Aro Heimtextilien: Interview Michael A. Roth und Thomas Mathejczyk

Neues Konzept für kleinere Flächen

Bei den Aro Fachmärkten stehen die Zeichen auf Neuanfang: Das Schutzschirmverfahren wurde im März abgeschlossen, das Unternehmen während der Insolvenz in Eigenverwaltung saniert und neu strukturiert. Mit einem überarbeiteten Angebot, neuer Warenpräsentation sowie weniger und kleineren Filialen sieht man sich gut aufgestellt für die Zukunft. BTH Heimtex-Chefredakteur Michael Steinert hat sich bei Inhaber Michael A. Roth und Einkaufsleiter Thomas Mathejczyk nach dem Stand der Dinge erkundigt.

BTH Heimtex: Herr Roth, im März haben Sie mit Aro Heimtextilien die Insolvenz in Eigenverwaltung hinter sich gebracht. Warum haben Sie sich für dieses Verfahren entschieden?

Michael A. Roth: Durch das Schutzschirmverfahren war es uns möglich, rasche Sparmaßnahmen durchzuführen. Erstens konnten wir uns aus langfristigen Mietverträgen in ungünstigen Lagen oder mit hohen Mieten lösen. Teilweise mieten wir die gleichen Objekte heute zu günstigeren Konditionen.

Zweitens konnten wir mit Zustimmung des Betriebsrates und aufgrund kürzerer Kündigungsfristen Personal abbauen.
BTH Heimtex: Warum haben Sie nicht einfach verkauft?

Roth: In guten Zeiten konnte ich Geld aus dem Unternehmen ziehen. Da ist es selbstverständlich, in schlechten wieder einen Teil zurückzugeben. Aro ist ein Familienunternehmen; die dritte Generation arbeitet bereits mit.

Außerdem hat das Unternehmen eine solide Basis. Die Aro-Zentrale in Nürnberg und der Immobilienbesitz, der seit vielen Jahren in eine eigene Firma ausgelagert ist, bieten für das Weiterbestehen eine gute Grundlage.

BTH Heimtex: Welche Maßnahmen haben sie ergriffen, um wieder auf Erfolgskurs zu kommen?

Roth: Aro hat neue Strukturen erhalten. Es gibt weniger Filialen - statt 130 nur noch 62. Unrentable Läden wurden geschlossen, aber auch drei neue Fachmärkte eröffnet, in Erlangen, Hersbruck und Lauf.

Künftig wird das komplette Sortiment in der Zentrale gelagert und konfektioniert. Von dort aus werden die Bestellungen einmal wöchentlich an die Niederlassungen geliefert. In den Filialen kommen wir so mit weniger Personal aus.

In der Zentrale gibt es einen Verkaufsleiter. Regional sind dann Gebietsleiter zuständig, von denen jeder etwa 20 Filialen mit Filialleiter betreut. Die Mitarbeiter sind mit Provision am Umsatz beteiligt und entsprechend motiviert, hochwertig zu verkaufen. Bei Teppichboden verkaufen wir im Durchschnitt mit einem Quadratmeterpreis von über 30 EUR.

BTH Heimtex: Woher kommt die Ware?

Roth: Hochwertige Velours mit einer reichhaltigen Farbpalette von fast 200 Nuancen stellen wir in unserem eigenen Werk bei Neodon in Krumbach her. Neodon produziert heute zu 60 % für Aro und zu 40 % für externe Abnehmer.

Luxuriöse, dicke Teppichbodenqualitäten beziehen wir häufig aus den USA. Ebenso arbeiten wir mit Herstellern aus Belgien und den Niederlanden zusammen.

BTH Heimtex: Wie werden die "neuen" Aro-Filialen aussehen?

Roth: Mit dem neuen Ausstellungs- und Logistikkonzept kann die Fläche von bisher 1.200 m2 mit fünf Mitarbeitern auf 600 m2 mit zwei bis drei Verkäufern reduziert werden. Es gibt dann keine Rollenständer mehr, auch auf Stapelteppiche wollen wir teilweise verzichten. In einem Studio stehen etwa 800 Teppichbodenmuster und rund 200 CV-Beläge zur Wahl, anhand derer der Verkäufer dann berät.

Vier Filialen sind bereits auf das neue Laden-Konzept umgebaut. Zwei etwas größere Märkte haben noch zusätzlich eine Schnäppchen- Abteilung mit preiswerten Sonderangeboten.

Für die modernen abgepassten Teppiche gibt es ein neues Beratungs- und Verkaufssystem, das von unserem Einkaufsleiter Thomas Mathejczyk entwickelt wurde. Damit können wir auch Produkte in gewagter Optik anbieten. Grundsätzlich ist das mit der Vielzahl an verschiedenen Designs und Qualitäten ein schwieriges Geschäft.

BTH Heimtex: Was ist das Besondere an diesem Beratungssystem?

Thomas Mathejczyk: Aus dem Sortiment lassen wir Brücken mit maßstabsgetreuen Mustern anfertigen. Vorzugsweise von Webware, denn dahin geht derzeit der Trend. Auf der Rückseite befindet sich dann ein Größenspiegel. Damit hat der Kunde nicht nur einen Musterausschnitt, sondern das ganze Muster proportional verkleinert vor sich.

So sind etwa 200 Läuferpositionen in einer Größe von 70 x 140 cm als Muster vorbereitet. Auf speziellen Ständern und Stellwänden können diese dann auf kleinem Raum attraktiv präsentiert werden.

BTH Heimtex: Die Umstellung auf das neue Filialkonzept kostet Geld. Mit welchen Umbaukosten rechnen Sie für einen Markt?

Roth: Wir gehen von etwa 30.000 bis 50.000 EUR für die Einrichtung aus.

BTH Heimtex: Aro war in der Vergangenheit sehr textillastig. Gibt es Änderungen im Sortiment?

Roth: Ein Fachmarkt muss sich den Marktgegebenheiten anpassen. Wir trennen uns nur ungern von Textil, darin steckt unser Herzblut. Abgepasste Teppiche spielen auch weiter eine wichtige Rolle. Sie passen gut zu Laminat, Vinyl-Designbelägen und Kork oder Parkett.

Wenn Kunden lieber Vinyl möchten, finden sie auch diesen Belag bei uns. Gerade haben wir rund 14.000 m2 Vinylbeläge mit einer Nutzschicht von 0,7 mm aus einer Lagerauflösung übernommen, die wir günstig anbieten können.

Mathejczyk: Wir hatten nicht-textile Beläge schon immer im Sortiment, aber bei der Präsentation nicht in den Vordergrund gestellt. Da wird es Verschiebungen geben und die Abteilung mit Hartbelägen wird stärker ausgebaut werden. Die einzelnen Belagsarten präsentieren sich dann als Shop-in-Shop. Einige Filialen haben auch eine Gardinenabteilung, außerdem Sonnenschutz und Tapeten.

Teppichboden wird in unseren Märkten dennoch gut sichtbar bleiben, schon weil wir ihn dort als Bodenbelag einsetzten. Eine neue Filiale haben wir komplett mit der Qualität Amace, einer besonders reinigungsfreundlichen und strapazierfähigen Ware ausgelegt. Teppichboden als Bodenbelag im Geschäft sehen wir als die beste Werbung für dieses Produkt. Es zeigt die positiven Eigenschaften direkt.

BTH Heimtex: Wo positioniert sich Aro im Markt?

Roth: Zwischen Raumausstatter und Baumarkt. Wir bieten selbstverständlich Verlegeservice mit Leisten und allem Zubehör. Etwa die Hälfte der Ware wird durch unsere Mitarbeiter verlegt, gerade im höherwertigen Bereich.

Teppichboden und CV-Beläge verkaufen wir bis auf wenige Ausnahmen immer im Raummaß. Da das komplette Sortiment am Lager vorrätig ist, gibt es auch einen Schnelllieferservice für ausgefallene Produkte.

BTH Heimtex: Sie hatten in Spitzenzeiten 130 Märkte, nun gut 60, mit denen Sie wirtschaftlich arbeiten können. Wie kam es zu der Schieflage?

Roth: Wir haben große Einbußen bei klassischen Knüpfteppichen gehabt. Edle Orientteppiche, die wir großenteils direkt vor Ort eingekauft haben, machten 45 % unseres Umsatzes aus. Durch die permanenten Räumungsverkäufe in der Branche wurde dieser Markt kaputt gemacht. Bei Shaggy & Co. muss viel mehr Ware verkauft werden, um denselben Umsatz zu erzielen. Das erfordert zudem einen höheren Personalaufwand, denn die Beratung ist nicht viel anders als bei einem echten Orient-Teppich mit wesentlich höherem Preis.

BTH Heimtex: Wie sah es bei den Bodenbelägen aus?

Roth: Teppichboden ist stark rückläufig, unter anderem, da in Endverbrauchermedien fast ausschließlich Hartbeläge in Holzoptik beworben werden.

Bei Parkett, Laminat, Korkböden und Designbelägen sind jedoch die Margen geringer. Da spielt die Konkurrenz mit dem Baumarkt eine deutliche Rolle, denn die Vergleichbarkeit ist hoch. Der Kunde kauft nach Preis, obwohl er im Fachmarkt zusätzlich Beratung und Service erhält.

BTH Heimtex: Wie definieren Sie das Planungsziel für 2015?

Roth: Nachdem wir nun an verschiedenen Stellen Kosten eingespart haben, ist 2014 erst einmal eine Stabilisierungsphase nötig. Für den Erfolg ist es auch wichtig, die Mitarbeiter für eine unternehmerische Denkweise zu sensibilisieren. Im kommenden Geschäftsjahr, das im März 2015 beginnt, sollten dann schon 30 Mio. EUR Umsatz möglich sein.


Aro - Daten und Fakten


Aro Heimtextilien GmbH
Schleifweg 45-53
90409 Nürnberg
Tel.: 0911 / 36 55-0
zentrale@aro.de
www.aro.de

Geschäftsführer: Michael A. Roth
Einkaufsleiter: Thomas Mathejczyk
Verkaufsleiter: Raimund Schilling

Gründungsjahr: 1956
Mitarbeiter: 270
Filialen: 62
Sortiment: abgepasste Teppiche, textile und elastische Bodenbeläge, Laminat, Parkett, Korkböden, Gardinen, Tapeten, Sonnenschutz, Zubehör
aus BTH Heimtex 11/14 (Wirtschaft)