FN Neuhofer: Erfolg seit 370 Jahren

"Für die Zukunft brauchen wir die besten Köpfe"

Im 370. Jahr seines Bestehens ist der weltweit agierende Leistenproduzent FN Neuhofer erfolgreicher denn je. Mit Parkett Magazin besprach Franz Neuhofer, der das Familienunternehmen in 10. Generation führt, warum er gerade in Krisenzeiten noch stärker als sonst auf Expansion setzt und welche ambitionierten Wachstumspläne mit der Vision 2025 in Zell am Moos in den kommenden Jahren umgesetzt werden.

Herr Neuhofer, wie hat sich das Leistengeschäft in den vergangen Monaten bei Ihnen entwickelt? Konnten die coronabedingten Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden?

Franz Neuhofer: Wir sind gut durch die Krise gekommen. Zum einen waren die Baumärkte in vielen Ländern ja trotz Lockdown mehr oder weniger durchgängig geöffnet. Zum anderen haben sich die Online-Bestellungen - wir wickeln mittlerweile den Direktversand Online-bestellter Ware für vier Baumarktketten ab - mit der Corona-Pandemie nahezu vervierfacht. Das war extrem, gerade in Ländern, in denen die Geschäfte geschlossen hatten - in Italien, Spanien, Frankreich, Großbritannien etc.

Aktuell füllen unsere Kunden ihre Läger wieder auf - die Auftragseingänge sind zurzeit sehr hoch. Insbesondere das DIY-Geschäft entwickelt sich weiterhin sehr gut, da viele Endkunden ihren Sommerurlaub in der Region verbringen.

Wie haben sich Produktion und Umsätze
insgesamt entwickelt?

Seit Juni produzieren wir mit einer Auslastung von ca. 125 %. Aktuell konnten wir einige Großkunden gewinnen - ab Herbst beliefern wir zwei neue Bodenbalagshersteller sowie drei neue DIY-Baumarktketten. Es entwickelt sich alles sehr positiv. Wir gehen per Ende August von einem Umsatzwachstum von Plus 8 % gegenüber dem Vorjahr aus. Und wir erwarten, dass es bis zum Jahresende ähnlich positiv weitergeht, auch wenn Prognosen derzeit selbstverständlich ungewiss sind.

Die letzten Monate haben uns aber auch gezeigt, wie essentiell die Sicherung von Arbeitsplätzen in Österreich ist. Bei FN Neuhofer musste auch in der herausfordernden Zeit keine einzige Kündigung ausgesprochen werden. Darauf bin ich sehr stolz. Wir sind als Arbeitgeber krisensicher und verlässlich. Und das bekommen wir von unseren Mitarbeitern auch wieder zurück. Die jetzige Situation nutzen wir übrigens gezielt, um qualifizierte Fachkräfte für Positionen zu finden, die in Zeiten der Hochkonjunktur nur schwer zu besetzen sind. Aktuell suchen wir über Annoncen in den Regionalmedien rund 35 Fachkräfte, die wir zusätzlich einstellen wollen, um gemeinsam mit ihnen den Unternehmenserfolg auf die nächste Stufe zu stellen und den Standort Zell am Moos weiterhin abzusichern.

War bzw. ist die Rohmaterialversorgung für die
verschiedenen Produktionsbereiche im Werk gegeben?

Ja, zu 98 %. Wir beziehen unsere Rohmaterialien größtenteils aus Österreich, Deutschland, Belgien, Polen und auch in Skandinavien. Wir hatten keine Engpässe, wenngleich wir bei manchen Sortimenten hier und da auf andere Lieferanten ausweichen oder ein bisschen mehr für die Ware bezahlen mussten. Die Lieferverfügbarkeit gegenüber unseren Kunden hat oberste Priorität.

In Krisenzeiten zählt auch ein guter Draht zum
Kunden mehr als sonst - wie hat sich der Vertrieb
auf die neue Situation eingestellt?

Wir sind in vielen Ländern über unsere Vertriebsteams vor Ort und stehen immer im engen Austausch mit unseren Kunden. Das wertschätzen unsere Kunden auch. Darüber hinaus halten wir jetzt viele Videokonferenzen und Online-Kurse ab. Das hat die Digitalisierung im Unternehmen schneller als gedacht vorangebracht; davon werden wird auch zukünftig profitieren.

Wichtig für unsere Kunden ist nicht zuletzt natürlich auch die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens - wir sind gut aufgestellt, haben genügend Eigenkapital und müssen keinerlei Bankkredite in Anspruch nehmen.

Wie stehen Sie perspektivisch zu Messebeteiligungen - speziell zu Domotex und Bau 2021?

Domotex und Bau 2021 sind für uns gesetzt, natürlich unter der Voraussetzung, dass sie stattfinden. Wir haben unsere Standflächen nicht zurückgezogen. Wir blicken nach vorne - es gibt auch eine Zeit nach Corona.

mit Blick nach vorne forcieren Sie bekanntermaßen den kontinuierlichen Ausbau der Produktion. Welche Investitionen wurden zuletzt getätigt? Wie hat sich die Leistungsfähigkeit des Werks dadurch entwickelt?

Aktuell beläuft sich unsere Produktionskapazität auf 165 Mio. lfm Leisten pro Jahr. Wir haben am Standort in den vergangenen Jahren einen zweistelligen Mio. EUR-Betrag in modernste Hobel- und Ummantelungstechnologien sowie in Verpackungsroboter, Anlagenverkettungen, Digitaldrucktechnologien und Lagerhallen investiert.

Eine weitere große Investition ist unsere neue Kunststoffabsaugung für Werkstoffe und deren Abfälle in einem nachhaltigen Kreislauf. Diese Anlage wird gerade aufgebaut. Aufgrund des anhaltenden Trends der LVT-Bodenbeläge rücken für uns wasserfeste Kunststoffleisten nochmals mehr in den Fokus. Daher bauen wir diesen Bereich massiv aus. Die jährliche Produktionskapazität im Kunststoffleisten-Segment liegt nach dem Ausbau bei 26,4 Mio. lfm.

Hinzu kommen neue Lagerhallen. Selbstverständlich steht Nachhaltigkeit immer im Fokus. So wird ein Teil des Stromes aus eigenen Wasserkraftwerken abgedeckt und soll durch Photovoltaik ergänzt werden.

Welche Rolle spielt Digitaldrucktechnik, insbesondere auch im Zusammenhang mit der aktuellen Erweiterung der Kunststoffleistenproduktion?

Der Digitaldruck spielt hier eine wesentliche Rolle. Denn dieser ermöglicht, dass Sockelleisten, Bodenprofile, Türrahmenprofile etc. dekorgleich mit dem Boden hergestellt werden. Ein großer Vorteil ist die schnelle und flexible Umsetzung aller nur erdenklichen Ideen.

Darüber hinaus können im digitalen Direktdruck unterschiedlichste Trägermaterialien, wie Kunststoffe, Aluminium oder Massivholz, direkt bedruckt werden - ohne Umweg über Papier oder Furnier, welche wiederum mit dem Träger verklebt werden müssten. Geringste Losgrößen in kürzesten Lieferzeiten sind möglich. Die Flexibilität bezieht sich auch auf die Profillängen. Durch die Endlosproduktion des Kunststoffträgers lassen sich zudem individualisierte Längen herstellen. Außerdem können Oberflächenstrukturen in 3D-Haptik angefertigt werden.

Welche Produkttrends beherrschen derzeit den Markt?

Stark nachgefragt werden wasserfesten Leisten, u.a. für LVT, und weiße Leisten - das ist aktuell alles aus Kunststoff. Es wird sich zeigen, wie der Markt hier auf das Thema Nachhaltigkeit und teilweise Kunststoffverbote reagieren wird.

Generell erkennen wir auch den Trend zu mehr Individualisierung, auch aus der Krise heraus stehen online-fähige Produkte in kleineren Mengen mehr im Vordergrund. Dem begegnen wir mit neuen Konzepten zur Umsetzung von Kleinmengen und hoher Flexibilität, wie Digitaldruck direkt auf die Leiste oder auf Folie.

Noch einmal zurück zum Thema Investitionen unter der Überschrift "Vision 2025" haben Sie ein ca. 25 Mio. EUR schweres Investitionspaket für den Standort in Zell am Moos angekündigt. Was genau ist geplant? Sind die Maßnahmen bereits angelaufen?

Ja, wir setzen unsere Version 2025 wie geplant um. Ein wichtiger Schritt für den weiteren Ausbau unseres Firmenareals war der Zukauf benachbarter Flächen, auf denen wir einen neuen Pkw-Parkplatzz für unsere Mitarbeiter fertiggestellt haben. Dadurch haben wir innerhalb unseres Werksgelände Platz für umfangreiche Baumaßnahmen geschaffen. Jetzt sind die Bauverhandlungen für das Großprojekt abgeschlossen, so dass die ersten Maßnahmen für ein neues Bürogebäude und neue Hallenschiffe für Produktion und Lager ab Herbst beginnen können. Es geht schneller voran als geplant.

Der dreigeschossige Bürokomplex wird neben gut 3.000 m2-Fläche für Büroräume einen repräsentativen Showroom sowie Schulungsräumlichkeiten erhalten. Die Ausstellung wird quasi einen Bau- und Fachmarkt abbilden, so dass die Kunden einen Eindruck von der Präsentation unserer Produkte am Point-of-Sale bekommen. Und zwei neue Produktionshallen mit 10.000 m2-Fläche und hochautomatisierter Maschinenausstattung erweitern vor allem die MDF- und Massivholzleisten-Kapazitäten. Es wird laufend in Teilabschnitten gebaut. Für das gesamte Neubau-Areal planen wir die Fertigstellung im Jahr 2025. Vielleicht geht es auch schneller.

Inwiefern können Sie im Zuge des Produktionsausbaus weitere Automatisierungspotenziale ausschöpfen?

Automatisierung ist ein kontinuierlicher Prozess. Das geht immer weiter. Aktuell tauschen wir alle Roboter, zurzeit sind es 14, gegen die neueste Technikgeneration aus. Dadurch wird sich die Produktionsleistung ohne zusätzliches Personal um 15 % erhöhen. Sukzessive werden wir außerdem alle Staplerfahrzeuge durch fahrerlose Transportsysteme ersetzen. Die betroffenen 18 Mitarbeiter müssen deshalb nicht um ihren Job fürchten, uns geht es immer darum, mit ungefähr demselben Personalstand die Produktivität zu erhöhen.

Darüber hinaus haben Sie in der Haslau im Juni mit der Errichtung eines Mehrfamilienhauses auch für Mitarbeiterfamilien begonnen. Welche Intention verfolgen Sie damit?

Wir freuen uns sehr, dass wir nur wenige Minuten von unserem Firmenstandort entfernt die Möglichkeit haben, ein Mehrfamilienhaus zu errichten und so Wohnraum unter anderem für unsere Mitarbeiter in der Nähe anbieten zu können. Zum Bauplatz habe ich, nebenbei erwähnt, eine ganz besondere Beziehung, denn dort stand meine ehemalige Volksschule.

Auf gut 1.000 m2 entstehen 13 Wohneinheiten. Uns geht es darum, speziell Führungskräften adäquate Wohnungen zu adäquaten Preisen in der Nähe des Werkes anbieten zu können. Die Mitarbeiter können günstig wohnen, Familien ersparen sich gegebenenfalls ein zweites Auto. Denn wir leben hier in einem Tourismusgebiet mit einer entsprechend hohen Preisstruktur; auch Grundstücke sind sehr teuer. Dieses Projekt beläuft sich auf rund 2,5 Mio. EUR; spätestens im Juni 2021 soll es fertiggestellt sein.

Damit gehen Sie einen ungewöhnlicher Schritt...

ja - und nein: Für die Zukunft des Unternehmens brauche ich die besten Köpfe. Uns geht es einfach darum, uns für Mitarbeiter noch attraktiver zu machen, damit wir sie langfristig im Unternehmen halten können. Das machen sicher nicht viele Firmen, vielleicht auch gerade nicht in diesen Zeiten. Aber wer jetzt zu seinen Mitarbeitern steht, wird davon profitieren, wenn es wieder andersherum läuft. Wir denken langfristig.
| Das Gespräch führte Imke Laurinat

i FN Neuhofer

Neuhofer Holz GmbH
Haslau 56, A-4893 Zell am Moos
Tel.: +43 / 62 34 / 85 00-0
E-Mail: office@fnprofile.com
www.fnprofile.com

Gründung: 1650
Geschäftsführer: Franz Neuhofer
Mitarbeiter: 290
Umsatz (2019): 65,8 Mio. EUR
Exportquote: 96 % in weltweit 70 Länder
Vertrieb: 70 % DIY, 15 % Großhandel, 15 % Industrie
Ummantelungs- und Hobel-Kapazität: 165 Mio. lfm jährlich
Produkte: Zubehör für Boden, Wand und Decke
aus Parkett Magazin 05/20 (Wirtschaft)