Sügravo Oberflächenveredelung GmbH & Co. KG

"Bei Sügravo passen wir die Druckwerkzeuge immer wieder an"

Bei der Erschließung neuer Märkte kann Sügravo auf seine Expertise aus der Tapetenherstellung zurückgreifen. Die Inhaber Edgar und Oliver Wenk sind gerade dabei, sich auch mit Industriewalzen etwa für die Produktion von Bodenbelägen oder Servietten einen Namen zu machen.

BTH Heimtex: Die Nachfrage nach Tapeten ist stark gesunken, der Hersteller Pickhardt +Siebert (P+S) Ende 2018 in Insolvenz gegangen. Inwieweit macht sich diese Entwicklung bei dem Oberflächenveredler Sügravo bemerkbar?

Oliver Wenk: Das merken wir auf jeden Fall. Und P+S war einer unserer großen Kunde. Dadurch, dass Erismann eine Auswahl der Kollektionen von P+S weiter druckt, wurde zwar ein Teil des Verlusts aufgefangen, der uns drohte. Aber dennoch spüren wir natürlich die Insolvenz.

BTH Heimtex: Wie kompensieren Sie die zurückgehenden Aufträge aus der Tapetenindustrie?

Oliver Wenk: Wir versuchen die Rückgänge durch andere Märkte, auch durch Industriewalzen auszugleichen. Auch spezielle Produkte, von denen allgemein nicht angenommen wird, dass sie mit Prägewalzen produziert werden. Über die Tapete haben wir ja ein breites Portfolio im Prägebereich. Das müssen wir deutlich machen und uns einen Namen im Bereich Industriewalzen erarbeiten.

Dabei hilft es uns, auf die Tapete zu verweisen. Denn die ist im Prägebereich technologischer Vorreiter, weil es sich bei den Produkten um Kunstwerke handelt. Jede neue Tapete hat ihre eigenen Anforderungen und auch die Umweltpolitik stellt Forderungen. So müssen wir die Druckwerkzeuge immer wieder anpassen. Es hilft uns auch gegenüber unseren Kunden aus der Industrie, wenn wir an diesem Beispiel deutlich machen, dass wir keine Fließbandarbeit leisten.

BTH Heimtex: Welchen Umsatzanteil hält die Tapete bei Sügravo?

Edgar Wenk: Wir hatten mal fast 100 % Tapete, jetzt geht es in Richtung 75 %. Diese Entwicklung ist mit einem extremen Anpassungsprozess verbunden.

BTH Heimtex: Welche Maßnahmen haben Sie im Rahmen dieses Anpassungsprozesses ergriffen?

Edgar Wenk: Als es gut lief, haben wir im Bereich Lasergravur und Prägewalzen bereits in moderne Anlagen investiert. Dieses frühzeitige Handeln erweist sich heute als Vorteil. Wir sind deshalb gut aufgestellt.

Oliver Wenk: Bei den anderen Lasersystemen, was Sieb- und Hochdruck betrifft, haben wir dafür gesorgt, dass sie modular einsetzbar sind, um auch andere Produkte als Tapeten herstellen zu können. Eine Maschine muss heute nicht so ausgerichtet sein, dass man damit nur ein Produkt herstellen kann. Zu verdanken haben wir den reibungslosen Prozess auch den Maschinenherstellern, die uns stets gut beraten haben und uns auch Tipps für eine mögliche Verwendung gaben. Wir hoffen, dass wir dadurch Aufträge erhalten.

BTH Heimtex: Stoßen Sie, was die rasante technische Entwicklung angeht, irgendwann an Grenzen?

Oliver Wenk: Für die Maschinen besteht keine Gefahr, die können technisch angepasst werden. Aber die Designs und die Schaffenskraft des Menschen nicht. Wenn die Ateliers im Sechswochentakt neue Entwürfe liefern müssen, ist die Grenze bei Designern und unseren Arbeitnehmern irgendwann erreicht.

Edgar Wenk: Wir habe die komplette Arbeit auf die Schnelllebigkeit umgestellt, sind sehr flexibel, arbeiten auch am Sonntag, wenn es sein muss. Kurzarbeit können wir uns nicht leisten. Wir müssen immer präsent sein.

BTH Heimtex: Hat denn die Gefahr bestanden, Kurzarbeit einführen zu müssen?

Edgar Wenk: Ja, vor allem während der Russland-Ukraine-Krise 2014/15. Da haben wir mehr als 7 Mio. EUR verloren und mussten uns deshalb von mehreren Mitarbeitern trennen. Aber mittlerweile läuft es wieder deutlich besser, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.

Oliver Wenk: In der Ukraine gab es sechs bis sieben Tapetenfabriken, heute produziert nur noch ein Unternehmen. Allerdings sind wir in Russland und der Ukraine immer noch gut aufgestellt, obwohl die Billigkonkurrenz aus Fernost nicht schläft. Denn wir haben seit 2005 ein Werk in Russland.

BTH Heimtex: Auch in Deutschland ging die Zahl der Tapetenhersteller zurück. Mittlerweile gibt es nur noch vier große Produzenten. Gehören sie alle zu Ihrem Kundenkreis?

Oliver Wenk: Wir waren schließlich mal zu 100 % im Tapetenbereich tätig. Das zahlt sich nach wie vor aus. Alle deutschen Hersteller sind unsere Kunden.

BTH Heimtex: Welcher Markt ist für Sügravo der stärkste?

Edgar Wenk: Der russische Markt ist unser Hauptmarkt, danach kommt Deutschland beziehungsweise Europa. Die deutschen Tapetenhersteller haben zwar ihren Sitz in der Bundesrepublik, produzieren aber für ganz Europa. Insgesamt liefern wir in alle Welt, darunter USA, teilweise Südamerika und auch Japan. Außer in Russland haben wir auch jeweils ein Werk in Kanada und Frankreich.

Oliver Wenk: Das Siegel "Made in Germany" ist immer noch wichtig in vielen Ländern.

BTH Heimtex: Welches Leistungsspektrum bieten Sie den Tapetenherstellern?

Oliver Wenk: Für Tapete bieten wir alles - von der computergestützten Repro, also der Vorlagenerstellung, bis zum gravierbaren oder bedruckbaren Produkt. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Repro, darin sind wir führend. Die Gravur bieten wir dann in den verschiedenen Technologien für unterschiedliche Materialien an: Rotations-Siebdruck, Tiefdruck, Flexodruck oder Hochdruck, Rotationsschablonen, Acryl mit PU-Walzen. Wir sind, glaube ich, das letzte Unternehmen, das auch noch Leimdruckwalzen herstellen kann wie zu Urzeiten der Tapete.

Darüber hinaus setzen wir mit unseren Kunden auch Designwünsche um. Wir weisen allerdings darauf hin, dass wir keine Designer sind - wir setzen Entwürfe technisch um.

BTH Heimtex: Auch die sehr aufwändige Handgravur findet sich noch in Ihrem Angebotsspektrum. Warum?

Edgar Wenk: Diese Handwerkskunst ist zwar stark rückläufig, aber vereinzelt wird immer noch großen Wert auf Handgravur gelegt, speziell in Russland.

Oliver Wenk: Handgravur braucht Experten und Zeit. Das ist den Unternehmen zu teuer. Abhängig vom Aufwand braucht man für eine Handgravur drei bis vier Monate. Mittlerweile werden auf dem europäischen Markt immer mehr Simulationen angeboten. Aber das ist keine Handwerkskunst.

BTH Heimtex: Was ist die Spezialität von Sügravo?

OIiver Wenk: Natürlich unser breites Angebotsspektrum. Aber unser Aushängeschild sind Flexibilität, Lieferschnelligkeit und Qualität. Dabei legen wir sehr viel Wert darauf, dass unsere Verkäufer, die die Aufträge entgegen nehmen, auch die Endabnahme mit begleiten. Es ist ihre Aufgabe, die Wünsche bis zum Endprodukt umzusetzen. Unsere sechs Verkäufer pflegen den persönlichen Kontakt. Emotionalität und Sympathie sind die besten Mittel, um an Aufträge zu kommen.

BTH Heimtex: Die Tapetennachfrage geht seit Jahren zurück. Weiteres Ungemach droht der Branche durch den Digitaldruck. Wird er die klassische Tapete einmal ersetzen?

Oliver Wenk: Er wird sie ergänzen. Der Digitaldruck ist sehr individuell. Er eignet sich für kleine Chargen. Aber in die Massenproduktion mit Digitaldruck einzusteigen und vorher Millionen zu investieren, halte ich für sinnlos. Denn bei hoher Auflage ist der konventionelle Druck günstiger.

BTH Heimtex: Was ist derzeit Trend am Markt?

Oliver Wenk: Da muss man differenzieren. Auf dem russischen Markt wird nach wie vor die relativ teure Heißpräge nachgefragt. Ansonsten sind ganz allgemein Muster wieder im Kommen sowie Kombinationen aus Effekten, Textil und Mustern.

BTH Heimtex: Edgar Wenk, Sie haben Sügravo 1978 gegründet. Was hat Sie dazu bewogen?

Edgar Wenk: In dieser Gegend gab es früher viel Textilindustrie und damit auch viele Graveure. Ich habe deshalb bei Wetzel Grenzach-Wyhlen, heute Saueressig, Fotogravurzeichner gelernt. Zuletzt war ich dort Produktionschef, nachdem ich die Repro und die Gravur im spanischen Pamplona aufgebaut hatte. Als ein Kollege, der Geld geerbt hatte, mich fragte, ob ich ein Unternehmen mit ihm aufbauen wolle, habe ich ja gesagt.

Wir fingen in einem leerstehenden Gebäude an, das einmal eine Spinnerei war. Das konnten wir günstig mieten. Anfangs waren wir vier Leute, am Ende des ersten Jahres hatten wir schon 18 Beschäftigte. Ich hatte Erfolg, weil ich mich in dem Metier gut auskannte. Außerdem waren wir bereit, sonnabends, sonntags und an Feiertagen zu arbeiten. Dieser Einsatz ist auch heute noch unsere Stärke.

BTH Heimtex: Sie haben angekündigt, sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen zu wollen.

Edgar Wenk: Ich bin dabei. Stück für Stück lege ich die Verantwortung in die Hände meines Sohnes Oliver. Ich komme zwar immer noch jeden Tag ins Unternehmen und reise auch zu Kunden ins Ausland, aber zum Beispiel auf Messen bin ich nur noch teilweise präsent.

Oliver Wenk: Unsere Kunden werden von unseren Verkäufern betreut. Wenn es aber um strategische Dinge geht, sind mein Vater und ich die Ansprechpartner. Wir sind stolz darauf, dass das Unternehmen schuldenfrei im Familienbesitz ist.

BTH Heimtex: Alles in allem ist Sügravo gut aufgestellt. Aber leiden nicht auch Sie unter Fachkräftemangel gerade in diesen spezifischen Berufen?

Oliver Wenk: Ja, das ist ein Problem. Aber vor allem deshalb, weil die Ausbildung für unsere Berufe nicht ausreichend ist. Auch wenn unsere Lehrlinge, die heute Mediengestalter lernen, ihre Ausbildung beendet haben, bedarf es noch einiger Jahre, bis sie ihr Handwerk perfekt beherrschen. Früher war die Ausbildung spezifischer. Den Beruf Fotogravurzeichner gibt es heute nicht mehr. Ganz allgemein halten wir unsere Mitarbeiter durch überdurchschnittliche Löhne.

Das Gespräch führte Cornelia Küsel. | cornelia.kuesel@snfachpresse.de


Daten + Fakten Sügravo
Sügravo Oberflächenveredlung GmbH & Co. KG
Industriestraße 6
79541 Lörrach
Tel.: 07621 / 95 70-0
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www.suegravo.com

Geschäftsführer: Oliver Wenk, Edgar Wenk
Gegründet: 1978
Mitarbeiter: rund 100
aus BTH Heimtex 12/19 (Wirtschaft)