Pedross: Interview mit Martin Pedross und Melanie Noggler

"Jedes Geschäft um jeden Preis muss nicht sein"


Leisten und Profile sind ein wettbewerbsintensiver Nischenmarkt, der Kreis leistungsfähiger Anbieter ist auch international überschaubar. Das fordert eine klare Positionierung. Das Familienunternehmen Pedross begründet seinen Erfolg auf furnierten Leisten, hat darüber hinaus früh in zukunftsweisende Technologien wie Digitaldruck und Direktdruck investiert. Wie geht es weiter? Darüber sprach Parkett Magazin mit Inhaber Martin Pedross und Vertriebsleiterin Melanie Noggler.

Parkett Magazin: Herr Pedross, lassen Sie uns kurz zurückblicken, bevor wir uns mit der Gegenwart und der Zukunft beschäftigen. Wie ist das Geschäftsjahr 2016 für Sie verlaufen?

Martin Pedross: Wir sind 2016 vor dem Hintergrund einer nur moderaten Dynamik der Weltwirtschaft in einer Größenordnung von 3,5% gewachsen. Zufrieden und laut Budget. Das ist für uns so in Ordnung, weil es ein gesundes Wachstum ist. Wir partizipieren an der globalen Marktentwicklung und haben unsere Wettbewerbsposition gestärkt. Jedes Geschäft um jeden Preis muss nicht sein.

Dabei war das vergangene Jahr nicht einfach. Einige unserer großen Exportmärkte wie Großbritannien und Russland befinden sich in schwierigen politischen Situationen. Wer hätte im letzten Jahr mit der Brexit-Entscheidung der Engländer gerechnet? Oder Russland: Auch dort gibt es hausgemachte Probleme, die sich auf höchster politischer Ebene international weiterziehen. Die Nachfrage nimmt ab, weil die Kaufkraft der Bevölkerung schwindet. In der Zwischenzeit sind in Russland auch lokale Hersteller nicht untätig geblieben - es kommen also mehrere Herausforderungen auf uns zu. Genauso in der Türkei: Dort haben sich über Nacht die politischen Verhältnisse geändert und dann leidet plötzlich auch ein mittelständischer europäischer Leistenhersteller unter diesen neuen veränderten Bedingungen. Das sind Realitäten, mit denen wir uns konfrontieren müssen. Aber wir stemmen das.

Konnten Sie das mit anderen Märkten kompensieren?

Melanie Noggler: Wir sehen gerade einen spannenden Markt in China, weil dort eine große Nachfrage nach europäischen Markenprodukten herrscht. Und Parkett läuft gut, daher auch furnierte Leisten. Wobei China sicher ein großes Potenzial hat, aber nur eine bestimmte Schicht für europäische Produkte empfänglich ist und man nicht weiß, wie lange dieser Europa-Hype anhält. In Indien wird momentan sehr viel gebaut, allerdings ist der indische Markt sehr preissensibel. Skandinavien macht uns immer mehr Freude, dort finden wir einen guten, holzorientierten Markt. Und dann richten wir den Blick auf ganz neue Märkte wie Aserbeidschan und Armenien.

Und wie stellt sich Deutschland dar, Ihr wichtigster Markt? Schlägt die Eiche-Knappheit bis zu Ihnen durch?

Noggler: Das ist ein großes Thema, das auch bei uns lange angekommen ist. Und schwierig - denn einerseits herrscht bei den Leisten ein sinnloser und nicht gesunder Preiskampf, andererseits sind immense Erhöhungen bei den Rohstoffen aufzufangen. Preiserhöhungen am Markt sind demnach äußerst schwierig aber bei Beibehaltung der Nachhaltigkeit und Qualitätsansprüche absolut notwendig.

Wie entwickelt sich Ihre Tochter in den USA?

Pedross: Wir kommen dort in kleinen Schritten voran. Es ist spannend, es ist zäh, weil die Produkte komplett anders sind, die Mentalität, die Herangehensweise...aber wir sind der Überzeugung, dass man in diesem interessanten und prosperierenden Markt präsent sein sollte und uns der dortige Lernprozess noch viele Vorteile bringen wird. Wenn wir dort mittelfristig nicht erfolgreich sein sollten, haben wir aber auch kein Problem damit, das Thema abzuschließen. Das ist kein Investment, das die Gruppe in Schieflage bringen würde, wenn es nicht funktioniert.

Mit einer Eigenkapitalquote von 60 % stehen Sie mehr als solide da...

Pedross: Ja, das ist nicht branchenüblich. Wir haben keine nennenswerten Bankverbindlichkeiten und können uns immer wieder aus der eigenen Kasse finanzieren.

Apropos finanzieren: Sie haben 2016 wieder einiges investiert...

Pedross: Das waren eher laufende Investitionen in den Austausch und die Erneuerung von Maschinen. Wir haben eine neue große Schleifmaschine für die Furniervorbereitung installiert und zum Jahresende den Auftrag für eine neue Lackierstraße unterschrieben, mit der wir nochmal flexibler sind.

Und wir haben einen benachbarten Verpackungsdienstleister erworben, der aber mit unserem originären Geschäft nichts zu tun hat. Demnächst werden wir die Gruppe in eine Holdingstruktur umformieren und peilen für 2017 einen Konzernumsatz von 60 Mio. EUR an.

Sie waren vor zehn Jahren einer der ersten, der in den Digitaldruck eingestiegen ist. Wie hat sich dieser Bereich entwickelt?

Pedross: Wir können heute für jeden Bodentyp eine Lösung bieten, die sowohl hohe technische Erwartungen erfüllt, als auch besonderen Gestaltungsvorstellungen entspricht. Weltweit einzigartig sind unsere digital bedruckten Holzfurniere. Das kann sonst keiner.

Noggler: Wir sind technisch sehr weit. Nehmen Sie beispielsweise das Thema Metamerie. Ich kenne keinen Hersteller, der von sich behaupten kann, das im Griff zu haben. Wir haben sehr viel darin investiert und konnten den Metamerie-Effekt auf ein Niveau reduzieren, das beim Endkunden nicht mehr zu Reklamationen führt. Dieses Feedback geben uns jedenfalls der Markt und unsere Kunden. Und wir können heute im Digitaldruck individuelle Lösungen schon ab einer angenehmen Losgröße von 240 m anbieten.

Die Evolution beim Druck geht weiter. Der Direktdruck ist die nächste Stufe und Sie verstehen sich auch auf diesem Gebiet als Pionier...

Noggler: Der Direktdruck ist für uns die nächste Generation des Digitaldrucks. Wir beschäftigen uns damit schon lange. Unsere Maschine ist kein modifiziertes Aggregat, sondern eine komplette Neuentwicklung, die unsere Techniker in Zusammenarbeit mit dem Maschinenbauer konzipiert haben. So konnten sie auch knifflige Punkte lösen, wie den Druck um die Kante. Wir sehen uns hier tatsächlich den Marktbegleitern wieder einen Schritt voraus.

Der Digitaldruck ist bei Ihnen bereits industrietauglich, kann individuelle Kundenwünsche erfüllen und es lassen sich damit täuschend echt 3D-Designs gestalten. Warum jetzt der Direktdruck?

Noggler: Zum einen kann man beim Direktdruck den Materialeinsatz verringern, weil man direkt auf das Trägersubstrat druckt. Das bedeutet eine Rationalisierung im Produktionsprozess und hat auch ökologisches Gewicht. Zum anderen ermöglicht der Direktdruck eine besondere Haptik. Bisher waren die Möglichkeiten hier eingeschränkt, weil durch die Ummantelung der Leiste mit Papier oder Furnier nur wenige Millimeter Wirkungsfläche für eine fühlbare Struktur zur Verfügung standen. Beim Direktdruck wird das Druckmaterial direkt aufgebracht und kann in der Menge verändert werden. Entsprechend kann man die Relieftiefe variieren. Vorteil des Direktdrucks ist aber nicht nur, dass die Struktur fühlbar ist, sondern dass sie dem Dekor folgt. So entsteht eine sehr natürliche Nachbildung.

Auf welche Substrate drucken Sie?

Noggler: Unseren Prototypen waren auf Fichte gedruckt - ganz bewusst übrigens, weil Fichte durch ihre Strukturen und Poren schwieriger ist. MDF war dann durch seine glattere Oberfläche die leichtere Übung. Grundsätzlich haben wir uns zum Ziel gesetzt, auf allen Materialien zu drucken.

Digitaldruck ist bereits ausgereifter. Ist das Ergebnis beim Direktdruck qualitativ damit schon vergleichbar?

Noggler: Wir haben an uns selbst den Anspruch, dass die Qualitäten vergleichbar sind.

Und preislich?

Noggler: Da müssen wir sehen, ob wir uns beim Niveau des heutigen Digitaldrucks einpendeln, oder ob man durch Automatisierung, Großserien, Materialeinsparungen vielleicht noch darunter kommt. Bei Individualisierungen sieht das natürlich anders aus. Generell sehen wir den Direktdruck als ein wertiges Produkt mit Zusatznutzen, das man dennoch preislich vorteilhaft positionieren kann.

Befürchten Sie nicht einen Kannibalisierungseffekt für die Hochwertprodukte, sprich furnierte und Massivholzleisten?

Noggler: Natürlich folgt der Markt den Trends, was sich bei uns dann auch im Produktmix niederschlägt. Dennoch wird es immer Kunden auch für die Hochwertprodukte geben.

Bei all den Vorteilen, die Sie zum Direktdruck nennen - macht da der Digitaldruck überhaupt noch Sinn? Ist das dann nicht ein Auslaufmodell?

Pedross: In den nächsten fünf Jahren sicher nicht. So schnell wird das Neue das Bestehende nicht ablösen. Aber wir geben Vollgas, um viele Einsparungen zu generieren. Wir sind mit dem Direktdruck jetzt dort, wo wir mit dem Digitaldruck vor fünf, sechs, sieben Jahren gestanden haben.

Fünf Jahre geben wir uns auf jeden Fall noch. Es sind noch viele Hausaufgaben zu machen, auch wenn manche das anders sagen. Es wird nach wie vor den Digitaldruck geben, es werden weiterhin Furnier und Folien eingesetzt werden. Aber schauen wir mal, ob wir hier in fünf Jahren noch so viele Ummantelungsanlagen stehen haben.

Noggler: Es wird sich auch zeigen, wie die Akzeptanz am Markt ist. Am Ende entscheidet immer der Kunde, was ihm besser gefällt.

Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich auf Produktseite noch - Sonderlösungen zum Beispiel?

Noggler: Die nehmen wir immer mal wieder mit in die Entwicklung auf, am Ende sind es aber eher Einzelwünsche von einem Architekten, einem Endkunden oder sie fungieren als Türöffner. Es war bis dato aber nicht so, dass uns dadurch ganz neue Vertriebskanäle eröffnet worden sind. Bei unserer flächenbündigen Lösung Creativa etwa spielen wir mit Beleuchtung und haben LEDs eingebaut, das ist aber kein Schnelldreher.

Pedross: Die Befestigung ist immer ein Thema. Daran arbeiten wir auch fleißig. Das Ergebnis haben Sie auf der Domotex gesehen: Unser neues Clipsystem, mit dem sich Leisten werkzeuglos montieren lassen. Oberflächen in jeglicher Optik sind auch immer ein Thema. Hier ist der Gestaltungsspielraum durch den Digitaldruck unendlich.

Abschließend noch einen Blick auf den Markt. Sie agieren in einem Nischensegment, das von Familienunternehmen geprägt ist. Wie wird sich das weiterentwickeln?

Pedross: Es gibt nicht so viele, die eine bestimmte Größenordnung erreichen, international präsent sind und die entsprechende Kraft haben, etwas zu bewegen. Man kann sie an einer Hand abzählen. In den letzten sieben, acht Jahren sind wir alle gebeutelt worden und der Markt wird nicht größer. Vielmehr wird er sich konsolidieren. Da ist einiges in Bewegung...

Wir haben in den letzten Jahren diversifiziert, um uns zu stabilisieren und zu stärken. Mein Bestreben ist, die Gruppe gesund aufzustellen, damit sie auf starken Säulen steht und die Arbeitsplätze gesichert sind.
aus Parkett Magazin 05/17 (Wirtschaft)