Istanbul Carpet Week 2017

Bühne frei – für den türkischen Teppich


von Stephen Landrigan

Mit viel Elan erarbeitet sich die Istanbul Carpet Week einen Platz unter den wichtigsten Einträgen im Kalender der Teppichbranche: Das Event, organisiert vom Istanbuler Verband der Teppichexporteure (IHEB), hat sich in wenigen Jahren zu einer Veranstaltung entwickelt, die die Vielfalt der türkischen Teppichwelt in einem besonderen Rahmen präsentiert. Damit bietet sie der wachsenden Zahl von Einkäufern aus aller Welt einen perfekten Rahmen fürs Geschäft.

Teils Ausstellungsfläche für hand- und maschinengewebte Teppiche sowie Kelims, teils Bühne für Vorträge zu den prägenden Kräften der Branche in Vergangenheit und Gegenwart, teils Design-Event mit einer glanzvollen Preisverleihung für junge Teppichdesigner: Auf der Istanbul Carpet Week pulsiert die Kreativität der gesamten türkischen Teppichbranche.

Für den IHEB-Vorsitzenden Uur Uysal ist das Event ein guter Weg, um "internationale Aufmerksamkeit auf unser Erbe und das Designpotenzial in der heutigen Türkei zu lenken." Das gelang der Veranstaltung - und zwar auf spektakuläre Weise.

Herzstück des viertägigen Events im Oktober war die Ausstellung der besten Teppiche, die die Türkei heute zu bieten hat. Etwa 60 Hersteller zeigten ihre Produkte auf zwei Ebenen eines Pavillons auf dem Gelände des Istanbuler Textilverbandes. Besonders die große Anzahl hervorragender Kelims weckte Aufmerksamkeit, da dieses Marktsegment weltweit wächst.

Immer wieder betonten Aussteller ihre Absicht, die Teppichfertigung an Orten wiederzubeleben, an denen seit Jahrzehnten keine Teppiche mehr geknüpft worden sind. Auf diese Weise würden Europa und andere Märkte dann die Qualität neuer türkischer Teppiche und Kelims schätzen lernen - so wünschte man sich das jedenfalls.

Neben der Teppichausstellung war die Carpet Week auch Fachkonferenz. Die Teilnahme von Teppichexperten aus zahlreichen Disziplinen belegt die Ernsthaftigkeit, mit der die türkische Teppichbranche sich ihren Platz zurückerobert.

Alix G. Perrachon, Autor und Innenarchitekt aus den USA, sprach über aktuelle Trends - zusammen mit Matthew Bourne von Christopher Farr, London, der als Händler den antiken Teppichen stark verbunden ist, aber auch viele zeitgenössische im Portfolio hat. Louise Broadhurst vom Londoner Auktionshaus Christies zeigte anhand verblüffender Verkaufspreise, die in letzter Zeit für antike türkische Teppiche erzielt wurden, wie hoch das Interesse an älteren türkischen Teppichen weiterhin ist.

Außerdem hielt Teppichdesigner Erbil Tezçan einen Vortrag vor etwa hundert jungen Designern. Viele der Teilnehmer sagten anschließend, sie hätten nie wirklich über Teppichdesign nachgedacht - und seien nun begeistert über die Möglichkeit, von einem Meister dieses Fachs zu lernen.

Spektakuläre Gala
für das beste Design

Acht junge Designer wurden auf der Gala des nationalen Wettbewerbs für Teppichdesign geehrt - ein klarer Höhepunkt der Istanbul Carpet Week. Mit Witz, Musik, mit Scheinwerfern und Fernsehkameras, die an Schwenkarmen über die Köpfe des Publikums glitten, schaffte die Zeremonie Energie im Hollywoodformat.

Als Vorsitzender der Jury, die Finalisten und Gewinner wählte, würdigte Nihat Yildiz die jungen Designer: "Ihre Wahrnehmung ist eine andere als unsere. Sie entdecken, was bisher niemand entdeckt hat. Sie tun, was bisher niemand getan hat. Und: Sie geben ihm eine andere Form und Dimension." Ziel des Design-Wettbewerbs sei es, junge Künstler und Designer aus der ganzen Türkei zu ermutigen, ihre Ideen in Teppiche oder Kelims umzusetzen.

Der diesjährige Gewinner war Zeynep Gürbüz: In seinem Design schweben wolkige Büschel über einem Feld aus pastellfarbenen Karos. Ebenfalls im Wettbewerb: Gizem Tatars Cluster organischer Schwarz-Weiß-Formen, die perfekt in viele design-fokussierte High-End-Kollektionen passen würden. Oder das Design von Hatice Ebru Açikkol, das die tiefen Blau-, Rot-und Orangetöne traditioneller türkischer Teppiche mit einem eindringlichen, halb ausradierten geometrischen Muster aus ihrer eigenen Feder kontrastiert.

Rahmenprogramm

Teil der Agenda der Istanbul Carpet Week ist ein Ausflug der Einkäufer zu den Showrooms der Aussteller, die vor allem im zentralen Sultanahmet-Bezirk lagen. Teppiche, die ihnen auf der Messe gefallen haben, sehen sie so noch einmal in einer größeren Auswahl von Stilen und Farben. So entwickeln sich aus guten persönlichen Messekontakten gute Verkäufe.

Die Istanbuler Teppichwoche fiel zusammen mit der Eröffnung einer temporären Ausstellung im Museum für türkische und islamische Kunst: Sie zeigt feine Seidenteppiche, die armenische Knüpfer im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert für den osmanischen Hof im Istanbuler Kumkapi-Bezirk fertigten. Transport- und Logistikmagnat Lucien Arkas, Mitglied einer alten französisch-levantinischen Familie aus Izmir, hat die 32 Meisterstücke über Jahre zusammengetragen. Gleichzeitig hat das Museum auch seine weltberühmte ständige Teppichausstellung wiedereröffnet: Sie wurde umstrukturiert sowie neu ausgeleuchtet und beschriftet.•
aus Carpet Magazin 01/18 (Wirtschaft)