Interview des Monats mit Matthias Ruppel und Michael Walder

Putzmeister bleibt deutscher Hersteller


Der Verkauf von Putzmeister an den chinesischen Betonpumpenhersteller Sany für 520Mio.EUR war der bislang größte Verkauf eines deutschen Unternehmens in das Reich der Mitte. Anfänglich war die Skepsis bei den Putzmeister-Mitarbeitern groß. Mittlerweile hat man in Aichtal die Zusammenarbeit als angenehm erlebt und blickt optimistisch in die Zukunft. FussbodenTechnik sprach mit Matthias Ruppel, CEO der Putzmeister Mortar Maschines Tech und mit Michael Walder, Marketing Direktor der Putzmeister Holding über die Pläne des Betonpumpen- und Estrichmaschinenherstellers. Ihre Botschaft für die Estrichleger: Putzmeister und Brinkmann sind und bleiben auch in der neuen Gesellschafterstruktur ein deutscher Hersteller, der den deutschen Markt von Deutschland aus bearbeitet.

FussbodenTechnik: Ist es eigentlich unhöflich, wenn ich Sie frage, ob jetzt alle Putzmeister-Mitarbeiter Chinesisch lernen müssen?

Matthias Ruppel: Nein, das müssen sie natürlich nicht. Aber unser Geschäftsführer Norbert Scheuch, der zusätzlich einen Platz im Vorstand von Sany erhalten hat, lernt auch Chinesisch. Putzmeister ist und bleibt ein deutsches Unternehmen. Wir sind hier auch nicht an der kurzen Leine, wie das vielleicht bei einem Finanzinvestor gewesen wäre. Wir haben sehr viele Freiheiten und die Chinesen treten sehr vorsichtig auf. Es ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe.

FT: Können Sie unseren Lesern den Markführer für Betonpumpen in China näher bringen?

Ruppel: Sany ist der größte Hersteller von Betonpumpen in China. Mit einem Umsatz von 9 Mrd. EUR ist Sany einer der größten Marktteilnehmer im Baumaschinensegment. Putzmeister ist der größte Hersteller von Betonpumpen außerhalb Chinas, Sany hat in China ein starkes Wachstum hingelegt. Gleichzeitig versuchte Sany in den letzten Jahren international Fuß zu fassen und gerade im Betonpumpensegment ist ihnen das schwer gefallen. Damit ist ein Zusammenschluss aus der Nummer eins in China mit der Nummer eins außerhalb Chinas im Betonpumpengeschäft entstanden. Das gesamte Betonsegment außerhalb Chinas wird im Konzern unter der Regie von Putzmeister bearbeitet. Sany wird sich im Betonsegment um den chinesischen Markt kümmern.

Michael Walder: Sany hat eine Firma gekauft, die bewiesen hat, auf dem globalen Markt erfolgreich zu sein, mit dem notwendigen Know-how, den Vertriebs- und Servicewegen und dem Marktzugang. In allen Ländern wird "made by Putzmeister " sehr geschätzt, insofern passte Putzmeister perfekt zu Sany.

FT: Sany-Chef Wengen Liang hat angekündigt, dass Putzmeister 2012 einen Umsatz von 700Mio.EUR erzielen soll. Bis 2016 soll ein Umsatz von zwei Mrd. EUR angestrebt werden. Hat er sich auch gesagt wie?

Walder: Norbert Scheuch, CEO der Putzmeister-Gruppe, ist in den Vorstand von Sany berufen worden. Damit hat er die Entscheidungshoheit für das Betongeschäft außerhalb Chinas. Das Headquarter ist Putzmeister in Aichtal. Die unternehmerische Führung und damit die Verantwortung, wie diese Ziele zu erreichen sind, liegt bei Putzmeister.

FT: Was bedeutet der Verkauf für Putzmeister Mörtelmaschinen (PMM)? Wie ist die aktuelle Situation?

Ruppel: Bei PMM ist die aktuelle Situation so, dass die jedes Jahr auftretende Frühjahrsbelebung dieses Jahr sehr ausgeprägt ist. In Deutschland, Frankreich und Russland entwickeln sich die Auftragseingänge sehr gut. In Osteuropa verzeichnen wir eine leichte Belebung. Wir rechnen auch in den nächsten Monaten mit einer ähnlichen Entwicklung und sind sehr positiv gestimmt.

FT: Welche Bedeutung hat PMM im Konzern?

Ruppel: Der Bereich Mörtelmaschinen war im Grunde genommen die Keimzelle von Putzmeister, damit hat alles angefangen. PMM ist mit einem Umsatzanteil von über 10% ein wichtiger Bestandteil des Putzmeister-Konzerns, der weiter entwickelt werden soll. PMM hat die Aufgabe, den Markt zu bearbeiten. Mit Putzmeister und Brinkmann haben wir einen Marktanteil zwischen 60 und 70%, den wir halten wollen.

Die grundsätzliche Aufstellung in dem Verbund mit Sany strebt nach Wachstum. In diesem Verbund können wir unseren Beitrag leisten. Die Einbindung in einen großen, finanzstarken Konzern gibt uns bessere Voraussetzungen als vorher, dieses Wachstum zu stemmen.

FT: Noch mal zur Erklärung: Hinter PMM verbergen sich nicht nur die Estrichmaschinen?

Ruppel: Eigentlich müssten wir über Putzmeister Mortar Maschines Tech reden. Sie beinhaltet die gesamten Geschäftsaktivitäten im Estrich- und Verputzbereich. Erfasst werden die drei Marken für Estrich- und Verputzmaschinen: Putzmeister Mörtelmaschinen, Brinkmann in Deutschland und Lancy Mixjet in Frankreich. Lancy hat mit seinen Schneckenpumpen das bestimmende Produkt auf dem französischen Markt. Dort spielen die im deutschen Markt favorisierten Druckluftförderer bei weitem nicht die Rolle.

Bei den Estrichförderern sind wir mit zwei starken Marken aufgestellt. Das ist einmal die Mixokret von PMM und der Estrichboy von Brinkmann. Schon jetzt zeichnet sich ein erfolgreiches Jahr ab.

FT: Bislang war der Vertrieb der Estrichmaschinen von Brinkmann und Putzmeister komplett getrennt. Wird sich an diesen getrennten Vertriebsgesellschaften etwas ändern?

Walder: Es wird zukünftig eine gemeinsame Vertriebsgesellschaft für Putzmeister und Brinkmann geben. Der Gebietsverkaufsleiter wird eine Visitenkarte haben, auf der beide Marken abgebildet sind. Es gibt einen Ansprechpartner in Aichtal, der beide Marken im Portfolio hat und die Ausprägung der Marken kennt. Für den Händler besteht der Vorteil darin, dass der Ersatzteilservice und die Versorgung zentral von Aichtal aus erfolgt.

FT: Was bedeutet das für den Estrichleger?

Ruppel: Wir wollen die Marken Putzmeister, Brinkmann und auch Lancy aktiv so platzieren, wie sie ursprünglich aufgestellt waren. Putzmeister Mörtelmaschinen hat ein sehr breites Spektrum im Programm: Es reicht von der Verputzmaschine über die Estrichmaschine mit Druckluftfördertechnik über die mechanische Kolbenpumpe P13 bis zur Feinbetonpumpe.

Brinkmann mit dem bekannten Estrichboy ist die Marke für Estrichleger. Der Estrichförderer ist in der Zielgruppe für seine umfangreichen Konfigurationsmöglichkeiten bekannt. So bekommt der Kunde den Estrichboy auf Wunsch mit verschiedenen Abgang-Varianten und auf Wunsch mit einer Siloanbindung. Die Mixokret von Putzmeister ist die am Markt etablierte Standardmaschine, die ja auch gerade von Objekteuren als bester Estrichförderer ausgezeichnet wurde.

Das Nonplusultra, also die Estrichvollautomation wird mit den Trans-Mix-Systemen angeboten. Der Trans-Mix ist ganz klar mit der Marke Brinkmann verknüpft. Wir stellen also Brinkmann als den Estrichspezialisten in unserem Portfolio auf.

FT: Brinkmann oder Putzmeister ist unter Estrichlegern also mehr als eine Philosophiefrage?

Ruppel: Wir wollen und werden beide Marken eigenständig weiterführen. Wir haben Diversifikationsmerkmale, die wir auch zukünftig behalten werden. Wir haben einen Produktmanager für den Estrichboy und einen für die Mixokret. Um ein Beispiel zu nennen: Bei der Estrichboy haben wir die eingeschweißte Deichsel, bei der Mixokret hingegen das T-Fahrgestell. Es gibt jeweils Kunden, die schwören auf das eine bzw. das andere. Und genau deshalb werden wir solche Differenzierungsmöglichkeit erhalten.

FT: Was wird sich konkret an der Markenstrategie ändern?

Ruppel: In der Branche ist bekannt, dass Brinkmann zu Putzmeister gehört. Die Verputz-Kompetenz liegt nun mal bei Putzmeister. Brinkmann ist wie gesagt schon immer auf Estrich spezialisiert. Wir wollen diese Markenmerkmale wieder stärker herausarbeiten, damit der Kunde besser versteht, was die jeweiligen Marke bedeutet.

FT: Der deutsche Markt für Estrichmaschinen war in den vergangenen zwei Jahren eher von Zurückhaltung gekennzeichnet.

Ruppel: Ja, aber wir hatten bereits im letzten Jahr ein Umsatzwachstum im Vergleich zum Vorjahr. Und wir wollen dieses Jahr ebenfalls wachsen. Die Boomjahre im deutschen Wohnungsbau sind vorbei. Wir müssen jetzt beobachten, wo es weltweit Bedarf gibt. Ein Beispiel sind die olympischen Spiele in Sotschi/Russland. Dort spüren wir definitiv einen erhöhten Bedarf beim gesamten Maschinenspektrum und insbesondere bei der Estrichtechnik. Dort kann auch der Trans-Mix seine Vorteile ausspielen, daher gehen in 2012 mehrere Transmix nach Russland. Weiterhin sehen wir auch in osteuropäischen Ländern wie Polen und Rumänien großes Potential für den Trans-Mix.

Im deutschen Markt sehen wir die Tendenz zur höheren Ausstattung. Die Kunden wollen immer noch einfach zu bedienende Maschinen, aber die Zusatzausstattung Beschicker/Schrapper wird immer stärker nachgefragt, weil sie für die physische Belastung des Maschinisten eine erhebliche Erleichterung bringt. Der Beschicker sorgt für eine deutlich höhere Stundenleistung, da während des Pumpvorgangs schon wieder Material beschickt wird. Die Entwicklung der Estrichmaschinen führt weg von der reinen Schaufelmaschine hin zur besseren Ausstattung.

FT: Was ändert sich in der neuen Struktur für den Estrichleger?

Ruppel: Eigentlich nichts. Die Auswahlmöglichkeit bleibt auf jeden Fall erhalten. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ins Detail gehen. Wir werden beide Marken getrennt weiterentwickeln, um die Varianz im Markt zu erhalten und uns auf den Wettbewerb einzustellen.

Die Botschaft für den Estrichleger lautet: Mit den Marken Putzmeister und Brinkmann sind wir auch in der neuen Gesellschafterstruktur weiterhin ein deutscher Hersteller, der den deutschen Markt von Deutschland aus bearbeitet. Wir wollen die Kundennähe. Das Vertriebsteam wird neu strukturiert werden. Dadurch werden automatisch die Vertriebsgebiete kleiner. Die Leute werden weniger im Auto sitzen und mehr beim Händler oder auf der Baustelle sein. Wir brauchen noch mehr Anwendungsnähe und werden generell noch kundenorientierter arbeiten.

FT: Wie groß ist die Vertriebsmannschaft?

Ruppel: Die Außendienstmannschaft besteht aus zehn Mitarbeitern. Zusätzlich haben wir noch einen Innendienst als Backoffice.

FT: Auf welcher Messe kann man die Estrichförderer von Putzmeister und Brinkmann demnächst sehen?

Ruppel: Der erste große Messeauftritt mit der neuen Markenstrategie wird die Bauma vom 15. bis 21. April 2013 in München sein. Wir werden dort mit beiden Marken zusammen eine Präsenz haben, abgegrenzt von der übrigen Putzmeister-Technologie. Michael Walder kämpft gerade für möglichst viele Quadratmeter im Außenbereich für PMM.

Bei den Estrichmaschinen wird es so aussehen, dass wir eine Infrastruktur in der Mitte haben, links den orangenen Teppich für Brinkmann und rechts den gelben Teppich für Putzmeister. Unsere Mitarbeiter repräsentieren damit beide Marken.

Beim Gesamtauftritt verleiht uns das vielleicht sogar noch mehr Aufmerksamkeit. Wenn man nicht zwei Stände mit 400 m, sondern einen mit 800 m hat, so erhält man einen Auftritt, der unseren Marktanteilen gerecht wird.

FT: Putzmeister wächst auch personell. Aktuell konnte man lesen, dass 100 bis 200 Arbeitsplätze in der Aichtaler Zentrale geschaffen werden sollen. Können Sie bereits absehen, welche Bereiche des Unternehmens ausgebaut werden?

Walder: Das wird hauptsächlich im Bereich Entwicklung sein. Die Stärke von Putzmeister ist die Differenzierung. Die Suche von qualifizierten Mitarbeitern gestaltet sich im mittleren Neckarraum allerdings nicht ganz einfach. Wir haben auf dem Arbeitsmarkt Wettbewerber wie Daimler, Bosch und Porsche. Putzmeister ist eine attraktive Firma mit vielen Chancen für gute Ingenieure und Techniker. Die Marke mit internationaler Ausrichtung sowie die Möglichkeit, neue Wege kreativ mit zu gestalten, ist sehr interessant. Die Arbeitsplatzgarantie von Sany für Putzmeister bis 2020 im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss der beiden Firmen gibt Sicherheit. Bei uns können Ingenieure auch mal ein halbes Jahr nach China gehen. Einem jungen Ingenieur bietet sich bei Putzmeister eine gute Perspektive.

FT: Ein Ausblick: Wo wollen Sie mit Putzmeister bzw. mit Putzmeister Mörtelmaschinen in fünf Jahren stehen? Was ist die Vision?

Ruppel: Wir sind der einzige weltweit aufgestellte Mörtelmaschinenhersteller. Unser Ziel ist es, diese Marktposition weiter auszubauen. In Märkten, wo wir über 60 bis 70% Marktanteil erreicht haben, wollen wir den Stand halten.

Natürlich wollen wir in der weltweiten Struktur neue Märkte erschließen. Unser Ziel ist es, weltweit der erste Anbieter für Mörtel- und Estrichtechnik zu sein und zu bleiben. Auch in Deutschland wollen wir den Marktanteil von 60 bis 70% halten. Darum werden wir kämpfen.
aus FussbodenTechnik 04/12 (Wirtschaft)