The Rug Show im Javits Center, New York

Leuchtende Farben, afghanische Klassiker und Flachgewebe

Die Rückkehr lebendiger Farben, das Comeback traditioneller Teppiche aus Afghanistan und vielfältige Flachgewebe standen im Mittelpunkt der diesjährigen Rug Show in New York. Mit über achtzig Ausstellern stellte die Messe in ihrem sechsten Jahr einen Rekord auf - dass die "New York International Carpet Show" diesmal nicht parallel lief, mag dazu beigetragen haben. Die Zahl der Käufer auf der Rug Show fiel dagegen vergleichsweise niedrig aus. | von Stephen Landrigan

Im September zelebrierte die Rug Show im New Yorker Javits Center die künstlerische Vielfalt der Branche - von phantasievollen Freiform-Designs aus der Hand von Erbil Tezçans Wool and Silk bis zum kompromisslosen Traditionslook der Pacific Collection von Fred Hazin.

So präsentierten Caravan und HOC auf innovative Art minimalistische, hellere Designs, während Art Resources mit einem kühnen Einsatz von Farben aufs Ganze ging. Bei Samad und Lapchi stand die Struktur im Vordergrund. Tissage setzte traditionelle osmanische Muster kreativ um, während Zollanvari neue, japanisch inspirierte Wege ging. Daneben gab es eine große Vielfalt an Flachgeweben: Nasiri Carpets, Knot & Co. und Mobayen/Ayka schlossen sich mit Kirkit aus Istanbul der Mission an, den Blick für das optische Potenzial von Flachgeweben radikal zu erweitern.

"In Sachen Design stehen die Zeichen auf Unendlichkeit", so Behrooz Hakimian von Woven Concepts, "und zwar, was Materialien angeht genauso wie in der Vielfalt der Strukturen." Sein Stand war das beste Beispiel, mit eindrucksvollen Sari-Seiden aus seiner Rumi-Kollektion, Freiform-Farbspielen und einem Schwerpunkt auf der haptischen Seite der Teppichkunst.

Mit über achtzig Ausstellern - ein Rekord für die Messe in ihrem sechsten Jahr - schien die Vielfalt größer denn je. Ein Grund mag sein, dass die Rug Show diesmal ohne Konkurrenz war: In den Vorjahren war sie stets mit der New York International Carpet Show (NYICS) zusammengefallen, die dieses Jahr nicht stattfand.

Rückkehr von Farbe und
traditionellen Mustern

Angesichts dieser Fülle Trends auszumachen, fällt nicht leicht. Aber: Ein paar gab es trotzdem. An erster Stelle steht das Comeback kräftiger Farben, und - damit Hand in Hand - die unerwartete Rückkehr traditioneller Teppiche, vor allem aus Afghanistan. Gleich mehrere Anbieter hatten solche Stücke im Angebot. Eine gewisse Ironie: Als die NYICS im September 2005 an den Start ging, überraschte und begeisterte sie die traditionsverbundene US-Teppichindustrie mit frechen, innovativen Designs. Nun schließt sich offenbar der Kreis der Mode.

Fred Hazin von Pacific Collection ist bekannt für Teppiche in satten, intensiven Tönen aus afghanischen Naturfarbstoffen. In unverkennbarer Weise arrangiert er historische Designelemente und hat so eine neue visuelle Sprache für Teppiche gefunden. Binnen weniger Stunden waren die Teppiche, die er auf der Messe dabei hatte, bis auf das letzte Stück verkauft.

Einige Stände weiter zeigten Sheila und Marty Rahmanan von Lotfy & Sons Teppiche, die sie in Afghanistan knüpfen lassen. Dabei greifen sie auf traditionellere Muster und die Kraft des Zusammenspiels bekannter Motive zurück. "Die Leute haben genug von Grautönen", sagte Sheila Rahmanan und blickte über die visuell unverwechselbare - und für Lotfy’s typische - Kollektion übergroßer Teppiche. Doug Lay von Persian Carpet in Durham, North Carolina, war zum ersten Mal als Aussteller dabei und begeistert von den Reaktionen auf seine afghanischen Klassiker. "Wir hätten im Leben nicht gedacht, dass es so gut laufen würde", sagte er, als die Messe dem Ende zuging. Unterdessen beeindruckte Abdul Sattar Karimi von Andkhuy Rugs aus San Francisco auf einer geräumigen Eckfläche mit glanzvollen Stücken. Sie stammten aus dem Haus seiner Familie im Herzen der nordafghanischen Teppichkunst-Region.

Am anderen Ende der Halle verkaufte Sayeed Hasanzadah von Merrifield Oriental Rugs in Washington, DC, afghanische Teppiche und zeigte die eindrucksvolle Kopie eines persischen Teppichs, der 2013 bei Sotheby’s für 33 Millionen US-Dollar den Besitzer gewechselt hatte. Auch Said Neman hatte höchst unterschiedliche afghanische Hingucker dabei, die Design-Quellen reichten von einem traditionellen Bidjar-Muster bis zu Op-Art-Highlights wie dem Vollmond, der durch Baumkronen leuchtet. Tepp Team wiederum zeigte seine bewährte Auswahl an großartigen persischen Designs, während Turkish Carpets und Sultanhan nicht weniger lebendige türkische Stücke mitgebracht hatten.

Besondere Erwähnung verdient Rug Show-Veranstalter Ramin Mobayen. Seine Kelims kann man nur als psychedelisch bezeichnen: Die grell leuchtenden Gelb-, Grün- und Rottöne schlugen das Prinzip feiner Untertöne beherzt in den Wind.
Neutrale und subtilere Töne
bleiben beliebt

Abgesehen von der Begeisterung für die Rückkehr satter Farben haben neutrale und feinsinnigere Töne unter Verkäufern und Käufern aber weiterhin ihre Fans. Während Caravan einen blassfarbenen Teppichballen nach dem anderen öffnete, standen die Einzelhändler schon Schlange, um sie zu kaufen. "Ich muss mich in Sekundenbruchteilen entscheiden", sagte Paul Davidson von David Alan Rugs in Austin. "Weiche Grautöne sind gut. Von Grün halte ich mich fern."

Peter Hens, belgischer Teppichhersteller in dritter Generation, hat seine Kollektion in sanften Tönen zusammen mit seiner Frau Fabi entworfen. Einige Stücke bauen auf geometrische Schlichtheit, andere auf breite, gedämpfte Farbflächen. Akzente setzen sie - mit verschiedenen Florhöhen und Materialien - auch in der Struktur. Die Teppiche von HOC werden in Nepal handgeknüpft.

Stolz präsentierte David Samad seine Luxus-Jaipur-Teppiche mit Spezialwäschen, die den luxuriösen Charakter seiner Kollektion Ancient Wool & Silk noch unterstreichen: Auf den warmen, sanften Farbflächen deuten sich zurückhaltende Designs an. Auch seine beliebten Tiermotive warteten nur darauf, entdeckt zu werden.

Die osmanische Kelim-Kollektion von Nikki Kapoor von Tissage kombinierte Granatäpfel mit jahrhundertealter mongolischer Symbolik - in abrasch-ähnlichen Schattierungen der Töne Grau, Rost und Creme.

Erbil Tezcan brachte Teppiche in warmen Farben mit, darunter bildhafte Stücke wie auch solche, die eine gute Atmosphäre verbreiteten und das Design der Fantasie überließen. Ein besonders persönliches Exemplar zeigte Erbils Lieblingsbadeort nahe Marmaris in seiner Heimat Türkei.

Yogesh Chaudhary von Jaipur Rugs führte amerikanische Käufer in die preisgekrönte Unstring-Kollektion seiner Schwester Kavita ein, die auf der diesjährigen Domotex einen Carpet Design Award erhielt.

Alle ehemaligen und zukünftigen Trends kamen in der eindrucksvollen Ausstellung von Baki Ildiz von Creative Touch zusammen. Seine neue Linie Bosphorus bringt Minimalismus und Klassisches in tiefen, dunklen Tönen zusammen. Die Dutzenden Muster aus verschlungenen geometrischen Formen erinnerten teils an primitive Zeichnungen und teils beinahe an Mamluken-Teppiche. Auch wenn Ildiz dieses Jahr Qualitäten aus hochwertiger Wolle und echter Seide eingeführt hat: Käufer, die seine Patchworks und überfärbten Teppiche lieben, sind ihm nach wie vor willkommen.

Jenseits der Trends

Dann waren da noch die Teppichanbieter, die sich ohne Rücksicht auf aktuelle Trends ihre eigenen Märkte schaffen. Robin Gray Design aus Santa Fe, New Mexico, zeigte ihre zeitgenössischen handgeknüpften Teppiche aus Wolle, Bambus und Seide - vor allem von tibetischen Knüpfern in Nepal, aber auch in Indien lässt sie Teppiche herstellen.

Lapchi hatte den Designer Mariccio Battilossi mit auf die Messe gebracht: Er sprach über seine Linea-Kollektion. Wie alle Lapchi-Teppiche ist diese Reihe sehr persönlich und nach innen gerichtet. Sie kombiniert markante dunklere Flächen auf ungewöhnliche Weise mit Grautönen. Lani Baker Smith von Lapchi hatten es vor allem die Fransen an den Kanten einiger ihrer Teppiche angetan. Dieser individuelle Touch ist es, der die Lapchi-Produkte auszeichnet.

Auch für viele andere, die Varianten ihrer aktuellen Themen anboten, lief es hervorragend. Die Auftritte von New Moon, Azad USA, Tamarian, Harounian und Tufenkian Artisan Carpets waren durch die Bank spannend.

Hand- und maschinengewebte
Teppiche als Kontrapunkt

Maschinengewebte Teppiche bildeten einen Gegensatz zu den meist handgeknüpften Stücken der Ausstellung. Alan Russell vom belgischen Weber Louis de Poortere zeigte Flachgewebe, die in den letzten fünf bis sieben Jahren Bestseller-Rang erreichten. "Unsere Arbeit stützt sich auf die jahrhundertealten Traditionen der flämischen Weber", sagt er. Alle Abschlüsse und Kanten sind von Hand umnäht.

Die Teppiche von Paulig aus Deutschland sind handgewebt und schaffen eine höchst individuelle Haptik. Indem sie Wolle, Baumwolle, Seide, Sisal, Jute und Hanf verarbeiten, variieren die Weber die Dicke der Teppiche von dünneren Flachgeweben bis hin zu knotigen, grobfädigen, kieselartigen Strukturen. Gerade in kälteren Klimazonen werden solche Teppiche gut verkauft.

Vor- und Nachteile
von Bambus-Viskose

Ein Thema, das die Gespräche zwischen Ausstellern und Einzelhändlern durchzog, waren Bambusviskose und andere Viskosefasern, die heute in vielen Fällen Teppichen Glanz verleihen - zu einem Bruchteil der Kosten von Seide. Seit Bambusviskose vor einigen Jahren in den Markt flutete, begeistert sie immer mehr Verbraucher. Allerdings ist sie im Vergleich zu Wolle schwer zu reinigen. Einige Aussteller erläuterten darum explizit, wie sie ihre Viskose mit Wolle verzwirnen, um die Reinigung zu erleichtern: Während Bambusviskose nach Verschmutzungen verfärbt bleiben kann, erreicht die Wolle wieder ihre ursprüngliche Farbe. Ein Fleck fällt so weit weniger auf.

Eine Frage der Kommunikation

Auch wenn viele Aussteller von guten Verkaufszahlen sprachen, waren sie sich doch in einem Punkt einig: Die Zahl der Käufer auf der Messe war relativ niedrig. Ein Trend, der die Teppichmessen zunehmend in Bedrängnis bringt in Zeiten, da das Internet, Großflächenanbieter und wechselnde Geschmäcker die Branche herausfordern. Als Käufer sieht Roz Rustigian von Rustigian Rugs in Providence, Rhode Island, die Aussteller in der Pflicht, Kunden auf die Messe zu locken. "Sinnvolle Kommunikation gibt es kaum noch, eine E-Mail ist schnell gelöscht. Aussteller sollten die Käufer ein paar Wochen vorher anrufen und sie ermuntern zu kommen. Früher haben die Aussteller ihre besten Kunden zum Cocktail oder auf Dinnerpartys eingeladen. Heute schickt ein Praktikant eine Rundmail los - Sie sehen ja, wie gut das funktioniert."

Schließlich gab es noch den "Art Day", eine neue Idee der Rug Show, die einen festen Platz im Programm verdient. Creative Matters aus Toronto, die vor allem große Konzept-Teppiche für Neubauten entwerfen, zeigten, wie sie ihre Entwürfe entwickeln, die ihnen regelmäßig neue Aufträge - und Preise - einbringen. "Viele unserer besten Entwürfe entstehen, indem wir mit Farbe und anderen Elementen spielen und einfach mal sehen, was dabei herauskommt", erklärte Creative-Matters-Chefin Carol Seibert.

Auf der Rug Show steckte sie je ein Dutzend Teppichkäufer in weiße Plastikschürzen und forderte sie heraus, ihren künstlerischen Impulsen nachzugeben. Am Ende der 20-minütigen Sessions wurden die Meisterwerke im Rohstadium neben den anderen, die den Tag über entstanden waren, ausgelegt. Wer weiß: Vielleicht sehen wir im nächsten Jahr den Gewinner.•
aus Carpet Magazin 01/18 (Wirtschaft)