zusammen mit seinen Partnern berät er den textilen Handel in allen Bereichen der so genannten Wertschöpfungskette. Grund genug für die Haustex, sich mit den Geschäftsführern von SOCO Koeln und Gehrke econ - Gebhard Weißhaar und Sven Dierking - über Hintergründe und Ziele ihrer Firmen zu unterhalten.

Haustex: Herr Weißhaar, Herr Dierking, wie kam es zu Ihrer Allianz, welche Umstände haben hierzu geführt?

Weißhaar: Vor ca. drei Jahren kam Rolf Jansen, mein ehemaliger hochgeschätzter Kollege und inzwischen erfolgreicher Handelsunternehmer, auf mich zu und präsentierte mir folgende Idee: Eine Unternehmensberatung, die er zusammen mit mir und seinem Partner gründen wolle. 2010 haben wir dann das Unternehmen aus der Taufe gehoben.

Dierking: So schließt sich auch der Kreis: Rolf Jansen ist mit seinen Firmen der Store Operators Holding Kunde der Gehrke econ Gruppe. Wir wissen durch die von uns generierten Vergleichszahlen einiger 100 Unternehmen, dass Jansen und sein Partner Mönninghoff mit ihrer Firmengruppe erfolgreich performen und sich mit zu den erfolgreichsten mittelständischen textilen Handelsunternehmen in Deutschland zählen lassen dürfen. Wir haben höchsten Respekt vor dieser Leistung und hören gut zu, was sie zu sagen haben, welche Anforderungen sie auch an uns stellen. Vor einigen Monaten rief mich Gebhard Weißhaar an und präsentierte ein schlüssiges Gesamtkonzept, speziell auch für den Handel mit Heim- und Haustextilien. Es geht natürlich nicht nur um Kernkompetenzen und Beratungstools; es geht vor allem auch um Sympathie und Vertrauen.

Haustex: Nutze die Gunst der Gelegenheit. Ist das eine Art Philosophie oder Glaubensbekenntnis für Ihr Projekt oder verstehen Sie es als Losung an Ihre Kunden?

Weißhaar: Ja, im Prinzip könnte man es auch als Losung und Appell an uns selbst und an unsere Kunden sehen. Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: Schaffe die Gunst der Gelegenheit. Das heißt, wir müssen aktiv sein und aus den eigenen Möglichkeiten das Beste machen. Das ist im Übrigen eine der bevorzugten Vorgehensweisen erfahrener und erfolgreicher Unternehmer.

Dierking: Sie müssen wissen, dass wir als Finanzbuchhalter, Controller, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, d.h. als Menschen, die sich an Daten und Fakten orientieren müssen, uns mit der betriebswirtschaftlichen Logik beschäftigen. Wir sagen: wir halten uns an Zahlen und Fakten. Damit können wir für die Zukunft Prognosen wagen und hierauf zusteuern.

Weißhaar: Wir sind uns darin vollkommen einig. Beide Ansätze schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich. Je unbekannter das Betätigungsfeld ist, desto wichtiger ist es, das Risiko zu begrenzen, während man Erfahrungen sammelt. In dieser Phase spielen auch Zufälle und Umstände sowie der Nutzen aus der Erfahrung von Partnerschaften eine Rolle. Das heißt, wenn erst mal die Parameter bekannt sind, können auch glasklare Pläne zur Erfüllung konkreter Ziele gemacht werden.

Dierking: So wie im aktuellen Fall eines unserer Kunden. Der hat drei Filialen im Textileinzelhandel. Für die Jahre 2011 und 2012 plant er jeweils weitere drei bis vier Filialen zu eröffnen. Das kostet den Unternehmer jede Menge Energie und auch die Zustimmung der Banken, die diese Expansion begleiten müssen. Wir haben ihn überzeugt, seine Verwaltung hierzu möglichst "schlank" und kostenvariabel aufzustellen.

Haustex: Was wird für den Kunden gegenüber einer eigenen Organisation und Lösung Ihrer Meinung nach einfacher bzw. besser?

Dierking: Der Kunde bekommt die wesentlichen Bausteine aus einer Hand. Die Arbeitsprozesse bei uns intern sind dabei miteinander vernetzt, so dass für den Mandanten deutlich weniger Abstimmungsaufwand und schlussendlich bei gleicher Leistung auch weniger Kosten entstehen. Das bringt für ihn auf unkomplizierte Art und Weise schnell die richtigen Lösungen. In dem konkret beschriebenen Fall standen im Rahmen der geplanten Expansion auch Finanzierungsgespräche mit den Hausbanken an. Dazu erstellten wir eine individuelle Planungsrechnung, ermittelten den Kapitalbedarf und zeigten diesen auf. Die Bank hat den Kredit gegeben und das Rating des Unternehmens wurde gleichzeitig verbessert. Wir haben für unseren Kunden die Ziele erreicht: Geld gespart, Liquidität geschaffen und den Unternehmer entlastet. Wir sind bei dem Kunden jetzt in der Analyse- und Angebotsphase für weitere Problemlösungen, die wir gemeinsam mit der Soco anbieten wollen. Wir haben ein Verfahren entwickelt, mit dem wir mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die Rendite prognostizieren können. Wir nehmen dem Kunden damit die Angst vor einer falschen Entscheidung.

Haustex: Was heißt das für den Kunden? Tritt dann jedes Ihrer Unternehmen als eigenständiges Unternehmen auf und bietet seine Leistungen getrennt an?

Weißhaar: Für den Kunden heißt das, dass er nur einen Vertragspartner hat. Je nachdem, wer von uns den Kunden als erstes betreut, bleibt in Folge der Hauptansprech- und Vertragspartner. Alle Leistungen kommen also aus einem Haus. Der Kunde hat bei uns die 100-prozentige Sicherheit, dass wir einen gemeinsam definierten Leistungsstandard haben und diesen einlösen. Wir sind wettbewerbsorientiert und scheuen keinen Vergleich in der Qualität unserer Dienstleistungen; ganz im Gegenteil. Wir stellen ihm leicht verständliche Konzepte und Systeme zur Verfügung, mit deren Hilfe sich Abläufe in seinem Unternehmen dauerhaft vereinfachen lassen. Qualität findet im Kopf der Kunden statt. Der Kunde vergleicht sie mit der Konkurrenz und stuft sie entweder besser oder schlechter ein. Das gilt für jedes Handelsunternehmen gegenüber den Konsumenten. Das gilt genauso für uns im so genannten B2B-Geschäft.

Dierking: Ja, wir unterstützen Handelsunternehmen darin, sich Wettbewerbsvorteile im Markt zu verschaffen und wie schon an meinem vorherigen Beispielkunden aufgezeigt, zu wachsen. Dabei geht es dem Unternehmer naturgemäß auch darum, Kosten unter Kontrolle zu bringen und Risiken zu begrenzen.

Haustex: Sie spielen sich die Bälle schon sehr gut zu. Lassen Sie uns den Hinweis Maximierung der Wertschöpfung aufgreifen. Was heißt das konkret?

Weißhaar: Ein Rohstoff von Bruchteilen eines Cent kann eine vielfältige Wertsteigerung erfahren, wenn Emotionen gekauft werden. Ganz so extrem sind die Wertschöpfungsrelationen im Textilbereich leider nicht, wenngleich sich auch hier ganz deutlich abzeichnet, dass sich die Märkte polarisieren. Auf der einen Seite gibt es den "Geiz ist geil Markt" oder die "Aldisierung", und auf der anderen Seite dominieren hochqualitative Marken. Was heißt das? Einmal liegt der Fokus auf billig und low cost, zum anderen geht es natürlich um Qualität, vor allem aber um Emotionen und Service. Jetzt komme ich zur Maximierung der Wertschöpfung: Wir definieren für und mit unseren Kunden die optimale Strategie, um das nicht zur Differenzierung Notwendige so kostengünstig wie nur möglich zu realisieren. Wir verstehen uns als Lotse, der seinen Kunden weg von der Mittelmäßigkeit und hin zur Pole-Position führt.

Dierking: In erster Linie ist es das Personal, die Freundlichkeit des Personals, die Identifizierung des Personals mit seinem Unternehmen, was sich für den Konsumenten positiv bemerkbar macht.

Haustex: Glaubt man den Erhebungen zum Thema Personal, gibt es allen Bemühungen des Handels zum Trotz doch noch anscheinend keine echte Verbesserung in der Beurteilung des Service durch die Konsumenten. Was müsste Ihrer Meinung nach verbessert werden?

Weißhaar: Der demographische Wandel ist bereits in vollem Gange. Wir haben schon einen Rückgang der Bewerberquoten in der Ausbildung. Der so genannte "war of talents" ist in manchen Branchen in vollem Gange. Der Nachwuchs wird schon bald seinen Arbeitgeber auswählen. Gute Marken und erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich bei weitgehender Gleichheit im Angebot vor allem durch Personal und Service aus. Eine Studie belegt: Für die Konsumenten ist für ihre Kaufentscheidung zu 70 Prozent die so genannte Prozessqualität wichtig, hierzu zählt das Gespräch, die Atmosphäre, die vom Personal ausgeht. Wir differenzieren unsere Leistungen dagegen heute noch in erster Linie über das passende Produkt - beispielsweise eine Matratze -, denn darauf schläft der Kunde, oft länger als zehn Jahre. Ich bitte mal darauf zu achten, wie viele Kunden das Geschäft verlassen mit dem Argument: "Ich überlege es mir noch" Da hat dann vielleicht doch noch etwas anderes gefehlt, oder könnte zumindest verbessert werden.

Dierking: Wenn erforderlich, analysieren wir den individuellen Schulungsbedarf an Hand von Tests und qualifizieren in Zusammenarbeit mit Soco das Verkaufspersonal und auch die Führungskräfte in einem mehrstufigen Training. Denn erfolgreiche Unternehmen mit guten Marken brauchen hervorragendes Personal mit einer hohen Identifikation für das eigene Unternehmen und für seine Kunden. Bei immer mehr austauschbaren Produkten verhindert die Qualität des eigenen Personals ein Versinken in der Mittelmäßigkeit.

Weißhaar: Mittelmäßigkeit ist leider oftmals das Ergebnis auf Stromlinienförmigkeit getrimmter Händler. Denn hier wird vielfach mit dem Argument "gemeinsam sind wir stark" zu sehr auf den Faktor Einkauf und Sortiment gesetzt. Einkaufsvorteile machen aber bei weitem nicht wett, was durch fehlendes oder falsches Standortmarketing, missmutiges Personal und überkomplexe Abläufe und Prozesse verloren gehen kann.

Dierking: Ich glaube, man kann Mittelmäßigkeit nur durchbrechen, wenn man auch sog. Branchengesetze hinterfragt, d.h. nicht nur vom Kollegen kopiert, sondern mit dem Mut zur eigenen strategischen Ausrichtung voranmarschiert.

Haustex: Herzlichen Dank für Ihre klaren Statements und viel Erfolg für die Zukunft.
aus Haustex 01/11 (Wirtschaft)