Management-Buyout, Export, Objekt, Automobilgeschäft werden forciert

Durmont jetzt selbstständig

Als einziger österreichischer Produzent nimmt Durmont eine Sonderstellung innerhalb der europäischen Teppichbranche ein. Früher war die geographische Randlage zu den zentraleuropäischen Industrienationen ein Problem, heute eröffnet sie dem Unternehmen den Zugang zu den aufstrebenden EU-Ländern im Osten. Zugleich hat Geschäftsführer Rudolf Pauli mit der Automobilzulieferung in kurzer Zeit ein zweites Standbein aufgebaut. Zum Jahreswechsel übernimmt er Durmont in einem Management-Buyout. BTH Heimtex-Chefredakteur Claudia Steinert hat sich zusammen mit dem Inku-Vorstandsvorsitzenden Uwe Heinemann das Werk im österreichischen Hartberg angeschaut.

Wer ist Durmont? Wenn auch der Name an sich in der Teppichbodenbranche durchaus geläufig sein mag, wissen doch viele nicht, was dahinter steht - außer vielleicht, dass es sich um den einzigen österreichischen Teppichbodenhersteller handelt. Dabei hat das Unternehmen viel zu bieten und eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich. In den über 30 Jahren seines Bestehens hat der Tufter erfolgreich einige Klippen umschifft, sich immer wieder dem veränderten Umfeld angepasst und sich nach mehreren Eigentümerwechseln jetzt klar auf die Zukunft ausgerichtet.

Durmont war immer in gewisser Weise ein Exot. Denn das Herz der europäischen Tuftingindustrie schlägt eigentlich weiter im Nordwesten: in Deutschland, Belgien und den Niederlanden, wo sich die marktbedeutenden Anbieter konzentriert haben, in der Regel in Regionen, wo traditionell die Textilherstellung residierte.

Durmont liegt dagegen vergleichsweise abgelegen in der Steiermark, einem der 9 österreichischen Bundesländer, das im Norden an Niederösterreich grenzt, im Westen an das Salzburger Land, im Süden an Slowenien und im Osten an das Burgenland. Die Steiermark ist allenfalls bekannt durch das berühmte steirische Kernöl, das überall an den Straßenrändern angepriesen wird - und tatsächlich sehr gut ist - und den Obstanbau. Touristisch ist sie weniger erschlossen und frequentiert als andere, populärere Gegenden der Alpenrepublik, obgleich die liebliche, grüne Hügellandschaft zum Wandern und Erholen einlädt.

An Industrie haben sich vor allem Papier-, Zellulose- und Holzwerkstoffindustrie in der Steiermark angesiedelt, die in der waldreichen Gegend reichlich Ressourcen finden, außerdem Eisen- und Stahlindustrie.

Hier errichtete der deutsche Konsul Fritz Ries, der mit seinen Pegulan-Werken Bodenbelagsgeschichte geschrieben hat - heute ist die ehemalige Pegulan-Gruppe in Tarkett aufgegangen - im Städtchen Hartberg Anfang der 70er Jahre ein Teppichbodenwerk. Hartberg lieferte übrigens später in der lateinischen Übersetzung den Namen für das Unternehmen; Hartberg - lat. Durmont. Der damalige steirische Landeshauptmann war sehr bemüht, die zu den Zeiten wirtschaftlich schwache Steiermark zu stärken und warb sehr um Ries. Es heißt, dass er ihm die Investition in Hartberg mit Zugeständnissen beim Kauf eines Schlosses in der Nähe versüßt habe....

In den Folgejahren erlebte Durmont eine Ausweitung der Strategie in Richtung Automobil und eine mehrfache Änderung der Besitzverhältnisse, bis 1998 überraschend der renommierte deutsche Teppichbodenhersteller Anker bei den Österreichern einstieg. Zunächst hielten die Dürener knapp über 50%, später stockten sie ihre Beteiligung bis auf 85% auf. Ihr Ziel war einerseits, über den österreichischen Zukauf mehr in das Handelsgeschäft hinein zu kommen, andererseits einen Brückenkopf Richtung Osteuropa aufzubauen.

Die Integration gelang aber offenbar nicht wie geplant, auch war die Mutter generell mit der Entwicklung der Tochter nicht ganz zufrieden und dachte über eine Diversifizierung Richtung Automobilzulieferung nach.

Neuausrichtung unter neuer Führung

Als sich vor gut zwei Jahren der damalige Geschäftsführer Adolf Hnup, der auch Gesellschafter von Durmont ist, in den Ruhestand verabschiedete, wurde als sein Nachfolger Rudolf Pauli geholt - ein erfahrener Mann, der 27 Jahre lang bei Eybl, einer ehemaligen Schwestergesellschaft von Durmont, das Automobilgeschäft gemanagt hatte. Ihn reizte die Herausforderung in Hartberg, zumal die Voraussetzungen dort trotz roter Zahlen vielversprechend waren: Es herrschte kein großer Investitionsstau, das Werk war trotz der wechselnden Inhaber gut in Schuss, und es war durch den Fall des Eisernen Vorhangs vom Rande in das Zentrum Europas mit Zugang sowohl nach Westen als auch nach Osten gerückt.

Da auch die Infrastruktur stimmt - Hartberg befindet sich verkehrstechnisch günstig direkt an der Autobahn zwischen Wien und Graz, jeweils ca. eine Stunde von den beiden österreichischen Metropolen entfernt - sah Pauli gute Perspektiven für Durmont.

In der ersten Zeit konzentrierte er sich zunächst auf die "Hausaufgaben", sprich Rationalisierung und Optimierung der Abläufe, um die Kosten herunterzufahren, parallel nutzte er seine Kontakte in die Automobilindustrie und baute sukzessiv das Automobilzuliefergeschäft auf. Innerhalb von zwei Jahren gelang es ihm, den Umsatzanteil Automotive über Entwicklungspartnerschaften von 2,9% (2001) auf 32,5% (2003) anzuheben. Für 2004 lautet die Zielmarke 41% bei einem angestrebten Umsatz von 20 Mio. EUR.

Mittlerweile sind die größten Baustellen innerhalb des Betriebes beseitigt. Der Turnaround werde zwar erst 2005 erreicht - "in diesem Jahr bleibt es wohl noch bei einer roten Null" - räumte Pauli gegenüber BTH Heimtex ein, das ficht ihn aber nicht weiter an, weil jetzt Richtung und Strategie stimmten. "Wir sind ein Unternehmen, das sich modern gestalten will", sagt er - und den Eindruck vermittelt Durmont auch durchaus. Die Fabrik wirkt aufgeräumt und effektiv, der Maschinenpark ist auf aktuellem Stand, Zug um Zug werden die 9 Tuftingmaschinen erneuert. Erst im Oktober wurde eine gegen einen neuen hochleistungsfähigem Schnellläufer ausgetauscht.

Autark durch vollstufige Produktion

Ansonsten ist Durmont vollstufig organisiert mit eigener Stückfärberei, Trockner, Scheranlage, Vliesfertigung und "technisch ausgefeilter" Beschichtung für verschiedene Varianten bis hin zu automobiltauglichen Aufbauten für den Automotive-Bereich. Wobei die Österreicher für die Automobilausstattung nur die Flächenware liefern; verformt wird im nächsten Schritt bei großen Automobilzulieferern wie Collins & Aikman oder Faurecia. Spacedye wurde früher auch in eigener Regie gemacht, davon hat man sich inzwischen aber aus Kostengründen getrennt und kauft bei Bedarf lieber entsprechende Garne zu.

Bei Entwicklung und Produktion wurde aber nicht nur in die Technik investiert, sondern auch in Manpower: Mit Wilhelm Hauptmann hat Durmont einen kompetenten Teppichboden-Mann engagiert, der nach einer Pause, indem er sich dem Weinhandel widmete, wieder hochmotiviert ist, sein Gespür und Können im Bereich Teppichboden auszureizen.

Großhandel bleibt wichtiges Standbein

Im Vertrieb wollen sich die Österreicher auf mehrere Stand-beine stellen. Das wichtigste Segment waren bislang Teppichböden für den Wohnbereich in den deutschsprachigen Märkten. Damit wurde der Großteil des Umsatzes generiert und hier will man auch künftig nicht nur aktiv bleiben, sondern die Marktposition ausbauen, wobei man sich in der mittleren bis gehobenen Preisklasse einordnet.

Dabei ist Durmont ausgesprochen großhandelstreu: in Deutschland, das von Verkaufsleiter Jost Pörkert und drei Außendienst-Mitarbeitern betreut wird, summiert sich der Großhandelsanteil auf 70%, die restlichen 30% entfallen auf den industriefähigen Einzelhandel. Im heimischen Österreich und in der Schweiz dürfte das Verhältnis nicht viel anders sein.

Renommierte Kunden wie Inku-Vorstandsvorsitzender Uwe Heinemann loben die "partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Großhandel, das flexible Eingehen auf Kundenwünsche und die individuell zugeschnittenen Kollektionen". "Durmont bringt häufig Spezialitäten, ist kein Massenanbieter, dessen Artikel an jeder Ecke zu finden sind", stellt Heinemann die Vorteile für die Großhandels-Klientel heraus.

Das gilt auch für die aktuellen Neuheiten, auf die BTH Heimtex beim Besuch in Hartberg einen ersten Blick werfen konnte: Erwähnenswert sind vor allem eine zweifarbige hochgedrehte Schlinge im matten Baumwoll-Look, eine Strukturschlinge mit kleinem Kästchenmuster, einmal positiv, einmal negativ, eine kernige Webschlinge im Ripscharakter in schönen satten Farben, superfeine 1/16"-Qualitäten, die durch Polyester-Anteil noch edler wirken, trendige Shags und eine weitere Strukturschlinge mit Diagonal-Richtung.

Diese Artikel sind für die Listung gedacht, darüber hinaus bringt Durmont Anfang 2005 eine neue Themen-Kollektion, die aktuelle Tendenzen aufgreift: Umfang 5 Qualitäten in 74 Positionen, Auflage in Deutschland voraussichtlich 2.000 Stück. Das Spektrum reicht hier vom zweifarbigen Shag über Kräuelvellurs bis hin zur Effektschlinge, alle mit neuer Rückenkonstruktion, bei der eine zusätzliche Zwischenlage für optimales Liegeverhalen und Nahtschluss sowie verbesserte Trittschalldämmung und Gehkomfort sorgt.

Ausbau Objektgeschäft, speziell im Bereich Hotellerie und Gastronomie

Zweiter Ansatzpunkt von Durmont ist das Objekt, wo man primär im inländischen Markt noch reichlich Potenzial sieht. "Der ist bislang komplett vernachlässigt worden." Speziell in der Gastronomie und Hotellerie gebe es gute Chancen. Für diese Zielgruppe wurde deshalb eine interessant gestaltete Druckkollektion aufgelegt, die mit leicht verständlichen Dessins und "besonders attraktive Preisgestaltung" hauptsächlich kleine und mittlere Beherbungsbetriebe anspricht. Das ist noch nicht alles für das Objekt: Es kommt außerdem zum Jahresanfang ein weiteres Programm, das mehr für Büros und Verwaltungen gedacht ist, mit typischen Artikeln wie glatten und strukturierten 1/10"-Schlingen, -Velouren und -COCs, außerdem gröberen 5/32"-Schlingen und feinen 1/16"-Velouren.

Fuß in Osteuropa fassen

Als dritte Schiene wollen die Österreicher ihre räumliche Nähe zu Ost- und Südosteuropa nutzen und den Export in diese Länder gezielt auf- und ausbauen - denn: "Dort liegen die Märkte der Zukunft", ist Pauli sicher. "Mittel- bis langfristig rechnen wir mit einem Umsatzvolumen in diesen Märkten, das dem Umsatz von Österreich und den westeuropäischen Ländern gleichkommt." Mit dieser Aufgabe betraut ist Alexander Miok.

Automotive-Geschäft verlangt Geduld und Ausdauer

Als vierte Säule soll das Automotive-Geschäft weiter gepflegt und auch forciert werden. "Die Kontaktaufnahme mit den Automobilherstellern Audi, BMW, Daimler Chrysler, Porsche, Alfa Romeo und Volkswagen war erfolgreich", freuen sich Pauli und der für diese Sparte zuständige Franz Zöchmeister, "bei Musterpräsentationen wurden zahlreiche Muster mit dem Auftrag der Weiterbearbeitung ausgewählt". Wobei die beiden wissen, dass für dieses Geschäft ein langer Atem notwendig ist: "Für Durmont ist es wichtig, als Entwicklungslieferant anerkannt zu werden, was hohe Kreativität und Innovationsbereitschaft voraussetzt, aber gleichzeitig aufgrund der langen Entwicklungsvorlaufzeiten für ein neues Automodell Verkaufserfolge erst in drei bis vier Jahren erwarten lässt. " Aber man sei bereit, "diesen langen Weg zum Erfolg mit der Autoindustrie zu gehen, da mit dem Erreichen dieses Zieles langfristige Auftragszusagen erwartet werden können."

Von all diesen Aktivitäten erhofft sich Pauli die für die Zukunftssicherung von Durmont "notwendigen Zuwächse in Umsatz und Ertrag". Er hat sogar so viel Vertrauen in das Unternehmen, das er ein Management-Buyout wagt.

Bis Redaktionsschluss war ein entsprechender Letter of intent unterschrieben, die endgültige Transaktion soll noch im laufenden Jahr stattfinden....



Durmont - das Unternehmen

Durmont Teppichbodenfabrik GesmbH
Wiesengasse 55, A-8230 Hartberg
Tel: +43-3332/60100
Fax: +43-3332/6010404
Internet: www.durmont.at
e-mail kundenservice: kundenservice@durmont.at

Profil: Durmont ist der einzige österreichische Teppichbodenhersteller. Produziert werden Tuftingartikel für den Wohnbereich, das Objekt und
die Automobilausstattung und zwar sowohl Veloure als auch Schlingen, auch bedruckt, Bahnenware, Fliesen und Einlegematten.

Sortiment:
Tuftingteppichboden als Bahnenware, Fliesen und Einlegematten für Wohnen, Objekt und Automobil aus Poly-amid, Polypropylen und Polyester
mit PE-Beschichtung, Schaum, Schwerschicht, textilem Zweitrücken und Life-Tex-Vliesrücken

Umsatz:
2001: 18,6 Mio. EUR, davon 2,9% = 0,5 Mio. EUR Automobil
2002: 16,8 Mio. EUR, davon 15,3% = 2,6 Mio. EUR Automobil
2003: 19,4 Mio. EUR, davon 34,2% = 6,6 Mio. EUR Automobil
2004 (Hochrechnung): 21,8 Mio. EUR, davon ca. 8 Mio. EUR Automobil

Mitarbeiter: 110 (2003)

Geschäftsführung/Technik/Einkauf/CEO: KR Dipl.Ing. Rudolf Pauli

Vertriebsleitung Teppichboden: Peter Wolfsgruber

Automobil: Franz Zöchmeister

Qualitätsmanagement und technische Assistenz: Alexander Zängl

Finanzen/ Controlling: Karl Michael Jeitler

Logistik: Alfred Knabl

Vertriebsleitung Deutschland: Jost Pörkert
Vertriebsleitung Österreich/Schweiz: Peter Wolfsgruber
Vertriebsleitung Osteuropa: Alexander Miok

Entwicklung: Willi Hauptmann

Auftragsannahme:
Kurt Schöller, Christian Pöllabauer, Gertrud Oswald

Vertriebsstruktur (Deutschland): schwerpunktmäßig Großhandel (Anteil 70%), ansonsten industriefähige Einzelhandel sowie Industriekunden

Maschinenpark: 9 Tuftingmaschinen, eine Scheranlage, eine Stückfärberei und Trockner, eine Beschichtungsanlage für verschiedene Vorstrich-Auftragsvarianten, Kaschierungen und automobiltaugliche Aufbauten für Auto-Matten und Formware, Malivlies- und Maliwatt-Anlage zur Herstellung von Vliesgeweben

Wichtigste Märkte:
1. Deutschland (Anteil 60%),
2. Östereich,
3. Schweiz,
4. Großbritannien

Weitere Märkte: Bulgarien, Kroatien, Baltikum, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Tschechien , Ungarn, Schweden

Referenzen im Automobilbereich:
Volvo, Daimler Chrysler Voyager, Jeep Grand Cherokee, Landrover Freelander, Discovery, Skoda Oktavia, Fabia

Referenzen im deutschen Großhandel:
unter anderem Bonflair-Gruppe, Jordan, Hometrend Inku, Geiger, Dresing, Thomas & Co, Orth, Rettberg, Inku, Sonnhaus, Belcolor, Bienna Interfloor, Cabana Loppacher, Licorado, Decor Union, FHR, Besko, Netto

Referenzen im Objekt:
Vienna International City, "Uno City", Wien; Wirtschaftskammer Österreich, Wien; Bundesrechenzentrum, Wien; Kika, Graz; Schlosshotel Obermayerhofen, Steiermark; Philips, Wien


Durmont - die Historie

1972/73 Errichtung des Teppichbodenwerkes in Hartberg in der österreichischen Steiermark unter dem Namen Pegulan durch Konsul Fritz Ries; Produktion von Tufting-Teppichboden und Nadelfilz
1977 Umbenennung in Durmont (lat. für Hartberg) und systematische Erweiterung der Produktion
1983 Erwerb von Eybl-Ebergassing; Aufbau der automotiven Fertigung
1993 Beginn der Life Tex-Vliesrückenproduktion
1995 Übernahme durch Automobilzulieferer Magna
1996 Management-Buyout durch Geschäftsführer Adolf Hnup
1998 Eintritt von Anker als Mehrheitsgesellschafter
2002 Dipl.-Ing. Rudolf Pauli wird neuer Geschäftsführer und weitet die Lieferungen an die Automobilindustrie aus
2004 Start der Expansion in die osteuropäischen Märkte
2004/05 Management-Buyout durch Geschäftsführer Rudolf Pauli
aus BTH Heimtex 12/04 (Wirtschaft)