Schlossberg Zukunftstag

Neue Wege für den Bettenfachhandel gesucht


Zürich. Die Zukunft findet jetzt statt - so lautete die Überschrift über einen Tag, den der Bettwäschehersteller Schlossberg in Zürich veranstaltete. Mehr als 100 Teilnehmer erlebten dort Vorträge und Workshops mit dem Ziel, neue Wege für den Betten- und Heimtextilfachhandel zu ergründen.

The future is now - dieses Motto des Schlossberg-Zukunftstages fand einen schönen Kontrast in der Wahl des Veranstaltungsortes. Denn die Zukunft fand gewissermaßen in der Vergangenheit statt: Die 1910 erbaute Armaturengießerei im Zürcher Stadtteil Oerlikon bot einen transformativen Rahmen. Die ehemaligen Werkshallen wurden 1996 in einen Event- und Gastrobetrieb verwandelt - und in einen perfekten Ort, um über den Wandel im Handel und die damit zusammenhängenden Herausforderungen zu reflektieren.

"Gute Ideen bewegen Leute" lautete eine simple wie richtige Botschaft, die Roger Staempfli vermittelte, einer der Referenten der Veranstaltung. Das konnte man wörtlich nehmen: Über 100 Teilnehmer waren angereist, darunter viele Fachhändler, aber auch Vertreter von ABK und Bettenring. "Ich weiß auch nicht, wie die Zukunft aussieht", hörten sie zur Begrüßung von Damian Wirth. "Ich weiß nur, dass jeder heute enorm gefordert ist, seinen Weg zu finden", sagte der CEO, der seit gut einem Jahr die Geschicke des Unternehmens lenkt. "Ich habe keine Lösungen zu bieten, wir wollen aber viele Impulse geben."

Und von denen hatte beispielsweise Roger Staempfli so einige im Gepäck. Der Kreativdirektor der Agentur Aroma schafft mit seinem Unternehmen Markenerlebnisse für den Handel, für Kunst, Architektur und Events. Staempflis "Kreativ-Porno" bot eine große Zahl an visuellen Beispielen dafür, wie sich ein Point of Sale zum einem Point of Emotion gestalten lässt. Vertieft wurde dies in einem der drei Workshops, die als Ergänzung der Vorträge angeboten wurden. Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind aus Sicht Staempflis die wichtigsten Zukunftstrends. "Der Gewinner wird am Ende der sein, der die virtuelle Realität mit der realen Welt verbindet." Er riet: "Einfach mal etwas machen oder probieren, statt lange zu planen."

Den Kunden zum
Botschafter machen

Gute Ideen entwickelten eine Eigendynamik - und brächten dann auch Frequenz. Nur langweilig dürfen sie eben nicht sein. "Eine gute Präsentation braucht eine gute Story", lautete sein Rat - weg von der Dekoration, hin zur Inszenierung. Als zeitgemäßes Beispiel dienten ihm überraschende Eyecatcher, ob im Schaufenster oder auf der Fläche, die fotografiert und in sozialen Netzwerken geteilt werden - kostenlose Werbung, die sich schnell multipliziert. So wie beispielsweise auch ausgefallene Tragetaschen. "Machen Sie den Kunden zum Botschafter, so der Tipp.

Ob die richtige Beleuchtung, eine witzige Aktion, der Social-Media-Auftritt: "Es geht immer darum, sein Konzept zu finden - nicht das größte, schönste oder beste. Es geht darum, das Konzept zu finden, das zu einem passt, und das dann konsequent umzusetzen", betonte der Marketing-Experte. "Wagen Sie Experimente", riet Staempfli. "Im schlimsten Fall geht mal etwas in die Hose."

Auch die übrigen Referenten gehörten in die Kategorie der experimentierfreudigen Unternehmer. Der Schweizer Thomas Binggelli, Gründer der anspruchsvollen Fahrradmarke Thömus, erläuterte seinen Weg hin zu einem erfolgreichen E-Bike-Verkäufer mit extrem hoher Kundenbindung, die unter anderem durch aufmerksamkeitsstarke Events oder gemeinsame Touren erreicht wird. "Sich immer wieder neu zu erfinden und auf Trends einzugehen ist unsere ständige Herausforderung."

Innovations-Experte Gerriet Danz aus Hamburg sieht eine Zukunft für den stationären Handel neben dem Onlinewettbewerb. Sein Plädoyer: Der Händler müsse Erlebnisse und Emotionen schaffen und mit interessanten Inszenierungen Aufmerksamkeit erregen. Als Beispiele dienten ihm so unterschiedliche Geschäfte wie der Flagshipstore des Staubsaugerherstellers Dyson auf der 5th Avenue in New York, oder der Buchladen "Stories" in Hamburg (beides leicht zu ergoogeln).

Beide verstehen sich auf eine erlebnisreiche Inszenierung. Danz motivierte zu kreativem Ausprobieren, zum Austausch und zur Kooperation auch mit Kollegen anderer Branchen. "Bringen Sie Leute unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Berufe und so weiter zusammen und lassen Sie sie Ideen austauschen", so Danz. Und: "Machen Sie Fehler, das dürfen Sie. Nicht im operativen Geschäft, aber beim Ausprobieren."

Mit Herzblut und Leidenschaft, aber nicht bierernst

Wie entscheidend gutes Personal für den Geschäftserfolg ist und welche Aspekte darüberhinaus entscheidend sind, diskutierte ein Podium unter der Leitung von Anitra Eggler, die den gesamten Zukunftstag moderiert hatte und als kritische Expertin zum Thema Digitalisierung viele weitere inhaltliche Impulse setzte. Simona Pfister-Flammer aus der Geschäftsleitung von Orell Füssli Thalia steuerte ihre Erfahrung aus dem Buchhandel bei und blickte dabei auch auf einen Giganten: "Von Amazon kann man lernen, auf den Kunden und sein Verhalten einzugehen, sein Verhalten zu analysieren und durch die Mitarbeiter das an den Kunden zu bringen, was der Kunde haben möchte."

Für Schlossberg-CEO Damian Wirth sind Herzblut und Leidenschaft zentrale Aspekte, aber es sei schwer, geeigneten Nachwuchs für den Verkauf zu finden - auch, weil die Bezahlung nicht sehr attraktiv sei. Bei der Personalführung sei es unerlässlich, eine größtmögliche Identifikation mit dem Unternehmen und seiner Kultur herzustellen - zumal bei einem Hersteller von Luxusprodukten. "Wie baue ich eine Kundenbeziehung auf? Wie entwickle ich mein Gastgeber-Gen, damit der Kunde sich wohlfühlt? Das ist entscheidend", so Wirth. Emotionen, Wertigkeit und die Story zum Produkt müssten vermittelt werden können.

Bei Bettenrid in München hat die Mitarbeiterqualifizierung oberste Priorität, wie Geschäftsführer Robert Waloßek in der Diskussion erläuterte. "Wir leben vom Berühren, Spüren und Ausprobieren. Es geht immer darum, wie ich dieses Erlebnis dem Kunden darstelle." Waloßek riet zur Gelassenheit: "Man muss immer wieder schauen: Was kann ich verbessern? Aber das mit Spaß, nicht mit Bierernst." Gerade in der aktuellen Situation sicherlich eine gute Strategie, um die Herausforderungen anzunehmen: "Es waren immer schwierige Zeiten im Einzelhandel, immer!", so Waloßek. "Jetzt sind wir wieder in einer Phase, die schwierig ist, aber da müssen wir durch."
aus Haustex 04/19 (Marketing)