Johannes Brenner im Ruhestand

"Wir haben uns mit Cotonea eine Leuchtturm-Positionierung erarbeitet"


Haustex: Herr Brenner, Sie waren 20 Jahre lang Vertriebsleiter bei Elmer & Zweifel und haben 2003 die Marke Cotonea ins Leben gerufen. Was gab damals den Ausschlag für diese Entwicklung?

Brenner: Wir waren bis dahin ein Hersteller unter anderem von technischen Textilien in einem schwierigen Markt. Immer mehr Kunden haben ausschließlich auf den Preis geschaut, immer mehr Gewebe kam aus Fernost. Wir wollten uns am Markt behaupten. Bio-Baumwolle gab es schon, sie stand aber noch nicht im Fokus. Damals habe ich gesagt, dass wir in die nächsten Wertschöpfungsstufen hineingehen müssen: nicht einfach Gewebe produzieren, sondern auch schauen, was wir selbst aus unseren Geweben machen können. Wir haben damals schon einige wenige Fertigprodukte hergestellt, insofern lag es nahe, darauf aufzubauen. Allerdings nicht mit konventioneller Baumwolle, denn da war der Markt zu. Wir mussten uns eine Alleinstellung erarbeiten: mit Bio-Baumwolle und auf einem sehr hohen ökologischen Niveau. Diesen Weg haben wir konsequent verfolgt.

Haustex: Wie hat sich die Marke etabliert?

Brenner: Wir mussten zunächst definieren, welchen Nutzen wir für unsere Kunden aus dem Fachhandel stiften. Wir gehen nicht auf die Großfläche und auch nicht zu Amazon, Zalando und Co. - wird sind fachhandelstreu, und das halten wir bis zum heutigen Tage durch. Der Fachhandel hat also mit uns die Chance, ein Produkt anzubieten, das sonst nicht zu bekommen ist und mit dem er eine Alleinstellung erhält. Viele Bettwäscheanbieter des Fachhandels findet man auch in den Boutique-Abteilungen der Möbelhäuser. Da zieht der Fachhandel häufig den Kürzeren, weil er preislich nicht mithalten kann.

Haustex: Aber für den Umsatz interessanter sind Schlafsysteme

Brenner: Für viele Fachhändler ist die Bettwäsche nur noch ein Randsortiment. Damit schaffen sie sich eine enorme strategische Lücke. Wer heute ein Schlafsystem kauft, kommt mit Glück in zehn Jahren wieder ins Geschäft, um sich ein neues anzuschaffen. Die entscheidende Frage ist, wie ich diese Kunden in der Zwischenzeit zu loyalen Kunden mache, die immer wieder kommen. Hierzu brauche ich etwas Besonderes, ein Produkt, in dem auch der Endkunde für sich einen Nutzen sieht. Diese Lücke können wir mit Cotonea füllen.

Haustex: Wofür steht Cotonea heute?

Brenner: Die Marke steht für Gesundheit, Sicherheit, Geborgenheit und Zufriedenheit. All dies ist für den Endkunden relevant. Ihn kann man nur mit emotionalem Mehrwert überzeugen, dann akzeptiert er auch höhere Preise. Der Erfolg gibt uns hier Recht.

Haustex: Gab es in all den Jahren auch Rückschläge für Cotonea?

Brenner: Wir haben keine wirklichen Rückschläge erlebt, sondern vielleicht mal eine Stagnation. Wir hatten in der Vergangenheit leider Pech mit verschiedenen Designern und mitunter Defizite in den Dessins, bei denen der Fachhandel nicht aus vollem Herzen ja sagen konnte.

Haustex: Aber ist Ihr Argument nicht vor allem das Bio-Thema?

Brenner: Man darf eines nicht vergessen: Der wichtigste Wettbewerb, den der Händler gegenüber den Endkunden gewinnen muss, ist der Wahrnehmungswettbewerb. Und den gewinnt man nur durch schöne Dessins. Da hilft auch das Bio-Argument nicht - den ersten Eindruck bestimmt das Aussehen. Zu mehr als 95 Prozent entscheiden Frauen beim Kauf einer Bettwäsche, und sie gehen dabei zuallererst nach der Optik. Wenn das gegeben ist, entsteht eine positive Grundstimmung, die die Kundin auch für alle weiteren Argumente öffnet.

Haustex: Ist dieser Wahrnehmungswettbewerb im Onlinegeschäft schwerer zu gewinnen?

Brenner: Aus meiner Erfahrung sage ich: nein. Es geht hier um den visuellen Eindruck. Wir stellen unsere Dessins im Onlineshop dar, und dann gefallen sie oder nicht. Das ist online wie offline das gleiche Prinzip. Wenn der stationäre Händler nur Matratzen zeigt, gelangt er nicht in die selektive Wahrnehmung der Kundinnen. Wir leben heute in einem Käufermarkt, in dem 20 Lieferanten um einen Kunden buhlen. Derjenige, der die meiste Aufmerksamkeit im Gehirn erregt und in die selektive Wahrnehmung kommt, macht das Rennen.

Haustex: Wie sieht Ihre persönliche Zukunft aus - welche Themen werden sie beschäftigen?

Brenner: Das Thema Neuromarketing, das ich hier schon angesprochen habe und mit dem ich mich seit zwölf Jahren auseinandersetze, wird mich auch weiter beschäftigen. Ein zweites Thema ist die Positionierung von Unternehmen. Ich stehe mit zwei IHKs in Verbindung, um hierzu Seminare und Workshops abzuhalten. Ob es Bettenhändler sind, Raumausstatter, Industriebetriebe oder Handwerker: Vielen fehlt es an einer klaren Positionierung, das macht sie beliebig austauschbar. Ich möchte speziell kleinen und mittelständischen Unternehmen in diesem Punkt etwas helfen, denn hier gibt es viele Probleme.

Haustex: Wie kann man sie lösen?

Brenner: Wir haben uns mit Cotona eine Leuchtturm-Positionierung erarbeitet. Ein Leuchtturm rennt nicht den Schiffen nach. Er ist gut positioniert und hat eine Strahlkraft, an der sich andere orientieren. Das ist uns gelungen. Wir bekommen jeden Tag mehrere Anfragen weltweit nach unseren Geweben, ohne dass wir die Leute angeschrieben haben. Das liegt allein an unserer Positionierung und gelingt nur dann, wenn man keine Bauchladen-Politik betreibt, sondern sich konsequent spezialisiert. Deshalb werden wir gesehen.
aus Haustex 04/21 (Wirtschaft)