Qualitätsinitiative Pro Teppichboden: Offizieller Start

Das rote "t" weist den Weg zum zertifizierten Teppichbodenhändler

Die Teppichboden-Branche macht mobil: Mit der Qualitätinitiative "Pro Teppichboden" hat sie einen markstufenübergreifenden Feldzug für die qualifizierte Vermarktung von Teppichboden gestartet. Das soll Fachhandel und Handwerk, aber auch Großhandel und Industrie zu Gute kommen. Der Startschuss fiel in Hannover, wo sich die Branchen-Elite versammelte. Rund 400 Teilnehmer bekräftigten bei der Auftaktveranstaltung ihr Engagement für die Qualitätsinitiative. Jetzt gilt es für alle, sie umzu-setzen, zu unterstützen und zu fördern, damit sie auch greifen kann.

Es war eine Veranstaltung der Superlative: Wie das "Who ist Who" der Teppichboden-Branche las sich die Teilnehmerliste zum offiziellen Start der Qualitätsinitiative "Pro Teppichboden". Auf dem Messegelände in Hannover - die Domotex lässt grüßen - trafen sich rund 400 Gäste, viel mehr als geplant. Selten hat man solch einen Aufmarsch von Branchenprominenz aus Industrie, Großhandel, Handel und Handwerk erlebt.

Die überaus starke Resonanz beweist: "Pro Teppichboden" ist die richtige Idee und der richtige Ansatz. Zur Erinnerung: Das Projekt wurde vor zwei Jahren unter
Federführung der ETG aus der Taufe gehoben.

24 Hersteller - alle ETG-Mitglieder - und 19 Verbände, Organisationen, bedeutende Handels- und Handwerksunternehmen haben sich darin zusammengeschlossen, um den Verbraucher wieder stärker für das vielseitige Produkt Teppichboden zu interessieren und die Vermarktungschancen speziell für hochwertige Qualitäten zu verbessern. Sie entwickelten ein Konzept, nach dem interessierte Händler und Handwerksbetriebe ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot vom TÜV zertifizieren lassen können. Damit können sie sich vom Wettbewerb absetzen, nach außen sichtbar Kompetenz und Qualität demonstrieren und so beim Verbraucher wieder Vertrauen schaffen.

Ein hehres Ziel - das aber nur erreicht werden kann, wenn alle an einem Strang ziehen und sich über Eigeninteressen hinweg gemeinsam für diese Sache engagieren, die der ganzen Branche dient. Und das auch noch langfristig. Es reicht nicht, einmal zu applaudieren und sich dann zurück zu lehnen und die anderen machen zu lassen. Jeder Befürworter ist gefordert, sich aktiv einzubringen. Sonst verhungert die Qualitäts-Initiative auf dem Weg zum Verbraucher. Das wäre allerdings fatal: für den hochwertigen Teppichboden, die Branche und die ETG, deren Fortbestand dann ersthaft in Frage gestellt würde.

Den Verantwortlichen ist der Ernst der Lage bewusst. Umso wichtiger war es ihnen, mit der "Pro Teppichboden"-Auftaktveranstaltung für das Qualitätssicherungs-Konzept zu werben. Als Tagungsort war bewusst das Messegelände in Hannover gewählt worden, weil man so Verbundenheit zur Domotex demonstrieren wollte, die alljährlich die internationale Bodenbelagswelt in die niedersächsische Landeshauptstadt zieht.

Um das Fazit gleich vorweg zu nehmen: Insgesamt war die Veranstaltung gelungen. Der Rahmen stimmte, das Publikum war hochkarätig, die Stimmung ausgesprochen positiv, fast euphorisch, wie auch die Statements belegen, die wir nach der Tagung eingefangen haben. Wir wünschen den "Pro Teppichboden"- Initiatoren, dass diese Begeisterung anhält und weitergetragen wird.

Kritisch anzumerken bleibt nur, dass dem eigentlichen Thema, sprich dem "Pro Teppichboden"-Konzept, in dem dichtgespickten Programm zu wenig Raum gewidmet wurde. Da hätte der Moderator, Werner A. Ewest, der die Qualitätsinitiative von der Geburtsstunde an begleitet hat und in Hannover vorstellte, ruhig noch mehr ins Detail gehen können. Und: "Pro Teppichboden" kam viel zu spät zur Sprache - erst am Nachmittag, als mancher vielleicht schon abgeschaltet hatte.

Eindeutig zu kurz kamen auch Diskussion und Gedankenaustausch. Bis auf die Mittagspause war dafür keine Gelegenheit. Ebensowenig war nach den Vorträgen Zeit für eventuelle Fragen aus dem Publikum vorgesehen.

Staatssekretär Joachim Werren vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium lobte ausdrücklich diese Mittelstands- Initiative und gab der Veranstaltung eine politische Dimension, die über die Branche hinausstrahlt. Stephan Ph. Kühne, als Vorstandsmitglied der Deutschen Messe unter anderem für die Domotex verantwortlich, unterstrich die Signalfunktion der Messe auch für Teppichboden. ETG- Vorstandsvorsitzender Herman Paridaens freute sich in seiner kurzen Begrüßungsrede über das außerordentlich starke Interesse an der Auftaktveranstaltung.

Einen der Höhepunkte des Programms lieferte Georg Abel, Bundesgeschäftsführer der Verbraucher-Initiative mit seinem hochinteressanten Vortrag über Verbraucher-Verhalten und Erwartungen. Er verurteilte zunächst den Billig- Wahn, der auch bei Teppichboden herrscht - "Soll Deutschland zur Ramsch-Republik verkommen?" - und forderte stattdessen "Wertemanagement und Stärkung des Qualitätsbewusstsein". Die Verbraucher-Initiative selbst wolle ihren Teil dazu beitragen und startet im November eine bundesweite Kampagne zur Qualitätsförderung, die bis 2005 laufen soll.

Dem Fachhandel attestierte Abel grundsätzlich beste Möglichkeiten, sich gegen-über anderen Vertriebsformen zu profilieren, sah aber gerade in der Teppichboden-Branche reichlich Nachholbedarf. Er plädierte für Dienstleistungs-Pakete und After-Sales Service, - "Warum wird das in der Teppichboden-Branche nicht gemacht? Andere Branchen sind da längst weiter", regte ein unabhängiges Info-Angebot zum Thema Teppichboden im Internet genauso wie eine zentrale Informationsstelle und mehr computergestützte Beratung und unterstrich die Bedeutung kompetenter Verkäufer. "Es reicht nicht, dem Kunden einen Prospekt in die Hand zu drücken. Er will individuell beraten werden und erwartet, dass der Verkäufer ihm hilft, sein Problem zu lösen." Sinnvoll sei auch, das Beratungsergebnis und den Ansprechpartner festzuhalten, um für ein Nachfassen oder spätere Gespräche gerüstet zu sein. Als wichtig erachtet Abel außerdem, dass das Ambiente im Laden stimmt: "In Lagerhallen-Atmosphäre kauft niemand hochwertige Artikel ein".

An dem belgischen Motivationstrainer Bob Delbecque schieden sich die Geister. Er beschreibt sich selbst als "Hofnarr des Unternehmens, der die Mitarbeiter zum Lachen bringt, während er strategische Botschaften vermittelt." Für uns hatte er außer abgestandenen Witzen und dem Aufruf, Veränderungen nicht zu scheuen, nicht viel zu bieten. Etliche waren trotzdem von dem berufsfröhlichen Biolek-Verschnitt begeistert. Welchen Nutzen die Qualitätsinitative von seinem Auftritt hatte, hat sich uns nicht erschlossen.

Überflüssig war der Werbevortrag über den TÜV von Ralf Grobusch, Geschäftsfeldleiter Managementsysteme bei dem Unternehmen. Jeder weiß, dass der TÜV
eine renommierte, anerkannte, neutrale Institution ist. Das reicht. Weitere Details sind nicht notwendig. Kaum besser stellte sich sein Kollege Dr. Ing. Volker Wessling vom Geschäftsfeld Business Engineering dar. Er sollte anhand des Rewe-Konzerns belegen, dass das Konzept der Dienstleistungs-Zertifizierung in der Praxis funktioniert, blieb dabei aber zu abstrakt. Es gelang ihm auch nicht, Verbindungen oder Parallelen zu unserer Branche aufzuzeigen.

Das Schlusswort der Veranstaltung sprach Uwe Heinemann als Sprecher des Lenkungskreises. Er hielt ein eindringliches Plädoyer für die Qualitätsinitiative: "Wir haben gar keine 2. Chance! Wenn der Teppichboden nicht zum reinen Baustoff verkommen soll, der lediglich eine Funktion zu erfüllen hat, wird die Verdrängung und der Trend zu alternativen Bodenbelagsarten und das Rauf und Runter des Teppichabsatzes immer und ewig eine Frage des Augenblickes, der Modeerscheinung sein.

Alle Handwerksbetriebe, Fachhändler, Fachmärkte, Großhandel, aber auch die Industrie und deren Mitarbeiter müssen mit der neu ins Leben gerufenen Qualitätsinitiative "Pro Teppichboden", die vielleicht letzte Chance konsequent umsetzen und nutzen."

In der Verbesserung der Qualität von Verkauf und Service lägen die entscheidenden Ansatzpunkte, sich von den Anbietern zu unterscheiden, die den billigen Preis zum einzigen Argument machen. "Pro Teppichboden ist die Brechstange, mit der wie die verkrusteten Strukturen in unserem Markt aufbrechen, die Qualität im Vertrieb verbessern und so das Produkt, die Verkäufer und die ganze Branche aufwerten". Aber: Dazu brauche es "Fahnenträger, Vorbilder, die gemeinsam mit den Pro Teppichboden-Trägern und Förderern den Schulterschluss wagen, sich über die Wettbewerbsgrenzen hinaus bewegen, und sich selbst aktiv in die Umsetzung des Konzeptes einbringen".
aus BTH Heimtex 10/03 (Wirtschaft)