DMI Deutsches Mode-Institut / Wohntrends & Tendenzen 2006

Wohnen ist Leben ein wenig Spleen gehört dazu

Frankfurt/Main - Was geht in den Köpfen der Verbraucher vor? Was wünschen sie sich und was macht Lust zum Kauf? Gleich lautende Fragen am globalen Markt, auf die man sehr unterschiedliche Antworten erwartet.

Die Orientierung, die weltweit zu finden ist (über Trendforscher, Hersteller und kreative Vertreiber) ist gar nicht so sehr international differenziert - zumindest nicht, wenn es ums Wohnen oder auch um Kleidung geht. Die spürbaren Trends an sich sind ziemlich global, müssen aber in Produkte umgesetzt und in fassbare Bilder transformiert werden. Und da fängt es an, interessant zu sein, da die individuelle Kreativität sichtbar wird. Nicht nur Material, Form und Farbe der einzelnen Produkte sind Ausschlag gebend. Die Zusammenstellung, der mutige "Griff" und Fantasie des Einzelnen schaffen dann den Zauber, die Verwirklichung der Wünsche, die erst bewusst gemacht werden. "Personal Portfolio" nannte das DMI in der vergangenen Saison diesen mehr oder weniger emotionalen Zugriff bei der Gestaltung seiner Wohnräume, mit dem Anregungen und Eindrücke aus der Warenwelt in die eigene Welt übertragen werden.

Diese Möglichkeit nach sinnlicher Wahrnehmung wird für 2006 weiter verfolgt. Neue Sichtweisen bieten sich, verbunden mit Klang und Spiel. Alle fünf Sinne wollen angesprochen werden, um die "verlorene" Kauflust beim rätselhaft eigenwilligen, doch so begehrten Publikum zu wecken.

Das Glück im Verborgenen oder stilles Genießen im eigenen Winkel - wenn auch kosmopolitisch erweitert. Hans Gerd Asshauer interpretierte für das DMI die neue Gemütlichkeit. Jeder bestimmt selbst. Die Erfüllung liegt im Möglichen. Neue Produkte lassen neue Welten aufblitzen - mit ungewöhnlicher Handwerkskunst oder mit Zukunftsvision in Material und Idee. Farben, Formen und Material sprengen Grenzen und spiegeln die bewegten Stimmungen wider.

Design sucht Ausgleich - fein mit grob, alt mit neu, schön mit hässlich. Keine Vollkommenheit, nie wirklich fertig. Wandel und Verwandlung schaffen den Zauber. Einrichten mit Leidenschaft macht Lust auf mehr. Das Ziel heißt: Frischzellen-Kur auf allen Raumebenen.

Übertragen auf die drei vom DMI dargestellten Themengruppen heisst das erste Thema

Gefühle / Play-Ground

Ein Heimspiel mit stillem Vergnügen: Das Spielfeld ist vielfältig bestückt - mit Ausgesuchtem und Zufälligem. Versatzstücke aus Nah und Fern, alt und neu, ausgesuchte und zufällige werden zusammengefügt. Mit frischen Farben und Formen entsteht ganz nach den eigenen Gefühlen und Maßstäben ein neues Bild. Nahes lässt sich bei Handwerk und Traditionen aus der eigenen Region entdecken - Frühstück auf der Wiese, Stöbern im Küchengarten, Tanz unterm Maibaum. Dazu kommen Fundstücke aus aller Herren Länder, nach Lust und Laune gesammelt. Auch in der Historie findet sich Interessantes, wenn man damit unbefangen umgeht. Beschwingte Blumenmuster, lebhafte Farben, noch ein altes Sammelstück. Neu hingegen ist geradlinige Formensprache, sind klare Stoffe und Flächen - und jede Menge Technik, wenn auch gerne versteckt. Entsprechend vielseitig und vielleicht auch zufällig ist das Farbspiel in dieser Gruppe: warm bis strahlend, oft mit Braun schattiert, aufgehellt mit Grün und akzentuiert mit Gelb und Orange.
Werte / Limited

Das "private life" zeigt sich gerne als Gesamtkunstwerk, mit Qualität in Stil- und Materialkompositionen, verhalten dekorativ und wertvoll. Nichts ist aufdringlich, eher angedeutet und harmonisch. Dezenter Reichtum, stimmungsvoll, aber verhalten präsentiert. Etwas Geheimnisvolles umhüllt Strenges und Sinnliches, Modernes oder Traditionskultur. Man kann von sensiblem Minimalismus sprechen, mit fließenden Übergängen von Innen nach Außen. Verfremdung und Illusion sind spürbar - Natur zeigt sich gestaltet, mit feiner Abgrenzung von Kunst und Künstlichkeit. Weiß in vielen Abstufungen betont die Wertigkeit, harte Farbkontraste erzeugen die neue Luxusatmosphäre. Sanfte, leuchtende Töne harmonisieren.

Impulse / Under Construction

Realisten setzen Grenzen, Individualisten wagen das Machbare, Fantasten träumen die Zukunft - und sind die wahren Realisten. Fantasie verwandelt Industrieschrott nicht nur in gigantische Klettergeräte, sondern auch in eine "Halde als gelebte Schatzkammer. Konstruktionen und Materialien mit ungeahnten Eigenschaften erschließen neuartige Anwendungsgebiete und beleben Bewährtes. High-Tech und Feinmechanik dringen in die privaten Welten ein. Grundformen der Geometrie verschmelzen mit visuellen Entdeckungen. Solch kreatives Ungleichgewicht schafft Inspirationen für Mobiliar und Gebäude. Neuer Nutzen mit endlos offener Skala bietet sich durch Zweckentfremdung und Verfremdung. Verwitterung, Rost, Beschädigungen, neue und alte Schutzanstriche und Beschichtungen geben die Farben und Texturen vor: Kühle, feine Grauabstufungen zu sozusagen "kolorierten" Schwarztönen werden punktuell belebt durch hellere staubige Töne.
aus Haustex 09/05 (Wirtschaft)