Zollanvari, Embrach bei Zürich

Design-Trendsetter seit 75 Jahren

Seit seiner Gründung vor 75 Jahren hat Zollanvari immer wieder entscheidende Entwicklungen angestoßen. Der Schweizer Importeur mit iranischen Wurzeln hat den Nomadenteppich in den Westen geholt und ihn ständig weiterentwickelt. Große, farbige Gabbeh, Luribaft und Zypressenmuster haben so ihren Weg nach Europa gefunden. Den persisch-nomadischen Ursprung sieht man allen Zollanvari-Teppichen an - auch denen, die moderne Designs aus Wien und Mailand tragen.

Auf einmal war er da: ein grob geknüpfter, hochfloriger und sehr farbintensiver Teppich. Mit seinen schlichten geometrischen Mustern und stilisierten Tierfiguren passte er wunderbar ins moderne europäische Wohnzimmer - der Gabbeh. Auch jungen Leuten gefiel und gefällt er, zumal er so gar nichts vom "Gelsenkirchener Barock" der Teppiche hatte, die vor den Einbauschrankwänden der Eltern oder Großeltern lagen.

Der Gabbeh hat seinen Weg nicht einfach so von selbst in die europäischen Wohnräume gefunden. Hergebracht wurde er von Gholamreza Zollanvari: 1947 gründete der iranische Teppichhändler das Familienunternehmen Zollanvari, das heute von seinem Sohn Reza geleitet wird und seinen Hauptsitz bei Zürich hat. Weitere Zollanvari-Showrooms und Lager sind auf der ganzen Welt zu finden, beispielsweise in Japan, Südafrika oder den USA. Mit handgeknüpften und -gewebten Teppichen, denen man ihren nomadischen Ursprung immer ansieht. Ihr lebhaftes Erscheinungsbild ist nicht zuletzt auf das handversponnene, pflanzengefärbte Garn zurückzuführen, das für Zollanvari-Teppiche grundsätzlich verwendet wird.

Die Designs wiederum reichen von schlicht-traditionell über verspielt-folkloristisch und zurückgenommen-modern bis hin zu komplexen und hochmodernen Kompositionen, die auch in Kooperation mit renommierten Designbüros entstehen.

Der Gabbeh als Keimzelle des Erfolgs

Der Gabbeh sah übrigens nicht immer so aus, wie viele ihn heute kennen. Ursprünglich wurde der Teppich von persischen Nomadinnen ausschließlich für den Hausgebrauch geknüpft. Er war eher klein und länglich, oft auch naturfarben, und diente zum Beispiel als Bettdecke. Westliche Teppichhändler fanden ihn zunächst uninteressant, aber Gholamreza Zollanvari erkannte sein Potenzial. Er knüpfte intensive Kontakte zu den südpersischen Luri- und Ghashghai-Nomaden und den dortigen Dorfbewohnern, brachte dabei viel über ihr Leben und die besonderen Stärken der jeweiligen Knüpferinnen in Erfahrung. "Auf dieser Basis konnte er ihnen vorschlagen, ihre Muster leicht abzuwandeln und weitere Farben in ihr Spektrum aufzunehmen - sodass die Teppiche für den westlichen Geschmack attraktiv wurden", berichtet der jetzige Geschäftsführer Reza Zollanvari. "Wenn wir heute ein neues Designkonzept haben, frage ich immer noch bei meinem Vater nach, mit welchem Stamm oder in welchem Dorf sich das am besten umsetzen ließe."

Der Durchbruch auf dem Weltmarkt

Dann ging alles ganz schnell: Reza Zollanvari - der ursprünglich zum Studieren in die Schweiz gezogen war - gründete 1985 eine Niederlassung in Zürich und führte die auf traditioneller Basis neu entwickelten Teppiche dem europäischen Markt zu. Die modernen Gabbehs waren jetzt in vielen fröhlichen Farben und Mustervariationen zu haben, dazu in großzügigeren Maßen. Damit gelang Zollanvari 1989 der Durchbruch auf dem Weltmarkt. Vor allem in Deutschland gingen die neuen Gabbehs durch die Decke. Gleichzeitig übernahm Rezas Bruder Hamid das Geschäft im Iran und ließ in Shiraz ein neues Zentrum mit Designbüro, Lager, Wäscherei und Färberei entstehen. Denn gerade die Farbgebung spielte und spielt bei Zollanvari eine zentrale Rolle. Zum Beispiel das tiefe, lebhafte und gleichzeitig dezente "Zollanvari-Rot", auf das man besonders stolz ist.

Neue Muster, von griffig bis fein

Die ersten Zollanvari-Gabbehs waren grob geknüpft und schwer; die nächste Generation hob den frisch gestalteten Nomadenteppich auf eine neue Ebene, machte ihn feiner und leichter. Das galt auch für die Muster. Dabei ließ sich Reza Zollanvari durch seine Reisen in die Ursprungsgebiete inspirieren, außerdem durch Fachbücher und durch Gespräche mit Sammlern alter Teppiche. Gefertigt wurden die Teppiche von Nomadenstämmen mit den entsprechenden Knüpftraditionen: Die feinsten entstanden bei den Kashkuli, etwas gröbere bei den Luren ("Luribaft").

Designs aus Mailand, Wien und Zypern

Ganz neue, kreative und sehr moderne Teppichvariationen entstanden und entstehen durch die Zusammenarbeit mit international renommierten Designstudios wie So Far So Near (Mailand), NOV24 (Wien) und Soheila Shayegan (Zypern): Für Zollanvari habe sich das "ganz natürlich so ergeben".

Zollanvari hat zahlreiche internationale Auszeichnungen für seine Knüpfteppich- und Flachweb-Kollektionen erhalten, darunter der renommierte German Design Award, der Interior Innovation Award der Möbelmesse Imm Cologne und viele Male die Carpet Design Awards der Domotex Hannover.

Die nomadisch-traditionellen Wurzeln sieht man allen Zollanvari-Teppichen an. Neben "orientalischer" Mustersprache prägen Einflüsse aus anderen Kulturräumen - wie etwa Japan - das Teppichbild. Auch (moderne) Kunstströmungen wie Bauhaus oder Designs, die an Bilder von Kandinsky erinnern, finden ihren Weg auf den handgefertigten Teppich.

Lion Collection

Die Lion Collection wurde zum 75. Jubiläum von Zollanvari entwickelt, in Zusammenarbeit mit den Designbüros Nov24 (Wien) und So Far So Near (Mailand). Die zentrale Figur hier, der Löwe, steht in der persischen Mythologie für Heldenmut und Herrschertum, ist also nicht von ungefähr bildlich-symbolischer Bestandteil des Zollanvari-Logos. Für die Teppiche der Jubiläumskollektion entwarfen die Büros Designs mit zeitgenössischem Twist. So entstand Zollanvaris "stilistisch bisher umfangreichste Kollektion": mit Mustern, die an feine, reich verzierte persische Isfahan-Teppiche erinnern - oder an grob geknüpfte südwestpersische Stammesteppiche. Mit einem Teil der Einnahmen will Zollanvari entweder ein Projekt zur Erhaltung der asiatischen Löwen im Iran unterstützen oder ein Projekt des WWF.

"Ghashghai
meets Bauhaus"

Die Kollektion "Ghashghai meets Bauhaus" von So Far So Near zeigt traditionelle Ghashghai-Motive auf Bauhaus-Art: Der Löwe, der Pfau, die Frau und der Mann werden mit den für das Bauhaus so typischen Quadraten und Dreiecken vereinfacht dargestellt. Die Kollektion wurde auf der Domotex 2020 eingeführt und wird 2021 um neue Farben und Designs ergänzt.
Kyoto / Ikebana Collections

Die japanisch inspirierten Kyoto- und Ikebana-Kollektionen gehören zu den Bestsellern im Zollanvari-Programm. Inspiriert durch alte "Meisen-Kimonos" (Alltagskimonos mit westlich inspirierten Mustern) entwickelte Reza Zollanvari entsprechende Teppichdesigns mit Art-déco-Anklängen, die viele fein nuancierte Schattierungen erfordern. Dafür galt es, die unterschiedlichen Töne der Wolle miteinander zu verblenden - ein komplexer Prozess, den die Knüpferinnen zunächst erlernen mussten. Die Kollektion Ikebana, ebenfalls japanisch inspiriert, ist eine frische, florale Interpretation und zeigt klar gezeichnete Blumen, aber auch abstrahierte Blütendesigns. Beide Kollektionen erschienen 2017 und werden jährlich um neue Looks ergänzt.

Stained Glass Collection

"Farbe ist eine Kraft, die die Seele direkt beeinflusst", hat der expressionistische Maler Wassily Kandinsky gesagt. Die Designs der Stained Glass Collection erinnern mit ihrem sehr ausdrucksstarken Farbspiel an seine Gemälde. Hier hat Reza Zollanvari typische südpersische Stammesmuster und -motive wie Bäume und Quadrate expressionistisch verfremdet und die Designs im Still moderner Bleiglasfenster umsetzen lassen.
Design-Trendsetter seit 75 Jahren
Foto/Grafik: Zollanvari
Lion Collection, NOV24 Studio Wien für Zollanvari
aus Carpet! 02/21 (Wirtschaft)