Interview mit Klaus Knutzen

"Fachmärkte mit weniger als 3.000 qm sind chancenlos"

Seit 10 Jahren ist die Knutzen-Gruppe mit einem 1.600 qm großen Fachmarkt im kleinen Küstenort Niebüll vertreten, knapp 50 Kilometer von Flensburg entfernt. Jetzt plant das Familienunternehmen, das mit insgesamt 20 Filialen im äußersten Norden Deutschlands vertreten ist, in der nur 7.000 Einwohner zählenden Gemeinde einen Neubau mit 3.200 qm Verkaufsfläche - ein ungewöhnlicher Schritt. BTH Raum + Textil befragte Juniorchef Klaus Knutzen zum Vorhaben.

BTH: Herr Knutzen, Ihr Unternehmen plant im kleinen Küstenort Niebüll in Schleswig-Holstein einen 3.200 qm großen Fachmarkt für Teppichboden, Teppiche, Gardinen und Tapeten. Lohnt sich ein solcher Markt in einer Kleinstadt mit nur 7.000 Einwohnern?

Klaus Knutzen: Im Moment noch nicht, aber wir sind der festen Überzeugung, dass Fachmärkte mit weniger als 3.000 qm Verkaufsfläche auch an kleineren Standorten keine Überlebenschancen haben.

BTH: Warum?

Klaus Knutzen: Fachmärkte haben zur Zeit beim Verbraucher die Preiskompetenz verloren. Nicht, dass sie wirklich teurer sind, als die Baumärkte, aber der Kunde geht davon aus. Er vergleicht Ambiente, Fachberatung, Service und nimmt an, Baumärkte müssten billiger sein. Um das Mengengeschäft nicht komplett an den Baumarkt abzugeben, muss deshalb der Fachmarkt außer kompetentem Service und kompetenter Beratung noch ein weiteres wichtiges Pfund vorhalten: die Auswahl.

BTH: Warum liegt für Sie die "magische Grenze" bei 3.000 qm? Haben Sie Erfahrungswerte?

Klaus Knutzen: Die Marktgröße hängt auch von der Angebotsbreite ab. Wenn das Sortiment nur Teppiche und Teppichboden umfasst, sind an kleinen Standorten sicherlich nicht 3.000 qm erforderlich. Wenn aber Gardinen, Tapeten und Laminatboden ebenfalls angeboten werden, ist für einen kompetenten Auftritt eine derartige Fläche notwendig. Allerdings ist der Standort letztlich immer entscheidend. Eine 3.000 qm große Halle, die angefüllt ist mit Ware, rechnet sich nicht überall.

BTH: Was wird sich im neuen Fachmarkt in Niebüll hinsichtlich der Sortimentsgestaltung ändern?

Klaus Knutzen: Wir werden die vorhandenen Sortimente ausbauen. Unsere Ziele sind, im Segment Holzböden Marktanteile hinzuzugewinnen und im Bereich abgepasste Teppiche der Kaufkraft-Abwanderung in andere Regionen entgegenzuwirken.

BTH: Wie wird sich der Markt hinsichtlich Ladenbau und Produktpräsentation vom alten Geschäft unterscheiden?

Klaus Knutzen: Der Ladenbau lässt sich in einem neuen Markt natürlich viel effizienter planen. Die Übersichtlickeit wird sich verbessern. Der Markt erhält mehr Tageslicht und eine großzügigere Raumaufteilung. Außerdem werden die Betriebsabläufe und die gesamte Logistik optimiert.

BTH: Auf welcher Ebene bewegte sich bisher das Preisniveau? Sind Korrekturen nach oben oder nach unten geplant?

Klaus Knutzen: Unser Preisniveau war bisher fachmarkttypisch und wird in Zukunft nach unten abgerundet.

BTH: Sollen mit dem neuen Markt neue Zielgruppen erschlossen werden?

Klaus Knutzen: Ja, neue Zielgruppen sind einerseits Interessenten für Holzböden und andererseits Kunden, die gerne Mitnahme-Artikel kaufen. In beiden Bereichen wollen wir verloren gegangenes Terrain zurückgewinnen. Gleichzeitig hoffen wir, dass Einzugsgebiet in Richtung Dänemark - die Grenze ist nur 10 Kilometer entfernt - und Flensburg ausbauen zu können.

BTH: Welche Bedeutung haben Werbung und Verkaufsförderung? Sind stärker als bisher Verkaufsaktionen geplant?

Klaus Knutzen: Werbung und Verkaufsförderung spielen in unserer Firmengeschichte bisher eher eine untergeordnete Rolle. Im Vergleich zu unseren Mitbewerbern sind wir in diesem Bereich "ganz kleine Lichter". Unsere Leitlinie lautet vielmehr: Wir halten, was wir versprechen. Auch von immer wiederkehrenden Aktionen wie Jubiläen und Sonderverkäufe halten wir nichts, weil man sich am Ende in eine Abhängigkeit manövriert, solche Veranstaltungen durchführen zu müssen. Der Verbraucher wartet dann nur noch auf solche Aktionen - das ist heute schon teilweise zu beobachten. Die Löcher vor und nach Schlussverkäufen werden immer größer.

BTH: Sind Veränderungen in den Bereichen Service und - damit immer eng verbunden - Personal vorgesehen?

Klaus Knutzen: Nein, es sind keine Änderungen beim Service vorgesehen. Wir wollen unseren sehr guten Standard möglichst weiter erhalten.

BTH: Sie sagten eingangs, dass sich der 3.200 qm große Markt in Niebüll im Moment noch nicht lohnt. Wie ist diese Aussage zu verstehen?

Klaus Knutzen: Bei dem Neubau in Niebüll handelt es sich um eine reine Präventivmaßnahme. Der deutsche Markt ist derart heiß umkämpft, dass wir befürchten, mit unserem bisherigen Geschäft nicht ausreichend Präsenz zu zeigen und dadurch vielleicht Mitbewerber ermutigen, den kleinen Kuchen Niebüll weiter zu zerstückeln.

BTH: Wird Knutzen weitere Fachmärkte mit mehr als 3.000 qm großen Verkaufsflächen in Kleinstädten eröffnen?

Klaus Knutzen: Wir werden zumindest daran arbeiten, alle unsere bestehenden Standorte auf mindestens 3.000 qm Verkaufsfläche zu erweitern.
aus BTH Heimtex 06/01 (Wirtschaft)