Interview des Monats: Kabelwerk Eupen, Eupen/B.

"Bei uns ist der Kunde nicht nur eine Nummer


Das belgische Unternehmen Kabelwerk Eupen zählt mit seinem Geschäftsbereich Schaumstoffe weltweit zu den renommierten Lieferanten von Schaumstoffen für die Matratzen-Industrie. Auf der Interzum im Mai wird sich das Unternehmen zum wiederholten Mal mit seinem Leistungsspektrum der Schaumsparte präsentieren. Haustex besuchte das Unternehmen aus diesem Anlass und sprach mit Werksleiter Guido Klein und Verkaufsleiter Pascal Timmerman über die Stärken des Unternehmens und Neuheiten zur Kölner Messe.

Haustex: Wie sehen Sie die Rolle Ihres Unternehmens in der Matratzen-Branche?

Guido Klein: Wir sind ein kompetenter Partner der Matratzen-Branche, mit einem starken Standbein auf dem deutschen Markt. Die deutschen Kunden machen etwa 50 Prozent unseres Gesamtumsatzes aus. Unsere Spezialität sind Schäume mit höheren Raumgewichten. Aber generell bieten wir eine große Variante an Qualitäten an.

Unser Schaumstoff wird in Eupen hergestellt. Von hier aus beliefern wir die meisten Blockwarenkunden oder auch hiesige Kunden mit bereits konfektionierter Ware. Wir haben drei Partnerunternehmen in Deutschland, mit denen wir die Produkte gemeinsam in Deutschland vertreiben. Das sind die Firmen Gebrüder Klünder in Hamburg, Gutmann Schaumstoffe in Bad Oeynhausen und Schaffer Schaum in Sinsheim. Sie bieten angepasste Lösungen für den lokalen Markt an.

Neben Deutschland zählen wir auch Formafoam im niederländischen Born, Serpo in St. Niklaas sowie Formafoam in Houthalen, beides belgische Niederlassungen, und Eupen Foam France im französischen Marly zu unserem Partnernetzwerk.

Haustex: Der Name Kabelwerk deutet nicht unbedingt darauf, dass man bei Ihnen Schaumstoffe für Matratzenkerne beziehen kann. Wie kam die Unternehmensgruppe zu dieser Sparte?

Klein: Das Kabelwerk Eupen ist eine Familien-AG, die vorwiegend der Familie Bourseaux gehört. Erste Aufzeichnungen zu dem Unternehmen gibt es aus dem Jahr 1747. Begonnen hatte das Unternehmen als Juteseilerei. Mit Beginn der Elektrifizierung kamen die beiden Firmengründer auf die damals visionäre Idee, die Verseiltechnik zur Herstellung von Elektrokabeln zu nutzen. Heute sind wir ein weltweit agierender Player im Markt für Elektrokabel mit einem Exportanteil von rund 55 Prozent. Wir produzieren alles vom Mittelspannungskabel bis zum Telefonkabel oder Glasfaserkabel. Die AG zählt insgesamt 905 Mitarbeiter.

Haustex: Sich als Unternehmen über die Jahrhunderte am Markt zu behaupten, ist keine Kleinigkeit.

Klein: Unser Inhaber Alfred Bourseaux, Ritter des belgischen Königreiches, legt größten Wert auf die soziale Verankerung des Unternehmens in Ostbelgien, der Region der deutschsprachigen Minderheit Belgiens. Aufgrund dieser speziellen Gegebenheiten ist Alfred Bourseaux sehr daran interessiert, diese Region wirtschaftlich zu unterstützen. Der Fokus liegt darauf, den Standort Eupen durch die lokale Produktion zu stärken. Zur Erreichung dieses Zieles kann es jedoch durchaus notwendig sein, auch außerhalb der Region zu investieren.

Haustex: Das muss man sich in Zeiten der Globalisierung auch erst einmal leisten können. Offenbar ist das Unternehmen technologisch top ausgerüstet, um dem Kostendruck des heimischen Standortes gerecht zu werden?

Klein: Absolut. Es ist stets unser Bestreben, die technischen Entwicklungen nicht nur nachzuvollziehen, sondern ihnen möglichst voraus zu sein.

Haustex: Wie kam das Kabelwerk dazu Schaumstoffe zu fertigen?

Klein: Damit haben wir 1956 angefangen, erst in einem sehr kleinen Rahmen. Durch die Kabelproduktion waren wir hervorragend mit Kunststofflieferanten verbunden, da Gummi und Kunststoffe zur Isolation der Kabel notwendig waren. Das hat dazu geführt, dass uns Lieferanten, wie die Bayer AG, die damals aufkommenden Technologien zur Fertigung von synthetischen PU-Schaumstoffen angeboten haben.

Richtig los ging es mit der Schaumstoff-Produktion, als das Unternehmen einen Ingenieur der Anwendungstechnik der Firma Bayer engagierte. Unter seiner Regie begannen wir mit der großformatigen Produktion der damaligen Ester- und Äther-Schäume. Unser Management hatte erkannt, dass PU-Schaumstoffe eine interessante Zukunft vor sich haben und entschieden in diese Produkte zu investieren. Wir waren eines der ersten europäischen Unternehmen, das seit den 50iger Jahren bereits synthetische Schaumstoffe produzierte. Dank des großen Erfolges wurde dann rund 15 Jahre später ein eigenständiges Werk zur Produktion von PU-Schaumstoffen gebaut.

Haustex: Welche Bedeutung hat die Schaumstoff-Sparte heute innerhalb der Unternehmensgruppe?

Klein: Das Kunstschaumwerk hat 2018 einen Umsatz von rund 35 Millionen Euro erzielt, dies entspricht etwa zwölf Prozent des Umsatzes des Kabelwerks. Wir produzieren in Eupen inzwischen ungefähr 13.000 Tonnen Weichschaumstoffe im Jahr. Die Tonnage ist in den letzten Jahren gestiegen, weil wir uns im Laufe der Jahre auf hochwertige Schaumstoffe mit höherem Raumgewicht konzentriert haben.

Haustex: Wie ist der Geschäftsbereich innerhalb der AG eingebunden?

Klein: Die Kabelwerk Eupen AG hat insgesamt drei eigenständige Geschäftsbereiche. Die wichtigste Aktivität ist wie gesagt die Herstellung von Kabeln. Eine weitere Sparte bietet Kunstoffrohre an, die hauptsächlich im Bausektor für Wasser-, Kabel- oder Gasleitungen genutzt werden. Die Produktion von Polyurethan-Weichschäumen ist der dritte Geschäftsbereich, der weitestgehend eigenständig ist. Er untersteht meiner Leitung.

Haustex: Welche Schaumstoffe bietet Eupen Foam für die Matratzenindustrie. Wie ist die Produktpalette gegliedert?

Pascal Timmerman: Die Matratzenindustrie ist mit etwa 80 Prozent Umsatzanteil unser wichtigster Markt. Außerdem beliefern wir die Möbelindustrie und unter der Marke Eucatec die Autoindustrie. Unsere vor gut zwei Jahren neu gefasste Markenwelt für Matratzen und Möbel umfasst vier Produktfamilien mit jeweils eigenem Markennamen: Eucabase, Eucaselect, Eucafeel und Eucavisco.
Warum Euca? Das Eu steht für Eupen und das Ca für Cable. Unter jeder Marke bieten wir unterschiedliche Raumgewichte und Härten an. Insgesamt produzieren wir aktuell über 80 unterschiedliche Schaumstofftypen, hauptsächlich für den Bedding-Markt.

Haustex: Was zeichnet die Schaumstoffe aus?

Timmerman: Unsere Schäume unterscheiden sich zum Beispiel durch ihre hohe Atmungsaktivität, eine umfassende Zertifizierung, enge Toleranzen und somit verlässliche Härtegrade. Darüber hinaus arbeiten praxisorientierte Spezialisten an einzigartigen Rezepturen, die unsere Schaumstoffe so besonders machen.

Haustex: 80 unterschiedliche Schaumqualitäten, das klingt nach viel.

Timmerman: Nicht immer hatten wir so viele verschiedene Qualitäten in unserem Produktportefeuille. Aber der Markt wünscht immer speziellere Schaumstoffqualitäten und wir wollen natürlich die Antwort darauf bieten. Eucafeel ist dafür das beste Beispiel. Diese Schaumstoffe anzubieten, war keine Reaktion auf den Markt, sondern eine Initiative unsererseits. Es gibt sie mit diesen Eigenschaften auch nur bei uns. Wir suchen die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten, es ist jedoch unser Anspruch, unabhängig von deren verschiedenen Technologien zu sein und stattdessen lieber im eigenen Haus Schäume zu entwickeln. Hinzu kommen die Spezialitäten, die wir gemeinsam mit unseren Kunden auf deren Wunsch hin entwickelt haben.

Haustex: Die Zahl der Schaumqualitäten wächst also weiter?

Timmerman: Nach dem Lean-Prinzip versuchen wir natürlich, eher in die Richtung von Standard-Angeboten zu gehen, sodass wir in der Fertigung kosteneffizient bleiben. Je mehr Qualitäten wir haben, umso schwieriger ist der Fertigungsprozess. Aber wenn ein Kunde mit einem Wunsch an uns herantritt, den wir wirtschaftlich realisieren können, sagen wir natürlich nicht nein zu dem Auftragswunsch.

Das ist wahrscheinlich ein Vorteil von Eupen Foam. Denn der Wettbewerb ist vielleicht ein bisschen zu stark in Richtung Standards gegangen, wodurch wir einige Neukunden gewinnen konnten.

Haustex: Inwiefern?

Timmerman: Neben Schäumen von der Stange betrifft das auch die Blockmaße. Mancher Schäumer arbeitet mit festen Ablängmaßen, die nicht immer den Bedürfnissen der Kunden entsprechen. Die Folge ist, dass der Matratzenproduzent bei bestimmten Matratzengrößen zu viel Verschnitt hat. Bei uns kann der Kunde das Ablängmaß der Blöcke exakt gemäß seiner Ansprüche in der Produktion wählen, sodass er mit uns rationeller arbeitet. Diese Spezialität bringt uns zwar mehr Aufwand in der Fertigung, ist aber bei den Kunden sehr willkommen.

Haustex: Warum bietet nicht jeder Schäumer diesen Service?

Klein: Wir müssen dafür Langblöcke lagern, die wir erst später auf die vom Kunden gewünschte Ablängung schneiden. Sehr viele unserer Konkurrenten lagern lieber Kurzblöcke mit vielleicht vier Maßen, aus denen der Kunde dann das Maß wählen muss, dass ihm am besten passt. Das ist nicht selten ein mehr oder minder guter Kompromiss.

Haustex: Sprechen wir über die Schaum-Qualitäten des Kabelwerks

Klein: Zu Anfang gab es bei uns nur die konventionellen Schaumstoffe, die wir heute unter Eucabase zusammenfassen. Diese Schäume bieten eine besonders hohe Tragkraft. Bei Eucabase legen wir besonderen Wert auf ein außergewöhnliches Preis-Leistungs-Verhältnis. So können unsere Kunden hochwertige Produkte anbieten und erlangen gleichzeitig mehr Wirtschaftlichkeit. In diesen Schaumstoffen steckt eine ungeheure Tragkraft, denn die hochwertigen PU-Schaumkerne halten auch größten Belastungen stand. Das Raumgewicht liegt zwischen 17 und 56, die Stauchhärte variiert zwischen 2,4 und 7,2 KPA.

In einem zweiten Schritt kamen als Weiterentwicklung Komfort-Schäume oder High-Resilience- bzw. HR-Schäume mit einer verbesserten Elastizität dazu. Das ist heute die Produktfamilie Eucaselect. Das breite Premium-Sortiment umfasst zahlreiche Kombinationen aus Raumgewicht, Stauchhärte und Komfort-Index. Die Schaumstoffe bieten Raumgewichte von 25 bis zu 70 Kilogramm, die es in jeweils bis zu sechs Stauchhärten gibt. So gelingt für jeden Personentyp der beste Komfort: Die Schaumstoffe nehmen den Körper sanft auf, bieten aber gleichzeitig größte Unterstützung beim Einsinken.

1995 kamen wir dann, nach Tempur, sehr schnell mit unseren viskoelastischen Schäumen auf den Markt. Wir sind in ganz Europa, wenn nicht weltweit, als sogenannte Nummer zwei aktiv gewesen und haben sehr erfolgreiche Jahre damit gehabt. Bemerkenswert an Eucavisco ist die hohe Offenporigkeit bei gleichzeitigem Memory-Effekt. Dadurch unterscheiden sie sich wesentlich von handelsüblichen Visko-Schäumen, die meist nur eine halboffene Zellstruktur aufweisen. Der Vorteil: Unsere Premium-Schäume sind besonders atmungsaktiv und luftdurchlässig. Während herkömmliche Visco-Schäume häufig einen höheren Widerstandswert haben, ermöglicht Eucavisco bei 0,5 bis 15 Millimeter Wassersäule eine deutlich bessere Luftzirkulation. Dadurch kommt es zu einer wesentlich geringeren Geruchs- oder Keimentwicklung.

Haustex: Und dann gibt es seit gut zwei Jahren Eucafeel. Was unterscheidet diese Qualität von den anderen auf dem Markt befindlichen Matratzen-Schäumen?

Timmerman: Eucafeel ist das jüngste Baby unserer Schaum-Familie, das vor allem als Matratzenauflage klimaregulierend aktiv ist. Es beweist optimale Werte, denn Eucafeel ist extrem offenzellig und zugleich hydrophil. Aufgrund dieser Faktoren kann diese Schaumtype nachweislich fast viermal mehr Feuchtigkeit als herkömmliche HR-Schäume aufnehmen und auch wieder abgeben. Feuchtigkeitsansammlungen an der Matratzenoberfläche sind also ausgeschlossen. Vergleicht man Eucafeel mit üblichen Schaumstoffen und Visco-Schäumen, so wird die Innovation durch Ventilation besonders deutlich: Die Luftdurchlässigkeit ist nämlich mit nur 0,2 Millimeter Wassersäule signifikant höher als bei Alternativprodukten.

Auch hinsichtlich der Aufnahme von Körperwärme punktet diese Schaumqualität mit Bestwerten. Tests haben gezeigt, dass die Wärmeaufnahme deutlich geringer ist als bei üblichen Schaumstoffen und Visko-Schäumen. Dies verstärkt das Gefühl, in einer frischen Umgebung zu schlafen.

Last but not least ist dieser Schaum sehr elastisch und dennoch superweich. Das ist technologisch sehr schwer zu realisieren, weil beide Punkte fast konträr zueinanderstehen. Die Rückprall-Elastizität liegt bei weit mehr als 60 Prozent. Dadurch bieten diese Schäume eine ideale Druckentlastung bei gleichzeitiger Körperunterstützung. Die Zellstruktur - extrem offen und komplett inhomogen- ist Basis für Spitzenwerte bei Laborversuchen: Eucafeel schneidet auch hier nachweislich besser ab als übliche Schaumstoffe und Visko-Schäume.

Haustex: Wie haben Sie diese Eigenschaften getestet?

Klein: Wir arbeiten sehr eng mit Centexbel zusammen. Dort wurden die positiven Eigenschaften unserer Eucafeel-Schäume eindrücklich bestätigt.

Haustex: Sie sprechen davon, dass Eucafeel als Auflage einer Matratze verwendet wird. Ist es demnach nicht sinnvoll, den Schaum komplett für eine Matratze zu verwenden?

Timmerman: Mit dem 4515, der Renner bei Eucafeel, geht das zumindest nicht. Eine Stauchhärte von 1,5 ist viel zu weich dafür. Wir haben aber auch Eucafeel mit Stauchhärten von 2,5 und 3,5. Damit könnte man rein theoretisch einen Matratzenkern herstellen.

Klein: Allerdings hat der Schaum noch nicht ganz den Komfortindex, der dafür nötig wäre. Aber wir arbeiten daran, den SAG-Faktor weiter zu optimieren. Er gibt das Verhältnis von Weichheit zu Stützkraft an. Je größer der SAG-Faktor ist, desto größer ist der Unterschied zwischen der Oberflächenfestigkeit und der Beständigkeit der inneren Druckverformung. Grundsätzlich soll der Oberflächenbereich weich sein um den Körper sanft aufzunehmen, im tieferen Bereich dagegen soll der Schaum deutlich fester werden, um den Körper gut abzustützen. In diesem Punkt sind unsere Eucaselect-Schäume einfach beispielhaft.

Haustex: Ein weiteres Qualitätskriterium ist das Raumgewicht. Wie sieht es damit bei Eucafeel aus?

Timmerman: Es wäre gelogen zu sagen, dass das Raumgewicht keine Rolle spielt bei der Beurteilung der Qualität eines Schaumes. Aber durch die neue Rezeptur bei Eucafeel ist es uns gelungen, mit einem Raumgewicht von 45 Kilogramm Komfortwerte zu erzielen, die andere Schäume nur mit höheren Raumgewichten erreichen.

Klein: Eucafeel ist nach meiner Auffassung eher ein Kontaktschaum, der außerdem das Klima im Bett reguliert und die Druckverteilung im Bett optimiert. Der optimale Tragschaum ist dann ein HR-Schaum der einen SAG-Wert von um die drei hat. So, wie es bei unseren Select-Schäumen der Fall ist.

Haustex: Wie hat der Markt auf Eucafeel reagiert?

Timmerman: Ich denke, es ist ein wirklich erfolgreiches Produkt. Natürlich gibt es immer Luft nach oben, aber wir sind mit der Resonanz auf diese neue Schaumqualität sehr zufrieden. In den letzten beiden Jahren verzeichnen wir in dieser Qualität einen sehr interessanten Zuwachs. Wir liefern sie sogar bis nach Asien oder Indien.

Haustex: Und wie haben die Mitbewerber darauf reagiert? Haben sie versucht, den Schaum nachzustellen?

Klein: Der Fußballer würde sagen: Wir müssen nur auf uns schauen. Es ist nicht alles patentierbar, weil die Bausteine dafür sehr oft schon vorhanden sind. Letztlich ist es doch ähnlich wie bei einem Koch, dem es gelingt, ein vorzügliches Essen zuzubereiten, während ein anderer Koch mit den gleichen Zutaten nur ein durchschnittliches Essen zustande bringt. Der Unterschied liegt bei Eucafeel im Know-how, das wir hier im Hause haben. Da andere Unternehmen nicht über unsere Entwickler verfügen, können sie diesen speziellen Schaum nicht so einfach nachproduzieren.

Haustex: Wie entstehen neue Schaumqualitäten in Ihrem Unternehmen?

Timmerman: Oft kommen die Wünsche dafür aus dem Verkauf. Einmal in der Woche sitzen wir hier zusammen mit der Entwicklung, der Technik und der Werksleitung, dann kommen auch solche Themen auf den Tisch. Gemeinsam wird dann besprochen, ob die Idee sinnvoll und realisierbar ist. Und wenn ja, unter welchen Bedingungen. So entsteht ein Projekt, das danach in den Abteilungen weiterverfolgt wird.

Klein: Übergeordnet haben wir natürlich formulierte Produktstrategien, damit wir langfristig wissen, wohin der Weg führen soll. Es gibt einerseits die Wünsche der Kunden, die Trends, andererseits aber auch die kontinuierliche Weiterentwicklung der existierenden Schäume. Wir sind stets bemüht, unsere vorhanden Produkte weiter zu verbessern.

Timmerman: Das wird von unserer Kundschaft geradezu erwartet, damit sie mit ihren Matratzen immer auf einem Top-Niveau liegen.

Haustex: Wie lange dauert es, bis eine Schaumqualität wie Eucafeel marktreif ist?

Klein: Das dauert durchaus seine zwei Jahre. Jede Entwicklung durchläuft verschiedene Etappen, wir haben die Laborphase, die Fertigungstechnik von der Schaumtechnik her, und nicht selten ist das Entwickeln eines Systems mit einem erheblichen Umbau der Pumpen- und Tanktechnik und der Verrohrung verbunden.

Haustex: Somit sitzen Sie jetzt schon an der Entwicklung für Neuheiten der übernächsten Interzum 2021?

Klein: Absolut, ja. Allerdings sind wir nicht auf dieses Datum fixiert. Letztlich muss Herr Timmerman vorher entscheiden, was auf der Messe präsentiert werden soll.

Haustex: Wenn Sie den Markt der Lieferanten von Matratzenschäumen betrachten: Gibt es Punkte, in denen sich Eupen Foam von anderen unterscheidet?

Klein: Eine Besonderheit ist sicherlich, dass wir hunderprozentig auf den Matratzenmarkt orientiert sind und dort mit unseren Schaumfamilien alle Bedürfnisse erfüllen können. Nicht nur mit Eucafeel, sondern auch mit unseren viskoelastischen Typen. Denn es gibt immer noch einen großen Bedarf nach diesem Gefühl, dass man sich auf seiner Matratze aufgehoben, ja fast ummantelt fühlt. Und mit Eucabase bedienen wir diejenigen, die eine robuste Matratze schätzen.

Timmerman: Auch die Atmungsaktivität ist ein sehr interessantes Thema. Wir haben durch Eucafeel gemerkt, dass sehr viele Leute daran interessiert sind, dass ihre Matratze durchlüftet ist. Entsprechend haben wir auch bei Eucaselect und Eucavisco Schäume entwickelt, die atmungsaktiver sind.

Klein: Ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal ist, dass der Matratzenhersteller durch die schlanke Struktur des Eupener Schaumstoffwerks sehr einfach mit Verkauf, Entwicklung oder Serviceteam in Kontakt treten kann, um sehr schnell Entscheidungen zu erhalten, die ihm in seinem täglichen Geschäft weiter helfen. Es wird uns von unseren Kunden immer wieder bestätigt, dass sie das gute Gefühl haben, bei uns nicht nur eine Nummer zu sein.

Die großen, multinational aufgestellten Schäumer reduzieren diese Möglichkeit des direkten Kundenkontaktes aktuell enorm. Das ist ein Trend im Zuge von E-Commerce und elektronischer Auftragsbearbeitung. Wir praktizieren das zwar auch, aber uns ist es weiterhin wichtig, auf allen Unternehmensebenen stets auch ein offenes Ohr für unsere Kunden zu haben.

Haustex: Man begegnet sich somit auf Augenhöhe, wie es so schön heißt?

Klein: Man begegnet sich überhaupt. Das ist ein großer Unterschied.

Timmerman: Wir sind drei Außendienstmitarbeiter, die regelmäßig und aktiv den direkten Kontakt zu den Kunden suchen. Und natürlich auch zu Wunschkunden. Viele Kunden erwarten es geradezu, dass wir regelmäßig bei ihnen vorbeikommen, um mit ihnen zu sprechen.

Haustex: Im Mai ist Ihr Unternehmen Aussteller auf der Interzum. Welche Neuheiten werden Sie dort zeigen?

Timmerman: Wir werden dort mit zwei Neuheiten zu sehen sein. Die erste ist eine neue Schaumstofftype in unserem Programm, genauer gesagt für die Familie Eucavisco. Sie wird auch Auswirkungen auf die vorhandenen Qualitäten haben, die ebenfalls weiter entwickelt werden. Die Details dazu offenbaren wir aber erst auf der Messe. Die zweite ist ein vollständig neues Angebot in puncto Service und Logistik.

Haustex: Sie glauben also weiterhin an das Thema Visko?

Timmerman: Natürlich. Es war übrigens auch nie unsere Idee, was mancher bei unserem Marktstart so interpretiert hat, dass Eucafeel das Visco-Programm ersetzen soll. Es gibt nach wie vor Kunden, die auf Visko schwören und wir selbst glauben auch weiterhin an die Berechtigung dieses Materials.

Klein: Der Erfolg unseres Visko-Schaums lag seit 1995 darin begründet, dass wir fähig waren, einen sehr offenen Schaum anzubieten, der die typischen Eigenschaften dieses Schaumes mit einem angenehmen Schlafgefühl verbindet, das nicht zu warm ist. Da hatten wir lange und haben teilweise immer noch die Nase vorn gegenüber anderen Anbietern.

Haustex: Worum dreht es sich bei der zweiten Neuheit?

Timmerman: Wie erwähnt, arbeiten wir mit zahlreichen Partnerfirmen im Ausland zusammen, die keinen Schaumstoff produzieren, sondern ihn weiterverarbeiten und zuschneiden. Mit diesen Unternehmen, die zwar nicht zur AG, aber zur Unternehmensgruppe gehören, sind wir international gut aufgestellt. Bildlich betrachtet ist Eupen Foam der große Frachter und die ausländischen Dependancen sind als Vertriebspartner die Schnellboote, die schneller und flexibler auch kleinere Mengen anbieten können.

Mit Beginn der Interzum werden wir nun unseren Kunden im Zusammenspiel mit unseren Vertriebsgesellschaften eine Komplettlösung bei Service und Logistik anbieten, auch als Reaktion auf das wachsende Internet-Geschäft mit Matratzen. Das bedeutet, dass wir unseren Kunden jetzt das komplette Spektrum vom Kauf eines Schaum-Blocks bis zur fertig konfektionierten und bezogenen Matratze anbieten. Dafür hat die Gruppe Eupen in zwei neue Linien für die Fertigung und Verpackung von Matratzen investiert. Wir haben also jetzt die Möglichkeit, unseren Kunden eine vollständige Palette von Dienstleistungen anzubieten, vom traditionellen Schaumblock bis hin zu den fertigen Matratzen, auf Wunsch gefaltet, gerollt in einem Karton verpackt und sogar bis zum Endkunden geliefert.

Haustex: Also sind Sie nicht nur Schäumer, sondern auch Matratzenproduzent?

Timmerman: Einerseits ja, andererseits nein. Denn wir werden niemals mit unseren eigenen Matratzen auf den Markt kommen und unseren Kunden Konkurrenz machen, sondern nur als Lieferant kompletter Matratzen unter der Marke unserer Kunden agieren. Wir bleiben immer im B2B-Geschäft. B2C kommt für uns nicht in Frage.

Haustex: Konfektionieren Sie Matratzenbezüge auch selbst?

Timmerman: Wir haben hier in Belgien einen siebten Partnerbetrieb, der in der Lage ist, Matratzenbezüge zu konfektionieren. Dort sind 40 Näherinnen beschäftigt, die für verschiedene Kunden arbeiten.

Klein: Unser Kunde legt die Spezifikationen und Zutaten für die Matratze fest. Anschließend produzieren wir den Schaum, schneiden die Matratzenkerne, fertigen die Bezüge, vereinen beides und lassen es schließlich über Logistik-Unternehmen ausliefern: ins Zentrallager, ins Geschäft oder zum Endkunden, ganz wie unsere Kunden es wünschen. Diesen Service bieten wir "à la carte" an, sodass jeder Kunde nach seinem eigenen Bedarf entscheidet, was für ihn am wertvollsten ist. Der Matratzenanbieter wird immer im Mittelpunkt unseres Bemühens stehen.

Timmerman: Wir unterscheiden uns in diesem Punkt durchaus vom Wettbewerb, weil einige Schaumlieferanten gleichzeitig online eigene Matratzen anbieten oder dem Einzelhandel anbieten und damit ihren Kunden Konkurrenz machen. Da bleiben wir in unserer Vertriebsstrategie sauber.

Haustex: Mit Ihrem erweiterten Kundenservice reagieren Sie auf den wachsenden Online-Markt mit Matratzen?

Klein: Genau. Es ist absolut notwendig. Dieser Bereich gewinnt an Marktanteilen und darum ist es notwendig, dass wir uns auch in Richtung dieser Kunden vorwärts integrieren.

Haustex: Also produzieren Sie auch, wenn gewünscht, die One-fits-all-Matratze?

Klein: Selbstverständlich. Ich denke nicht, dass wir als Schaumstoffhersteller die Entwicklungen unserer Kunden bewerten sollen. Das Konzept "one fits all" hat den Matratzenmarkt komplett umgeworfen und somit auch viele Händler und Matratzenhersteller geärgert. Wenn man es allerdings positiv betrachtet, hat es jeden von uns dazu gebracht, umzudenken und neue Ideen zu suchen.

Ungeachtet dessen sind wir der Auffassung, dass jeder Körper seine speziellen Eigenheiten hat, auf den eine Matratze ausgerichtet sein sollte. Es ist reine Physik, dass ein Mann mit 90 Kilogramm eine andere Matratze benötigt als eine leichte Frau.

Timmerman: So, wie wir die Matratzen der klassischen Anbieter nicht bewerten, werden wir auch nicht die one-fits-all-Matratzen bewerten. Wir beschränken uns darauf, eine breite Palette an Schäumen für einen komfortablen Schlaf anzubieten. Was unsere Kunden daraus machen, ist alleine ihre Angelegenheit.

Haustex: Wenn Sie Neukunden akquirieren möchten, gibt es Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit?

Klein (lacht): Zahlungsfähig sollte er sein. Ansonsten sind wir für alle Kunden offen. Ob es tatsächlich klappt, wird sich letztlich im täglichen Geschäft erweisen.

Timmerman: Ich denke, wir finden immer einen Weg, mit einem Kunden zusammenzuarbeiten. Es sei denn, wir stoßen technisch an irgendwelche Grenzen. Wir verfügen zwar über sehr viele Schnitttechniken, aber eben nicht über alle. Der beste Beweis für unsere Offenheit ist, dass wir weltweit aktiv sind. Der einzige Kontinent, auf dem wir bislang keinen Kunden haben, ist Afrika. Jeder ist willkommen.

Haustex: Welche längerfristigen Trends erkennen Sie auf dem Matratzenmarkt?

Klein: Wie bereits erwähnt, hat das Internet auch im Matratzenmarkt eine kleine Revolution ausgelöst. Das Bestellverhalten, vor allem der jüngeren Kundschaft, hat sich stark verändert. Heute kauft man nicht mehr die Matratze nur im Handel, sondern es gibt auch Marketplaces oder direkte Online-Anbieter, die zur Verfügung stehen.

Persönlich denke ich, dass die Umsätze sich jetzt verschoben haben. Casper & Co. bieten jetzt jedoch mehrere Matratzen an, die hochwertiger sind. Sie verlassen also das "one fits all"-Prinzip und haben sogar Verträge für Vertretungen in Möbelhäusern. Das Online-Geschäft ist ein neuer Vertriebskanal geworden. Dieser wird in den nächsten Jahren auch noch wachsen. Allerdings denke ich, dass es auch in Zukunft stationäre Händler geben wird, denn Kunden legen trotzdem noch einen großen Wert auf persönliche Beratung, vor allem bei höheren Preislagen.

Außerdem kommt allmählich das Thema der Schlafoptimierung durch Sensoren im Bett oder der Matratze auf.

Timmerman: Auch Recycling und die Kreislaufwirtschaft werden ein Thema sein, das uns in der Zukunft sehr beschäftigen wird. Noch gibt es keine fertige Lösung dafür.
aus Haustex 04/19 (Wirtschaft)