COTTON USA Sourcing-Forum Marrakesch

Informativ und effizient

Düsseldorf - Mitte April trafen sich im marokkanischen Marrakesch türkische Gewebelieferanten, nordafrikanische Bekleidungshersteller und Einkäufer aus Europa und den USA zum COTTON USA Mediterranean Supply Chain Forum. Eingeladen hatte Cotton Council International (CCI) zu dieser zweitägigen Informations- und Sourcingveranstaltung, die von den Einkäufern als äußerst effizient und informativ bezeichnet wurde. Mehr als 630 von CCI organisierte individuelle Meetings fanden auf der COTTON USA Tradeshow im Four Seasons Hotel statt, bei der sich die Einkäufer einen ersten Überblick über das Leistungspotenzial der dortigen Lieferanten machen und neue Businesskontakte knüpfen konnten.

Die Supply Chain Veranstaltung in Nordafrika war Stufe zwei der COTTON USA Mediterranen Initiative. In Stufe eins hatte CCI in den vergangenen eineinhalb Jahren intensive Kontakte zu Bekleidungslieferanten in Marokko, Tunesien und Ägypten aufgebaut und diese dann mit führenden türkischen Baumwollstoff-Lieferanten (Gewebe und Wirk/Strick) zusammengebracht, um neue Partnerschaften zu initiieren. Edelgard Baumann, CCI Düsseldorf: "Bevor wir Einkäufer nach Nordafrika einladen konnten, musste erst einmal sichergestellt werden, dass die erforderlichen Baumwoll-Qualitätsgewebe dort auch verfügbar sind, da es in Nordafrika an den richtigen Baumwollstoffen mangelt. Inzwischen sind etliche der türkischen Anbieter auch mit Agenturen in Nordafrika vertreten und funktionierende Partnerschaften in der Vorstufe sind am Start." Die zunehmende Bedeutung von Partnerschaften durch die Supply Chain wurde auch während des COTTON USA Einführungsseminars deutlich. Dies machten sowohl die Lieferanten als auch die europäischen Einkäufer klar, die in einer Paneldiskussion zum Thema Sourcing in Nordafrika Stellung bezogen. Die europäischen Einkäufer sehen großes Potenzial in Nordafrika als marktnaher Sourcingregion. Bedeutende Bekleidungsunternehmen, insbesondere aus Spanien und Frankreich, haben Nordafrika längst für sich entdeckt. Insbesondere dort wo es um Quick Response geht, ist die Nähe des Produktionsstandortes Nordafrika von großem Interesse. Know-how ist vorhanden und wenn die richtigen Baumwollstoffe im Angebot sind, sollte es am Preis nicht scheitern. Die Preise sind z.T. etwas höher als in den klassischen Billiglohnländern, doch deutlich kürzere Transportwege machen das schnell wieder wett. Einmal ganz abgesehen von den kürzeren Transportzeiten.

Während des Einführungsseminars der CCI-Veranstaltung in Marrakesch erhielten die Teilnehmer zudem einen aktuellen Situationsbericht über den Weltbaumwollmarkt. Dr. Gary Adams, Vice President of Economic and Policy Analysis des National Cotton Council of America, war eigens aus den USA angereist, um den Teilnehmern einen Einblick zu verschaffen. Adams erläuterte detailliert die vergangene und aktuelle Situation der Baumwollpreisbildung und ihrer wichtigsten Einflussfaktoren. Preis bestimmend sind auf dem globalen Baumwollmarkt das Verhältnis von Beständen zu Verbrauch, die Baumwollpreise im Vergleich zu anderen Agrarprodukten, die Energiepreise und der Wechselkurs (z.B. Stärke des US-Dollars). Immensen Einfluss nimmt zudem Chinas massiver Wiederaufbau nationaler Baumwollreserven und seine Preisstützungspolitik. Chinas Regierung zahlt ca. $ 1,49/lb für Baumwolle aus der 2011 Ernte. Entscheidende Auswirkung auf die Preise hat aber auch Indiens Baumwollpolitik. Am 4. März 2012 verhängte Indien erneut einen Exportbann, dessen Dauer und Auswirkungen derzeit noch nicht absehbar sind. Im Jahr 2011 führte Indiens Exportbann zu dem extremen Anstieg der Baumwollpreise auf nie gekannte Höhen. Mit einer Wiederholung dieses Szenarios wird derzeit jedoch nicht gerechnet.

Über das Konsum- und Nachfrageverhalten der europäischen Verbraucher sowie Sourcingtrends berichtete Emily Kroiss, CCI Director Program Development & Evaluation/Washington DC. Kroiss erläuterte u.a, dass die deutschen Verbraucher mit knapp 54 Mill. Euro die höchsten Ausgaben (28 Prozent) für Bekleidung in Europa haben, gefolgt von England (24 Prozent) und Italien (22 Prozent). Während die Bekleidungsausgaben in den Vergleichsländern England, Frankreich, Italien und Spanien in den Jahren seit 2007 stärker sanken, konnten sie sich in Deutschland fast auf gleichem Niveau halten. Die Deutschen geben dabei am meisten Geld für Hosen/Shorts aus. Emily Kroiss präsentierte zudem aktuelles Zahlenmaterial zur Bedeutung Nordafrikas als Sourcingregion. Neusten Untersuchungen zufolge liegt für Herrenjeans China vor Bangladesch, der Türkei und Pakistan. Auf den Plätzen fünf bis sieben liegen Tunesien, Marokko und Ägypten. Für Damenjeans liegt die Türkei auf Platz zwei hinter China und vor Bangladesch. Tunesien liegt auf Platz vier gefolgt von Pakistan, Marokko und Ägypten. Nummer Eins als Importland für Baumwoll-T-Shirts und Herren Stick/Wirkwaren ist Bangladesch. Marokko liegt hier auf Platz fünf hinter der Türkei, China und Indien. Sri Lanka und Tunesien folgen vor Tunesien und Ägypten. Anders bei Damenwirk/strick. Hier führt die Türkei vor China, Bangladesch und Indien, gefolgt von Marokko, Tunesien, Mauritius und Ägypten.

Will Duncan, Vice President Business Development TC2 aus North Carolina/USA, referierte zum Thema "Das Bekleidungsunternehmen der Zukunft." Sein Statement: "Beim Bekleidungsunternehmen der Zukunft hat Service erste Priorität". Der Verbraucher wende sich verstärkt neuen Einkaufskanälen wie online-Shopping, Facebook, Twitter oder den Mobil-Apps zu und schnelle Auslieferung, innerhalb von drei Tagen sei ein Muss. Das wirkt sich auf die gesamte Supply Chain aus und noch kürzere Lead Times sind gefragt. Will Duncan berichtete über innovative Technologien, die dazu beitragen, Leadtimes kostengünstig weiter zu reduzieren. Kostenreduktion lasse sich künftig nicht mehr über weiteren Lohnabbau erreichen. Das Ende sei hier erreicht. Kostenminimierung funktioniere künftig nur noch über Automation und neue Technologien in der Herstellung. Wichtig sei auch der Aufbau regionaler Lieferketten, gemeinsam mit anderen operieren und konsolidieren. Duncan resümierte, das erfolgreiche Bekleidungsunternehmen der Zukunft setzte auf Technologie, Talent, Innovation und Einzigartigkeit.
aus Haustex 06/12 (Wirtschaft)