Stickperle

Wo Töchter jetzt das Sagen haben


Falkenstein - Beim vogtländischen Stickereiunternehmen Stickperle hat ein neuer Abschnitt der Firmengeschichte begonnen. Aus den zwar räumlich direkt nebeneinander, aber bislang jeweils eigenständigen Firmen Produktions- und Handelsgesellschaft mbH Stickperle und Ingrid Bauer Stickereimanufaktur ist die Produktions- und Handels-GmbH Stickperle Falkenstein geworden. Die gemeinsame Geschäftsführung haben Angelika und Cordula Bauer inne. Sie treten die Nachfolge ihrer aus der Geschäftsleitung scheidenden Eltern an.

Die Zusammenführung der Betriebe wurde zum 1. Januar 2006 vollzogen. Zum Jahresende 2005 hatte Stickperle-Mitgesellschafter Roland Bauer nach 50-jähriger ununterbrochener Tätigkeit in der vogtländischen Stickereiindustrie seine Geschäftsführertätigkeit aufgegeben. Gleiches tat seine Ehefrau Ingrid Bauer im Falle der Stickereimanufaktur. Das wurde von den jetzt voll in die Firmenverantwortung tretenden Töchtern Angelika (35) und Cordula (33) - beide schon geraume Zeit in die Führung der Betriebe einbezogen - zum Anlass genommen, die Unternehmen zu vereinen. Was vor dem Hintergrund geschehen ist, dass ohnehin ganz enge Kooperationsbeziehungen bestanden: In der Manufaktur wurde gestickt, bei Stickperle konfektioniert und vertrieben. Die Arbeitsteilung einschließlich der auch bisher schon gemeinsam betriebenen Produktentwicklung findet nunmehr quasi unter einem Dach statt. Zugleich ist das auch und gerade bei Textilbetrieben sich heutzutage mitunter schwierig gestaltende Problem der Geschäftsnachfolge auf traditionelle Weise gelöst: Alles bleibt in der Familie.

Dass es so gut ausgeht, war - wie der Blick in die Firmenchronik des Unternehmens offenbart - in der Vergangenheit nicht immer absehbar gewesen. Fast drei Jahrzehnte, seit der 1972 erfolgten Enteignung des damals in dritter Generation geführten Betriebes bis zum Untergang der DDR, befand er sich in so genanntem Volkseigentum. Dabei reicht die Stickerei-Tradition der Familie Bauer bis ins Jahr 1908 zurück; auf die Gründung der Firma Voigt & Graichen, in die Roland Bauer 1965 als Gesellschafter eingestiegen war. Die VEB-Zeiten überstand er dann als technischer Leiter. 1990 beantragte er die Reprivatisierung und mit der endgültigen Rückübertragung Ende 1993 wurde schließlich die Ingrid Bauer Stickereimanufaktur geboren. Das Jahr darauf kam es noch zur Übernahme der seinerzeit von der Treuhand verwalteten Stickperle GmbH (in Liquidation). Beide Firmen siedelten sich 2001 mit Neubauten im Gewerbegebiet Falkenstein an, um Synergieeffekte bei der Produktion wie auch logistische Vorteile zu nutzen.

Am neuen Standort hat die Familie Bauer bis heute über drei Millionen Euro in Gebäude und moderne Technik investiert. Aus bestickter Grundware entsteht in Plauener Spitze ein umfangreiches Tischdecken-Sortiment im gehobenen Genre sowie Breit- und Schmalware an Spitzen für die weiterverarbeitende Industrie. Außerdem werden Accessoires wie Kissen, Fensterbilder oder Baum- und Strauchbehang in Plauener Spitze hergestellt.

Was in dem Zusammenhang bei der Produktions- und Handels-GmbH Stickperle hervorgehoben wird: Mit dem Generationswechsel in der Geschäftsführung soll der bereits eingeleitete Wandel hin zum Komplettanbieter von Plauener Spitze-Sortimenten konsequent weiter vollzogen werden. Die Vielfalt farblich aufeinander abgestimmter Einzelkomponenten an z.B. Tischwäsche, Kissen und Serviettenringen über Deko, Gardine und Raffrollo bis hin zu Quasten und Kordelgarnituren - wie zur Heimtextil offeriert - legte Zeugnis davon ab, dass Prioritäten neu gesetzt werden und mit Blick auf einen breiteren, auch jüngeren Verbraucherkreis zugleich schon eine Verjüngung der Kollektion stattgefunden hat.
aus Haustex 03/06 (Wirtschaft)