Infloor-Girloon GmbH & Co. KG

Infloor-Girloon Die Digitaldrucker

Infloor-Girloon hat sich als erster deutscher Hersteller vom klassischen Teppichbodendruck verabschiedet und setzt seit 2018 ausschließlich auf ein Digitalverfahren. Der Mut hat sich aus vielerlei Gründen gelohnt, zeigt ein Vor-Ort-Besuch.

Macht man einen großen Schritt nach vorne und dann einen zur Seite, weiß man, wie klein ein Quadratmeter ist. Die Fabrikanten Ulrich Dresing und seine Tochter Stefanie Ritterbach stellen Teppichböden her, die auf dieser kleinen Fläche bis zu 1 Mrd. Druckpunkte Farbe aufnehmen können. Jeder von ihnen ist ein kleiner, aber unabdingbarer Teil der konturenscharfen und fotorealistischen Designs, die beide geschäftsführenden Gesellschafter seit Anfang 2018 digital auf die Teppichböden und Teppichplanken ihrer Firma Infloor-Girloon drucken.

Chromojetanlage verkauft

Den klassischen Druck im Chromojetverfahren, den die Industrie - Infloor-Girloon eingeschlossen - seit Jahren flächendeckend für das Bedrucken von Teppichböden einsetzt, haben die Ostwestfalen komplett hinter sich gelassen. Die alte Anlage ist abgebaut, verschifft und tut ihren Dienst heute irgendwo in Indien.

Welche Möglichkeiten Dresing und Ritterbach sich durch diese radikale unternehmerische Entscheidung für ihren Betrieb mit 108 Mitarbeitern erschlossen haben, wird erst richtig klar im Vorher-Nachher-Vergleich. Dieser Vergleich von altem und neuem Druckverfahren hat drei Dimensionen: Design, Produktion, Nachhaltigkeit.

"Quantensprung" im Design

"Während das Chromojetverfahren auf 1 Mio. Pixel pro Quadratmeter limitiert ist, haben wir mit dem neuen Digitaldruckverfahren Colaris die Möglichkeit, je nach Auflösung bis zu 1 Mrd. Druckpunkte pro Quadratmeter zu realisieren", hebt Dresing heraus. Das ist eine um den Faktor 1.000 bessere Konturenschärfe. Auch wenn die Anlagenfahrer im Werk in Herzebrock-Clarholz in der Regel "nur" mit bis zu 280 Mio. Druckpunkten produzieren, bietet die Digitaldruckanlage des österreichischen Maschinenherstellers Zimmer nach Ansicht von Dresing einen "Quantensprung" in der Konturenschärfe, sogar tuftgemusterte Designs und Webstrukturen seien jetzt möglich. Das gilt auch für die Farben: Während ihre Anzahl in der Vergangenheit auf 16 pro Dessins beschränkt war, ermöglicht der Digitaldruck eine unendliche Farbvielfalt.

Die Colaris-Anlage, in die rund 2,5 Mio. EUR investiert wurden, vereinfacht auch den Produktionsaufwand erheblich. In der Vergangenheit musste jede Farbe in Tanks angesetzt werden. War das Dessin fertig gedruckt, wurden alle Tanks und das gesamte Leitungssystem gespült. Bis weiter produziert werden konnte, vergingen bis zu drei Stunden. Beim Digitaldruck entfallen diese Arbeitsschritte. Alle für die digitalen Designs benötigten Farben können aus den vier Tönen Rot, Gelb, Blau und Schwarz gemischt werden. Das erfolgt innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde direkt im Druckstrahl vor der Bedruckung.

Sonderdrucke ab wenigen Quadratmetern

Aus dieser Technik resultieren eine hohe Flexibilität und Schnelligkeit. Während früher für jeden Auftrag die Farben angesetzt werden mussten, wird heute aus den vier Basisfarben Rot, Gelb, Blau und Schwarz jedes Kolorit direkt gemischt. Individuelle Kundenwünsche sind auf den Standarddruckdecken bereits bei wenigen Quadratmetern möglich. Der Digitaldruck spart dem Unternehmen zudem Kosten und schont gleichzeitig die Umwelt. "Insgesamt benötigen wir 85 % weniger Energie, die Umweltbelastung reduziert sich um 70 % und die CO2-Emission um 570 t/Jahr", zählt Geschäftsführerin Ritterbach auf. Aufgrund dieser Nachhaltigkeit wurde dem Hersteller im Rahmen des Umwelt-Innovationsprogrammes vom Bundesumweltministerium eine Investitionsförderung zugesprochen.

Digitaldruck bis 2.000g Poleinsatzgewicht

Während ein Chromojetdruck beispielsweise rund 4,5kg Wasser, Farbstoffe und Hilfsmittel pro Quadratmeter Teppichboden verbraucht, reduziert das digitale Verfahren diese Menge auf gerade einmal
60 g/m2. "Und trotzdem schaffen wir es heute, alle von uns hergestellten Druckdecken wie Schlinge, Glattvelours, Frisé und Saxony mit bis zu 2.000 g Poleinsatzgewicht bis hinunter zum Träger durchzudrucken", betont Dresing.

Dieser Durchdruck sei eine der großen Herausforderungen beim Digitaldruck textiler Bodenbeläge, gerade bei höherem Flor, ergänzt Ritterbach. Doch die Mannschaft in Ostwestfalen habe die Anlage mittlerweile perfekt eingestellt und auch weiterentwickelt. Heute sei man deswegen weltweit der einzige Teppichbodenhersteller, der mit einer Colarisanlage auf 4m-Warenbreite druckt. | jochen.lange@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 10/19 (Wirtschaft)