Interview des Monats: Advansa, Hamm

Wir blicken für unsere Kunden über den Faser-Tellerrand hinaus


Die Heimtextil in Frankfurt ist für den Faserspezialisten Advansa gleich zu Beginn des Jahres eine wichtige Gelegenheit, Faser- und Marketingkonzepte für Steppbetten und Kopfkissen vorzustellen. Denn das Unternehmen ist weit mehr als nur ein Lieferant von Fasern. Geschäftsführer Dr. Heinz Meierkord, Marketing-Managerin Daniela Lohmann-Pehle und Marketing Communication Specialist Nurhan Nalbant erklären der Haustex die umfangreichen Service-Leistungen des Unternehmens und was es sonst noch bewegt.

Haustex: Die Heimtextil haben Sie erfolgreich hinter sich gebracht. Was waren die Höhepunkte auf Ihrem Stand?

Dr. Heinz Meierkord: Die Messe war, trotz neuem Stand in neuer Halle, auch in diesem Jahr gut besucht und sehr positiv für uns. Großes Interesse fand unsere Markenbotschafterin Marie Lang für Dacron Hollofil active. Mit ihr runden wir das Marketing-Paket für diese Faser-Marke ab. Aber auch die anderen Neuheiten und vor allem Funktionsfasern und nachhaltige Fasern spielen eine immer größere Rolle.

Haustex: Geht Advansa mit der Profi-Kickboxerin als Testimonial neue Wege?

Daniela Lohmann-Pehle: Wir sind doch immer innovativ und gehen neue Wege, um Aufmerksamkeit zu generieren. Aber in der Tat haben wir nun mit Marie Lang erstmals eine Markenbotschafterin gewinnen können.

Haustex: Was steckt hinter dieser Entscheidung?

Lohmann-Pehle: Dacron Hollofil active ist als Funktionsfaser klar in Richtung Sport positioniert. Die Kernbotschaft lautet "aktiver Tag, erholsame Nacht". Mit Marie Lang können wir dieses Thema sehr gut kommunizieren. Sie ist erfolgreiche Kickboxerin, amtierende Weltmeisterin, und Kickboxen ist wie Boxen derzeit eine Trendsportart. Zufällig wirbt gerade auch ein großer Autohersteller mit einem Boxer für eines seiner Autos.

Haustex: Wie wirbt die Sportlerin für Advansa beziehungsweise für Dacron Hollofil active?

Lohmann-Pehle: Zunächst einmal schläft Marie Lang natürlich unter Bettwaren mit Dacron Hollofil active und postet ihre Erfahrungen auf Facebook und anderen Social-Media-Kanälen. Im Grunde bietet sie uns ein komplettes Paket. Wir können mit Fotos von ihr auf unseren Produkten werben, aber Marie Lang gibt uns auch Input und Rückmeldung zu den Produkten. Und der Auftritt auf der Heimtextil hat auch für viel Publikumswirbel gesorgt. Je nach Bedarf kann so ein Auftritt auch im laufenden Jahr bei speziellen Events im Handel wiederholt werden. Sie hat eine positive Ausstrahlung und trägt so zu einem guten Produktimage bei.

Die Grundidee, die hinter dem Engagement von Marie Lang steht, ist die Tatsache, dass wir als Unternehmen mehr als nur ein Faserlieferant sind, sondern für unsere Kunden auch über den Tellerrand hinausschauen und eben auch Marketingkonzepte mit anbieten.

Haustex: Sie geben also einem Markenprodukt erstmals ein Gesicht.

Lohmann-Pehle: Wörtlich gesehen ja. Aber es ist ja Teil der Unternehmensphilosophie, dass wir unsere schlicht weißen Fasern in hoher Qualität mit Zusatznutzen, Logo, Positionierung, etc. ausstatten und zu sogenannten Markenpersönlichkeiten machen. Die Zusammenarbeit mit Marie Lang ist somit nur eine weitere Ergänzung dessen.

Haustex: Wie kommt es, dass Sie den Sport so deutlich in Beziehung zu Bettwaren stellen?

Lohmann-Pehle: Der Hintergrund ist eigentlich ganz einfach. Die wenigsten tragen beim Sport Baumwoll-Kleidung. Dort ist Funktionskleidung aus Kunstfasern total normal. Da, wie schon angesprochen, das Thema Funktion auch bei Bettwaren eine immer stärkere Rolle spielt, lag die Verbindung schon fast nahe. Wie beim Sport, ist vor allem im Sommer auch im Bett ein gutes Feuchtigkeitsmanagement wichtig. Diese Botschaft wollen wir auf diese Weise kommunizieren.

Haustex: Die Markenpolitik ist Advansa ja schon seit DuPont-Zeiten in die Wiege gelegt worden.

Meierkord: Stimmt, aber in den letzten Jahren haben wir uns noch stärker zu einem Marken- und Konzeptentwickler entwickelt, wo es mal um Fasern geht und mal auch nicht. Vor allem durch die Gründung der Advansa Marketing GmbH vor rund zehn Jahren.

Haustex: Um was geht es bei Advansa im Marketing sonst, wenn nicht um Fasern?

Meierkord: Zum Beispiel um ganzheitliche Konzepte für den Bettwarenbereich und auch um neue Technologien in Verbindung mit Fasern. Ein Flaggschiff mit dem Eintritt in die Smarttechnologie ist beispielsweise unser iX21 Smartpillow. Dort haben wir auch mit den Eigenarten der Software-Industrie zu tun, indem das Produkt sich in der Nutzung immer weiter entwickelt und man zwangsläufig immer unfertig anfängt, bevor die Versionen 2.0, 3.0 und fortfolgende auf den Markt kommen. Das ist für unsere Branche zum Teil ungewohnt. Aber wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass man heutzutage mehr am Gesamtkonzept arbeiten muss, als nur eine Faser anzubieten und zu sagen, dass sie gut ist.

Haustex: Diese Gesamtkonzepte für Markenfasern sind für Advansa doch nichts Neues?

Meierkord: Aber wir entwickeln das Prinzip weiter. Die Marketinggesellschaft haben wir bewusst unter diesem Blickwinkel etabliert. Wir verwenden bei unseren Faserangeboten seitdem nicht nur Fasern aus unserer eigenen Produktion in Deutschland. Mittlerweile haben wir ein ganzes Angebot an Fasern, die wir zwar selbst entwickelt, aber nicht produziert haben.

Entscheidend ist, welches Konzept wir verfolgen und welche Fasertechnologie wir dafür benötigen. Früher war es umgekehrt. Damals mussten wir überlegen, welche Fasertechnologie uns in unserem Haus zur Verfügung steht und was wir damit machen können.

Wir achten jetzt auf Trends und Konsumentenanforderungen und schauen, was wir an eigenen Ideen haben, die noch nicht im Markt sind. Dann holen wir uns die passende Fasertechnologie - wenn nötig, auch von außerhalb dazu.

Haustex: Warum produzieren Sie die Fasern nicht selbst?

Meierkord: Das liegt an den Mengen, die wir benötigen. Sie liegen zum Teil weit unter dem nötigen Output, um eine eigene Produktionslinie und die dafür nötige Investition zu rechtfertigen, sodass wir uns bei der Beschaffung bei außereuropäischen Produzenten nach geeigneten Partnern umschauen. Mit denen entwickeln wir dann Fasertypen nach unseren Spezifikationen. Während der Produktion haben wir eigene Mitarbeiter vor Ort, die den Produktionsprozess überwachen. Dadurch gehen wir sicher, dass tatsächlich die Faser entsteht, deren Eigenschaften wir haben möchten.

Haustex: Wie hoch ist der Anteil der selbst produzierten Fasern?

Meierkord: Wenn wir über das Heimtextil-Geschäft sprechen, insbesondere auch wegen der relativ großen Faserkugel-Produktion, ist es deutlich mehr als die Hälfte. Aber wir haben zunehmend Produkte, die wir gemeinsam mit Partnern nicht mehr in Deutschland herstellen.

Haustex: Advansa produziert Fasern auch für technische Anwendungen. Welche Rolle spielt angesichts dessen der Heimtextilbereich für das Unternehmen?

Meierkord: Der Geschäftsbereich Heimtextilien stellt mit der selbständigen Marketing-Gesellschaft das Herzstück der gesamten Gruppe dar. Durch unsere Spezialitäten und Markenfasern setzen wir uns vom Massenmarkt ab, in dem es um ganz andere Dimensionen geht, und wo die Margen zum Teil komplett verschwunden sind. Insofern profitieren wir von der Markenstrategie, die es schon damals unter DuPont gegeben hat.

Sie war niemals gedacht als reine Unterstützung von Produkteigenschaften, sondern von vornherein als zielgerichtetes Marketingkonzept, als ein konzeptionelles Herangehen an das Markengeschäft und die zusätzliche Ansprache von Konsumenten und Retailern. Das Konzept haben wir durch die Gründung der Marketing-Gesellschaft nur weiter verstärkt, die sich ganz alleine darauf fokussiert. Bewusst abgetrennt von der Produktionsgesellschaft.

Lohmann-Pehle: Wir blicken auch hier über den Branchen-Tellerrand hinaus und überlegen, welche Technologien wir für unser Fasergeschäft nutzen könnten, die in anderen Branchen bereits Anwendung finden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Faser Climarelle thermo mit der Mineralien-Technologie, die Infrarot-Strahlen reflektiert und dadurch Wärme spendet. Die Idee haben wir aus der Kosmetik-Branche übernommen, einem Wirtschaftszweig, der mit dem unseren eigentlich nichts zu tun hat.

Haustex: Also ist Advansa zunehmend eine Ideenschmiede für interessante Faser-Technologien?

Meierkord: In der Marketing GmbH auf jeden Fall. Im Bereich der Kurzschnittfaser ist die Welt total anders. Da zählen die Produktion und die Technologien in Uentrop zu 100 Prozent. Wenn wir auf den Heimtextil-Markt gucken, ist das Geschäft wesentlich stärker Ideen- und Konzept-getrieben und viel weniger von deutscher Produktion.

Haustex: Wie international ist Advansa aufgestellt?

Meierkord: Durch das Erbe von DuPont haben wir gerade auch in der Marketing GmbH ein multinationales Team, das über die deutschen und europäischen Grenzen hinausschaut. Nach wie vor sind Deutschland und die EU unsere wichtigsten Märkte, aber wir haben mit unseren eigenen Marken auch zunehmend Erfolge in Asien und den USA. Dort sind wir seit etwa fünf Jahren erst so richtig aktiv. Das hat unter anderem dazu geführt, dass wir 2017 eine eigene US-Vertriebsniederlassung in Boston gegründet haben.

Haustex: In welchen Bereichen ist Advansa außer dem Heimtextil-Sektor aktiv? Für welchen Bereich werden die oben erwähnten Kurzschnittfasern eingesetzt?

Meierkord: Das zweite Marktsegment, das wir bedienen, sind Kurzschnittfasern für Nassvliese oder vereinfachend ausgedrückt Spezialpapiere. Das können Teebeutel sein, Tapeten, Membranen für Osmose-Anlagen, Filter oder auch mal Geldscheine.

Haustex: Welche Marken sind im Heimtextilbereich besonders umsatzstark?

Meierkord: Die Frage lässt sich nur regional beantworten, denn die Antwort unterscheidet sich stark je nach Absatzland. Die Wünsche und Erwartungen sind im Bettwarensektor regional sehr stark unterschiedlich. In Deutschland sind es beispielsweise Faserbällchen, die stärkste Marke ist dabei Dacron Comforel.

Haustex: Liegt das an klimatischen Unterschieden?

Lohmann-Pehle: Auf Deutschland bezogen, waren es die von DuPont entwickelten Faserbällchen, die man hier, in einem traditionellen Land der Daunen und Federn, als Revolution im Bettwarenbereich und synthetische Alternative zu Daunen bezeichnen kann. Seitdem werden vorwiegend Faserbällchen in Kissen eingefüllt. In Frankreich dagegen weist die Mehrzahl der Kissen kardierte Füllungen auf.

Beim Bettwarenkauf spielen Traditionen und Gewohnheiten noch eine große Rolle. Das wärmere Klima führt in Ländern wie Spanien oder Italien eher zu dünneren oder leider auch gar keinen Bettdecken. In Deutschland merkt man durch die wärmeren Sommer eine erhöhte Nachfrage nach kühlenden Fasern.

Haustex: Sie erzählten, dass Sie Fasern nach Ihren Ansprüchen bei Bedarf auch bei anderen Herstellern produzieren lassen. Wie weit geht bei Ihnen die Produktentwicklung?

Meierkord: Wir sind im Füllfasermarkt durch die damalige DuPont-Strategie mit die einzigen, die vom Rohmaterial ausgehend eine Marke bis zum Endprodukt durchdeklinieren. Das ist der Tatsache geschuldet, dass Bettwaren eher ein low-interest-Produkt darstellen und der Verbraucher oft nicht weiß, welche Parameter wichtig und möglich sind. Deshalb setzt eine etablierte Marke mit einer kontrollierten, wiederkehrenden und verlässlichen Qualität einen ganz entscheidenden Kaufimpuls beim Konsumenten.

Wir denken wirklich bis zum Endprodukt, mit Spezifikationen für das Gewebe, für die Faser, für Füllgewichte und noch mehr. Wir entwickeln das Endprodukt gemeinsam mit unseren Kunden. Schließlich hängt am Endprodukt auch ein Label mit einer Qualitätsgarantie von Advansa. Wir wollen damit erreichen, dass ein Kunde, der mit dem Produkt zufrieden war, sich bei seinem nächsten Kauf an die gute Erfahrung erinnert und es wieder sucht. Das ist gut für uns - aber auch für den Bettwarenhersteller und den Handel.

Lohmann-Pehle: Das Kennzeichen einer Marke ist auch die sogenannte Ubiquität. Der Kunde weiß, wenn Dacron Comforel auf dem Produkt steht, ist auch einheitliche Comforel-Qualität drin, egal ob der Kunde es in Hamburg, München oder Düsseldorf kauft und unabhängig vom Hersteller.

Haustex: Also haben sowohl ihre Kunden als auch die Endverbraucher die Sicherheit einer verlässlichen, gleichbleibenden Qualität. Wollte Advansa bei der Gründung der Marketing GmbH den Service für Ihre Kunden noch weiter auf die Spitze zu treiben?

Meierkord: Einerseits war die klare Trennung der beiden Geschäftsmodelle Heimtextil und Technische Anwendungen das Ziel. Und es hatte eine Fokussierung der einzelnen Teams auf das Kerngeschäft zur Folge. Über die Zeit entwickelte sich eine eigene Kultur im Team.

Haustex: Sie nannten das Stichwort Lizenzpartner. Wie läuft die Lizenzierung bei Advansa?

Lohmann-Pehle: Wir schließen mit den Lizenzpartnern einen Vertrag, der ihnen das Recht gibt, die Marken und unsere Marketingangebote zu nutzen, andererseits auch festlegt, dass bestimmte Rahmenbedingung eingehalten werden müssen.

Haustex: Schreiben Sie dem Partner vor, wie er die Produkte herzustellen hat?

Lohmann-Pehle: Da ist der Bettwarenhersteller der Experte. Aber wir wissen, wie unsere Fasern am besten zur Wirkung kommen. Darum geben wir Hinweise auf die Fasern bezogen - wie schon erwähnt - bezüglich der Füllmenge oder in Kopplung mit bestimmten Gewebetypen.

Wir bieten den Partnern Hilfestellung bei der Wahl der Materialien. Bei Dacron Comforel wissen wir beispielsweise, dass das Faserbällchen in einer Kissenhülle mit einer bestimmten Luftdurchlässigkeit und einer bestimmten Anzahl von Kette und Schuss die beste Bauschkraft und Haltbarkeit hat. Innerhalb dieser Parameter gibt es dennoch eine Vielfalt an unterschiedlichen Stoffen, aus denen der Kunde wählen kann.

Und: Das Ganze ist natürlich keine Einbahnstraße. Etwa, wenn ein Kunde ein neues Gewebe entwickelt hat. Dann schickt er es uns, wir prüfen es und geben es frei, wenn wir sehen, dass es ein gutes Zusammenspiel mit unseren Fasern hat. Wir müssen unseren Partnern ja auch die Chance bieten, sich von Mitbewerbern abzusetzen oder die Qualitäten anhand des gewünschten Preisniveaus auszuwählen. Wir nageln ihn nicht in einem Korsett fest. Im Übrigen halten wir auch niemanden davon ab, über unsere Mindeststandards hinauszugehen.

Das ganze Lizenzierungssystem mündet im Grunde bei unseren nummerierten Markenetiketten. Zusammen mit unseren Faserprodukten stellen wir sie unseren Kunden zur Verfügung, damit sie später an das Produkt genäht werden. Jedes Produkt mit Advansa-Füllungen hat ein Etikett mit einer individuellen Nummerierung. Bei 10.000 Etiketten sind also 10.000 verschiedene Nummern auf den Etiketten. Dahinter steht unser Qualitätsversprechen. Sollte der Kunde irgendeine Beanstandung an dem Produkt haben, kann er sich mit dieser Nummer bei uns melden. Anhand der Nummer können wir rekonstruieren, wo und wann es gekauft wurde, beziehungsweise, wann wir die Etiketten an den Kunden geliefert haben.

Meierkord: Bei unseren Kunden gibt es kaum jemanden, der im Bereich Polyesterfasern eigenständige Forschung betreiben kann. Darum bieten wir unseren Partnern an, etwas gemeinsam mit uns zu entwickeln, bis hin zu einer bestimmten Faser mit individuell gewünschten Eigenschaften. Und wenn wir unser geistiges Eigentum in dieses Produkt einfließen lassen, gehört ein rechtlicher Rahmen in Form eines Vertrags dazu. Das kann man nicht einfach per Handschlag regeln.

Haustex: Es gibt also neben der Fülle an Advansa-Markenfasern noch die Möglichkeit, individuell entwickelte Fasern bei Ihnen zu beziehen?

Meierkord: Wir haben zwar schon ein großes Markenfaser-Portfolio, aus dem der Kunde auswählen kann. Aber man muss immer auch berücksichtigen, welche Anforderungen der jeweilige Absatzmarkt preislich, qualitativ und funktional stellt. Da kommt man unter Umständen mit unseren vorhandenen Marken-Fasern nicht weiter. Das ist nicht trivial.

Haustex: Sie produzieren tatsächlich Fasern, die Sie exklusiv nur für einen Kunden entwickelt haben?

Meierkord: Das kommt durchaus vor. Es passiert uns häufig, dass ein Kunde kommt und uns aufgrund einer bestimmten Nachfrage im Markt fragt, ob wir ihm eine Faser mit bestimmten Spezifikationen liefern können.

Lohmann-Pehle: Eine weitere Möglichkeit ist, dass Fasern von Advansa und einem anderen Anbieter in einem Produkt zusammenfließen, um die bestmögliche Lösung zu finden.

Meierkord: Das ist genau die Konzeption der Marketing GmbH als kleine, flexible Firma. Sie ist nicht dazu verdonnert, für die Kunden Lösungen zu finden, die ausschließlich auf Advansa-Fasern basieren. Auch in dieser Beziehung darf man ruhig über den Tellerrand hinaussehen, um die optimale Lösung für einen Kunden zu realisieren. Dadurch sind wir in der Lage, auch kleinere Programme zu unterstützen, die bei anderen Anbietern aufgrund zu geringer Mengen nicht realisiert werden könnten.

Einerseits kommen Kunden mit dem Wunsch für bestimmte Fasern auf uns zu, andererseits ist es unser Anspruch, Bettwaren mit der bestmöglichen Funktion und Qualität zu entwickeln. Unter anderem kooperieren wir mit Lenzing. Und wir verwenden auch Naturfasern. Es genügt uns bei weitem nicht mehr, uns auf die ausschließliche Verwendung von Polyesterfasern aus dem eigenen Haus zu konzentrieren. Wir machen Test mit ganz unterschiedlichen Stoffen und versuchen, die Vorteile miteinander zu kombinieren.

Meierkord: Die Marketing GmbH wurde extra so genannt. Sie befasst sich mit einem Marketing-getriebenen Geschäftsmodell und ist nicht produktionsgetrieben. Durch sie hat Advansa als Ganzes sich einen viel breiteren Spielraum verschaffen können - im Interesse der Gruppe, aber auch im Interesse unserer Kunden.

Haustex: Denken Sie bei der Produktentwicklung auch an den Handel?

Lohmann-Pehle: Unser Denken richtet sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Wir nennen das unsere Pull-Through-Strategie. Natürlich können wir wegen zu geringer Stückzahlen nicht für jeden kleineren Einzelhändler neue Produkte entwickeln. Aber für einen größeren Kunden entwickeln wir - wie bereits erwähnt - sehr gerne spezielle Fasern und vor allem auch Vermarktungskonzepte, die sich dann ja wiederum direkt an den Endverbraucher richten. Der Handelspartner entscheidet dann, bei welchem Bettwarenhersteller er die Bettwaren produzieren lassen möchte.

Nurhan Nalbant: Seit neuestem sind wir auch auf den Social-Media-Kanälen vertreten und teilen mit Bildern und Beiträgen unser breites Portfolio auf Facebook, Instagram, Twitter und YouTube. So unterstützen wir indirekt auch unsere Handelspartner. Wir nutzen außerdem Linkedin und Xing, um Informationen zu unserem Unternehmen sowie zu unseren Produkten vor verschiedenem Publikum zu präsentieren. Dies sind für uns gute Möglichkeiten, die Kommunikation mit unseren bestehenden und potentiellen Kunden zu steuern.

Zusätzlich lancieren wir immer wieder abgeschlossene Social-Media-Aktivitäten. Ein Beispiel war 2017 die Kooperation mit der Testplattform "Konsumgöttinnen", denen wir 75 Decken zu Testzwecken zur Verfügung gestellt haben. Ihre Bewertungen haben die Konsumgöttinnen im Internet geteilt. Diese waren sehr gut und beispielsweise auch auf Amazon wiederzufinden. Die Kommentare haben wir aufgegriffen und als Hangtags an die Ware geheftet. So hatten wir eine Aktion, die On- und Offline miteinander verbindet. Des weiteren nutzen wir unter anderem Facebook für Promotionszwecke mittels der Endprodukte, um eine größere Reichweite zu erzielen und hilfreiches Feedback und neue Anregungen zu unserem Produkt zu bekommen.

Lohmann-Pehle: Was die sozialen Medien betrifft, befinden wir uns in einem Entwicklungsprozess. Aber innerhalb der Bettwarenbranche sind wir auch nicht die Schlechtesten. Wir werden uns Schritt für Schritt weiterentwickeln.

Haustex: Ein anderes Thema: Funktionsfasern zu produzieren ist das eine, ihre Wirksamkeit zu belegen aber eine andere.

Lohmann-Pehle: Alles, was von Advansa auf den Markt kommt, hat technisch Hand und Fuß und ist getestet - sowohl intern wie auch extern. Häufig kommen dazu noch Zertifizierungen, die unsere Aussagen belegen. Unseren Partnern stellen wir anschaulich gestaltete Broschüren zur Verfügung, die in einer klaren Sprache die Funktion der Faser beschreiben und in anschaulichen Schaubildern die Ergebnisse der Tests illustrieren. Zertifikate wie AGR oder das EU-Ökolabel ergänzen das Material. Gerade das Ökolabel ist schwer zu erlangen, da man als Produzent sehr viele Voraussetzungen erfüllen und nachweisen muss. Hier waren wir das erste Unternehmen unserer Branche, das dieses Label bekommen hat.

Haustex: Ein sehr interessantes Projekt ist auch das erwähnte Smartpillow iX 21, das über eine App die Qualität des Schlafs analysieren kann. Wie entwickelt sich dieses Geschäft?

Meierkord: Uns war von vornherein klar, dass dieses Kissen ein Leuchtturm-Projekt werden würde, das Aufmerksamkeit erzeugt. Aber uns war auch bewusst, dass wir damit Neuland beschreiten. Die Entwicklung von smarten Produkten läuft ganz anders als es bei herkömmlichen Bettwaren der Fall ist. Der Grund liegt in der Software, die immer unfertig ist. Denn sie wächst und lebt durch den Gebrauch und das Feedback der Nutzer. Das ist bei einem Produkt namens Kissen ungewöhnlich.

Außerdem ist es mit einem Preis von 199 Euro ein teures Produkt, wenn man es mit einem Kissen ohne Zusatzfunktion vergleicht. Es bedarf daher bestimmter Zielgruppen, die bereit sind, solch einen Preis zu zahlen. Daher sind wir mit unseren Partnern noch in dem Prozess, das Kissen zu einem kommerziellen Erfolg werden zu lassen.

Interessant ist jedoch, dass uns der Markteintritt dieses Kissens in den USA wesentlich leichter fällt als in Europa. Dort ist man offenbar eher gewohnt, Smart-Technologie einzusetzen und daür einen Preis zu zahlen. Wir müssen uns überlegen, ob wir in Europa stärker an Zielgruppen gehen, die dem Kissen einen besonderen Wert beimessen, etwa Schlafapnoe-Patienten oder Schnarcher. Für sie spielt die Überwachung des Schlafs eine ganz andere Bedeutung als für Leute ohne Schlafprobleme.

Unbenommen davon ist das Smartpillow ein gutes Projekt, das die Innovationsfähigkeit auch intern weiter entwickelt. Wir lernen dadurch sehr viel von der smarten Welt. Ich gehe davon aus, dass wir daraus mehr Programme solcher Art entwickeln werden.

Lohmann-Pehle: In Bezug auf neue Produkte arbeiten wir übrigens eng mit Forschungsinstituten zusammen. Nichts wäre ärgerlicher und kostspieliger, als wenn wir ein tolles Produkt entwickelten, das am Markt vorbei geplant ist. Solche Umfragen starten wir in Abständen immer mal wieder. Wir kooperieren zum Beispiel mit der TU Dortmund bei empirischen Studien und versuchen den Markt und den Kunden zu verstehen.

Haustex: Was gibt es da für aktuelle Erkenntnisse?

Lohmann-Pehle: Unter anderem haben wir ganz banal die Grundbedürfnisse bei einer Bettdecke abgefragt. Die Ergebnisse sind zwar zunächst unspektakulär, aber doch sehr aufschlussreich. Neben dem Komfort steht die Waschbarkeit auch heute noch ganz weit vorne. Das ist ein Beispiel dafür, dass es Themen gibt, die für den Konsumenten eine bedeutende Rolle spielen, selbst wenn sie uns, die wir täglich damit zu tun haben,eher langweilig vorkommen. Außerdem scheint der Konsument zunehmend offener für Funktionsfasern in Bettdecken und Kissen zu sein. Hier ist vor allem Kühlung und Feuchtigkeitsmanagement weiter ein Thema. Und das, obwohl diese Umfrage vor dem heißen Sommer 2018 stattfand.

Auch wichtig: Man muss die richtige Kommunikation zum Kunden finden. Wenn das Marketing noch so schön ist und der Kunde es dennoch nicht versteht, hilft es niemandem. Das lernen wir immer wieder, wenn wir neue Produktkonzepte anhand von Moodboards den Testern vorstellen.

Haustex: Zum Abschluss, was bewegt Sie gerade am meisten im Fasergeschäft?

Meierkord: Erfreulich ist sicherlich, dass wir trotz des heißen Sommers im Gesamtjahr 2018 ganz ordentlich Fasern verkaufen konnten - allerdings mit deutlich gesunkenen Margen, weil wir noch immer mit extrem hohen Rohstoffkosten, insbesondere für nachhaltige Flakes, zu kämpfen haben. Darüberhinaus beschäftigt uns gerade das Thema Pensionsrückstellungen, wie wahrscheinlich viele andere Firmen auch.

Das ist ein Thema, das sich speziell auf unsere Produktions-GmbH bezieht. Wir haben aufgrund unseres DuPont-Erbes eine Vielzahl an Pensionären. An dieser extremen Belastung durch das Pensions-System im Verbund mit der Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank arbeiten wir gerade sehr intensiv - auch mit Hilfe finanzieller Restrukturierungen. Dies hat jedoch keinerlei Einfluss auf unser operatives Geschäft, das ja die Marketing GmbH betreibt.

Ansonsten wünschen wir uns natürlich eine Wiederbelebung des Marktes und hoffen, dass unsere neuen Produkte und Marketingmaßnahmen greifen.
aus Haustex 02/19 (Wirtschaft)