Vollserviceimporteur Petersen in Schwierigkeiten

Was ist los bei Petersen?

Und wieder hat es einen der ganz Großen erwischt: Die Tage eines der ältesten deutschen Importeure, Petersen, sind gezählt. Schon im Vorfelde hatte es Spekulationen und Gerüchte gegeben, die sich meist um die Lieferfähigkeit des Vollserviceunternehmen drehen, das seine Stärken vor allem bei Handtuft und Nepal hat. Jetzt ist es bestätigt; die Geschäftsführung hat beschlossen, sich aus dem Geschäft zurück zu ziehen. Heimtex Orient fragte nach, wie es dazu kommen konnte und wie es weiter geht.

Gerüchte und Spekulationen sind ein Bestandteil jeder Branche, da ist die Teppichbranche keine Ausnahme. Besonders gern verbreiten sich Geschichten im Sommerloch, ob sie nun wahr, halb wahr oder gänzlich ohne Bezug zur Realität sind. So wurden Gerüchte über Probleme bei Warenlieferungen von Petersen auch erst einmal in die Schublade "Sommerloch-Geschichte" gelegt. Doch die ungewöhnliche Häufung von Nachfrage aus dem Handel gab doch Anlass zur Sorge und zum Nachfragen. Was ist los bei Petersen?

Die Antworten aus dem Hause sind klar und bedrückend. Petersen hat wirklich Probleme und wird definitiv geschlossen werden, es handelt sich aber nicht um eine Insolvenz. Es haben aufklärende Gespräche mit den Kunden stattgefunden. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe Anfang August waren aber keine weitere Fakten zur Lage zu bekommen. Die Gespräche mit allen Betroffenen, Lieferanten und Kunden waren noch im vollen Gange.

Was wird nun aus Petersen? Es haben Gespräche zwischen Petersen und dem Pohlheimer Mitbewerber Wissenbach stattgefunden. Heimtex Orient sprach mit der Wissenbach-Geschäftsführung, die nach der Kontaktaufnahme durch Petersen umfangreiche Überlegungen angestellt hat, ob und wie sie die Kollektionen weiterzuführen können. Auch hier sind bis zum Redaktionsschluss aber keine abschliessenden Ergebnisse zu melden; es handelt sich aber um sehr konkrete Gedankenspiele mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit der Umsetzung.

Hier nach ist es von Wissenbach nicht geplant, das gesamte Unternehmen Petersen zu übernehmen. Vielmehr sollen Großteile der Kollektion übernommen werden, um diese zumindest für einen gewissen Zeitraum fortzuführen und dem Handel so zu ermöglichen, die Ware weiter im Sortiment zu haben. Derzeit hängt allerdings alles an der fehlenden Rechtssicherheit, die Wissenbach aber braucht, um die Kollektionen weiterführen zu können. Voraussetzung dafür ist das Einverständnis aller Geschäftspartner von Petersen, also auch den Lieferanten. Kommt es hier zu einer Einigung, würde Wissenbach sofort Teile des Lagers der Hamburger übernehmen. Die Zusammenarbeit mit den derzeitigen Lieferanten könnte auch gleich fortgesetzt werden. Eine Lieferfähigkeit für die Hauptverkaufsmonate wäre garantiert.

Im Laufe der nächsten Monate könnte Wissenbach das weitergeführte Petersen-Geschäft nach Pohlheim ziehen. Dazu müsste sowohl baulich, als auch personell erweitert werden. In der Zwischenzeit würde das Petersen Stammhaus in Hamburg als Logistikzentrale weiterarbeiten.

Bleibt die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass in den Jahren nach dem Ende anderer Branchengrößen ein weiterer Importeur dieses Kalibers in die Knie gehen musste? Hauptgrund dürften sicherlich die Pleiten großer deutscher Handelsunternehmen sein und den daraus resultierenden Zahlungsausfällen. Folge war eine verringerte Eigenkapitaldecke und damit hohe Zinssätze der Banken. Das ist problematisch, weil Petersen als Vollserviceunternehmen mit einem umfangreichen Sortiment gezwungen ist, eine große Menge an Ware permanent ab Lager Hamburg vorhalten zu müssen.

Ein weiterer großer Kostenpunkt der daraus folgt, ist ein umfangreicher Personalstab, der für die Service- und Logistikleistungen bereit stehen muss. Im Falle von Petersen immerhin 38 Mitarbeiter. Den Anstoß für die Schließung des Unternehmens gab am Ende die aktuelle harte Marktlage. Es schien nicht möglich, das System auf Dauer aufrecht zu erhalten, die Margen, die der Markt erlaubt sind zu klein zum Überleben.

Bis zur nächsten Ausgabe von Heimtex Orient werden die Verträge zwischen Petersen und Wissenbach wahrscheinlich in trockenen Tüchern sein. Wir werden im Detail berichten.
aus Heimtex Orient 04/06 (Wirtschaft)