Möbel Martin in Kaiserslautern

So geht Generationswechsel


Mit acht Standorten und überdurchschnittlich großen Teppichabteilungen ist Möbel Martin in Südwestdeutschland vertreten. Als sich Dieter Haider, der engagierte Produktmanager für Teppiche, in den Ruhestand zurückzieht, ist für die Teppichzukunft des Hauses gut gesorgt. Gemeinsam mit seinem Nachfolger Saa Vonsovi hat Haider die Übergabe perfekt vorbereitet und gleichzeitig dem Teppich einen neuen Auftritt ermöglicht.

Scheidet der engagierte Leiter eines Bereiches aus dem Geschäft aus, sorgt das häufig für Aufregung und Unruhe: Wer tritt in seine Fußstapfen, wie lässt sich ein fließender Übergang organisieren? Und wie kann der Nachfolger Bewährtes aufrechterhalten und gleichzeitig seine eigene Handschrift einbringen? Fragen, mit denen sich Möbel Martin auseinandergesetzt hat - frühzeitig und intensiv.

Als absehbar wurde, dass Dieter Haider, seit 14 Jahren Produktmanager Teppiche, sich mittelfristig in den Ruhestand zurückziehen würde, konnte man gelassen reagieren. Einen kompetenten Nachfolger gab es schließlich schon: Saa Vonsovi, der bereits vor 20 Jahren seine Ausbildung bei Möbel Martin absolvierte. Haider erkannte schnell dessen Potenzial und bereitete gemeinsam mit ihm die Zukunft vor. An Haiders Seite hatte Vonsovi mehrere Jahre Zeit, sich einzuarbeiten und gleichzeitig mitzubestimmen, wie es weitergehen sollte. Mit einem deutlich größeren Schwerpunkt auf eine gut besetzte und hochqualifizierte Verkaufsmannschaft soll zukünftig den wachsenden Anforderungen des Teppichverkaufs begegnet werden.

Deutlicher Schritt in Richtung Beratungskompetenz

Möbel Martin ist seit Jahrzehnten kompetenter Ansprechpartner der Kunden im Teppichsegment. Die neuste Teppichabteilung befindet sich im Einrichtungshaus in Kaiserslautern in der Pfalz, einem Haus mit rund 30.000 m2 Verkaufsfläche. Die ländliche Region liegt etwas abseits des Rhein-Main-Gebietes. Wettbewerber sind neben Ikea und einem rund 30 Autominuten entfernten Kibek auch zwei weitere Martin-Häuser. Verstärkt kommen Discounter in die Gegend.

Für günstige Mitnahme-Artikel ist hier also ausreichend gesorgt. Im Zuge des Generationswechsels im Einkauf geht Möbel Martin einen deutlichen Schritt in die andere Richtung: hin zu einem höherwertigen Produktspektrum, zu mehr Kundennähe und Beratung. Entsprechend wird auch das Sortiment zusammengestellt. Obwohl Maschinenwebware und alle Varianten von Langflorteppichen mittlerweile 40% des Umsatzes ausmachen, sieht man die Zukunft vor allem im Knüpfbereich: Der lief früher hauptsächlich über die Fachgeschäfte, die allerdings nach und nach verschwinden. Diese Lücke kann der Möbelhandel füllen, findet Haider. "Wir müssen wieder dahin kommen, dass die Kunden sich mit Teppichen zwischen 2.000 und 4.000 EUR beschäftigen", erklärt er. "In den goldenen Jahren der Teppichabteilungen war es normal, dass ein Kunde den Preis einer Sitzgarnitur noch mal in einen Teppich investiert hat. Es ist unsere Aufgabe, ihm die Wertigkeit unserer Produkte zu vermitteln."

Um das zu erreichen, hat man bei Möbel Martin sehr viel in Aus- und Weiterbildung investiert. So entstand beispielsweise ein Schulungsprogramm, das in den letzten zwei Jahren konsequent umgesetzt wurde: Über 40 Produktschulungen und Verkaufstrainings gab es für die knapp 30 Mitarbeiter der sechs Teppichabteilungen. "Es ist zwar nicht so, dass die Umsatzzahlen dadurch sofort nach oben schnellen, es fällt aber auf, dass zum Beispiel die Anzahl der maßgefertigten Knüpfteppiche zugenommen hat. Das macht sich deutlich im Durchschnittsbon bemerkbar", so Vonsovi. Dank dieser Schulungen trauen sich die Verkäufer verstärkt, Kunden höherpreisige geknüpfte Designteppiche zu zeigen und sie von der Wertigkeit des Materials zu überzeugen.

Einen großen Stellenwert hat bei Möbel Martin auch das Thema Direktimport. Für Haider ist es essenziell, das Basissortiment zum Großteil mit selbst importierter Ware zu bestücken. Dieses Prinzip wird bei Möbel Martin konsequent umgesetzt und reicht von der Maschinenwebware aus Gaziantep bis zum indischen Knüpfteppich. Allerdings sei der Direktimport nicht bei allen Produkten sinnvoll: "Bestimmte Sortimente beziehen wir über hochspezialisierte Lieferanten."

Alles aus einem Guss

Und schließlich kommt es auf die Präsentation der Ware an. Gleich beim Betreten des Hauses Kaiserslautern fällt auf: Die Gestaltung ist aus einem Guss. Man möchte den eigenen Namen als Marke verstanden wissen und rückt ab von Shop-in-Shop-Lösungen oder anderen vom Hersteller vorgegebenen Präsentationsformen. Ebenso sind die Markennamen der Lieferanten stark zurückgenommen.

Statt nach Ursprungsländern wurden die Teppiche nach Wohnthemen und Kundenwünschen sortiert. Unter anderem gibt es einen Naturbereich mit Jute, Filz und Nesselfasern. Sehr gut laufen Kelims und sonstige Flachgewebe, auch hochwertige Felle kommen an. Und natürlich die Handweb-Sparte. "Die boomt bei uns so richtig", erklärt Vonsovic. "Preislich liegen die Teppiche zwischen Maschinenwebware und Knüpfarbeiten. Damit erschließen wir ein neues Mittelfeld."
Streichpreise und exorbitante Rabatte von über 50% sieht man bei Möbel Martin nicht; das passt nicht zur Philosophie. "Wir haben hier durchgängig günstige Preise", heißt es; da brauche es keinen Rotstift, der Billigflair verbreite.

Und noch etwas wird dem Besucher bewusst: die ruhig-intime Atmosphäre der gesamten Abteilung. Alle Themenbereiche sind locker mit Präsentationswänden voneinander getrennt; stimmungsvoll gestaltete Wareninseln ziehen die Aufmerksamkeit des Besuchers auf sich. Das bringt Struktur ins Sortiment und gibt dem Kunden eine erste Orientierungshilfe.

So angenehm der Abteilungsaufbau mit Stellwänden und Deko-Inseln für den Kunden ist, stellt er doch eine Herausforderung an den Verkauf: Es müssen immer mehrere Mitarbeiter verfügbar sein, die sich aktiv von Ort zu Ort bewegen. Auf diese Weise hat man alle Kunden im Blick, um ihnen bei Bedarf kompetent weiterzuhelfen. Für Möbel Martin ist der Mitarbeitereinsatz eine lohnende Investition, denn: "Wir wollen die Lücke im Markt schließen, die das Ende vieler Fachgeschäfte gerissen hat", erklärt Vonsovi.

Der Teppich muss sich entfalten können

Alternative Wege geht man auch in der Orientabteilung. Hier liegen großformatige Teppiche längs zusammengefaltet übereinander in einer "Bankpräsentation". Statt also schnell durch große Stapel zu "blättern" und dabei nur eine Ecke des jeweiligen Teppichs aufzudecken, müssen die Verkäufer jedes Stück einzeln vor dem Kunden wortwörtlich entfalten. Umso intensiver und länger kann dieser den Teppich auf sich wirken lassen, umso mehr Zeit gewinnt der gut geschulte Berater für das Gespräch mit dem Kunden.

Welche Bedeutung der Warengruppe Teppiche zukommt, zeigen auch Lage und Umfang der Abteilung: Die 1.100 m2 große Fläche liegt gleich im Erdgeschoss, in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang. In Sachen Layout und Ladenbau unterscheidet sich der neu gestaltete Bereich ebenfalls grundlegend von Teppichabteilungen anderer Großflächenanbieter: Edle anthrazitfarbene Fliesen markieren die Laufwege, eine dunkle Holzoptik prägt die Verkaufsflächen. Die Präsentationsmöbel und Schiebesysteme wurden speziell für die Abteilung angefertigt. Sehr bewusst hat Möbel Martin hier einen Ladenbauer beauftragt, der vorher noch nie eine Teppichabteilung eingerichtet hat: Dabei sollte etwas ganz anderes entstehen als in anderen Möbelhäusern: etwas Neues, angenehm Überraschendes und Inspirierendes. Das ist gelungen.•
aus Carpet Magazin 04/16 (Wirtschaft)