Ladenbau

Dreidimensionales Planungssystem

Konstanz - "Aus dem Blickwinkel der Kunden und nicht aus der Vogelperspektive ein Bettenfachgeschäft einzurichten, stellt sicherlich die größte Herausforderung für die Ladenplanung dar", resümiert Heinz Hasslinger, Chef der PSSST Bettenhaus-Kette aus Konstanz. Daher benutzt er zur Planung und Platzierung der Warenwelten eine dreidimensionale Animation am Computer. Gerade beim Bettenkauf spielen Emotionen die Hauptrolle. Umso mehr kommt es darauf an, auch in der nonverbalen Kommunikation durch die Ladengestaltung, das limbische System im Hirn der Kunden zu aktivieren, das für emotionale und unterbewusste Vorgänge zuständig ist.

Experimente der Gehirnforschung bewiesen nämlich, dass die Vorstellung des rational denkenden und entscheidenden "homo oeconomicus" falsch ist. Der Hirnforscher Professor Gerhard Roth konnte nachweisen, dass der logische Teil des Gehirns gar keinen direkten Zugriff auf die Areale hat, welche für das Fällen von Entscheidungen verantwortlich sind. Vielmehr agieren Menschen auch beim Kauf stark durch Emotionen, die ihre Entscheidungen beeinflussen. Selbst die Aufnahme rein sachlicher Informationen ist nach Erkenntnis der Experten ohne die Verbindung mit Emotionen gar nicht möglich. So gilt es auch bei "harten Fakten" - Qualität, Preis, Lieferzeiten -, sie mit emotional wirkenden Nutzenargumenten zu unterfüttern. Dieses Wissen machen sich Heinz Hasslinger und sein Team nicht nur im Verkaufsgespräch, sondern auch bei der Ladenplanung zunutze.

Wohliges Ambiente

Das Ambiente im Bettenladen mit durchschnittlich 600 qm Fläche und einer luftigen Raumhöhe von mindestens vier Metern ist auf das Profil jener Kunden abgestimmt, in deren persönlichem Wertesystem die Behaglichkeit und Solidität oben anstehen. Entsprechend sind die PSSST Fachgeschäfte so behaglich wie möglich gestaltet. Farben, Licht und Raumaufteilung sind die Gestaltungsmittel. Kein Matratzen-Lager, sondern stilvoll mit Decken, Kissen, Nachttischchen und Lampen dekorierte Schlafecken - alles möglichst wohlig in Szene gesetzt. Stimmige Hintergrundmusik macht den Auftritt perfekt. Die Wände, die Decke und der Boden dienen als Bühne einer phantasievoll arrangierten Betten-Landschaft. Abgerundet wird das stimmige Erscheinungsbild durch die sich saisonal und thematisch wandelnde Fenster-Dekoration. Die Schaufenster sind klassisch die Visitenkarte der stets ebenerdigen Bettenfachgeschäfte.

Der erste Eindruck zählt

Im Geschäft müssen sich die Kunden nicht erst in einem Labyrinth von optisch getrennten Abteilungen zurechtfinden, sondern können mit einem Blick den gesamten Laden mit seiner Warenwelt erfassen. Denn der Ladenbau befolgt das "Arena-Prinzip". Die größte Fläche beanspruchen die Schlafsysteme. Somit bilden bis zu 20 verschiedene Bettsysteme sowie sechs Wasserbetten den natürlichen Mittelpunkt des Ladens. Die an den Wänden befindlichen Regale sind mit Bettwäsche, Kissen, Bettdecken und allerlei Accessoires dekoriert. Die Kunden bekommen so den Überblick und finden schnell, was sie suchen. Zusätzliche Orientierungshilfen gibt ihnen ein blaues Band an den Wänden in 20 cm Höhe mit einer fast ebenso großen weißen Beschriftung der einzelnen Warenkategorien. Verteilt stehende Gondeln und Körbe überraschen den Betrachter durch Form, Farbe und Botschaften.

Barrierefrei durch den Laden

Die wohl durchdachte Ordnung markieren ebenfalls die unterschiedlichen Böden. Neben dem dominanten Laminat- und Nadelfilz-Boden setzen sich einzelne Abteilungen wie die Wasserbetten-Ausstellung durch eine Schieferoptik ab. Die barrierefreie Wegführung durch den Laden verläuft auf dem mindestens 80 cm breiten Gang. Maßstab für die Gangplanung sind Menschen mit Handicaps. "Schließlich sollten sich auch Rollstuhlfahrer problemlos umschauen können", betont der PSSST-Chef.

Im Studio wird Maß genommen

Die besondere Aufmerksamkeit weckt dabei das "Ergonomie-Studio". Hier werden mit einem Laser unterstützten Anmesssystem die individuellen Liegeprofile der Kunden ermittelt. Größe, Gewicht aber auch die Lagenpräferenz spielen dabei die entscheidende Rolle. Die Messdaten bestimmen dann die exakte Justierung des Lattenrostes oder Tellerrahmens. Ein von vielen auf die Bedürfnisse der Nutzer abgestelltes Beratungsplus in den PSSST Bettenhäusern. "Die Unterfederung ist ebenso maßgeblich für den ergonomisch gerechten Schlafkomfort wie die Matratzen", erklärt Hasslinger. Wenn sich der Kunde schließlich umgesehen hat, stehen gleich mehrere Möglichkeiten zur Wahl, um sich in aller Ruhe mit dem Fachberater zu besprechen. Zentraler "Meeting-Point" ist die im ersten Drittel des Ladens platzierte Kasse. Zudem laden zwei Besprechungsecken - möbliert mit einem Bistrotisch und vier Stühlen sowie einem Tresen mit drei Barhockern davor - zum Gespräch mit den Fachberatern ein. Obendrein bieten sich die vielen Betten als spontan nutzbare Sitzgelegenheit an.

Es kommt nicht auf den Millimeter an

"Die Ladenplanung muss nicht auf den Millimeter genau sein", sagt Hasslinger. Denn der Härtetest beginnt erst nach der Eröffnung. Dann treten etwaige Engpässe unweigerlich zu Tage. "Es bilden sich alsbald Inseln heraus, wo die Kunden tatsächlich verweilen. Dann muss man nachträglich an diesen Kommunikationspunkten den notwendigen Platz schaffen", erklärt Hasslinger. Auch müssen ebenso die im unmittelbaren Blickfeld des Besprechungsplatzes befindlichen Regale nachjustiert werden. Dabei ist das einfache Stecksystem von Vorteil. So kann deren Höhe, Breite wie Tiefe variiert werden. Die in weißer Farbe Pulver beschichteten Metallkonstruktionen erweisen sich selbst nach mehrmaligen Umbauten als äußerst robust. "Dellen lassen sich mit dem Hammer ausbeulen und Lackkratzer können leicht überpinselt werden", sagt Hasslinger. Der Lebenszyklus eines Ladenlokals währt recht lange. "Doch spätestens nach fünf Jahren steht ein radikaler Neuanfang an", rät der Fachhändler. Doch auch in der Zwischenzeit wird die Warenpräsentation mit Einsatz der Deckenhänger, Warenkörbe und der Schaufenster verändert, um die Kunden zu faszinieren. "Ein gut durchdachter Laden macht mehr Umsatz, weil sich die Kunden darin unbewusst wohler fühlen, da ihr limbisches System positiv aktiviert wird. Bei PSSST fällt so manche Kaufentscheidung unbewusst leichter", versichert der Bettenhändler.
aus Haustex 06/12 (Marketing)