ICE New Delhi im März 2016

Mehr Mut für "Make in India"

Gut besucht und "very international": Auf der Teppichmesse ICE New Delhi traf man auf fast alle wichtigen indischen Anbieter und auf Einzelhändler aus der ganzen Welt. Viele Aussteller hätten sich allerdings noch mehr kaufkräftige Einkäufer gewünscht, viele Besucher sich noch kreativere Produkte. | von Jainul Abdin

Als "eine der größten Teppichmessen Asiens, auf der fast alle wichtigen (indischen) Produzenten und Exporteure handgefertigter Teppiche vertreten sind", beschreibt der Veranstalter die ICE New Delhi. Das nutzten die ausländischen Interessenten: In diesem März besuchten 410 internationale Einkäufer aus 58 Ländern die Messe. Entsprechend rechnet der Veranstalter CEPC für 2016 mit einer deutlichen Wachstumsrate, die laut Chairman Kuldeep R. Wattal 10-15% in Dollar und 15-20 % in Rupien beträgt.

Indien als Top-Ziel für ausländische Investoren

Gerade kleineren und mittleren indischen Exporteuren hilft die Messe ICE, ihre Produkte im Ausland zu verkaufen. Viele können sich beispielsweise eine Teilnahme an der Weltleitmesse Domotex nicht leisten, bieten aber interessante Produkte für den internationalen Markt. Im Rahmen der "Make in India"-Strategie unterstützt die indische Regierung die ICE erheblich, etwa durch Reisekostenzuschüsse für Anreise und Unterkunft der internationalen Einkäufer. Die Initiative "Make in India" hat es sich zum Ziel gesetzt, Indien als Produktionsstandort zu stärken. Bereits 2015 konnte das Land die USA und China als Top-Ziel für ausländische Investitionen überholen.

Die Teppichproduktion erfolgt hauptsächlich in den ländlichen Gebieten Indiens, in Dörfern, bei den Knüpferinnen oder Knüpfern zu Hause oder in kleinen Werkstätten. Zahlreiche Produzenten sind im sogenannten Teppichknüpfgürtel in Uttar Pradesh angesiedelt. Hier findet die Herbstausgabe der Messe statt, die ICE Varanasi.

Die Frühjahrsmesse im NSIC Exhibition Complex Delhi war gut besucht; die meisten Teilnehmer zeigten sich entsprechend zufrieden. Trotzdem zogen viele den ehemaligen Veranstaltungsort Pragati Maidan vor - wegen der besseren Infrastruktur, des insgesamt ansprechenderen Erscheinungsbildes und der zum Teil kaufkräftigeren Besucher.

Zum Experimentieren fehlt noch der Mut

Zu sehen gab’s ein breites Spektrum handgearbeiteter Produkte von Handtuft, Handloom und Handweb über Nepalknüpfungen mit High-Low-Struktur, Handknüpfteppiche von der Einstiegsklasse bis hin zu feinen Seidenknüpfungen. Die omnipräsenten sich auflösenden Designs durften natürlich auch hier nicht fehlen, ebenso wenig die Loribaft (und natürlich Lori-Looms) und Flachgewebe. Auch mehrfach überfärbte Teppiche und Outdoorteppiche waren ein Thema. Insgesamt also ein großes Angebot, allerdings weitgehend ohne Besonderheiten. Eine Erklärung für diese mangelnde Experimentierfreudigkeit hat möglicherweise Sanjay Gupta von Global Overseas: "Viele Hersteller haben kein Vertrauen in ihre Produkte, sondern schielen zu den anderen Herstellern hinüber, weil sie befürchten, dass die besser sind."

Dennoch zeigten einige Anbieter Spezialitäten jenseits der "Me-too"-Ware. Jaipur Rugs zog mit seinem sehr vielseitigen Stand zahlreiche Blicke auf sich; im Mittelpunkt stand hier die Freeverse Collection aus reiner Seide. Kreativ und fortschrittlich auch das Programm von Global Overseas mit den Fusion-Teppichen der Serie Lavish und der mutig-modernen Kollektion Modish, die Feuerholz, Eis und Lava nachempfindet. Auch in das Thema Druckteppiche ist der Produzent verstärkt eingestiegen. Am Stand von Textico fiel eine Kollektion mit zerkratztem Leder ins Auge; daneben zeigte der Anbieter Reproduktionen antiker Teppiche, vor allem in leuchtenden Farben. Auch Kelims aus Jute waren dabei. Und zeitgenössische afghanische Teppiche erhalten durch eine besondere Wäsche einen silbernen Schimmer. Ebenfalls gut besucht: der Stand von Ansari Rug Bazar mit vielen neuartigen Kollektionen im mittleren Preisspektrum, durchsetzt von Jute und Viskose.

Als Material ist Viskose weiter auf dem Vormarsch, in Delhi gern unter der Überschrift "Bambusfaser". Und obwohl das Garn wohl tatsächlich aus Bambus gewonnen wird, handelt es sich bei dem Endergebnis um die gleiche, chemisch hergestellte Viskose wie bei allen anderen Viskosearten auch.

Wunsch Nummer eins: mehr Großeinkäufer

Ordentliche Besucherzahlen, ein internationales Publikum, viele Gespräche an den Ständen: Die meisten Aussteller zeigten sich zufrieden mit der ICE in Delhi. "Die Messe lief besser als erwartet", erklärte Imtiaz Ahmad von Textico. "Am beliebtesten waren preisgünstige und ungewöhnliche Teppiche." Entsprechend wünscht sich Sanjay Gupta von Global Overseas mehr Messebesucher, die verstärkt Wert auf eine hohe Qualität legen, ohne diese dem Preis unterzuordnen.

Vielleicht die Nummer eins auf der Wunschliste der Aussteller: "wichtigere, kaufkräftigere" Einkäufer, also beispielsweise Einkäufer großer Möbelhausketten, die auf der ICE gleich mehrere Filialen mit Teppichen bestücken wollen. Samrendra Singh von Malabar Carpet Exports überlegt laut, ob mehr dieser Wunschhändler kommen würden, wenn man die (bisher) reine Teppichmesse mit einer Messe für Geschenkartikel und Einrichtungsprodukte verbände.

Bekir Akkaya, Eigentümer der Großhandelskette Hali Evi (Türkei) ist mit sieben Niederlassungen wohl ein solcher Wunschkunde. Vom Produktspektrum her zeigte Akkaya sich im Grunde zufrieden mit der Messe, allerdings sei die Infrastruktur verbesserungswürdig. Ein weiteres Problem seien die Lieferungsverzögerungen: "Meine Bestellungen kommen häufig nicht pünktlich an, sondern erst nach Saisonende."
aus Carpet Magazin 03/16 (Wirtschaft)