Who is Who im Sachverständigenwesen

Dipl.-Ing. Frank Seifert

Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar
Coudraystraße 9
99423 Weimar
Tel.: 03643/564121
E-Mail: frank.seifert@mfpa.de
Internet: www.mfpa.de

Beruflicher Werdegang
-1984 bis 1987: Berufsausbildung mit Abitur
-1990 bis 1997: Studium im Baustoffingenieurwesen, Bauhaus-Universität Weimar
-1997: wissenschaftlicher Mitarbeiter an der MFPA Weimar
-2003: Leiter der Arbeitsgruppe Mörtel und Estrich an der MFPA Weimar
-2011: Leiter der Arbeitsgruppe Baustoff- und Bauwerksprüfungen,MFPA Weimar

Aktuelles Tätigkeitsspektrum
-Akquisition und Projektleitung;
-Bearbeitung von Forschungsprojekten;
-Untersuchungsleistungen an Beton, Mauer- und Putzmörtel, Estrichmörtel, Mörtel für Fliesen und Platten, Spachtelmassen und Beschichtungen;
-Sachverständigentätigkeit, sowie Durchführung und Bewertung von Untersuchungen zu Schadensursachen bzw. Schadensverläufen;
-Anerkannte Prüfstelle nach dem Bauproduktengesetz für Fliesen- und Plattenklebstoffe nach DIN EN 12004;
-Bauzustandsanalysen an Betonbauwerken
-Beratendes Mitglied in Arbeitskreisen des BEB und der WTA;
-Normungsarbeit.

Praxisbeispiel
In einem Bauvorhaben konnte nicht mit den Bodenbelagsarbeiten begonnen werden, da sechs Monate nach dem Estricheinbau die erforderliche Austrocknung noch nicht erreicht war. Da aufgrund dessen der Übergabetermin gefährdet war, wurde die MFPA Weimar beauftragt, eine Begutachtung der Heizestrichkonstruktion durchzuführen.

Der Dokumentation zum Bauablauf war unter anderem zu entnehmen, dass die Inbetriebnahme der Heizungsanlage sowie von Geräten zur Raumluft-Entfeuchtung vier Wochen vor dem Ortstermin erfolgte. Im Gespräch ergaben sich Hinweise, dass die Trocknungsmaßnahmen nicht kontinuierlich ausgeführt wurden. Eine entsprechende Dokumentation in den Bauunterlagen fehlte.

Die Lufttemperatur und -feuchte sind zum Ortstermin bestimmt worden. Es wurden zur Abschätzung von Feuchteunterschieden die Estrichflächen mit einem kapazitiven Feuchtigkeits-Messgerät überprüft. Die Ergebnisse zeigten nur geringfügige Unterschiede. Deshalb konnte die Bestimmung des Feuchtegehaltes am Estrich nach dem CM-Verfahren auf zwei Messpunkte beschränkt werden.

An den Mess-Stellen wies der Estrich nicht, wie in den Planungsunterlagen angegeben, eine Nenndicke von ca. 55 mm, sondern Ausführungsdicken von 80 bis 85 mm auf. Der Estrich zeigte augenscheinlich ein gleichmäßiges und dichtes Gefüge. Die Estrichfeuchte wurde mit 2,7 bzw. > 3,1 CM-% ermittelt.

Nach dem Stand der Technik darf ein Bodenbelag erst dann auf einem beheizten Zementestrich verlegt werden, wenn der Estrich bis zu einem Feuchtegehalt 1,8 CM-% ausgetrocknet ist. Der Vergleich dieses Vorgabewertes mit den ermittelten CM-Werten zeigt, dass der erforderliche Austrocknungszustand noch nicht erreicht war.

Nach den allgemeinen Erfahrungen und unter Berücksichtigung der hier angetroffenen Dicken reichen derartige Zeiträume für die Austrocknung des Estrichs auch bei optimalen raumklimatischen Bedingungen in Neubauten nicht aus, wenn gleichzeitig durch nachfolgend tätige Gewerke (Putz-, Malerarbeiten) zusätzlich Feuchtigkeit ins Bauwerk eingetragen wird. Zum Erreichen der Austrocknung des Estrichs bis zur Belegreife wurde die konsequente Fortsetzung der Trocknungsmaßnahmen empfohlen. Ein exakter Termin für den möglichen Beginn der Oberbelagsarbeiten konnte nicht prognostiziert werden.

Brancheneinschätzung
Im Rahmen seiner Prüfungspflicht hat der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten vor der Verlegung eines Belages auf einem Estrich dessen Belegreife zu ermitteln. Die Austrocknung des Estrichs ab dem Zeitpunkt seiner Herstellung hängt wesentlich vom Umgebungsklima ab und ist vom Estrichleger nicht zu beeinflussen. Angaben zur Trocknungszeit des Estrichs können deshalb vom Estrichleger nicht erwartet werden.

Die Bewertung der Belegreife von Estrichkonstruktionen ist derzeitig normativ nicht geregelt. Das einzige anerkannte und baustellentaugliche Verfahren zur Bestimmung des Feuchtegehaltes ist deshalb die Calciumcarbid-Methode (siehe BEB-Merkblatt "CM-Messung"). Dieser Stand der Technik wird ebenfalls in der von allen beteiligten Gewerken anerkannten Schnittstellenkoordination bei beheizten Fußbodenkonstruktionen wiedergegeben und ist hinsichtlich der Prüfungsdurchführung auch auf unbeheizte Konstruktionen anzuwenden.

Trotz jahrzehntelanger Bewährung der CM-Methode gibt es in der Praxis immer wieder Diskussionen, die die Messmethode wegen der möglichen bekannten Messfehler in Frage stellen. Das Ergebnis einer CM-Prüfung ist im Wesentlichen abhängig von einer korrekten Probenahme, der zügigen Probenaufbereitung sowie der exakten Durchführung des Prüfzyklus.

Langfristig besteht die Hoffnung, dass mittels derzeitig im Entwicklungsstadium befindlicher Sensoren zuverlässig Trocknungsprozesse und die Wirksamkeit der die Trocknung unterstützenden Maßnahmen überwacht und die bauklimatischen Bedingungen den Erfordernissen angepasst werden können. Dabei kann zum heutigen Zeitpunkt aber noch kein Bezug auf absolute Feuchtegehalte genommen werden, die einen Vergleich mit den bekannten Vorgabewerten zulassen und zuverlässig die Belegreife des Estrichs feststellen.
aus FussbodenTechnik 04/11 (Personalien)