Interview mit Adrian van Oversteeg

"Parkett sieht einer rosigen Zukunft entgegen"

Overmat-Gründer Adrian van Oversteeg war schon immer ein "Mann der ersten Stunde". Er trug nicht nur dazu bei, den Anfang der 80er Jahre eingeführten Wasserlacken zum Durchbruch zu verhelfen, er entwickelte auch frühzeitig das Konzept eines Komplettangebots mit perfekt aufeinander abgestimmter Produktpalette. ParkettMagazin sprach mit dem rührigen Unternehmer über Herausforderungen und Entwicklungen der letzten 20 Jahre.

ParkettMagazin: Overmat Industries wurde vom ersten Tag an mit Umweltfragen konfrontiert. Produkte mit hohen Lösemittelanteilen standen dabei im Mittelpunkt. Was hat sich in den letzten 20 Jahren geändert?

Adrian van Oversteeg: "Die 80er Jahre waren gekennzeichnet von Umweltskandalen und der wachsenden Sensibilität in der Bevölkerung gegenüber gefährlichen Baustoffen im häuslichen Umfeld. Aber einem wirklichen Durchbruch der Wasserlacke standen vorerst noch qualitative Unzulänglichkeiten im Wege. Dabei war der "weiße Schleier" als Erkennungszeichen für Wasserlacke nur ein vergleichsweise harmloses optisches Problem.

Heute können Wasserlacke selbst im hochstrapazierten Objektbereich problemlos eingesetzt werden. Sie müssen den Vergleich mit den traditionellen lösemittelhaltigen 2K-Lacken durchaus nicht mehr fürchten. Die 90er Jahre brachten einen solchen Entwicklungsschub und eine solche Produktdiversifikation, dass auch für spezielle Anwendungsgebiete das richtige Produkt zu finden war. Zu nennen ist unter anderem der Aqua Coat-Plus-Wasserlack, der das Holz auch ohne Lösemittel anfeuert. Nicht zu vergessen aber auch: In den 90er Jahren wurde die Entwicklung von Ölen und Wachsen voran getrieben. Auch hier setzten sich lösungsmittelfreie Produkte, die sogenannten High Solid Öle, immer mehr durch."

ParkettMagazin: Verkauf und Verleih von Schleifmaschinen haben sich bei Ihnen zu einem bedeutenden Geschäftsfeld entwickelt. Was hat die Schleiftechnik in den letzten Jahren vorangebracht?

van Oversteeg: "Die Maschinen sind heute wesentlich kompakter, ergonomischer und bei ungleich höherer Leistungsfähigkeit sowie Produktivität einfacher zu bedienen. Das gilt beispielsweise für den Wechsel des Schleifpapiers. Die alte Technik der Verschraubens wurde abgelöst von den nutzerfreundlichen Endlosbändern, die einfach über Lenkrollen und die Walze geschoben werden. Ein weiterer großer Fortschritt waren die geschützten, die Raumluft entlastenden Staubabsaugungssysteme. Bei den Schleifmitteln war es die Diamantschleiftechnik für die Tellerschleifer, die wohl als größte Innovation anzusehen ist. Auch im Nischenbereich wurden - beispielsweise mit der Entwicklung des Floorboy XL 480 für kleinere Flächen - Erleichterungen geschaffen."

ParkettMagazin: Welche Oberflächen will der Endverbraucher heute?

van Oversteeg: "Die Auswahlkriterien für Oberflächenvergütungen haben sich geändert. Strapazierfähigen Lacken, die dem Wunsch nach einem "glanzvollen Auftritt", nach repräsentativer Wirkung entgegenkommen, stehen jetzt Öle und Wachse gegenüber, die mit Natürlichkeit und Wärme werben, weil diese Eigenschaften von Menschen gesucht werden, die den Rückzug ins Private - das Cocooning - pflegen.

Die natürliche Oberflächenbehandlung ist inzwischen ein ernst zu nehmender Markt. Unter den Overmat-Kunden entscheiden sich bereits 40 % für eine Öl-/Wachs-Behandlung - mit steigender Tendenz. Die Entwicklung wurde dadurch begünstigt, dass etwa bei den Hartwachsölen nur noch ein sehr reduzierter Pflegeaufwand erforderlich ist. Auch kleine Poliermaschinen für den Hausgebrauch, wie unsere Floorboy Junior und Floorboy XL 480, erleichtern die Bodenpflege."

ParkettMagazin: Glauben Sie, dass die Mode eine Rolle bei der Auswahl von Bodenbelägen spielt?

van Oversteeg: "Der Bodenbelag ist immer stärker zum Gestaltungsfaktor geworden - nicht nur im Objekt, sondern zunehmend auch im Privatbereich. Mit der Vielfalt der Wohnstile ist folglich auch Leben in die Böden gekommen. Holzfußböden sind inzwischen kürzeren Modezyklen unterworfen. Die bevorzugten Hölzer, Dimensionen, Sortierungen, Verlegemuster usw. ändern sich schneller. Gegenwärtig erleben wir einen Nachfrageboom bei Dielen, vermehrt auch bei dunklen Hölzern. Es gibt klassische Produkte, aber auch immer mehr Lifestyle-Produkte. Die Schnelligkeit, in der sich das vollzieht, erfordert von den Herstellern enorme Flexibilität."

Parkettmagazin: Doch nicht nur von den Herstellern. Ebenso schnell muss doch im Geschäft reagiert werden.

van Oversteeg: "Das ist richtig. Vom Handel ist hohe Informationsbereitschaft zu fordern. Er muss in der Lage sein, ins Beratungsgespräch sein Wissen und seine Erfahrungswerte einzubringen, er muss informiert und kompetent auf kritische Fragen antworten können, er muss Gespür für Trends und Sinn für geschickte Präsentation entwickeln. Ohnehin wird es immer wichtiger, Werte und Emotionen zu transportieren - nicht nur nackte Ware. Wohnberatung muss darauf zielen, beim Kunden stilistische Unsicherheit zu überwinden. Viel zu wenig beachtet wird, dass Frauen die wichtigste Zielgruppe sind. Jeder dritte Heimwerker ist eine Frau. Overmat Industries bietet seinen Kunden aus Handel und Handwerk intensive Schulungen an, damit sie dies leisten können."

ParkettMagazin: Wie unterstützen Sie Ihre Kunden beim Abverkauf?

van Oversteeg: "Ein übersichtliches, sich selbst erklärendes Sortiment, ein entsprechendes Produktdesign und ein modernes Präsentationssystem hat Overmat frühzeitig als hilfreich erkannt und praktiziert. Darüber hinaus sind Komplettangebote nach dem Overmat-Prinzip eine gute Hilfe. Rund um das Thema "Renovieren und Pflegen von Holzfußböden" lässt sich so anstelle eines Dschungels von Einzelprodukten ein klar gegliedertes Angebot unterbreiten, das den Endverbraucher nicht überfordert. Ist er mit den Produkten und den Ergebnissen, die sie ihm ermöglichen, zufrieden, wird er wiederkommen. Das schafft Kundenbindung."

ParkettMagazin: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des Parkettmarktes ein?

van Oversteeg: "Ich denke, wir können einer rosigen Zukunft entgegen sehen. Der Renovierungssektor ist ergiebig, weil viele Böden aus der ersten Boomphase in die Jahre gekommen sind. Andererseits wird der Parkettsektor Zulauf erhalten aus den Reihen der Laminatbesitzer - teils, weil die enttäuscht werden, teils, weil sie über dieses Produkt hinauswachsen. Außerdem schreitet auch bei Fertigparkett die technische Entwicklung weiter fort. Ich denke hier an das wieder aufnehmbare Parkett.

Bei Overmat Industries halten wir Forschung und Entwicklung für äußerst wichtig. Wir arbeiten beispielsweise gegenwärtig an diversen Schleifsystemen für verschiedene Unterböden - ein Thema, das dem Handel Synergieeffekte zu anderen Bereichen verschafft. Wir sind bestrebt, unsere Servicekultur permanent zu verbessern, denn auch für unsere Kunden aus Handel und Handwerk ist die Qualität ihrer Dienstleistungen ein wichtiges Erfolgskriterium."


Wer ist Overmat Industries?

Als die Parkettbranche Anfang der 80er Jahre wieder Tempo aufnahm und die ersten Wasserlacke auf den Markt gebracht wurden, war der Niederländer Adrian van Oversteeg ein "Mann der ersten Stunde". Mit seinen Overmat Industries - damals noch ein Ein-Mann-Betrieb - trug er dazu bei, Neuem zum Durchbruch zu verhelfen. Das galt vor allem für den Wasserlack, der allmählich gegenüber den lösemittelhaltigen Lacken durchgesetzt wurde. Heute sind in Holland lösemittelhaltige Lacke im professionellen Bereich gesetzlich verboten - für Oversteeg eine Bestätigung seiner Bemühungen.

Diese beschränkten sich indessen nicht allein auf Wasserlacke. Früher als viele andere entwickelte van Oversteeg das Konzept eines Komplettangebots. Er war überzeugt, dass es möglich ist, mit einer exakt aufeinander abgestimmten Produktpalette, verlässlicher Qualität und einer hoch entwickelten Servicekultur Kunden von den Vorteilen des Prinzips "Alles aus einer Hand" zu überzeugen. Er argumentierte mit klarer Verantwortlichkeit, Zeit- und Kostenersparnis und hatte Erfolg: Aus dem Ein-Mann-Betrieb wurde ein Unternehmen mit 60 Mitarbeitern, erst kürzlich wurde der Overmat-Firmensitz im niederländischen Waspik um das Vierfache erweitert.Der "All-in-One"-Gedanke steht bis heute im Zentrum. Auf 2.000 qm zeigt er sich konsequent und perfekt umgesetzt - unter anderem im Showroom und im Parkettstudio.
aus Parkett Magazin 05/01 (Wirtschaft)