Fachverband Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie

Österreichische Textilindustrie - Sinkender Umsatz trübt die Stimmung der Branche


Hernstein/A. Die nachlassende internationale Konjunktur wirkt sich auch auf die österreichische Textilindustrie aus. Der Umsatz ging im ersten Halbjahr 2019 deutlich zurück. Neben den Rahmendaten waren Nachhaltigkeit und Ökologie die bestimmenden Themen der zehnten Jahrestagung des Fachverbandes der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie auf Schloss Herrnstein.

Die Themen der Zukunft standen ebenso im Mittelpunkt der diesjährigen Tagung des Fachverbandes der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie (TBSL) wie die Fakten der Gegenwart. "Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die guten Ergebnisse unserer Branchen im vorangegangenen Jahr im ersten Halbjahr 2019 nicht erreicht werden konnten", berichtete Obman Manfred Kern den rund 100 angereisten Teilnehmern auf Schloss Hernstein.

"Aufgrund der nachlassenden internationalen Konjunktur trübt sich auch das österreichische Wirtschaftswachstum ein", konstatierte Kern, "jedoch wirkt die anhaltende dynamische Binnennachfrage einem stärkeren nationalen Abschwung entgegen." Nach den besonders guten Jahren 2017/2018 mit zuletzt 2,7 % BIP-Wachstum werde sich das BIP 2019 auf 1,5 % abschwächen. Das hat auch Auswirkungen auf die Textilbranche.

So kam es aktuell zu einem leichten Rückgang der Unternehmen (- 8). Schwerwiegender noch: "Der Umsatz ist im ersten Halbjahr 2019 deutlich um 4,9 % zurückgegangen", so Kern. "Leider kann der Beschäftigtenstand von 2018 nicht gehalten werden, da der Rückgang im ersten Halbjahr bereits -2,3 % aufweist. Bedauerlicherweise kam es im Branchenbereich Spinnerei zu einigen Ausfällen, sodass es in Österreich eigentlich nur mehr zwei größere Spinnereien gibt."

In diesem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld konnten sich nach Kerns Angaben jedoch die technischen Textilien positiv behaupten: "Wir hoffen, dass die wirtschaftlichen Prognosen nur zu einer Verlangsamung des Wirtschaftsmotors für unsere Branchen führen werden." Auch auf europäischer Ebene habe sich im Vergleich zu anderen Industriebranchen die gute Konjunkturlage in der Textil- und Bekleidungsindustrie nicht durchgesetzt.

Das große Thema der Tagung war Nachhaltigkeit. Verantwortung, Reduzierung, Wiederverwertung, Kreislaufwirtschaft: Mehrere Referenten trugen zu diesen und anderen aktuellen Themen vor, in einer Podiumsdiskussion wurde zudem über die Frage debattiert, ob Nachhaltigkeit Schlagwort oder Herausforderung sei. "Der Umdenkprozess in Richtung Nachhaltigkeit ist bereits in Fahrt gekommen", unterstrich Manfred Kern und forderte: "Die Forschung von textilem Recycling muss verstärkt forciert werden."

Mode, die durch Fast-Fashion zu einem Wegwerfprodukt mutiert sei, müsse für den Konsumenten wieder zu einem werthaltigen Produkt werden. Kern betonte, dass die europäische TBSL-Industrie es nicht schaffen werde, die für eine Kreislaufwirtschaft notwendigen Maßnahmen allein zu tragen. Vielmehr werde das Zusammenspiel aller Marktteilnehmer sowie der politischen Entscheidungsträger gefordert sein.

Lange Zeit seien Mensch, Maschine und Material die richtungsweisenden Begriffe gewesen, so Kern: "Diese Strategien verfolgte die heimische Textilindustrie erfolgreich über Jahrzehnte hinweg verbunden mit Qualitätsverbesserung und stets neuen technischen Entwicklungen." Über viele Jahre hindurch habe man sich auf dem richtigen Weg gefühlt, verantwortungsvoll zu produzieren. "Wir haben jedoch erkannt, dass in den letzten Jahren die Verantwortung unserer Unternehmer über das reine Produzieren hinausgewachsen ist", so Kern. Die Industrie müsse sich mit neuen Begriffen beschäftigen: Responsibility, Reduce, Re-Use, Recycling.

"Befeuert durch die Auswirkungen der Globalisierung sind unsere Firmen gezwungen darüber zu reden, wie nachhaltig ihre eigene Produktion ist beziehungsweise Produkte sind oder zukünftig werden müssen, um auch weiterhin am Markt teilhaben zu können", betonte der Obmann. Die Entstehung von Konkurrenzunternehmen im asiatischen Raum sowie der wachsende Welthandel, verbunden mit sinkenden Transportkosten, führten zu neuen, gravierenden Problemen für die Umwelt, das Klima und die dort in der Branche Beschäftigten.

Kern: "Weltweites Beschaffen ist auch in unseren Branchen bereits alltäglich zumal die Lieferketten weit über die nationalen und europäischen Grenzen hinausgewachsen sind. Deshalb ist es für unsere Unternehmen unerlässlich, die eigenen Zulieferer genau zu kennen um über Menschenrechte, Arbeits- und Umweltbedingungen, sowie Compliance und faire Geschäftspraktiken Kenntnis zu haben, und damit den Konsumenten umfassende Informationen über ihre Produkte bereitstellen zu können."

Die Unternehmen der österreichischen Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie setzten seit jeher auf gute Qualität, Werthaltigkeit und Langlebigkeit ihrer Produkte. "Die Anzeichen in der Umwelt, das übergroße, weltweite Angebot an Fashion, verursacht durch die internationale Textil- und Bekleidungswirtschaft, zwingen alle Marktteilnehmer einen Prozess der Veränderung einzuleiten und mitzutragen, damit unsere Kinder und Kindeskinder auch im Jahr 2050 eine lebenswerte Umwelt vorfinden können", so Kern.


Textilindustrie im Überblick
Mitglieder: 237 Unternehmen (inklusive 121 des Stickereigewerbes)
Beschäftigte: 11.702 (-4,0 %)
Auszubildende: 196 (Stand 2018)
Textilschüler: 660 (Stand Schuljahr 2018/2019)
Umsatz 2017 I-VI: 1.338 Mrd. Euro (-1,7 %) lt. Konjunkturerhebung;
Bekleidungs- und Heimtextilien 709 Mio. Euro (-5,5 %);
Technische Textilien 629 Mio. Euro (+2,9 %)
Exporte 2017 I-VI: 1,30 Mrd. Euro (+0,7 %). Anteil EU 75,46 %,
Anteil Europa 83,90 %, davon Deutschland 29,44 %
Importe 2015 I-VI: 1,94 Mrd. Euro (+0,9 %), Anteil EU 52,42 %,
Anteil Europa 62,18 %, davon Deutschland 24,59 %.
Anteil Asien 35,45 %, davon China 12,27 %.
aus Haustex 12/19 (Wirtschaft)