Interview mit Reiner Tillmann und Fabian Menke von Tilldekor

"Wir finanzieren die Lagerbestände unserer Kunden vor"


Tilldekor baut auf eine Doppelstrategie: Eigene Herstellung am Standort Sundern und Zukäufe in Fernost. Über Produktpolitik, Importgeschäfte, Vertriebs- und Markenstrategie sprach BTH Heimtex Redakteurin Petra Lepp-Arnold mit den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern Reiner Tillmann und Fabian Menke.

BTH Heimtex: Ihr Kernsegment mit Vitragenstangen und Schleuderstäben wird nach wie vor in Sundern produziert. Was sind Ihre Beweggründe für "Made in Germany"?

Fabian Menke: Wir fertigen nahezu vollautomatisch und können deshalb günstiger produzieren als asiatische Betriebe. Zudem garantiert die maschinelle Herstellung ein gleichbleibendes Qualitätsniveau. Wir können flexibler auf Kundenwünsche eingehen und nachbestellte Ware innerhalb von zwei Tagen versenden. Natürlich gehört auch Heimatverbundenheit dazu. Wenn man die Produkte in Deutschland wettbewerbsfähig herstellen kann, warum sollte man dann nicht die eigene Region stärken?

Reiner Tillmann: Wir waren aber auch eines der ersten Unternehmen in der Branche, das in Fernost tätig wurde. Anfang der neunziger Jahre reifte bei mir die Erkenntnis, dass wir alleine mit dem Angebot von Vitragen- und Cafehausstangen nicht mehr erfolgreich am Markt sein können. Wir müssen ein komplettes Sortiment rund um die Vorhangstange bedienen. Daraufhin haben wir mit Importen aus Taiwan und danach aus China begonnen.

BTH Heimtex: Es gehörte damals sicher Mut dazu, in das Fernostgeschäft einzusteigen?

Tillmann: Ja natürlich. Aber ich kenne Mitbewerber, die haben das nicht gemacht und sind auf der Strecke geblieben. In Sundern gab es früher über 15 Hersteller von Scheibenstangen. Heute sind im wesentlichen nur noch wir in diesem Absatzkanal aktiv, wobei das Geschäft durch die Globalisierung schwieriger geworden ist.

BTH Heimtex: Inwiefern?

Menke: Das Problem ist heute, dass durch das Internet die Preise vergleichbar geworden sind. Großhändler und Hersteller können per E-Mail Preisinformationen zu identischen Artikeln einholen. Endverbraucher suchen in Preisbörsen nach dem günstigsten Produkt. Diesen Preisdruck gab es früher so nicht.

BTH Heimtex: Sie vertreiben Ihre Produkte traditionell über den Fachgroßhandel. Werden Sie an dieser Vertriebsstrategie weiter festhalten?

Menke: Unsere Existenzberechtigung ist die Vorfinanzierung der Lagerbestände unserer Kunden. Tilldekor steht für die Belieferung des Großhandels. Das Vertriebssystem, das wir aufgebaut haben, ist etabliert. Wir arbeiten ohne Außendienst. Die Kunden werden von Reiner Tillmann und mir persönlich betreut. Damit können wir die Vertriebskosten sehr gering halten und wettbewerbsfähige Preise bieten. Wir sehen keine Notwendigkeit, direkt an den Einzelhandel zu liefern. Die Kosten würden steigen und es gibt auch keinen Zusatznutzen für uns. Dass wir beim Umsatz zulegen, zeigt doch, dass dieser Vertriebsweg für uns der richtige ist.

BTH Heimtex: Betreiben Sie Markenpolitik?

Menke: Eine Markenstrategie ist für uns sehr schwierig. Wir können zwar unsere beiden Produktlinien Highline und Dekoline im Katalog anpreisen, damit der Großhandel weiß, welcher Kundenkreis angesprochen werden soll. Aber im Endeffekt laufen unsere Artikel unter den Markennamen der Baumarktkette oder des Fachgroßhändlers. Für den Endverbraucher ist es also nicht erkennbar, welcher Hersteller sich dahinter verbirgt.

BTH Heimtex: Nach Aussage eines Sonnenschutz-Herstellers sollen verspannte Plissees der Scheibengardine am Fenster zunehmend Konkurrenz machen. Wie ist Ihre Erfahrung?

Menke: Da würde ich widersprechen. Das Plissee ist im Vergleich zu einer Scheibengardine sehr teuer. Sie sprechen damit eine ganz andere Zielgruppe an. Bei einer hochwertigen Vorhanggarnitur würde ich sagen, dass das Plissee definitiv ein Konkurrenzprodukt ist.

Tillmann: Fertiggardinen, die fix und fertig verpackt sind, kosten 3 bis 4 EUR. Wir liefern unsere Vitragenstangen auch nach China. Diese werden zusammen mit einer Kurzgardine als Mitnahmeartikel verpackt und gehen zum Verkauf an Discounter und Baumärkte. Also ein völlig anderer Zielmarkt.

BTH Heimtex: Herr Menke, eine Frage zum Schluss an den Nachfolger. Wo steht Tilldekor in fünf Jahren?

Menke: Das Unternehmen soll weiterhin auf gesunden Beinen stehen, wie es das momentan auch tut. Aufgrund unserer gesunden Kapitalstruktur denke ich, dass wir weiter expandieren werden und in Osteuropa Marktanteile hinzugewinnen.
aus BTH Heimtex 10/12 (Wirtschaft)