Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung stellt Zertifikat vor

"IBF geprüft" bewertet Leistungsfähigkeit von Estrichzusatzmitteln

Das Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) lud am Sitz in Troisdorf zu einem Fachpressegespräch ein, um sein neues Zertifikat "IBF geprüft" vorzustellen. Erster Nutzer dieses Labels ist Verlegewerkstoffhersteller Uzin, der dort seine Estrichzusatzmittel prüfen lässt und die Produkt-Eigenschaften auch extern kommuniziert. Das IBF ist bereits mit weiteren interessierten Herstellern im Gespräch. Der Vorteil des Zertifikats besteht in der Bewertung der absoluten Leistungsfähigkeit von Produkten, sodass Estrichleger belastbare Aussagen zu den Estricheigenschaften machen können.

Der flüchtige Betrachter könnte sagen: "Oh Gott, das ,IBF geprüft’ ist noch ein weiteres Zertifikat. Haben wir nicht schon genug davon?" Wenn man sich allerdings dem Markt der undurchsichtigen Estrichzusatzmittel nähert, trifft man auf abenteuerliche Produktaussagen - meistens im Hinblick auf Trocknungszeiten. Als Extremfall wurde ein klassischer Portlandzementestrich genannt, der angeblich nach zwei bis vier Tagen belegreif sein sollte. Alle Teilnehmer des Fachpressegesprächs beim IBF waren sich einig, dass das nicht möglich ist. Ein Zertifikat, das Klarheit und Sicherheit für den Estrichleger bietet, ist in diesem Marktumfeld durchaus hilfreich.

Was macht das IBF konkret? Geschäftsführer Dr. Roland Augustin hat auf Basis der Technischen Empfehlung des BEB (11/2016) ein Prüfprogramm entwickelt, das viele bekannte Parameter für Frisch- und Festmörtel abdeckt. Im Frischmörtel findet man Additive wie Fließmittel, Luftporenbildner, Stabilisierer, Verzögerer und Beschleuniger. Verflüssiger und Fließmittel sorgen beispielsweise für eine Verbesserung der Verarbeitbarkeit und Verdichtbarkeit des Estrichs, für eine bessere Einbettung von Heizrohren, höhere Festigkeiten, geringeres Schwinden und Schüsseln sowie kürzere Austrocknungszeiten. Bei Festmörtel sorgen klassische Prismenprüfungen für Aussagen bezüglich der Biegezug- und Druckfestigkeit der Estriche. Der IBF-Geschäftsführer betonte, dass sich die Rahmenbedingungen für die Estrichverlegung in den letzten 20 Jahren gravierend verändert haben: "Wir haben heute fließfähige Estriche, Schnellzemente und mit Additiven beschleunigte Systeme. Wir müssen uns fragen, ob unsere Estrichnorm DIN EN 13813 - Estrichmörtel und Estrichmassen die Realitäten auf der Baustelle noch korrekt abbildet."

Marktfülle sorgt für Verunsicherung

Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren Anbieter von Estrichzusatzmitteln wie "Pilze aus dem Boden geschossen". Der Hintergrund sind die aktuellen Rahmenbedingungen des Bauens: Immer schnellere Bauweisen, dichte Baukörper in Form von gedämmten Gebäuden oder sogar Passivhäuser, feuchte Sommerphasen und schlechte Trocknungsbedingungen. Alles zusammen begünstigt den Markt von Estrichzusatzmitteln. Langjährige Beobachter der Branche beklagen, dass die Marktfülle an Produkten zur schnellen Belegreife, Erhöhung der Festigkeit und besseren Verarbeitung beim Estrich zu Verunsicherung bei Planern und Verarbeitern führt.

Stefan Holdinghausen, Geschäftsführer bei Fußboden König, einem Verlegebetrieb für Bodenbeläge und Estriche mit 58 Mitarbeitern und 12 Nachunternehmen, führt bei vielen Baustellen eine Eigenüberwachung durch, um die Estrichqualität zu kontrollieren und Schäden zu vermeiden: "Wir lassen regelmäßig die Dosierung der Estrichzusatzmittel, die Mischungen und die Sande prüfen, gleiches gilt für die Prüfung der Biegezug- und Druckfestigkeit." Der Hintergrund ist ganz einfach. Holdinghausen ist deutschlandweit tätig und erhält nicht flächendeckend seinen gewohnten Zement und auch nicht die üblichen Sande, sodass Qualitätsschwankungen die Folge sind. Dass der Betrieb mit seiner selbst auferlegten Sicherheitstaktik gut fährt, zeigt die Bilanz von insgesamt drei Schadensfällen in 17 Jahren und davon die letzten 14 Jahre schadensfrei, wie Holdinghausen glaubhaft berichtete.

Transparente und
nachvollziehbare Prüfmethode

Holdinghausen forderte, dass geprüfte und sichere Estrich-Beschleunigersysteme auf den Markt kommen müssen, die den Gegebenheiten auf der Baustelle und nicht im Labor entsprechen. Die Herausforderungen auf der Baustelle seien die bauklimatischen Bedingungen, wechselnde Sande, die Streuung der Zemente, logistische Einbaufaktoren wie die Schlauchlänge, die Verarbeitung und sicher zu erreichende Festigkeiten. Holdinghausen sprach sich für eine transparente und nachvollziehbare Prüfmethode aus. "Ein geprüftes Produkt sorgt bei den Verarbeitern für eine Grundsicherheit." Er könne sich vorstellen, dass sich die derzeitige "Wundertüte Beschleuniger" zu einem auch in den Fachverbänden anerkannten System entwickeln könne, wenn man sich auf ein einheitliches Prüfprozedere verständigt.

Der BEB-Vorsitzende Michael Schlag macht in seinem Betrieb Günter Schlag ähnliche Erfahrungen. "Wir bauen häufig innerhalb kurzer Zeit sehr schnell viel Fläche ein. Parallel sind die Fenster von außen mit Folie verklebt, sodass ein effektives Lüften nicht möglich ist." Schlag sprach sich dafür aus, ein einfaches System zu entwickeln, dass ohne zusätzliche Lüften auskommt, weil oftmals niemand da ist, der sich darum kümmert. Die Nachfrage nach beschleunigten Systemen in Schlags Betrieb werde immer größer, da die Beteiligten mit jedem Liter Wasser im Gebäude ein Problem hätten. Wenn man den Feuchtigkeitsnebel und an den Fenstern herunterlaufendes Wasser ignoriere, drohe im schlimmsten Fall eine gesundheitsgefährdende Schimmelbildung.

Dichte Bauweise:
Das Wasser muss aus dem Gebäude

Dr. Roland Augustin brachte es auf den Punkt: "Wir haben auf der Baustelle einen hohen Zeitdruck, der von der dichten Bauweise der Gebäude und von der mangelhaften Baustellenbetreuung beeinträchtigt wird." Einerseits werden heute Gebäude nach der Energieeinsparverordnung (ENEV) gebaut, die so dicht sind, dass nichts mehr herausgeht. "Gleichzeitig bauen wir Estriche so ein, wie vor 30 Jahren - das passt nicht mehr zusammen und damit müssen wir uns auseinandersetzen", so Dr. Augustin. Oder kurz gesagt: "Man muss zwar Wasser einsparen, aber die Estrichqualität darf nicht leiden."

Bis bei einem konventionellen Zementestrich ohne Estrichzusatzmittel die Belegreife von 2,0 CM-% erreicht wird, muss man schon einen langen Atem mitbringen. Je nach Dicke und konkreten Baustellenbedingungen können das schon deutlich mehr als vier Wochen sein. Im schlimmsten Fall dürften das grob 80 bis 100 Tage sein, rechnete Dr. Augustin vor: "Das bedeutet zwei bis drei Monate Stillstand auf der Baustelle, das ist einfach zu lange und nicht mehr zeitgemäß."

Die Gesprächsrunde in Troisdorf war sich auch darüber einig, dass man mit einer Belegreife von 2,0 CM-% mittlerweile ein niedriges Niveau erreicht habe. Tatsächlich hat das IBF im Auftrag der Bundesfachschule Estrich und Belag eine 260 Tage dauernde Untersuchung durchgeführt, bei der Kautschukbeläge und Parkett auf zu feuchtem Estrich bei 3,2 CM-% Restfeuchte verlegt wurden. Im Fall der Kautschukbeläge kam es zu einer Blasenbildung, bei dem diffusionsoffenen Parkett gab es keine Schäden. Dr. Augustin blickte voraus: "Wir überlegen mit Verlegewerkstoffherstellern, ob man erhöhte Freigabebedingungen messtechnisch darstellen kann, um die Anwendung getesteter Produkte auch bei erhöhten Restfeuchtebedingungen zu erlauben."

Wie kann die Industrie
den Kunden Sicherheit bieten?

Dr. Norbert Arnold, Leiter Technische Sortimentsentwicklung bei Uzin, hat sich ganz bewusst für das neue "IBF geprüft"-Zertifikat entschieden. Die Ulmer kennzeichnen als erster Anbieter so ihre Produkte. "Wir haben mit dem IBF ein Label entwickelt, weil wir bei diesem Thema Transparenz wollen." Dr. Arnold sind in diesem Zusammenhang klare Begrifflichkeiten sehr wichtig. Dazu dient auch das TKB-Merkblatt 14, in dem die Bezeichnungen Estrichzusatzmittel und Schnellzemente eindeutig definiert werden. Zwei völlig unterschiedliche Produktgruppen, die im Alltag häufig nicht differenziert voneinander betrachtet werden. Für Verwirrung sorgt besonders der Begriff "beschleunigter Estrich", den Dr. Arnold als irreführend einstuft: "Bei dem beschleunigten Estrich ist nichts beschleunigt, sondern einfach die Trocknungszeit verkürzt." Er begründete: "Das sind zwei unterschiedliche Dinge und die erreicht man ganz einfach, indem man weniger Wasser in die Mischung hineingibt."

Eindrucksvoll veranschaulichte Dr. Arnold dies mit einem Vergleich des Restwassergehalts (Wasser, das physikalisch trocknen muss) von Calciumsulfatestrich, Zementestrich, Zementestrich mit Estrichzusatzmittel und Schnellzementestrich. Pro m2 liegt der Wasserverbrauch im Fall von CAF bei 14 l, beim Zementestrich bei 7 l, beim Zementestrich mit Zusatzmittel bei 4 l und beim Schnellzementestrich sogar nur bei 1 l. Dr. Norbert Arnold brachte zum Ausdruck, dass er von der Wirkungsweise von Estrichzusatzmitteln genau wie von Schnellzementestrichen überzeugt sei - ganz bewusst hat sich der Verlegewerkstoffhersteller entschieden, beide Produktgruppen im Sortiment zu führen. Um Wirkungsweise der Produkte glaubwürdig in den Markt tragen zu können, hat sich Uzin für die Nutzung des Zertifikats "IBF geprüft" entschieden, das auf den Gebinden und Säcken abgebildet ist.

Fazit: Das neue Zertifikat sorgt für Transparenz in Bezug auf Estrichzusatzmittel und Schnellzementestriche und belegt die objektive Leistungsfähigkeit der Produkte, gibt dem Verarbeiter Sicherheit und vermeidet Streitigkeiten auf der Baustelle.

Vielfach werden Beläge
erst verspätet verlegt

Kurioses am Rande: Die Praxis beweist, dass viele Estriche gar nicht mit Estrichzusatzmitteln so sehr "beschleunigt" werden müssten, weil sie nach der Belegreife aus unterschiedlichen Gründen dann doch nicht kurzfristig mit Bodenbelägen belegt werden - nur so genau weiß man das vorher nicht. Ein Objekteur wie Holdinghausen braucht im Schnitt 14 weitere Tage, bis die Bodenbelagsverlegung erfolgt. Brauchen wir also gar keinen zeitlichen Turbo? Dem widerspricht Holdinghausen entschieden: Wir brauchen die Estrichbeschleuniger auf jeden Fall, weil es ja sein könnte, dass der Estrich doch planmäßig schnell belegt werden muss. "Gerade in Zeiten von immer dicken werdenden Estrichen kommen wir heutzutage ohne Estrichzusatzmittel und Schnellzementestriche nicht mehr aus."
aus FussbodenTechnik 03/18 (Wirtschaft)