Mit neuem Namen und neuer Vorstandsstruktur auf Brautschau

FDTB nimmt die Heimtextilien stärker mit ins Boot

Auf der Jahreshauptversammlung 2004 hat der Fachverband des Deutschen Tapeten- und Bodenbelagshandels zwei Neuerungen in der Satzung angekündigt: Dem verstärkten Bereich Heimtextilien wird durch eine Umbenennung des Verbandes Rechnung getragen, außerdem soll die Verbandsspitze flexibler werden. Das Präsidium wird aufgelöst, man will nur noch mit maximal vier Vorständen plus Vorsitzendem arbeiten, die eventuell doppelte Verantwortlichkeiten auf sich nehmen müssen. Auch der frisch gewählte Verbandsrat, der eine beratende Funktion ausübt, ist kleiner als bisher. So schlank aufgestellt, geht der Verband auf Brautschau nach neuen Mitgliedern.

An Reinhard Schmohl ist ein Touristiker verloren gegangen. Dem FDTB-Geschäftsführer geht ein Ruf voraus, wie perfekt er die jährlichen Verbandsreisen vorbereitet, zuletzt nach Brasilien, in diesem Herbst nach Thailand. Und natürlich organisierte er zur Jahreshauptversammlung im schwäbischen Asperg ein attraktives Rahmenprogramm, das allerdings gleich zu Beginn einem Härtetest gleichkam. Am traditionellen "Wiedersehens-Abend" wurden bei der Weinprobe in der Winzergenossenschaft Löwenstein gleich 25 Weine probiert. Da füllten sich die Restgefäße, man zählte rückwärts, noch 9, noch 6, noch 3, zuletzt ein Eiswein, lecker, aber endlich: geschafft, uff! Hat da jemand gedacht, die Geschäfte sind hart, stählt Euch auch in der Freizeit?

Die Auflösung der Kollegenorganisation Bundesverband des Deutschen Teppich- und Gardinenhandels führte beim FDTB zu einer Reihe von Veränderungen. Da 16 ehemalige BDTG-Mitglieder zum FDTB wechselten und dadurch Heimtextilien stärker in den Vordergrund rücken, wurde eine Namensänderung beschlossen: Der Fachverband des Deutsches Tapeten- und Bodenbelagshandels e.V. nimmt die Heimtextilien mit ins Boot und heißt künftig FDTB-Fachverband Heimtextil e.V.

Im Zuge der Namungsänderung, die eine Satzungsänderung erforderte, verschlankte der Verband die bisherige Führungsstruktur. Die neue Satzung bestimmt, dass der Vorstand aus dem Vorsitzenden und bis zu vier weiteren Mitgliedern besteht. Dabei können den Vorstandsmitgliedern einzelne Fachressorts wie Bodenbeläge, abgepasste Teppiche, Stoffe und Gardinen, Tapeten und andere Sortimentsbereiche der Branche zugeordnet werden. Unter dem Vorsitz des bisherigen und neuen Präsidenten Philipp Frese wurden einstimmig Karsten Krause und Peter Leue als weitere Vorstandsmitglieder wiedergewählt; zusätzlich verstärken Silvester Apro und Jens van Laak das Gremium. Den Verbandsrat repräsentieren Eike Fischer, Peter Zoller, Hubertus Nocker und Hermann Pogge. Assoziiertes Verbandsratmitglied ist der AJU-Vorsitzende Winfried Leister.

Gar so jung sind die Mitglieder der AJU, sprich der Arbeitsgemeinschaft junger Unternehmer inzwischen nicht mehr, fast schon eher in den "besten Jahren". Dennoch scheint es hier ein dynamisches Potential zur weiteren Entwicklung des FDTB zu geben, der sich in den nächsten Jahren verjüngen müsste - zumindest wenn man den Altersdurchschntt der Teilnehmer der Jahreshauptversammlung betrachtet.

Nach wie vor angespannte Marktsituation in den Sortimentsbereichen

Mehrere Sprecher des Verbands informierten die Mitglieder über die wirtschaftliche Situation der Branche. Vorstandsvorsitzender Philipp Frese prognostiziert weiterhin einen rückläufigen Markt. "Selbst wenn Geld da ist, wird es nicht im Handel ausgegeben." Allerdings scheine sich die Talfahrt allmählich dem Ende zuzuneigen, wobei regionale Unterschiede der Wirtschaftskraft innerhalb Deutschland sichtbar würden, "ein Silberstreifen am Horizont".

Peter Leue, der innerhalb des FDTB-Vorstandes für das Ressort Tapeten zuständig ist, ging auf die Entwicklung des Tapetenmarkts im Jahr 2003 ein. Er stützte sich auf die Zahlen des VDT, wonach sich das Inlandsgeschäft "relativ positiv" entwickelt habe. Der Umsatz stieg um 3% bei einem leichten Absatzrückgang von 1%. Es wurde also höherwertige Tapeten verkauft, speziell mehr Vliestapeten, die höhere Durchschnittspreislagen erzielen.

Über die nach wie vor angespannte Situation im Bereich Bodenbeläge berichtete Karsten Krause. "Es gibt einfach zu viel Kapazitäten bei den Herstellern". Dies hätte zu einem weiteren Preisverfall geführt. Dass die Qualitätsinitiative "Pro Teppichboden" in Gang gekommen sei, fand er erfreulich. "Es hätten aber auch schon mehr sein können". Er appellierte inständig an die FDTB-Mitglieder, sich an der Aktion zu beteiligen. "So teuer ist es ja auch nicht, und wir alle profitieren davon".

Der so optimistisch wirkende Silvester Apro, zuständig für abgepasste Teppiche, schilderte in seinem Bereich eine bedrückende Situation mit immer mehr Betriebsschließungen im Fachhandel. Dies sei zum Teil auf das unlautere Geschäftsgebaren verschiedener Wettbewerber zurückzuführen. Das einzig Positive: "Die Ware aus Persien ist erheblich teurer geworden, damit können wir mehr Umsatz erreichen."

FDTB-Branchentreff wechselnd auf Heimtextil und Domotex?

FDTB-Geschäftsführer Reinhard Schmohl bedauerte in seinem Vertrag, dass das Weiterbildungs-Angebot des Verbands so wenig angenommen würde. Ein angekündigtes Drei-Tage-Seminar "Gardine + Deko" hätte sogar abgesagt werden müssen. Dafür freute er sich über die ungebrochene Resonanz des FDTB-Branchentreffs auf der Heimtextil, wobei derzeit angedacht werde, die Veranstaltung alternierend in Frankfurt und auf der Domotex in Hannover durchzuführen. Der Etat-Abschluss 2003 weist laut Schatzmeister Jürgen Neles einen erheblichen Verlust aus. Dieser resultiere aus Altlasten, sei jedoch im Hinblick auf das hohe Verbandsvermögen vertretbar. Wie Hubertus Nocker bei der Erklärung der neuen Verbandsstrukturen ausführte, "wollen und müssen wir flexibler sein, sind wir gezwungen, Kosten einzudämmen". Ein Vorschlag aus dem Auditorium, die Mitgliederbeiträge zu erhöhen, wurde aberstrikt abgewehrt: "No chance".

Vorträge über Markt und Messen sowie Work-Shops zur Auswahl

"Ist die Krise in den Kassen eine Krise in den Köpfen?", fragte Herbert Schmitmeier, geschäftsführender Gesellschafter der Marketing-Agentur Intermarket. Er analysierte zunächst die veränderte Marktsituation aufgrund der Konzentrationsprozesse auf allen Ebenen, durch Fragmentierung und die Veränderung der Absatzgebiete durch den Euro sowie ein unterschiedliches Niveau im Marketingverständnis auf den Distributionsstufen. Außerdem gebe es Managementdefizite, die zu Umsetzungsproblemen bei horizontalen und vertikalen Marketingkonzepten führten. Letztlich sei es der "Engpass Mensch", der immer wieder zukunftsorientierte Marketingkonzepte unvollständig oder gar nicht realisiere.

Weiter informierte Schmitmeier über Entwicklungen im Einkaufsverhalten und zukünftige Verbrauchergewohnheiten. "Der Standard-Konsument stirbt langsam aus, dadurch ist ein zielgruppenorientiertes Denken und Handeln nötig." Welche Auswirkungen auf die Bodenbelagsbranche dies habe, untermauerte er mit detailliertem Zahlenmaterial. Der Vortrag von Dr. Andreas Gruchow, Leiter der Geschäftsbereiche Internationale Fachmessen der Deutschen Messe Hannover geriet etwas zu sehr zu einer Werbeveranstaltung für die Domotex. Zu detailverliebt empfanden viele die Aufzählung zur letzten Messe. Immerhin - die Domotex hat zugelegt: an Besuchern, Ausstellern und Ausstellungsfläche.

Workshops zu verschiedenen Themen

Erstmals wurden bei der FDTB-Tagung parallel drei Werk-Shops angeboten. Christian Schmitz, Schmitz Tapeten Import und Joachim Haug, Verkaufsleiter Inland bei Rasch Textil warfen sich die Bälle zu bei ihrem Thema "Tapeten und Stoffe - Vertriebswege der Zukunft". "Wie hat sich der Käufertyp verändert?" Die Wertschöpfung sei gestiegen, "An dem Produkt Tapete ist noch zu verdienen. Hier sind Margen zu erreichen." In der lebhaften Diskussion wurde bemängelt, dass die Karten immer teurer würden, dass auf der anderen Seite in der "Mehrzahl der Geschäfte die Kompetenz fehlt, um anspruchsvolle Kunden zufrieden zu stellen."

Das Fazit: die Verkäufer müssen besser geschult werden - zum Beispiel in den vielen Seminaren, die die Industrie anbietet. Und: "Warum sind die Verkaufsmitarbeiter des Handels nicht dabei, wenn der Außendienst der Industrie die Bücher vorlegt?" Zum Thema "Bodenbeläge - europäische Normung für Handel und Verarbeiter ein Problem?" diskutierten Wolfgang Kugler, Leiter der Anwendungstechnik Uzin Utz und Karsten Krause vom Wedeler Objekteur Krause & Reimer mit einigen Interessierten. Zur Sprache kamen dabei vor allem Probleme, Vor- und Nachteile von chlorfreien Belägen - offenbar ein Thema, dass den Verlegern auf den Nägeln brennt.Dr. Hans-Peter Knecht von der Wäscherei Knecht, Speicher aus der Schweiz zeigte "Neueste Waschverfahren bei handgeknüpften Teppichen".

Die Idee der Workshops zu spezifischen Themen kam bei den Tagungsteilnehmern an. Auch bei der nächsten Hauptversammlung soll es wieder welche geben.

Wie bleibt der Handel handlungsfähig?

Wer sich umhörte an diesem Maiwochenende, vernahm doch einige positive Signale. Es gibt Mitgliedshäuser, die sich gut aufgestellt fühlen, auch wenn dies schmerzhafte Eingriffe in den Personalbestand kostete. "Wir haben unser Unternehmen halbiert, in Kapazität und Kosten, und damit sind wir handlungsfähig geworden.", spricht einer für ähnlich gelagerte Situationen bei anderen Häusern. Ein Neumitglied sprach es aus: "Das ist eine gute Gelegenheit, sich über die Geschäfte auszutauschen, wir sind zum großen Teil doch für den Rest des Jahres Einzelkämpfer."
aus BTH Heimtex 07/04 (Wirtschaft)