50 von 200 Filialen defizitär, Gesellschafter lehnen Finanzhilfe ab

Frick hat Insolvenz beantragt

Die erste spektakuläre Pleite des Jahres erschüttert die Branche: Frick hat am 15. März Insolvenzantrag gestellt. Die beiden Gesellschafter Interiors for Europe und Rewe, die jeweils 50 % am größten deutschen Filialisten halten, haben jegliche finanzielle Unterstützung des illiquiden Unternehmens abgelehnt. Darauf hin blieb Geschäftsführer Jan De Nys nur der Gang zum Insolvenzgericht.

Bereits im vergangenen Jahr hatten sich massive finanzielle Probleme bei Deutschlands größtem Filialisten Frick abgezeichnet. Zum Jahresanfang 2002 verdichteten sich in der Branche Gerüchte, dass Rechnungen nicht bezahlt würden, die Kreditversicherer absprängen und einige Lieferanten bereits die Belieferung eingestellt hätten. Mitiska-Manager Jan De Nys wurde als Trouble-Shooter in die Frick-Zentrale nach Burgwald entsandt, seine Vorgänger Tilly Schake und Jan Snater in den Ruhestand verabschiedet.

Die Situation eskalierte, als die belgische Mitiska-Gruppe, Mehrheitseigner von Interior for Europe, die wiederum 50 % an Frick halten, Ende Februar eine Gewinnwarnung herausgab und mitteilte, dass sie für das Geschäftsjahr 2001 mit einem Verlust zwischen 40 und 50 Mio. EUR rechne, der aus der Frick-Misere resultiere.

Als Frick Anfang März die Zahlungsunfähigkeit drohte, suchte De Nys bei den Gesellschaftern Interiors for Europe und Rewe um Finanzhilfe nach. Beide lehnten ab; IFE mit dem Argument, dass man in den vergangenen zwei Jahren bereits in Frick investiert habe - es waren Läden umgebaut, geschlossen und verlagert worden - Rewe verwies darauf, dass die operative Führung von Frick allein bei IFE läge.

Daraufhin stellte De Nys am 15. März beim Amtsgericht Marburg Insolvenzantrag. Auf Nachfrage von BTH erklärte er, dass dies ohnehin der "einfachste und kostengünstigste Weg zur Sanierung" von Frick sei.

Laut De Nys sind 50 der insgesamt 200 Märkte defizitär, in erster Linie die angestammten Frick-Standorte, die unter verfehlter Standortpolitik mit verkaufsschwachen Lagen in ländlichen Regionen, zu teuren Mieten, falschem Produktmix und unzureichender Produktivität litten. De Nys" Vorschlag an die Gesellschafter, sich von den unrentablen Problemfilialen zu trennen, war vor allem mit der Begründung abgeschmettert worden, dass der Ausstieg aus den langfristigen Mietverträgen zu teuer sei. Der Erlöseinbruch aufgrund des ausgesprochen schlechten Geschäftsjahres 2001 und den nicht minder schlechten ersten Monaten 2002 - "Das letzte Quartal 2001 und Winterschlussverkauf waren vom Umsatz her die absolute Katastrophe" - gaben Frick dann den Rest.

Nachdem die Gesellschafter ihre finanzielle Unterstützung versagt haben, muss De Nys nach dem Insolvenzantrag im Alleingang um den Fortbestand von Frick kämpfen. Er will den vorläufigen Insolvenzverwalter Christopher Seagon aus Heidelberg davon überzeugen, das sich mit einem "Kerngeschäft von 150 Märkten rentabel arbeiten lässt" und strebt eine "echte Sanierung" an. Dafür muss er jetzt kurzfristig einen Insolvenzplan vorlegen, mit dem die Liquidität von Frick innerhalb von drei Monaten drastisch verbessert werden kann, was auch Verhandlungen mit Gläubigern über - teilweisen - Forderungsverzicht und mit Betriebsräten über notwendige Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung einschließt. Dabei hilft De Nys das 1999 reformierte deutsche Insolvenzrecht, das illiquiden Unternehmen uner anderem die außerordentliche Kündigung von Mietverträgen erleichtert.

Welche Überlebenschancen Frick tatsächlich hat, ist zur Zeit völlig ungewiss. De Nys weiß nur, dass er weder von Interiors for Europe noch von Rewe Schützenhilfe erwarten kann: "Beide Gesellschafter haben mir zwar "viel Glück" gewünscht, aber keine konkreten Aussagen über ihr künftiges Engagement gemacht. Auf jeden Fall war beim IFE-Einstieg vor zwei Jahren vereinbart worden, dass die Rewe im Juni ihren 50 %-Anteil an Frick für 15,9Mio. EUR verkaufen kann...

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Mitiska, Interiors for Europe, Frick, Rewe

Mitiska ist eine börsennotierte Beteiligungsgesellschaft, die sich auf Einzelhandel und Internet-Firmen spezialisiert hat. Ende 2000 unterhielt Mitiska 680 Standorte in den Benelux-Ländern, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Dänemark. Der Umsatz belief sich auf 579 Mio. EUR, der Cash-Flow auf 36 Mio. EUR, der Nettogewinn auf 6 Mio. EUR. Für das erste Halbjahr 2001 wurden ein Umsatz von 313 Mio. EUR (2000: 237,5) und ein Verlust von - 9,2 Mio. EUR (2000: 4,4 ) ausgewiesen.

Die Mitiska-Mehrheitsbeteiligung Interiors for Europe (IFE) hält 100 % an dem belgischen Filialisten Carpetland und 50 % an Frick. Die Gruppe betreibt 371 Outlets, davon 200 Frick-Niederlassungen in Deutschland und 171 Carpetland-Häuser in den Niederlanden, Frankreich, Belgien, Luxemburg und der Schweiz. 2001 hat IFE mit 2.528 Mitarbeitern einen Umsatz von 262,5 Mio. EUR erwirtschaftet (Frick zu 50 % gerechnet).

Frick ist zu jeweils 50 % im Besitz von Interiors for Europe und des Rewe-Konzerns und ist bundesweit mit 200 Standorten präsent, darunter 37 ehemaligen Wand & Boden-Filialen in Berlin und Umgebung und 21 früheren Topwert-Häusern in Nordwestdeutschland. Die angestammten Frick-Märkte befinden sich hauptsächlich in ländlichen Regionen. Der Umsatz 2001 wird auf 150 Mio. EUR beziffert, die Belegschaft 1.350 Mitarbeiter.

Rewe ist der drittgrößte Einzelhandelskonzern Europas. Kerngeschäft ist der Lebensmitteleinzelhandel, auf den über 80 % des Gesamtumsatzes in Deutschland (30 Mrd. EUR) entfallen. Darüber hinaus betreibt die genossenschaftliche geführte Handelsgruppe verschiedene Fachmärkte im Non-Food-Sektor, die ca. 10 % zum Gesamtumsatz beisteuern. Dazu gehören neben 280 Toom-Märkten auch die Frick-Märkte.

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Mitiska, Interiors for Europe, Frick, Topwert, Wand & Boden: Eine Chronologie

Juli 2000 vereinbart die belgische Beteiligungsgesellschaft Mitiska ein Joint-Venture mit dem deutschen Einzelhandelskonzern Rewe: Sie erwirbt mittels einer Kapitalerhöhung von knapp 16 Mio. EUR 50 % der Anteile und die Kontrolle des deutschen Filialisten Frick; damals betrieb Frick 141 Standorte mit einem Umsatz von 124 Mio. EUR (1999). Mitiska erhofft sich von der Akquisition Synergien bei Einkauf, Marketing, Logistik und EDV mit seiner 65,82 %-Beteiligung Carpetland und gründet als Dachgesellschaft Interiors for Europe, in der die Carpetland- und Frick-Anteile eingebracht werden.

November 2000 übernimmt Frick aus der Wand & Boden-Insolvenz 37 Märkte in Berlin und Umgebung. Sie wiesen 1999 bei einem Umsatz von 39,4 Mio. EUR einen Bruttoertrag von knapp 2,6 Mio. EUR aus. Der Kaufpreis belief sich auf 2,6 Mio. EUR für den Goodwill und rund 500.000 EUR für die Einrichtung, der Warenbestand wurde zu 55 % vom Netto-Einkaufspreis übernommen.

Dezember 2000 erwirbt Frick von der dänischen Jensen Taepper-Group 21 Topwert-Filialen in Nordwestdeutschland, die das bestehende Filialnetz geografisch ergänzen. Die 21 Outlets hatten 1999 bei einem Umsatz von 16,6 Mio. EUR einen Brutto-Ertrag von gut 510.000 EUR erwirtschaftet. Die Transaktion schloss nur Mietverträge, Einrichtung (Kosten 2,5 Mio. EUR) und Lagerbestand (Einkaufspreis max. 5,1 Mio. EUR) ein. Ein Goodwill wurde nicht bezahlt.

Juli 2001 beteiligen sich der Risikokapitalgeber GIMV und die dänische Jensen Taepper Group über eine Kapitalerhöhung an Interiors for Europe: Damit hält Mitiska nur noch 54,11 % an Interiors for Europa, GIMV 26,68 % und Jensen 19,21 %.

Februar 2002 teilt Mitiska mit, dass für das Geschäftsjahr 2001 mit einem Verlust zwischen 40 und 50 Mio. EUR zu rechnen sei, der aus tiefgreifenden Problemen der Interiors for Europe-Beteiligung Frick resultiere.

15. März 2002 stellt Frick Insolvenzantrag beim Amtsgericht in Marburg
aus BTH Heimtex 03/02 (Wirtschaft)