DLW Flooring: Interview mit Remco Veeneman, Roland Schlipf und Katrin Riedrich

"Von den Fesseln befreit"


Armstrong DLW hat das sechsmonatige Insolvenzverfahren überstanden. Unter dem neuen Eigentümer, der niederländischen Fields Group, greift die im Juni neu formierte Gesellschaft DLW Flooring wieder an: Man will neue Märkte erschließen, stellt im deutschsprachigen Raum neue Mitarbeiter ein und kann mit dem jetzt lieferfähigen, neuen modularen Linoleum "Naturcore" erste Listungen vorweisen. Beim Gespräch mit BTH Heimtex-Redakteur Jochen Lange im Linoleumwerk in Delmenhorst berichten Vertriebsdirektor Roland Schlipf, Remco Veeneman (Direktor Marketing und Kundenservice, seit 19. Oktober CEO) sowie Katrin Riedrich (Leiterin Marketing und Kommunikation) von einer regelrechten Aufbruchstimmung, die im ganzen Unternehmen herrsche.

BTH Heimtex: Armstrong DLW heißt jetzt DLW Flooring und gehört seit dem 19. Juni 2015 der niederländischen Fields Group. Was können Ihre Kunden, Lieferanten und Partner von der "neuen" DLW erwarten?

Katrin Riedrich: Bei uns herrscht große Aufbruchstimmung. Belegschaft und Management fühlen sich regelrecht befreit unter unseren neuen Eigentümern. Die Verbundenheit zur DLW ist enorm groß. Das spüren wir auch draußen im Markt. Viele freuen sich und sagen: Willkommen zurück DLW. Um es an dieser Stelle deutlich zu sagen: Ohne die große Loyalität der absoluten Mehrheit unserer Kunden und Lieferanten hätten wir die Insolvenz wohl nicht überstanden und die Möglichkeit für einen Neustart bekommen, der für alle Beteiligten mittel- und langfristig viele Chancen bietet.

Roland Schlipf: Unsere Kunden erleben eine neue DLW. Wir sind schon heute, wenige Monate nach dem Verkauf, agiler, flexibler und schneller in unseren Handlungen und Entscheidungen als unter Armstrong. Das können wir, weil wir nicht mehr als Konzern agieren, sondern als ein mittelständisches Unternehmen, in dem wieder der Geist des unternehmerischen Handels herrscht.

Remco Veeneman: Nach Jahren des aus Amerika verordneten Schrumpfungsmodus konnten wir jetzt zusammen mit Fields den Hebel umlegen und arbeiten mit großer Dynamik im Wachstumsmodus. Das sprengt die Fesseln der Vergangenheit - überall.

BTH Heimtex: Um Ihre Vorhaben in die Tat umzusetzen, ist mehr als ein neuer Eigentümer nötig: Strukturen müssen sich ändern. Wie ist DLW Flooring heute organisiert?

Schlipf: DLW Flooring arbeitet jetzt in einer funktionalen Organisationsstruktur. Sie besteht aus den fünf Bereichen Geschäftsleitung, Vertrieb, Finanzen, Marketing/Kundenservice/Produktentwicklung und Personal. CEO Charles Irving-Swift (zum 19. Oktober ausgeschieden, Anm.d.R.) ist weiterhin zusammen mit CFO Stephan Lührs Geschäftsführer. Neu hinzugekommen ist der dritte Geschäftsführer René van der Velden, der gleichzeitig Geschäftsführer der Fields Group ist. Die drei sind gleichberechtigt. Sie bilden die Geschäftsleitung zusammen mit Remco Veeneman (seit 19. Oktober CEO, Anm.d.R.), zuständig ist für Marketing, Kundenservice und Produktentwicklung, Personalleiterin Ilkay Dagci und meiner Person. Ich verantworte jetzt den Vertrieb in Deutschland, Österreich, Schweiz, Benelux, Nord- und Osteuropa.

Veeneman: Die fünf Mitglieder der Geschäftsleitung sind jetzt auch Gesellschafter und haben sich mit einem für eine Privatperson wesentlichen Betrag am Unternehmen beteiligt. Darum hat Fields bewusst gebeten, um eine höhere Motivation zu erzielen. Gleichzeitig hat der neue Eigentümer damit ein Zeichen gesetzt, dass er die DLW langfristig zum Positiven entwickeln möchte.

BTH Heimtex: Wie würden Sie ihre neuen Eigentümer charakterisieren? Wie ist Fields vorgegangen und welche Ziele verfolgen sie?

Veeneman: Fields ist mit seinen Leuten nah dran am Geschehen. Zwar kennen sie sich in der Bodenbelagsbranche nicht aus. Sie wissen aber, was ein Unternehmen in einer schwierigen Lage für einen Neustart und ein auf langfristigen Erfolg ausgelegtes Geschäftsmodell braucht. Die Niederländer sind aber nicht gekommen und haben gesagt: "So, hier ist der fertige Business-Plan. Und los geht’s." Ganz im Gegenteil. Die Strategie für die Zukunft haben wir gemeinsam entwickelt. Das ist ganz wichtig.

Schlipf: Entscheidend im Vergleich zu Armstrong ist, dass Fields stark in die Zukunft orientiert ist. Die Amerikaner haben der Analyse der Vergangenheit viel Zeit gewidmet. Allerdings ohne daraus für zukünftiges Handeln Schlüsse zu ziehen und Ziele und Strategien den sich ändernden Marktverhältnissen und -entwicklungen anzupassen. Budgets etwa waren in Stein gemeißelt. Von dieser Schwerfälligkeit sind wir jetzt befreit. Es ist ein ganz anderes Arbeiten.

Veeneman: Zudem haben wir die Hierarchien abgeflacht und gleichzeitig jedem einzelnen Bereich und Mitarbeiter mehr Verantwortung, Selbstständigkeit und Entscheidungsbefugnis übertragen. Dadurch kann schneller entschieden werden und die Arbeitszufriedenheit steigt.

BTH Heimtex: Wie stellen Sie sich denn zukünftig auf?

Schlipf: Wir werden weltweit neue Märkte und Regionen ausbauen, in denen wir unter Armstrong nicht als DLW anbieten durften oder unterentwickelt waren. Dazu gehören beispielsweise Großbritannien, Frankreich, die USA und auch Asien. Vertriebspartnerschaften bleiben bestehen. Wir gehen parallel aber auch selbst in die Märkte. Das heißt Fields investiert dort erheblich in neue Landes-Vertriebsgesellschaften und Personal, wo eine für uns optimale Produkt-Markt-Kombination herrscht. In diesem Zusammenhang kann man auch erwähnen, dass wir Armstrong weiterhin mit Linoleum-Produkten beliefern, für deren heimischen US- sowie den chinesischen Markt.

BTH Heimtex: Behält DLW Flooring denn das gesamte Produkt-Portfolio bei?

Schlipf: Ja. Wir bieten weiterhin Linoleum einschließlich spezieller Lösungen für den Bereich Sport, LVT, homogenes PVC, Nadelvlies und klassische, heterogene PVC-Beläge. Wir werden auch weiter investieren. Das auf der Messe BAU im Januar als Prototyp vorgestellte modulare Linoleum Naturcore ist seit dem Sommer lieferfähig. Zur Vermarktung am PoS im Handel stehen 500 Displays und 1.500 Musterkoffer für unsere Kunden bereit. Gleich zu Beginn des nächsten Jahres bringen wir eine neue Nadelvlies-Kollektion heraus. Neue homogene PVC-Produkte mit verbesserter Lack-rezeptur hat unser Vertrieb im ersten Quartal 2016 zur Verfügung.

BTH Heimtex: Gibt es konkrete personelle und strukturelle Veränderungen in der D/A/CH-Region? Und wie groß ist dort aktuell der Außendienst?

Schlipf: Wir stellen allein in Deutschland und der Schweiz sechs neue Vertriebsmitarbeiter ein. Drei davon ersetzen Angestellte, die während der Insolvenz leider gekündigt hatten. Zudem bauen wir unsere Key Account-Struktur um und aus. Den Bereich Sportböden haben wir in das regionale Vertriebsteam integriert. Die Mannschaft besteht insgesamt aus 48 Personen im Außendienst der Region D/A/CH.

BTH Heimtex: Wie sind in dieser Region die Umsätze nach Produktgruppen verteilt?

Schlipf: Mit Linoleum generieren wir rund die Hälfte unseres Umsatzes. Die andere Hälfte verteilt sich in etwa zu gleichen Teilen auf PVC, LVT und Nadelvlies.

BTH Heimtex: Was hat die Fields Group denn jetzt tatsächlich alles gekauft?

Riedrich: Alle Dinge, die wir für den Neustart brauchen. In Delmenhorst wurden die Linoleum-Produktion und alle damit verbundenen Flächen erworben. In Bietigheim gehört dazu das Gelände östlich der Bahnschienen mit den Anlagen für die Herstellung der homogenen PVC-Beläge sowie von LVT. Wir sind natürlich auch weiterhin im Besitz der vorhandenen Patente und Marken, beispielsweise der Nadelvlies-Marke Strong.

BTH Heimtex: Wie hoch war die Investitionssumme?

Veeneman: Dazu können wir nichts sagen. Sie ist aber erheblich. Man muss bedenken, dass die Aufrechterhaltung der Produktion sowie der anschließende Neustart nicht vom Insolvenzverwalter und logischerweise auch nicht aus eigener Geschäftstätigkeit der DLW Flooring finanziert wurde. Dafür hat Fields gesorgt. Dabei hat natürlich auch das Insolvenzgeld für die ersten drei Monate geholfen.

Schlipf: Um diesen Neustart überhaupt organisatorisch und administrativ zu bewältigen, werden wir ein ganz neues, modernes und leistungsfähiges IT- und CRM-System implementieren. Das wird mit Sicherheit eine der größeren Investitionen sein.

BTH Heimtex: Wie reagiert der Markt auf die "neue" DLW hinsichtlich Aufträgen und Listungen?

Schlipf: Wie bereits erwähnt, zum ganz überwiegenden Teil gut. Wir haben so gut wie mit allen Kunden, die von der Insolvenz betroffen waren und sind, Einigungen erzielt. Aber auch mit denen, mit denen der Insolvenzverwalter im Rahmen der Abwicklung im Rechtsstreit steht, haben wir unabhängig davon neue Geschäftsvereinbarungen getroffen. In den vergangenen Monaten haben wir auch wieder Geld aus unserer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit heraus verdient. Unser Auftragseingang liegt momentan 20 % über Vorjahr.

Sicherlich gab es aufgrund der Insolvenz hier und da auch Verunsicherungen bei Kunden und im Markt allgemein. Mittlerweile haben wir als Führungsmannschaft aber alle wichtigen Kunden besucht und neues Vertrauen aufgebaut.

In diesem Zusammenhang darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass der Wettbewerb während der Insolvenz massiv gegen uns Stimmung gemacht hat und die Verunsicherung bei Planern und Architekten auch noch geschürt wurde mit gezielten, unrichtigen Aussagen. Das Ausmaß dieses unfairen Verhaltens habe ich in meiner langen Zeit in der Branche noch nicht erlebt. Es war aus unserer Sicht unverhältnismäßig und hat uns sicherlich Objekte gekostet. Es ging sogar soweit, dass sich unsere Kunden in manchen Regionen vom Außendienst dieser Hersteller massiv bedrängt gefühlt haben. Dort wo es möglich war, haben sie ihre Projekte dann erst einmal zurückgestellt, weil sie ein Unternehmen, das sich derart verhält, meiden wollten.

Riedrich: Nach der Insolvenz sind dann die Aufträge sowohl im Objekt- als auch im Handelsgeschäft spürbar angezogen. Viele Kunden haben sich bei uns gemeldet und gesagt: "Schön, dass ihr wieder da seid. Jetzt kann ich die zurückgehaltenen Objekte mit euch abwickeln." Auf diese Reputation sind wir stolz. Denn wir haben immer großen Wert gelegt auf einen fairen Umgang nicht allein mit Kunden und Lieferanten, sondern auch mit Wettbewerbern.

BTH Heimtex: Armstrong hat seinen Rückzug unter anderem aus dem europäischen Bodenbelagsgeschäft hauptsächlich mit jahrelangen, hohen Verlusten bei gleichzeitigen hohen Investitionen begründet. Rund 134 Mio. EUR Investitionen innerhalb der vergangenen acht Jahre soll keinerlei Gewinn bei Armstrong DLW gegenüber gestanden haben? In den ersten drei Quartalen 2014 sei ein operativer Verlust von 18,7 Mio. EUR angefallen. Wie kann das sein und wie stellen Sie sicher, dass sich das in Zukunft ändert?

Schlipf: Es gibt drei Hauptgründe für diese Situation, die nichts mit unseren Produkten und dem operativem Geschäft zu tun hatten. Erstens war die Mehrheit der Investitionen keine echten Investitionen, sondern Restrukturierungskosten. Armstrong hat seit dem Kauf der DLW 1998 zahlreiche Werke geschlossen, sich aus Märkten und Produktkategorien zurückgezogen sowie mehrere hundert Mitarbeiter entlassen. Das war teuer. In den laufenden Geschäftsbetrieb wurde nur geringfügig investiert. Stattdessen wurde auf die Kosten geschaut. So konnte der Umsatz nicht wachsen. Das setzte eine gefährliche Abwärtsspirale in Gang, deren schmerzvolles Ende wir kennen.

Zweitens musste Armstrong DLW innerhalb des Konzerns Dienstleistungen wie IT und Rechtsabteilung zu ungünstigen Konditionen nutzen.

Der dritte Grund hängt zusammen mit den hohen Pensionsverpflichtungen aus der DLW-Betriebsrente. Das Geld musste als Rückstellung vorgehalten werden. Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus musste Armstrong DLW jedes Jahr mehr Geld dazulegen, um den vereinbarten Wert in Form von aktueller Kaufkraft aufrechterhalten zu können.

Veeneman: Insgesamt sind bei DLW 4.500 Mitarbeiter in den Genuss dieser Betriebsrente gekommen, die damals in ihrer Form in Deutschland verbreitet war. 1989 wurde sie dann aber für neue Mitarbeiter nicht mehr angeboten. Das Verhältnis stimmte einfach nicht mehr. Momentan haben wir bei etwa 800 aktiven Mitarbeitern allein 1.200 Pensionäre. Alle Ansprüche werden jetzt vom Pensionssicherungsverein getragen und belasten nicht mehr die DLW.

BTH Heimtex: Kommen wir noch einmal zurück auf die Produkte: Wie wichtig ist das neue modulare Linoleum Naturcore für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung von DLW Flooring?

Riedrich: Es ist sehr wichtig. Wir erhoffen uns viel von Naturcore in der Vermarktung über den Handel. Die Designplanke mit Linoleum-Kern hat großes Potential und wir erwarten mit diesem innovativen Produkt neue Zielgruppen und Märkte zu erschließen. Das braucht Zeit und zusätzlich Initiativen in Vertrieb und Marketing. Die Nachfrage nach wohngesunden Produkten aus nachhaltigen Rohstoffen wird steigen. Für uns als Linoleum-Hersteller ist Naturecore eine ideale Produktergänzung in unserem umfangreichen Portfolio.

BTH Heimtex: Wird die Branche Sie auf einem DLW-Stand auf der Domotex treffen können?

Riedrich: Nein. Wir fokussieren uns auf Messe-Auftritte in neuen Märkten. Für die BAU 2017 haben wir unsere Präsenz aber bereits fest gebucht.

DLW Flooring Daten und Fakten


DLW Flooring GmbH
Stuttgarter Straße 75
74321 Bietigheim-Bissingen
Tel.: 07142 / 71-0
Fax: 07142 / 71-799
service_germany@armstrong.com
www.dlw.de

Geschäftsführer: Remco Veeneman (CEO), Stephan Lührs (CFO)
René van der Velden, (Fields Group)
Geschäftsleitung: Roland Schlipf (Vertrieb D/A/CH/Benelux/NE/EE), Ilkay Dagci (Personal)
Anwendungstechnik: Volker Weismann
Verkauf Schweiz: Christoph Flury

Gründungsjahr: 1962
Umsatz 2014, Quartale 1-3: 116,0 Mio. EUR
Eigentümer: Fields Group (NL)
Hauptprodukte/Umsatzanteil: Linoleum (50 %), PVC/LVT/Nadelvlies (50%)
aus BTH Heimtex 11/15 (Wirtschaft)