Redaktionsgespräch mit Dr. Jens Hofele, Inhaber Velosit

"Wir tragen Schnelligkeit im Namen"


Velosit ist ein junges Bauchemieunternehmen für mineralische Produkte, die auf einem Baukastensystem basieren. Der Geschäftsführende Gesellschafter Dr. Jens Hofele vertreibt Bodenausgleichsmassen, mineralische Beschichtungen, Industrieböden und Zementfließestrich und setzt dabei ausschließlich auf schnelle Produkte. In Kombination mit Mixmobilen und Pumptrucks können so auch kleinere Verlegebetriebe große Flächen abwickeln, wie ein Objekt in Herzebrock beweist.

FussbodenTechnik: Herr Dr. Hofele, Sie haben Velosit vor fünf Jahren auf der "grünen Wiese" in Horn-Bad Meinberg Nähe Detmold gegründet. Welche Vorteile hat ein junges Bauchemieunternehmen gegenüber langjährigen Marktteilnehmern?

Dr. Jens Hofele: Man hat den Vorteil, dass man am Anfang ein weißes Stück Papier vor sich hat und bei Null starten kann. Mir war es wichtig, ein straffes Produktprogramm ohne 50 komplett unterschiedliche Rezepturen zu entwickeln. Deshalb bin ich von einem Baukastensystem ausgegangen. Ich habe eine Bindemittelplattform auf Basis von Ettringitbildnern entwickelt, die in allen Produkten enthalten ist. Die meisten Produkte sind zu 95 % identisch, nur die restlichen 5 % machen zum Beispiel aus einem standfesten Reparaturmörtel eine Bodenverlaufsmasse; bei unseren Abdichtungen ist es zugegeben ein wenig komplizierter.

FT: Wie sind Sie bei Ihrer Unternehmensgründung vorgegangen?

Dr. Hofele: Die ersten acht Monate habe ich mich in einem kleinen Büro mit meiner Laboreinrichtung eingemietet, die Rezepturen getestet und die Produktionsanlage geplant. Die ersten Mitarbeiter habe ich Ende 2014 eingestellt, als unsere Produktionshalle und die Maschinen aufgestellt waren. Ich habe in dieser für mich interessanten Zeit sehr viel Unterstützung von Lieferanten erhalten, die mir signalisierten, dass sie die Neugründung begleiten wollten.

FT: Warum war es Ihnen so wichtig, auf ein Baukastensystem zu setzen?

Dr. Hofele: Wenn man neue Spachtelmassen, mineralische Beschichtungen und Fließestrich formuliert, greift die Bauchemie gerne auf immer wieder neue Rohstoffe zurück, die von Lieferanten angepriesen werden. Über lange Jahre führt das dazu, dass das eigene Lager auf mehrere Hundert Rohstoffe anwächst. Das wollte ich unbedingt vermeiden, weil man alle Ausgangsstoffe ständig bevorraten muss. Ich wollte meine Produktverfügbarkeit dadurch sicherstellen, dass ich mit wenig Rohstoffen und ausreichend Bestand immer schnell produzieren kann.

Ich musste auf bestehende, etablierte Produkte keine Rücksicht nehmen, da ich ausschließlich die dritte Generation von Ettringitbildnern einsetze. Auf diese Weise komme ich mit fünf Silos aus, weil ich mich bei den Rohstoffen sehr beschränke. Ein Beispiel: Wir brauchen keine 10 oder 15 Verdicker. Uns genügen zwei: einen hoch- und einen niedrigviskosen.

FT: Ist ein kleines Unternehmen wie Velosit vielleicht auch flexibler?

Dr. Hofele: Wir profitieren sicherlich von unseren kurzen Wegen. Wenn es darum geht, Ware zu einer ungewöhnlichen Zeit irgendwohin zu bringen, dann machen wir das möglich. Wir arbeiten mit Spediteuren zusammen, die notfalls samstags auf die Baustelle fahren. Unsere Kundennähe haben große Unternehmen vielfach nicht mehr. Wir sind eine kleine schlagkräftige Einheit, haben einen großen technischen Hintergrund und können auch sehr gut Herausforderungen auf der Baustelle beraten und lösen.

Die Stärke des Mittelstands besteht in Flexibilität und Schnelligkeit, das gilt bei uns im besonderem Maße.

FT: Die Frage könnte sein, ob Sie die nächsten Jahre weiterhin mit den wenigen Silos auskommen, denn auch bei Velosit wird das Sortiment vielleicht anwachsen. Haben Sie bereits Ausbaupläne?

Dr. Hofele: Wir werden sicherlich früher oder später weitere Silos benötigen. Wenn es um das graue Bindemittel geht, sehe ich die Notwendigkeit dafür nicht. Das Hauptproblem ergibt sich durch die Sande, von denen mittelfristig noch mehr Fraktionen ins Silo müssten. Daneben haben wir zwei weiße Produkte entwickelt, die sehr gut am Markt ankommen. Momentan müssen wir den Weißzement sackweise in den Mischer transportieren - das ist alles andere als wirtschaftlich. Daran arbeiten wir.

FT: Dass Schnelligkeit in der Welt des Bauens wichtig ist, erkennt man bei Velosit bereits am Namen

Dr. Hofele: Ja, das stimmt. Wir haben uns den schnellen Baustoffen verschrieben und darum wollte ich einen Unternehmensnamen, aus dem sich Geschwindigkeit ableitet. Vorbild ist das lateinische Wort Velocitas, das übersetzt Schnelligkeit bedeutet. Wir liefern schnelle Lösungen für den Bau. Immer dann, wenn jemand beim Bauen Zeitdruck hat, kommen wir ins Spiel. Ich sage mal so: Den Standard-Fliesenkleber sollen andere machen, das ist nicht unsere Kernkompetenz. Man könnte zugespitzt sagen: Wir verkaufen eigentlich kein Produkt, sondern Zeit.

FT: Schnelle Produkte gibt es auch von anderen Anbietern. Wodurch unterscheidet sich Velosit?

Dr. Hofele: Wenn ich mir schnelle Produkte ansehe, gibt es in vielen Fällen einzelne Lösungen. Velosit hingegen hat ein komplett durchdesigntes schnelles Programm. Was nützt es mir, wenn ich unter der schnellen Reaktivabdichtung einen Reparaturmörtel habe, auf dessen Trocknung ich zwei Tage warten muss. Es ist immer ärgerlich, wenn es in der Fußbodenkonstruktion eine Schicht gibt, die alles ausbremst. Bei uns sind alle Produkte schnell: Abdichtung, Grundierung und Ausgleichsspachtelung sind aufeinander abgestimmt. Dieses einheitlich schnelle Konzept kommt bei den Kunden gut an.

FT: Velosit beliefert seine Kunden ausschließlich im Direktgeschäft. Warum suchen Sie nicht den Handel als Multiplikator?

Dr. Hofele: Einen Industriebodenbauer wird man kaum über den Handel bedienen können. Es gibt Marktteilnehmer, die versuchen solche Kunden zum Handel zu schicken. Aber die Verarbeiter tun sich sehr schwer mit diesem Weg, weil sie aufgrund der im Objekt üblichen großen Mengen die Ware ohnehin nicht direkt beim Handel abholen können. Meist wird die Ware direkt vom Hersteller ans Objekt geliefert, wobei der Handel dann nur die Rechnung schreibt. Für das typische Abholgeschäft sind wir als Lieferant für den Handel noch nicht attraktiv.

Für Velosit ist es deshalb im ersten Schritt wichtig, dass wir uns einen Namen machen. Wenn wir uns etabliert haben, gibt es mit Bodenverlaufsmassen und Fließestrich als Sackware sicherlich Produkte, die auch im Zusammenspiel mit dem Handel funktionieren können.

FT: Inwieweit kann bei sowieso schon schnellen Produkten eine maschinelle Verarbeitung hilfreich sein?

Dr. Hofele: Wir arbeiten eng mit Verarbeitern zusammen, die das Material mit Pumptrucks oder Mixmobilen in Gewerbeobjekte oder in den Apartment-Wohnungsbau fördern. Ein Beispiel ist der Industriebodenverarbeiter Eichhorn aus Herford, der mit Velosit in jüngster Zeit zahlreiche mineralische Böden erfolgreich eingebaut hat. Ohne maschinelle Unterstützung hätte der Betrieb das Volumen nicht gestemmt. Wir liefern das Material frei Schlauchende und es genügen drei, vier Mitarbeiter, die die mineralischen Bodenverlaufsmassen verteilen. In vielen Fällen verarbeitet die Mannschaft die fünf- bis zehnfache Menge dessen, was sie früher von Hand eingebaut hat. Auf diese Weise kann Eichhorn deutlich größere Objekte abwickeln als zuvor.

Wir setzen auf Mixmobile mit mehreren Kammern, wie es sie beispielsweise von Bremat, GB Machines und Brinkmann gibt. Diese verfügen jeweils über eine Sand- und eine Bindemittelkammer. Der Verarbeiter kann dadurch einen nassen Sand aus einer Grube in der Nähe seiner Baustelle zuladen und muss ihn nicht kreuz und quer durch die Republik fahren. Für den Verarbeiter bedeutet es eine große Ersparnis, dass der Sand auf der Baustelle mit dem Radlader separat in das Mixmobil nachgefüllt wird. Das Velosit-Bindemittel wird per Big-Bags nachgefüllt. Auf diese Weise können bis zu 70 t mineralischer Boden am Tag gepumpt werden, weil der Mischprozess nicht unterbrochen werden muss.

FT: Mit einem Zementfließestrich wagen Sie sich auch an eine Produktgruppe mit einem beschädigten Ruf.

Dr. Hofele: Das ist eine Erfahrung, die wir auch machen. In der Vergangenheit hat es Probleme mit Zementfließestrichen gegeben. Velosit verfügt über ein funktionierendes Fließestrichsystem, mit dem wir erfolgreich sind. Immer wieder rufen Endverbraucher, Bauherrn und Verarbeiter an und fragen nach einem schnellen zementären Estrich. Wir haben einige Verarbeitungspartner, denen wir die Aufträge in solchen Fällen vermitteln.

FT: Was sind die nächsten Schritte bei Velosit?

Dr. Hofele: Ich hoffe, dass wir in dem Fließestrichsegment noch eine größere Präsenz erzielen. Wenn sich diese weiter positiv entwickelt, werden wir unsere Produktionsanlage vergrößern. Ein Fließestrichmobil verbraucht schnell 2.000 bis 3.000 t Binder im Jahr. Wenn man drei oder vier davon hat, ist man schnell bei 10.000 t Bindemittel, die man liefern müsste. Mit unserer bisherigen Logistik ist das nicht zu bewältigen. Wir möchten mit Verarbeitern eng zusammenarbeiten, die Produktionskapazität ausweiten und den Zementfließestrich langfristig breiter etablieren. Ich bin davon überzeugt, dass der Fließestrich die Zukunft ist. Menschen wie beim klassischen Zementestrich auf den Knien rumrutschen zu lassen - das muss irgendwann ein Ende haben.

FT: Ist die Beratung bei Velosit ausschließlich Chefsache?

Dr. Hofele: Wir haben einen erfahrenen Mitarbeiter im Labor und zwei in der Produktion, die über jahrelange Bodenerfahrung und eine qualifizierte Ausbildung verfügen. Wir verfolgen die Philosophie, auch bei den Mitarbeitern Wert auf Qualität zu legen und diese entsprechend zu entlohnen. Ich möchte keinen ständigen Personalwechsel haben, sondern bevorzuge Kontinuität.
aus FussbodenTechnik 02/19 (Wirtschaft)