Innung Nordost tagte in Wismar

Sich für die Meisterpflicht stark machen


Die Innung Nordost schafft es, ihre Mitglieder zu mobilisieren - gut 200 Teilnehmer kamen auf der jährlichen Tagung nach Wismar. Industrie und Handel waren mit einer Ausstellung von knapp 30 Ständen vor Ort. In einem Thema waren sich alle einig: Die Meisterpflicht muss wieder her!


"Der Branche geht es in den überwiegenden Fällen gut bis sehr gut", erklärte Obermeister Torsten Weber bei der Begrüßung der Gäste in Wismar. Das gelte besonders im Privatkundenbereich. Da habe der Bedarf an handwerklicher Arbeit deutlich zugenommen. "Aber nach einem Hoch kommt immer auch ein Abschwung, nur wann?" Diese Sorge verbindet sich mit der Kritik bezüglich vielerorts sinkender Qualität der Arbeitsausführung. Holger Wiehle, Mitglied des Innungsvorstandes:

"Man braucht nicht mal einen Gesellenbrief, um sich als Parkettleger selbstständig zu machen. Das wissen viele Politiker nicht und war 2004, als die Meisterpflicht aufgehoben wurde, auch nicht die Intention."

Mit dem Argument, ein Handwerker müsse seinen Beruf ordentlich gelernt haben, zieht die Branche derzeit in den Kampf um "Rückvermeisterung". Der Begriff mutet merkwürdig an, aber man spürt frischen Wind. Dirk Neumann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle: "Es gibt eine historische Chance, weil gemerkt wurde, dass niemand mehr ausbildet und die Fähigkeiten sinken. Der Verband darf jedoch nicht warten, bis seine neue Meisterprüfungsordnung fertig ist, denn die Entscheidung fällt 2019."

Führend in der Meister-Forderung waren zunächst die Fliesenleger. Schnell aufgegriffen hatte den Handwerkerwunsch ausgerechnet die AfD mit einem Antrag im Bundestag am 27. September 2018 zur Wiedereinführung der Meisterpflicht. "Leider sind vor allem Politiker dafür, die nicht der Bundesregierung angehören", sagt Obermeister Torsten Weber. Druck macht aber auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Er hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, die Möglichkeiten aus deutscher wie europäischer Sicht zu prüfen. Holger Wiehle: "Man kann das nur EU-konform machen. Laut Gutachten stünde unserer Meisterpflicht nichts entgegen, allerdings bremsen diejenigen Berufe, die heute noch in der Handwerksrolle A sind."

"Es braucht eine Rechtfertigung
gegenüber der EU."

Ursprünglich war die Gefahrgeneigtheit das Argument der Parkettleger, ihren Beruf als meisterwürdig einzustufen. Heute wird eher auf die Notwendigkeit fachlich qualifizierter Ausbildung verwiesen. Dirk Neumann: "Man sollte sich durch Sachverständige schriftlich eine Liste aufstellen lassen, welche Schäden in den vergangenen Jahren aufgetreten sind. Das kann man den Politikern dann mundgerecht servieren." Der Mann von der Handwerkskammer macht sich jedoch keine Illusionen. "Es braucht eine Rechtfertigung gegenüber der EU." Und selbst im Erfolgsfall ließe sich eine "Rückvermeisterung" leicht umgehen. "Bruchstelle des Handwerks wird das Reisegewerbe sein, das man überall anmelden kann. Außerdem darf jeder, der in seinem Heimatland einen Beruf berechtigt ausüben kann, das auch im EU-Bereich tun."

Dass die Ausbildungs- und Nachwuchsproblematik in der Branche auch im Osten der Republik auf die fachliche Expertise drückt, zeigen die Lehrlingszahlen. Für die Berufsschule Plauen nannte Lehrlingswart Rico Zellhuber im 1. Lehrjahr 26, im 2. Lehrjahr 10 und im 3. Lehrjahr 9 Parkett- sowie entsprechend 21, 24 und 11 Bodenleger. Die Gesellenprüfung 2018 bestanden alle 10 Teilnehmer, allerdings mit einer Punktzahl, die nicht für einen Landessieger reichte.

Annette Sommerfeld von der im Max-Bill-Schule umbenannten Marcel-Breuer-Schule in Berlin hatte folgendes beizusteuern: von 11 Parkettlegerkandidaten erhielten 8 ihren Gesellenbrief. Landessieger wurde Jean Jacques Grasse vom Parkett und Dielencenter Waltersdorf. Bei den Bodenlegern traten 10 Ausgelernte an, 7 wurden freigesprochen. Auf die Kür eines Landessiegers wurde verzichtet. An Parkettleger unterrichtet werden im 1. Lehrjahr derzeit 15, im 2. Lehrjahr 21 und im 3. Lehrjahr 9, dazu Bodenleger entsprechend 27, 18 und 15. Im Laufe der dreijährigen Ausbildung zeige sich ein zu großer Teilnehmerschwund. Ein Patentrezept, was dem entgegengesetzt werden kann, hat man aber weder im Osten noch im Westen. | Henrik Stoldt
aus Parkett Magazin 01/19 (Wirtschaft)