Interview mit Wissenbach-Gesellschafter Manfred Barfuss

"Eine Marke gibt Sicherheit"

Ein arbeitsreiches Jahr 2006 liegt hinter Wissenbach: Teilübernahme von Petersen und Kräußlich, Verkauf der Sparte Wohnstoffe, Konsolidierung von ICT Wien und natürlich Weiterentwicklung des bestehenden Vollsortimentes. Jetzt in 2007 will der Branchenführer die Früchte seiner Arbeit ernten. Die Aussichten sind hervorragend, zumal Wissenbach 2006 einen weiteren Coup vorbereitet hat: Als neuer Lizenznehmer der Marke Joop Living stößt das Unternehmen aus Pohlheim erstmals ins Premium-Segment vor. Carpet XL sprach mit Gesellschafter Manfred Barfuss.

Carpet XL: Wissenbach hat die Lizenz für Joop Living-Teppiche erworben. Warum die Marke Joop?

Manfred Barfuss: Aufgrund der guten Erfolge von Esprit - wenn ich die Abteilung eines Einrichtungshauses leiten würde, hätte ich mit Sicherheit Esprit - haben wir uns gefragt: Was machen wir? In der heutigen Zeit wird die Marke gesucht. Eine Preiswürdigkeit, eine Preisstandhaftigkeit ist dringend erforderlich, denn der Endverbraucher kommt mit unverhältnismäßig hohen Abschlägen einfach nicht zurecht. Prozente werden eher als unseriös angenommen. Eine Marke gibt Sicherheit.

Mir fiel Joop ein, aus dem ganz einfachen Grund: Der deutschsprachige Raum kennt die Marke sehr gut, der Verbraucher weiß, was er daran hat, das Produkt muss nicht erklärt werden. Wir haben den Kontakt aufgenommen. Joop hat gesagt: Wenn Sie nicht an uns heran getreten wären, hätten wir uns über kurz oder lang mit Ihnen in Verbindung gesetzt, denn: Wir brauchen Teppiche für Joop Living.

Dafür hat sich Joop mit dem Markt auseinandergesetzt, und Wissenbach als Marktführer für eine mögliche Partnerschaft identifiziert. In den weiteren Schritten konnten wir dann klar machen, dass auch Wissenbach sein Know-how einbringen kann: denn zu wissen, wie ein erfolgreicher Teppich auch unter dem Label Joop gemacht sein sollte, das nehmen wir für uns schon in Anspruch.

Carpet XL: Wie sieht das Preis-Konzept aus?

Manfred Barfuss: Die Kollektion soll gut verkäuflich sein, aber auch über das eine oder andere herausragende Detail verfügen. Und das ist hervorragend gelungen. Ganz wichtig: alle Preislagen werden abgedeckt. Der Kunde, der 5.000 oder 10.000 Euro für einen Teppich ausgeben will, findet sich auf lange Sicht wieder, aber auch derjenige, der 500 Euro ausgeben will und sagt, wenn ich dafür einen Joop-Teppich bekomme, bin ich auch bereit 650 Euro zu bezahlen. Wir fangen bei Handtuft an und gehen bis zu einer 95 Knots-Nepalware aus handgekardeter, handversponnener Tibeter-Wolle und reiner Seide. Qualität ist sehr wohl ein wichtiges Merkmal bei einem Joop-Produkt. Deshalb arbeitet Joop auch mit qualifizierten Partnern zusammen, die ein hochwertiges Produkt liefern.

Jeder Artikel ist zu einem speziellen qm-Preis als Sondermaß erhältlich und wird schon nach 12 Wochen geliefert. Dieser Service funktioniert bei Wissenbach bekanntermaßen hervorragend, die Trefferquote liegt bei über 95 %. Wir haben also nicht nur Standardmaße in 140 cm x 200 cm und 170 cm x 240 cm, die wir einlagern, sondern darüber hinaus auch Individualmaße. Und das kam auf der Domotex bestens an, wir hatten nicht einen Kunden, der das nicht für gut befunden hat.

Carpet XL: Ein Joop-Teppich für 650 Euro überrascht ...

Manfred Barfuss: Die Kollektion beginnt in einer durchaus attraktiven Einstiegspreislage, da wir hier auch einen Endkunden erreichen wollen, der vielleicht nicht der typische Teppichkäufer ist. Esprit hat gezeigt, dass hier Potenziale liegen. Weitere Entwicklungen sind geplant. Wichtig ist, dass der Einzelhandel uns ständig ein Feedback gibt. Werden Modefarben nachgefragt? Welche Farben sollen wir berücksichtigen? Wir können dann reagieren. So wird sich nach und nach die Joop-Kollektion weiterentwickeln.

Carpet XL: Noch einmal zurück zu den Preisen. Ein Joop-Teppich für 650 Euro - stimmt denn da die Kalkulation für den Einzelhandel?

Manfred Barfuss: Die Kalkulation ist sehr anständig. Der Verbraucher ist zwar bereit, etwas mehr für Joop auszugeben. Aber: Lieber die Kalkulation so darstellen, dass der Kunde Spaß daran hat, nicht in Dimensionen schweben, die nicht mehr preis-leistungs-gerecht sind. Es kommt eine sehr einkömmliche Einzelhandel-Kalkulation heraus, die zudem bestehen bleibt, da der Preis nicht verhandelbar ist.

Carpet XL: Wie verhält es sich mit der Präsentation im Handel. Bei anderen Marken-Konzepten wurde dieser Punkt anfangs recht stiefmütterlich behandelt.

Manfred Barfuss: Die Kollektion umfasst 24 Teppiche, die jeder Einzelhändler abnehmen muss. Und dann kann er wählen, ob er einen kleinen Shop, einen mittleren oder einen großen Shop möchte.

Carpet XL: Der Einzelhändler ist also verpflichtet, einen Shop zu kaufen?

Manfred Barfuss: Ja, er muss einen Shop nehmen. Ohne diesen Shop kann und darf der Kunde keine Joop-Teppiche vertreiben. Diese Investition wird unter anderem auch dadurch belohnt, dass Joop-Teppiche nicht über Internetanbieter erhältlich sind.

Carpet XL: Wie werden die Shops aussehen?

Manfred Barfuss: Die Shops müssen immer einheitlich gestaltet sein mit Rückwand, Podesten, Joop-Schriftzug und einem Banner aus der Welt der Mode, zur Zeit mit einem Bild von Top-Model Gisele Bündchen. Auch der Boden muss so gestaltet sein, dass der Joop-Shop zu erkennen ist. Der Auftritt muss einheitlich sein, so dass der Verbraucher in den Verkaufsraum kommt und sagt: Aha, der hat Joop.

Carpet XL: Werbung ist ein wichtiger Punkt bei Marken-Konzepten. Wie sieht es damit bei Joop Living aus?

Manfred Barfuss: Joop Living unterstützt Werbemaßnahmen des Handels mit der starken Marke, muss aber andererseits alle Aktivitäten mit der Marke Joop freigeben. Das heißt, wenn ein Einzelhändler werben möchte, muss er sich zuvor mit Joop abstimmen. Nicht, dass in einem Prospekt auf der einen Seite ein billiger Inder und auf der anderen Seite ein wertiger Joop-Teppich abgebildet ist. Und ganz wichtig: Mit dem Preis darf nicht geworben werden. Wer das nicht einhält, dem wird sofort der Shop wieder abgebaut.

Carpet XL: Beteiligen Sie sich an einer allgemeinen Werbung für Joop Living?

Manfred Barfuss: Natürlich bezahlen wir unseren Obolus. Die Werbung, die Joop in verschiedenen Zeitschriften schaltet, wird von allen Lizenznehmern mit getragen.

Carpet XL: Die Zusammenarbeit von Wissenbach und Joop läuft offensichtlich gut. In welchen Punkten mussten Sie Überzeugungsarbeit leisten?

Manfred Barfuss: Dies war eine Gratwanderung, eine echte Herausforderung. Mein Kollege Andreas Kramer, vormals 10 Jahre bei Makalu Design und nun verantwortlich für unsere Produktgruppe Joop, konnte hier im Zusammenschluss mit den Joop-Verantwortlichen eine Kollektion entwickeln, die mit dem Anspruch von Joop und den Verkaufsinteressen von Wissenbach in Einklang steht. Da haben das Lifestyle-Label und der erfahrene Teppich-Anbieter natürlich auch kontroverse Ansichten. Wir wissen, was kommerziell ist, Joop will das Besondere. Wir haben manchmal wirklich gekämpft. Ich habe mehrfach gesagt: Ich werde mit Sicherheit keine Kollektion entwickeln, die in drei Jahren immer noch bei unseren Kunden liegt. Aber es hat sich gelohnt. Auf der Domotex wurde uns jetzt von allen Kunden bestätigt: Es ist nicht ein Teppich dabei, der nicht verkäuflich ist. Trotzdem hat jeder Teppich den Anspruch, Joop zu sein, und diesen Anspruch erkennt jeder auf den ersten Blick. Hier hat Joop ganz klar seine Handschrift eingebracht.

Wichtig ist außerdem: Jeder Teppich ist gekennzeichnet mit dem Namen Joop, er ist auf jeden Teppich eingeschnitten. Bei der feinsten Ware wurde er in Seide hineingeknüpft und nochmals ausgeschnitten. Und die Kornblume ist überall wieder zu finden. Das ist das Schöne bei Joop: Es gibt zwei Erkennungszeichen, den Namen und die Kornblume.

Carpet XL: Ab wann ist die Kollektion im Handel?

Manfred Barfuss: April, Mai.

Carpet XL: Das Geschäftsjahr 2006 hat für das Unternehmen Wissenbach viele Veränderungen gebracht. Wie bewerten Sie es?

Manfred Barfuss: Wir hatten einige Baustellen, auch einige Sorgenkinder, beispielsweise die Wohnstoff-Abteilung, die wir an Hartmann & Schreiner verkauft haben. So etwas läuft natürlich nicht ohne Verluste ab, ganz klar. Wir haben Wien komplett konsolidiert, fangen dort jetzt bei Null an, und auch das läuft nicht ohne Verluste ab, die wir aber gedeckt haben. Wir haben kein gutes Geschäftsergebnis, wohl ein gutes Umsatzergebnis, und schauen jetzt in Richtung eines sehr guten Jahres 2007. Klar ist auch, dass Petersen nicht einfach zu Wissenbach dazu gerechnet werden kann, das ist illusorisch. Wenn ein Drittel oder ein Viertel dessen, was Petersen realisiert hat, weiter laufen wird, wäre das hervorragend, mehr erwarten wir nicht. Wir werden natürlich mit Joop einen Schritt nach vorne machen, wobei jetzt zunächst die Etablierung des Joop-Shops beim Kunden im Vordergrund steht.
aus Carpet Magazin 02/07 (Wirtschaft)