Interview mit Hossein Rezvani

"Der Teppich spielt eine zentrale Rolle"


Das Objektgeschäft mit Hotels, Restaurants, Banken und auch Privatkunden entwickelt sich für einige Anbieter abgepasster Teppiche zu einem wichtigen Umsatzbringer. Dabei gibt es einige Unterschiede gegenüber dem Geschäft mit dem Einzelhandel zu beachten: die Projekte laufen zu großen Teilen über Innenarchitekten, die Vorlaufzeiten sind lang, Ansprüche sehr hoch. Carpet XL sprach mit dem Hamburger Teppichdesigner Hossein Rezvani über die Anforderungen, Abläufe und Vorteile, die dieses Geschäft mit sich bringt.

Carpet XL: Herr Rezvani, Sie entwerfen Ihre Teppiche sowohl für den Einzelhandel als auch für Hotels, Restaurants und Banken. Worin liegt der größte Unterschied bei diesen beiden Kundengruppen?

Hossein Rezvani: Die beiden sehr spannenden Konzepte unterscheiden sich deutlich. Im Objektgeschäft wird meist mit Innenarchitekten gearbeitet, die die gesamte Inneneinrichtung ihrer Kunden sehen. Der Teppich gilt hier als Zentrale eines Raumes, als die Seele - um ihn herum wird die restliche Inneneinrichtung geplant. Einzelhändler hingegen kaufen Teppiche zunächst für ihr Geschäft und dann an Kunden, bei denen der Teppich als letzter Einrichtungsgegenstand gekauft wird. Der eine verkauft eher Konzepte, der andere Produkte.

Carpet XL: Wie läuft das Objektgeschäft in der Regel ab?

Hossein Rezvani: In der Regel findet zunächst ein längeres Gespräch mit dem Innenarchitekten statt, der seine Vorstellungen bzw. die des Kunden äußert. Die Planungsphase dauert meist mehrere Monate. Es ist ein zeitintensives Geschäft, aber es läuft auch alles sehr strukturiert ab. Damit Teppiche und die restliche Inneneinrichtung zusammenpassen, bekomme ich Farbmuster und / oder Bilder von Möbeln, von Bezügen, Vorhängen und anderem. Teppichmuster und Farben werden besprochen und abgestimmt und die Wolle ausgesucht. Beim Design der Teppiche sind Kreativität und Vorschläge gefragt, die in der Regel auch berücksichtigt werden. Anhand eines geknüpften Musters kann der Kunde dann Farben, Design, Haptik und Qualität einschätzen. Erst danach wird der Teppich gefertigt.

Carpet XL: Viele Projekte werden über Landesgrenzen hinweg entwickelt - wie funktioniert hier die Abstimmung?

Hossein Rezvani: Bei unseren Projekten in Kanada oder dem Mittleren Osten zum Beispiel läuft viel über das Telefon, per E-Mail und langjährige Partner vor Ort. Ein extrem wichtiger Aspekt bei den Planungen muss vor allem bei großen Distanzen berücksichtigt werden: die Farbtreue. Alle Beteiligten müssen über denselben Farbton sprechen und der muss letztlich natürlich beim fertigen Produkt genau getroffen werden. Standardisierte Colorcharts sind dabei hilfreich.

Diese Aspekte sind auch bei Projekten innerhalb Deutschlands sehr wichtig. Bei unserem Projekt mit dem Luxushotel Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg mussten Jahreszeiten-Blau und Jahreszeiten-Rot in die Farbgebung der Teppiche einfließen. Zusätzlich sollten Farben und Design an einem Aubusson an einer Wand des Hotels ausgerichtet werden. Da ist es hilfreich, wenn man sich vor Ort einen Überblick verschaffen kann.

Carpet XL: Gibt es regionale Unterschiede beim Objektgeschäft?

Hossein Rezvani: Ganze eindeutig. Im Mittleren Osten wird der Teppich automatisch mit in die Inneneinrichtung eingeplant. Dort ist - wie auch in den USA - der Einfluss von Innenarchitekten besonders ausgeprägt, vor allem auch im privaten Bereich. Seine Kunden hören beinahe bedingungslos auf ihn. Das ist bei uns in Deutschland anders: Hier stimmen sich Innenarchitekt und Kunde eher miteinander ab. Generell bemerken wir auch in Deutschland einen Trend in Richtung Innenarchitekt.

Carpet XL: Ein gutes Netzwerk an Innenarchitekten ist also wichtig?

Hossein Rezvani: Ja, schließlich spielt für Innenarchitekten der abgepasste Teppich eine zentrale Rolle bei der Einrichtung eines Objekts. Vor allem für junge Innenarchitekten scheint der Teppich wieder wichtiger zu werden. Und das nicht nur bei gewerblichen Kunden, sondern auch bei Privatkunden.

Allerdings darf man sich keine Illusionen machen: So ein Netzwerk entsteht nicht über Nacht, sondern braucht Jahre, um sich positiv zu entwickeln. Kaltakquise funktioniert nicht. Diese Erfahrung habe ich vor sechs Jahren selbst gemacht, als ich beispielsweise mit einem Musterkoffer nach Dubai geflogen bin, um mich bei Innenarchitekten vorzustellen. Ohne gute Kontakte und hervorragender Mund-zu-Mund-Propaganda und ständiger Medienpräsenz wird man meist nicht mal bis zur Vorzimmerdame vorgelassen.


Carpet XL: Wie wichtig ist das Thema Preise in diesem Segment?

Hossein Rezvani: Auch in diesem Bereich wird um jeden Euro gefeilscht. Allerdings gibt es immer gleich ein Budget für Teppiche, da sie immer gleich mit eingeplant werden. Das Budget muss dann nirgendwo anders abgezwackt werden.
aus Carpet Magazin 01/13 (Wirtschaft)