Interview des Monats mit PCT Performance Chemicals

"Estrich verdient einen höheren Stellenwert"

Kurze Trockenzeit, einfache Verarbeitbarkeit und hohe Frühfestigkeit - diesen Grundsätzen hat sich die PCT Performance Chemicals bei der Entwicklung und Herstellung bauchemischer Produkte verpflichtet. Dabei hat sie sich auf Zementsysteme spezialisiert. So forscht und produziert PCT im Auftrag von Großunternehmen der Beton- und Zementindustrie in den Bereichen Zementherstellung, Trockenmörtel, Transportbeton und Fließestrich. Hinzu kommen bauchemische Erzeugnisse wie Putze, Fliesenkleber oder Grundierungen. Ein weiteres Standbein hat sich PCT mit den Estrichzusatzmitteln Retanole geschaffen. Die Vermarktung des Estrichbeschleunigungsmittels übernimmt der eigene Vertrieb. FussbodenTechnik sprach mit PCT-Geschäftsführer Heinz Leistner und Ralf Waiblinger, Leiter Produktentwicklung bei PCT Performance Chemicals.

FussbodenTechnik: Für jemanden, der Ihr Unternehmen nicht kennt, was macht PCT?

Ralf Waiblinger: PCT ist ein Hersteller von Additiven und Spezialchemikalien für die Bauindustrie. Zu 90% handelt es sich um zementäre Systeme. Die Estrichzusatzmittel Retanole sind eine Sparte, die im Direktvertrieb an die Estrichleger erfolgt. Wir beliefern aber auch die Transportbetonindustrie mit Hochleistungsfließmitteln für Transportbetone oder fließfähigen Systemen. Das dritte Standbein ist die Trockenmörtelindustrie, hier sind es Chemikalien und Additive für alles, was man für Trockenmörtel benötigt. Wichtige Eigenschaften sind Standfestigkeit, Verarbeitbarkeit und Wasseranspruch. PCT kommt historisch aus dem zementären Bereich und hat für dieses Segment schon immer Spezialchemikalien produziert.

FT: Lassen Sie uns über die Retanole sprechen. Wie hoch ist Ihr Marktanteil?

Heinz Leistner: Das ist ganz schwer zu sagen, da die Angaben zum Estrichmarkt unpräzise sind. Die in der Branche für den deutschen Markt genannten Zahlen gehen weit auseinander - sie liegen zwischen 90 und 150Mio.m im Jahr. Gehen sie davon aus, dass wir an 7 bis 9Mio.m Estrich im Jahr beteiligt sind. Bei 90Mio.m wären es dann zwischen 8 und 10% und bei 150Mio.m entsprechend weniger. Es gibt sicherlich Gegenden, wo der Marktanteil höher ist, in anderen niedriger.

FT: Große regionale Unterschiede kennt man auch bei der Estrichverarbeitung bezüglich der Konsistenz des Estrichs. Wie gehen Sie damit um?

Waiblinger: Ja, das stimmt. Im Süden der Republik gibt es die Nassleger, in Norddeutschland wird deutlich trockener verlegt. Darauf haben wir die Retanole nach dem Verbreitungsgebiet abgestimmt. Wir haben den klassischen Retanoltyp Retanol Rapid 511 mit einer Belegreife ab drei Tagen.

In der Mitte Deutschlands gibt es die plastischen Estrichleger, man sagt auch Mittelnassleger dazu. Die Estriche sind weder erdfeucht noch nass. Hier kommen die Retanol EKA-Typen zum Einsatz.

Und in Süddeutschland haben wir die Nassleger. Darauf abgestimmt sind die Retanol Viwa-Typen. Man hat bei diesem Typ den Wasseraufnahmefaktor auf die Spitze treiben müssen, damit auch hier eine frühe Belegreife möglich ist. So haben wir die Retanoltypen den unterschiedlichen Verarbeitungsarten angepasst, damit jeder Estrichleger das gleiche Ergebnis bekommt. Das war eine sehr schwierige und langwierige Entwicklungsarbeit.

FT: Kann man Estrichleger in der Beratung zu einem geringeren Wassereinsatz bewegen?

Waiblinger: Durch die enge Zusammenarbeit mit Nasslegern, ist es uns tatsächlich gelungen, einige Estrichleger in die Kategorie der Mittelnassleger zurückzustufen. Sie haben erkannt, dass zu viel Wasser einem System immer schadet. Zum einen muss man die Wasseraufnahme extrem beschleunigen, zum anderen reduziert viel Wasser im Endprodukt die Festigkeit. Die Nassleger haben bislang immer Probleme gehabt, die im Industriebau geschuldeten Festigkeiten zu erreichen.

FT: Aus wie vielen Produkten besteht das Retanol-Sortiment?

Waiblinger: Das Sortiment besteht aus sieben Retanoltypen. Highlight ist unser Retanol Xtreme. Damit erreichen sie in der Regel nach 48 bis 72 Stunden 90% der Endfestigkeit des Estrichs. Das schafft man sonst erst nach 28 Tagen. Bei vielen Industriebaustellen ist es notwendig, bereits nach kurzer Zeit mit hohen Lasten über den Estrich zu fahren. Das bekommen sie mit diesem Produkt hin.

FT: Welche Eigenschaften zeichnen die Retanol-Estriche außerdem aus?

Waiblinger: Viele unserer Betriebe setzen Retanole nicht nur ein, um eine frühe Belegreife zu erhalten. Sie verwenden Retanole auf Wunsch des Auftraggebers, weil die Estriche schwundarm sind, weniger zu Rissbildung neigen sowie hohe Frühfestigkeiten und eine deutliche höhere Endfestigkeit bieten. Bei vielen Objekten spielt es derzeit noch keine Rolle, ob der Belag nach 8 oder 20 Tagen verlegt wird. Hier kommt es auf die physikalischen Parameter an. Wenn Retanole verwendet werden, haben sie bei der Druckfestigkeit eine Steigerung von 5 bis 15 N/mm. Ähnliches gilt für den Biegezugwert: Wenn ein Estrich ohne Retanol 3 Newton Biegezug hat, liegt er mit Retanol bei 5 bis 6 N/mm.

FT: Können Sie - ohne Betriebsgeheimnisse zu verraten - sagen, wie Retanole grob funktionieren?

Waiblinger: Man kann zumindest so viel sagen, dass Retanole den Luftporengehalt grundsätzlich reduzieren und einen Einfluss auf die Hydratation haben. Alles Weitere stellen die Produkte täglich mit Tagesleistungen von 30.000 bis 70.000 m unter Beweis.

FT: Wie sieht es mit der Umweltverträglichkeit der Produkte aus?

Waiblinger: Bei der Konzeption unserer Produkte war die Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit die oberste Maxime. Man muss heutzutage natürlich ganzheitliche Produkte entwickeln. Was unsere Produkte auszeichnet ist, dass sie rückstandsfrei ausreagieren. Es verbleibt nicht einmal irgendeine Polymerkette in der Estrichmatrix, die irgendwann in Verbindung mit einer Fußbodenheizung ausgasen könnte. Die Retanole reagieren komplett mit dem Zement. Deshalb brauchen wir so genannte Marker, mit denen wir bei Bedarf nach der Estrichfertigstellung den Nachweis über die Dosierung bringen können, weil vom Retanol nichts mehr übrig bleibt.

FT: Wie muss man sich diese Marker vorstellen?

Waiblinger: Die Marker werden den Retanolen nur wegen der späteren Nachweisbarkeit zugegeben. Das sind relativ einfache chemische Verbindungen, die nichts mit der Wirkungsweise zu tun haben. Sie lassen sich aber über die Analyse im Gaschromatographen relativ einfach detektieren.

FT: Bei Verlegewerkstoffen hat der Blaue Engel gerade einen Boom erlebt. Spielt das Umweltzeichen in Ihren Überlegungnen auch eine Rolle?

Leistner: Wir entwerfen für die Vergabestelle des Blauen Engel gerade ein Prüfverfahren für Estriche, um festzulegen, nach welchen Stoffen geprüft werden muss. Will jemand für seinen Estrich den Blauen Engel haben, ist das Prüfverfahren genau festgelegt. Dann wird allumfassend nach den bedenklichen Stoffen geprüft. Vom Blauen Engel profitieren sowohl die Bauherren als auch die Estrichleger.

FT: Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen PCT und ihrer Schwestergesellschaft DEG Deutsche Estrich Gesellschaft?

Leistner: Die DEG ist eine eigenständige Firma, die Sand und Zement an die PCT-Kunden verkauft, um einen qualitativ hochwertigen Estrich herstellen zu können. Das Ganze ist als Reaktion entstanden. Wenn man merkt, dass die Estrichleger mit verschiedenen Materialien arbeiten, die nicht mehr zusammenpassen, dann startet man damit, auch diese Materialien anzubieten. Unsere Techniker haben rund 20.000 Sieblinien von Estrichsand auf Baustellen erfasst. In 60 bis 70% der Fälle waren die Proben zur Estrichherstellung nicht geeignet. Auf der EPF in Feuchtwangen war die DEG aktuell mit einem eigenen Messestand vertreten.

FT: Warum ist der Vertrieb von Sand und Zement vom Chemiegeschäft der PCT getrennt?

Waiblinger: Wir wollen in Zukunft über die DEG noch weitere Dienstleistungen anbieten, die bei PCT nicht unbedingt passend aufgehoben sind. Das geht so weit, dass die DEG in Zukunft Objekte akquirieren und Verträge abschließen wird. Die DEG wird zusammen mit Estrich-Fachbetrieben ARGEN (Bau-Arbeitsgemeinschaften, d. Redaktion) bilden.

FT: Ich habe gelesen, die DEG schließt Kombiverträge ab - was ist damit gemeint?

Waiblinger: Dabei handelt es sich um einen kombinierten Dienstleistungs- und Werkvertrag. Auf der einen Seite besteht der Werkvertrag mit dem Estrichleger, auf der anderen Seite der Dienstleistungsvertrag mit der DEG, der die Garantie und Werkleistung betrifft. Gewährleistung und Garantie übernimmt die DEG.

FT: Welche Voraussetzungen muss ein Estrichleger erfüllen, damit die DEG die Gewährleistung übernimmt?

Waiblinger: Im besten Fall bestellt ein Estrichleger bei uns Retanole, Zement und Sand. Außerdem fordert er unseren Techniker an, der die Baustelle komplett überwacht: Nehmen die Verarbeiter den richtigen Zement? Wird ein vernünftiger Wasser/Zement-Wert eingehalten? Werden die Retanole ordnungsgemäß dosiert? In dem Moment, wo wir überwachen, übernehmen wir die volle Gewährleistung.

Verzichtet der Estrichleger auf den Techniker, dann würden wir beispielsweise bei einer Rissbildung die Ursache ermitteln, damit der Fachbetrieb den Fehler nicht noch einmal wiederholt. Wenn ein Estrichleger einen vernünftigen Sand, Zement einsetzt und mit den Retanolen ordentlich umgeht, dann stellt sich der geschuldete Erfolg automatisch ein.

FT: Wodurch zeichnet sich der Zement aus, den die DEG anbietet?

Waiblinger: Wir haben uns Gedanken gemacht, wie ein Zement aussehen müsste, der zielgerichtet auf Estrich ausgerichtet ist. Wir brauchten eine gute Wasserrückhaltung in der Estrichoberfläche, damit Zugluft nicht zu leicht das Wasser entziehen kann. Der Wasserentzug würde sonst für eine mürbe, nicht ausreichend hydratisierte Oberfläche sorgen. Außerdem benötigen wir eine hohe Frühfestigkeit, weil der Estrich einen Tag nach dem Einbau meistens schon vom Baustellenverkehr belastet wird. Der Eszet-Zement weist eine sehr gute Verarbeitbarkeit bei einem geringen Wasseranspruch auf. Darüber hinaus zeichnet ihn einen leichten Abziehwiderstand und ein verringertes Schwundmaß aus. Er schwindet ca. 50% weniger als ein Hüttensandzement - das hat für den Estrichleger große Vorteile.

Unser Zement Eszet No.1 bietet große Verlässlichkeit, da die Rezeptur das ganze Jahr über gleich ist. Bei anderen Zementen ist das ganz anders, weil die Verfügbarkeit der Zumahlstoffe wechselt. Wir haben uns bei der Suche nach einem richtig guten Zement gefragt, wo es das beste Klinkervorkommen in Deutschland gibt. Das ist in Deuna bei Dyckerhoff. Dort gibt es einen richtig guten Portlandzementklinker - einen echten Bilderbuchzement. Außerdem produzieren wir bei Märker in Harburg, die ein ähnlich gutes Vorkommen haben.

FT: Auch beim Estrichsand überlassen Sie nichts dem Zufall.

Waiblinger: Die Sieblinie des Estrichsandes ist ein ganz entscheidender Punkt. Sie gibt Auskunft über das Verhältnis der einzelnen Korngrößen, die ich in meinem Sand-Kies-Gemisch habe. Der Estrichleger mischt grundsätzlich bei einem C20 F4 mit zwei Sack Zement, egal, ob die Sieblinie gut oder schlecht ist. Aus Wasser und Zement entsteht der Zementleim, mit dem quasi jedes Korn verklebt wird. Genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen bzw. stellt sich die Frage, reicht in Abhängigkeit der Oberfläche meine Menge Zementleim?

In der alten DIN war die Sieblinie normativ erfasst. Nachdem die EU-Novelle kam, ist die Regelung weggefallen und in den Verantwortungsbereich des Estrichlegers übergegangen. Wenn man sich in dem Sieblinienbereich A/B 0-8 bewegt, dann hat man ein vernünftiges Verhältnis zwischen Kornoberfläche und Zementleim.

Ich muss mich einfach auf meine Grundbestandteile verlassen können, wenn ich einen Estrich produziere. Also schreiben wir "PCT normativ" oder in Anlehnung an die Norm vor: 1. Verwende eine vernünftige Sieblinie. 2. Verwende den richtigen Zement. 3. Arbeite mit einem vernünftigen Wasser/Zementwert. Dann gibt es ein optimales Ergebnis.

FT: Wo wollen Sie in fünf bzw. zehn Jahren mit PCT und DEG stehen?

Leistner: Wir streben die Marktführerschaft im Bereich Estrich an. Einen Marktanteil von 30% würden wir als Marktführerschaft ansehen. Und darüber hinaus wollen wir unsere Technologie zum Stand der Technik machen, das ist eines unser Hauptanliegen. Wir können noch viel mehr, als wir momentan zeigen. Wir wollen künftig aus der Anonymität heraustreten, was andere Produkte betrifft. Es ist ein großer Neubau geplant, wo wir einige Schwerpunkte der bisherigen Standorte zusammenziehen. Sehr wichtig ist uns auch der Ausbau des Schulungswesens und des Produktsortiments.

Waiblinger: Unsere Produktpalette wird weiter wachsen. Im Hintergrund arbeiten wir permanent an Weiterentwicklungen. Wir werden in den nächsten Jahren zusätzlich auch bei Bodenklebstoffen, Spachtel-, Nivellier- und Ausgleichsmassen sowie Fliesenkleber im Direktvertrieb vertreten sein.

FT: Wollen Sie Komplettanbieter werden?

Waiblinger: Wir erweitern die Produktpalette Stück für Stück.

FT: Produzieren Sie die Verlegewerkstoffe selbst?

Waiblinger: Wir arbeiten jetzt schon intensiv mit dem Trockenmörtelherstellern zusammen. Wir haben Verträge, die relativ lange Laufzeiten aufweisen. PCT beliefert die Trockenmörtelhersteller mit Chemie und sie produzieren damit Spachtelmassen oder Fliesenkleber. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit werden wir unsere Produkte mit Hilfe dieser Produktionsanlagen fertigen und selbst in den Markt bringen.

FT: Hat PCT eine Vision für die Estrichbranche?

Waiblinger: Die Vision für die Estrichbranche ist, wieder den Stellenwert zu bekommen, den sie eigentlich verdient hätte. Realistisch betrachtet ist die Estrichherstellung eine große Kunst. Die Branche muss in den nächsten Jahren daran arbeiten, um a) ihr Image aufzupolieren. Das kann sie über Qualität. Und b) ihr Nachwuchsproblem in den Griff zu bekommen. Bei dem Nachwuchsproblem können wir viel tun. Wir können in der Aus- und Fortbildung unseren Teil dazu beitragen, um den Nachwuchs in diesem Gewerk zu motivieren. Der Estrichlegerberuf wird heute häufig verkannt. Das ist der Dumme, der auf dem Boden kniet und abzieht. Derjenige, der es qualitativ hochwertig macht, ist ein Künstler. Der braucht handwerklich einen hohen Fertigungsgrad und ein breites Fachwissen. Man muss die jungen Leute motivieren, auch mit der Aussicht "Handwerk hat goldenen Boden". Das Qualitätsdenken und die Handwerkerehre, an die müssen wir wieder ran.


PCT Performance Chemicals Daten und Fakten


PCT Performance Chemicals GmbH
Patronatstraße 11-13
71282 Hemmingen
Tel.: 07146/28 55 20
Fax: 07146/28 55 21
E-Mail: info@pct-chemie.de
Internet: www.pct-chemie.de

Geschäftsführer: Heinz Leistner
Leiter Produktentwicklung: Ralf Waiblinger
Leiter Technik: Bernhard Friedrich

Schwestergesellschaft: DEG Deutsche Estrich Gesellschaft
Stammsitz: Bissingen
Weitere Standorte: Feuchtwangen, Heilbronn, Karlsruhe, Schwäbisch Hall und Hemmingen (Verwaltungssitz)

Produkte:
-Estrichbeschleunigungsmittel
-Zement
-Trockenmörtel
-Transportbeton
-Fließestrich
-Putze
-Fliesenkleber
-Grundierungsmassen

Exportländer: Österreich, Schweiz, England, Italien, Benelux, Polen, Tschechien und Russland
Gründungsjahr: 2006
Markenname: Retanol
aus FussbodenTechnik 05/11 (Wirtschaft)