Dorotheum

Die Stunde der dekorativen Perser


Ob klassisch, edel oder extravagant: kein Einrichtungsgegenstand prägt die Atmosphäre eines Raums so sehr wie ein Teppich. Wer von modernen Designs eine Pause braucht, nach authentischer Patina für seine Räume sucht oder einfach Sammler mit Leib und Seele ist: für den lohnt sich ein frischer Blick auf ältere Werke der Web- und Knüpfkunst. Zum Beispiel im Wiener Auktionshaus Dorotheum: Dort kamen in diesem Frühjahr dekorative Teppiche und Sammlerschätzchen unter den Hammer.

Für Liebhaber boten die beiden Auktionen die Chance, die alten Textilien zu entdecken, zu bestaunen und auf ihre Favoriten zu bieten. Beim ersten Termin im Februar standen Orientteppiche, Textilien und Tapisserien im Rampenlicht. Regelrechte Verkaufsschlager waren hochwertige Perserteppiche aus dem 20. Jahrhundert - etwa zwischen 1920 und 1960 - in teils stattlichem Format mit mehr als fünf Metern Seitenlänge.

Das Top-Ergebnis erzielte ein Ghom-Seidenteppich (Lot 220) mit fein geknüpftem Rautenmuster: Er ging für 13.776 EUR (alle Preise inkl. USt. und Gebühren) an den neuen Besitzer.

Platz zwei mit 11.250 EUR teilten sich vier Exemplare: ein Prachtteppich im seltenen Lang-/Schmalformat mit ungewöhnlichem Medaillon und Drachenkörper-Motiven in den Ecken (Lot 57); ein extrafeiner Tabris mit 2 Mio. Kn/m2 aus der bekannten Teppichmanufaktur SKH - eine Top-Knüpfqualität aus dem Iran (Lot 147); ein feiner beigegrundiger Mesched mit typischen breiten Webkanten (Lot 63) und ein Übermaß-Saruk (535 x 366 cm) von 1920 (Lot 205).

Auch beim Teppich mit dem drittbesten Ergebnis - einem gut erhaltenen Tabris, ebenfalls im Übermaß (520 x 342 cm), aus der Mitte des 20. Jahrhunderts (Lot 142) - boten sich die Interessenten in den fünfstelligen Bereich hinauf: Für 10.000 EUR wurde der Teppich verkauft.

Last but not least sei eine fast 500 Jahre alte Tapisserie aus der Zeit um 1570 (Lot 135) erwähnt: Sie zeigt zwei Reiter, die von Hunden begleitet durch eine von Fabelwesen bevölkerte Auenlandschaft reiten; dieses Motiv macht den Wandbehang zu einem so genannten "Game Park"-Teppich (deutsch: Wildpark). Verkauft wurde das antike Sammlerstück für 8.125 EUR.

Turkmenische Sammlerstücke
von Ingo Bauer

Die zweite Teppich-Auktion des Dorotheums stieg am 9. April, und hier kamen die eingefleischten Sammler zum Zug. Angeboten wurden turkmenische Teppiche, die der Sammler Ingo Bauer in einem langen Teppichliebhaber-Leben zusammengetragen hat. Frühe Stücke aus Westturkestan machten das Rennen, die drei Top-Lots schnitten auch hier mit fünfstelligem Ergebnis ab.

Spitzenreiter war mit 12.500 EUR ein Tekke-Hauptteppich (Lot 86), der dem 17. Jahrhundert zugeschrieben wurde. Das Top-Ergebnis kam nicht unerwartet: In Sachen Zeichnung und Farben gehört das Exemplar zu den besten seiner Art. Für Sammler ist der Hauptteppich auch wegen seiner Bordüre attraktiv: Deren Ornamente zeigen einen einzigen großen Stern statt der üblichen vier kleineren. Das sehr seltene Motiv hat in Kennerkreisen eine gewisse Berühmtheit: 1993 wurde der Stern als Logo des Teppichkongresses ICOC buchstäblich zum "Star" der Teppichwelt.

Für 10.625 EUR wechselte ein Hauptteppich der Kisil-Ayak vom Ende des 18. Jahrhunderts (Lot 116) den Besitzer. Die rosa Partien seiner Bordüren findet man ausschließlich in sehr frühen Exemplaren, insofern prägen auch hier Seltenheit und Alter den Wert. Aus Sammlersicht ist das tolle Ergebnis trotzdem eine Überraschung: Die Teppiche der Kisil-Ayak werden nicht so intensiv gesammelt wie die anderer Stämme. Rang drei dagegen belegte wieder ein typisches Sammlerstück: das Fragment eines Hauptteppichs der Saloren aus dem 18. Jahrhundert (Lot 54, verkauft für 10.000 EUR), dessen glühend-roter Fond beispielhaft für diesen sehr beliebten Teppichtyp ist.•
Die Stunde der dekorativen Perser
Foto/Grafik: Dorotheum, Wien
Ghom Seide (Lot 220), Zentralpersien (Iran), neuzeitlich, 340 x 244 cm, ca. 1 Mio. Kn/m2, Signatur: Kaveh. – 13.776 EUR
Die Stunde der dekorativen Perser
Foto/Grafik: Dorotheum, Wien
Isfahan (Lot 57), Zentralpersien (Iran), um 1960, 347 x 211 cm, Seidenkette und Korkwolle, ca. 810.000 Kn/m2, Signatur: Ostad Khord Azad. – 11.250 EUR
aus Carpet! 03/19 (Wirtschaft)