Hallesche Lackfabrik Novatic: Interview mit Jochen Zill und Thomas Meier

"Wir stehen auf sicherem Boden - und wachsen"


Die Hallesche Lackfabrik Novatic will sich bundesweit auf dem Baufarbenmarkt etablieren. Sie setzt dabei auf den Farbengroßhandel und seit Kurzem auch auf Dispersionen. Welche Pläne das Unternehmen noch verfolgt, erläuterten Geschäftsführer Jochen Zill und Vertriebsleiter Thomas Meier im Gespräch mit BTH Heimtex-Redakteurin Cornelia Küsel.

BTH Heimtex: Die Lackfabrik Halle wurde vor sechs Jahren von der Dresdner Lackfabrik Novatic GmbH & Co. KG übernommen, die ihrerseits aus der Dresdner Lackfabrik Feidal hervorgegangen ist. Es entstand die Hallesche Lackfabrik Novatic GmbH. Herr Zill, welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrem neuen Gruppenmitglied?

Jochen Zill: Hier in Halle entsteht ein neuer Standort für Baufarben, die wir als Gruppe durch die Übernahme der Firmenanteile im Jahr 2006 ebenso aufgeben mussten wir unseren damaligen Namen. Da wir den Baufarbenbereich unbedingt wieder bedienen wollten, entschieden wir uns, die Lackfabrik Halle zu übernehmen, deren Inhaber keinen Nachfolger hatte. Die Dresdner Lackfabrik Novatic hat in ihrem Sortiment Korrosionsschutzbeschichtungen und Spezialsysteme. Die Hallesche Lackfarbrik Novatic bietet Industrielacke, Baufarben sowie DIY-Produkte an und hat Niederlassungen in Tschechien, der Slowakei, Russland, Polen und Ungarn.

BTH Heimtex: Welche Produkte umfasst Ihr Sortiment in Halle?

Thomas Meier:Wir sehen uns als Spezial-Lackfabrik, die darüber hinaus hochwertige Baufarben und Renovierungsprodukte herstellt. Natürlich sind Massenprodukte dabei, aber auch solche, mit denen wir uns in Deutschland einen Namen gemacht haben. Eines ist der Nitrolack, der speziell im Kunstgewerbebereich für Modelleisenbahnen und erzgebirgische Volkskunst verwendet wird. Marktführer sind wir mit einer Schwimmbadfarbe auf Chlor-Kautschukbasis. Wenn möglich, wollen wir aber ein Komplettanbieter werden.

BTH Heimtex: Was fehlt denn noch, um diesen Weg erfolgreich zu gehen?

Meier: Wir sind jetzt gerade mit sechs Qualitäten in den Bereich der Dispersionen eingestiegen und haben damit auch die Mischsysteme unserer Gruppe gestärkt. Ein industrielles Mischsystem gibt es in Dresden, ein weiteres für wasserverdünnbare als auch lösemittelhaltige Lacke hier in Halle. Wir können damit kein großer Anbieter werden. Aber wir wollen dem Fachgroßhändler helfen, eine Marke zu finden, mit der er sich von anderen Großhändlern unterscheiden kann.

Der Bereich Dispersion wird von uns erst einmal getestet. Haben wir damit Erfolg, erweitern wir ihn und sind zur Farbe 2013 richtig da.

BTH Heimtex: Wie viel haben Sie in den Aufbau der Halleschen Lackfabrik Novatic investiert?

Zill: Die 2008 begonnenen Maßnahmen sind in diesem Jahr abgeschlossen. Insgesamt haben wir hier 1,5 Mio. EUR investiert.

BTH Heimtex: Wie hat sich Ihr Umsatz entwickelt?

Zill: Im Baufarbenbereich haben wir das vergangene Jahr mit 3,2 Mio. EUR abgeschlossen. Dieses Jahr peilen wir die 4 Mio.-Grenze an und hätten somit eine Steigerung von 25 %.

BTH Heimtex: Das ist ein starker Zuwachs. Welche Auswirkungen hat das auf Ihr Unternehmen?

Zill: Ein Plus von 25 % muss man schon substantiell verkraften können. Dafür müssen wir nicht nur mehr produzieren, sondern wir brauchen mehr Mitarbeiter, eine andere Logistik, andere Maschinen. Aber es ist noch ein gesundes Wachstum, mit dem wir umgehen können. In puncto Lieferfähigkeit und Liefertreue haben wir unsere Kunden nicht enttäuscht. Bislang waren alle sehr zufrieden.

Das war auch für manch einen Grund genug, zu wechseln und unsere Produkte ins Sortiment zu nehmen. Wir stehen also auf sicherem Boden - und wachsen.

BTH Heimtex: Spüren Sie die Auswirkungen der europäischen Finanzkrise?

Meier: Nein, hier in Halle nicht. Wir sind im Aufbau und versuchen, unsere sympathische Marke im Markt zu platzieren.

BTH Heimtex: Ist der Farbenmarkt in Deutschland nicht zu fest gefügt für eine neue, junge Marke?

Meier: Nein, keineswegs. Wenn man in Deutschland unbekannt ist, hat man gerade heute eine Chance. Der deutsche Markt ist offen. Keiner sagt, wir sind seit 30 Jahren mit einem Lieferanten verheiratet und das bleibt auch so. Es gibt ja auch immer wieder Veränderungen und andere Rahmenbedingungen, zum Beispiel Energiesparkonzepte. Da kommt noch einiges auf uns zu. Etwa die Strukturveränderungen: Immer mehr Menschen ziehen in die Ballungszentren. Da werden Singlewohnungen benötig. Das ist mit ein Grund, warum wir neuerdings Dispersionen anbieten. Die sind auch in Zukunft ein sicherer Bereich.

BTH Heimtex: Wie sieht Ihre langfristige Planung aus?

Meier: Unser Hauptziel in den nächsten zwei Jahren ist die Marktdurchdringung in den alten Bundesländern über den Fachgroßhandel. Als Hallesches Unternehmen haben wir logischerweise in Sachsen-Anhalt angefangen, gingen dann nach Sachsen und die übrigen neuen Bundesländer. Hier haben wir mit unseren Produkten beim Großhandel eine Marktdurchdringung von 80 bis 85 %. Jetzt liegt der Schwerpunkt unserer Aktivitäten in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Dafür haben wir den Außendienst erweitert, der die Familien geführten Grossisten im Blick hat.

BTH Heimtex: Mit welcher Strategie wollen Sie es schaffen, die Großhändler im ganzen Bundesgebiet zu erreichen?

Zill: Die Großhändler schätzen unsere Qualität und vergleichen uns mit Top-Marken. Bisher haben wir nur Lorbeeren geerntet. Diesen Weg wollen wir fortsetzen. Zudem sind wir hier in Halle mit 20 Mitarbeitern als Teil eines Familienunternehmens noch in der Lage, Baufarbenprodukte entsprechend der Kundenwünsche schnell und flexibel maßgeschneidert zu produzieren.

Meier: Damit können wir uns gegenüber dem Wettbewerb profilieren. Aber auch mit unserem sehr gesunden Preis-Leistungs-Verhältnis bei hoher Qualität und mit unseren regionalen Exklusivitäten. Wir wollen nicht das schnelle Geld machen mit Masse für den Baumarkt. Wir gehen lieber den Weg über die Fachgroßhändler, die in Deutschland immer noch viel Gewicht haben. Mit unseren preisgünstigen Profi-Produkten stärken wir das Handwerk. Um diese Aufgabe zu bewältigen, stocken wir unseren Außendienst peu à peu auf.

BTH Heimtex: Stichwort preiswerte Profiprodukte. Haben Sie keine Probleme mit den immer teurer werdenden Rohstoffen wie Titandioxid?

Meier: Auch wir müssen deswegen Preisanhebungen vornehmen - genauso wie die Konkurrenz. Wir haben aber immer noch den gleichen Preisabstand und sind nicht gezwungen, teurer zu sein als der Wettbewerb.

Zill: Außerdem kaufen wir als Gruppe, die im vergangenen Jahr 30 Mio. EUR Umsatz zu verzeichnen hatte, gemeinsam Rohstoffe in großen Mengen ein und bekommen dadurch ähnliche Preise wie ein großer Hersteller. Und wir haben schlanke Strukturen, durch die wir schnell am Markt auf Nachfragewünsche reagieren können.

BTH Heimtex: Jedes Unternehmen hat Produkte, mit denen es sich einen Namen gemacht hat. Welche sind es bei Ihnen?

Meier: In den neuen Bundesländern ist es die lösemittelhaltige Holzschutzlasur Recolit, die speziell für Fachwerkhäuser entwickelt wurde. Die kommt auch in Bayern gut an.

Wir hoffen jetzt, dass wir das Produkt deutschlandweit gut vermarkten können. Ich kann mir auch einen guten Marktanteil für lösemittelhaltige Holzschutzfarben für außen vorstellen. Das ist der Kundenwunsch, gerade in wetteranfälligen Regionen. Bei Schwimmbadfarben sind wir Marktführer. Das auch in der Fischzucht einsetzbare Produkt wird allerdings über den Chemiegroßhandel abgesetzt. Diesen Vertriebsweg mussten wir neu aufbauen.

BTH Heimtex: Werden Sie bei der Entwicklung neuer Produkte von der Dresdner Lackfabrik unterstützt?

Meier: Ja natürlich. Wir können die Leistungsfähigkeit unserer Schwester mit ihrem Labor nutzen. Dort werden für Industrieunternehmen sehr hochwertige Farben produziert, die wir in Halle in leicht veränderter Form an den Maler-Großhandel vertreiben können.

Zill: Wenn wir ein Produkt entwickeln, das unsere Kunden wünschen und mit dem wir eine neue Nische besetzen wollen, können wir jederzeit auf Dresden zurückgreifen. Dort sind 4.500 Rezepte in der Schublade. Irgendeine Grundrezeptur für ein gewünschtes Produkt werden wir dort immer finden. Wir können also auf ein Potenzial zurückgreifen, das die Entwicklungszeit erheblich verkürzt. Unterstützt wird der Prozess von acht Mitarbeitern in der Forschung in Dresden und einem Mitarbeiter hier in Halle, der im Prüflabor tätig ist.

BTH Heimtex: Zur Novatic-Gruppen gehören außer den Standorten Dresden und Halle auch Niederlassungen in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Russland und Polen. Streben Sie weitere an?

Zill: Bisher sind wir noch nicht so weit. Aber wir beliefern die ganze Welt mit Ausnahme des australischen Kontinents. Und wir haben in Frankreich und Spanien Außendienstler.

BTH Heimtex: Wie hoch ist Ihre Exportquote?

Zill: Sie liegt in Dresden bei 25 bis 30 %, in Halle allerdings nur bei 5 bis 10 %.

Meier: Ziel ist dieses Jahr die 10 %-Marke. Das hoffen wir auch zu erreichen, denn wir haben vertrieblich neuerdings auch ein Bein im ungarischen Markt. Weiter stimmt mich zuversichtlich, dass wir ein sehr innovatives Unternehmen sind. Wir werden zum Jahreswechsel wieder einen neuen Katalog mit vielen neuen Artikeln vorlegen.


Hallesche Lackfabrik Novatic - Daten und Fakten


Hallesche Lackfabrik Novatic GmbH
Julius-Ebeling-Straße 2
06112 Halle (Saale)
Tel.: 0345/13 16 15-0
Fax: 0345/13 16 15-14
halle@novatic.com
www.novatic.com

Geschäftsführer: Jochen Zill
Prokurist und Vertriebsleiter: Thomas Meier
Umsatz 2011: 3,2 Mio. EUR
Mitarbeiter: 20
Produkte: Speziellacke und Baufarben
Niederlassungen: 5 (Tschechien, Slowakei, Polen, Russland, Ungarn)

Die Schwestergesellschaft Dresdner Lackfarbrik Novatic produziert Korrosionsschutz
und Spezialsysteme.
aus BTH Heimtex 11/12 (Wirtschaft)