Dr. David Reindl, Dr. Schutz/Eukula, über fachgerechte Oberflächenbehandlung

"Bei Öl-Imprägnierungen gibt es keine Probleme mit Enthaftungen"


Wie schützt und behandelt man frisch verlegte Massivhölzer und Oberflächen, die einen Hirnholzschnitt aufweisen, also vor allem Holzpflaster und Hochkantlamellen? Darauf gibt Dr. David Reindl, Laborleiter von Dr. Schutz/Eukula, ausführlich Antwort.

Welche Oberflächenbehandlung empfehlen Sie für Holzpflaster in gewerblichen und industriellen Einsatzbereichen?

Böden mit Hirnschnitt zeichnen sich seitens der Oberflächenbehandlung durch die extrem erhöhte Saugfähigkeit aus. Eine derartige Saugfähigkeit spricht für die Anwendungen von Imprägnierungen, also Ölen. Abhängig von der Holzart kann man ein Hirnholz mit dem Auftrag von Ölen nicht selten sogar bis zum Untergrund "durchimprägnieren". Eine Sättigung des Holzes empfiehlt sich, um farbliche Markierungen aus dem Auftrag zu vermeiden.

Nimmt das Material tatsächlich so viel Öl auf, dann eignet sich die Anwendung von 2K-Ölen mit Isocyanatvernetzer, der dabei hilft, auch tiefer eingedrungenes Öl, das nicht so gut von Sauerstoff aus der Luft gehärtet werden kann, zu einer Fixierung zu bringen.

Auch lösemittelbasierte Alkydsysteme (Öl-KH-Lack, Hartwachsöl) können hilfreich sein, weil sie zum einen die offenen Oberflächen wirksam imprägnieren, zum zweiten dazu eine schützende Lackschicht an der Oberfläche aufbauen. Auch hierbei würde ich prinzipiell eine 2K-Anwendung vorziehen. Wenig vorteilhaft wären hingegen klassische 2K-Lösemittellacke, da diese schnell und stark durchhärten und bei Eindringen in die Fuge eine Blockbildung begünstigen.

Wasserlacke hingegen zeigen so gut wie kein Imprägnierverhalten. Sie liegen weitgehend schichtbildend auf der Oberfläche. Hierbei kann es in ungünstigen Fällen auch zu einem "Aufbrennen" des Lacks kommen. Das umgeht man mit ausreichend sattem Auftrag, was wiederum im Grundierungsauftrag zu einer starken Wasserbelastung samt Quellverhalten führen kann. Ein mit modernen Reaktionsklebstoffen verlegtes Hirnholz sollte damit weniger Schwierigkeiten haben.

Wie sieht es bei einem älteren Boden mit unbekannter Historie aus?

Sehr sinnvoll kann hier bei einer Versiegelung die Kombination beider Welten sein: erst eine Öl-Imprägnierung zum Moderieren der Saugfähigkeit und wegen der damit einhergehenden farblichen Aspekte, dann eine Versiegelung mit einem Wasserlack. Gibt der Hersteller eine Kombination von Hartwachsöl mit anschließender Wasserlackversiegelung frei, dann ist auch dies eine sinnvolle Alternative.

Welche Oberflächenbehandlung empfehlen Sie für Massivholzdielen?

Mit modernen Reaktionsklebstoffen verlegte Dielen mit angepasster und kontrollierter Feuchtigkeit können eigentlich mit allen am Markt gängigen Oberflächensystemen behandelt werden. Bei diesen Verlegungen ist die sogenannte Blockverleimung durch den Lack bei weitem nicht mehr so kritisch wie früher. Für Blockverleimungen verdächtige 2K-Lösemittellacke sind nicht mehr häufig. Aufpassen sollte man trotzdem bei älteren oder unbekannten Verklebungen sowie genagelten Böden.Möchte man Blockverleimungen sicher ausschließen, so empfiehlt sich die Anwendung eines Imprägnieröls oder eines schichtbildenden Alkydsystems.

Macht eine werkseitige Vorbehandlung Sinn?

Prinzipiell gilt: Der Handwerker übernimmt ein gewisses Risiko, wenn er eine andere Vorbehandlung wählt, als für die Endbehandlung getestet und freigeben. Insofern ist die Frage in Bezug auf eine breitere Anwendung eher mit Nein zu beantworten.

Teilweise kommt man um eine werkseitige Vorbehandlung nicht herum, insbesondere bei strukturierten Oberflächen, bei denen der Hersteller den Anspruch einer fertigbehandelten Oberfläche erhebt. Da es sich dabei häufig um geölte Oberflächen handelt, bietet sich aber nach Verlegung eine Nachimprägnierung an, häufig als Erstpflege formuliert. Die Erst-Imprägnierung selber, die jedoch kann der Handwerker auf der Baustelle heutzutage mit den richtigen Kenntnissen und Material schon fast besser aufbringen.

Welche physikalischen Eigenschaften sollte eine Oberflächenbehandlung für das im Vergleich zu Längsholz sehr viel saugfähigere Hirnholz mitbringen?

Kritisch sind immer die Feuchtewechsel des Holzes. Wenn dabei die Haftung am Holz nicht sicher gegeben ist, kann es zu einem Abscheren einer Versiegelung führen. Das geschieht besonders in stark wasserbelasteten Eingangsbereichen und eben beim Hirnschnitt. Bei Imprägnierungen gibt es keine Probleme mit Enthaftungen, denn wo keine Schicht ist, da kann auch nichts enthaften. Imprägnierungen können auch durch einePflegeimprägnierung problemlos aufgefrischt werden.

Wie bleibt die gute Rutschhemmung des Holzpflasters optimal erhalten?

Rutschhemmung wird durch die Oberfläche des Bodens gegeben. Verändert man die Oberfläche durch Aufbringen einer Schicht (Lack), dann bestimmt diese die rutschhemmenden Eigenschaften. Das Holz, egal welcher Schnitt, hat keinen Einfluss mehr. Die Frage kann also nur mit Ölimprägnierungen beantwortet werden, nicht mit sogenannten Schichtbildnern.

Was ist beim Auftragen der Oberflächenbehandlung auf neu verlegtes Holzpflaster/Hochkantlamellen/Mosaikparkett/Massivholzdielen zu beachten?

Imprägnierungen, Öle, müssen immer entsprechend dem Saugverhalten des Untergrunds aufgebracht werden. Imprägniert man ungleichmäßig, so riskiert man ein inhomogenes Farbbild. Die Konstante lautet: Imprägnieren bis zur Sättigung des Holzes. Die Applikationstechnik, die man sich aussucht, kann je nach Anwendungsfall schwanken. Stark saugende Untergründe können mit einer Rolle oder einem Wischer behandelt werden. Nur muss man bei Öl-Imprägnierungen immer bedenken, dass Überstände durch Auspolieren auch wieder entfernt werden müssen. Trägt man viel mehr auf, als das Holz aufnimmt, muss man auch viel wieder entfernen. Dass dies bei schwächer saugendem Untergrund nicht viel Sinn macht, ist offensichtlich. Insofern hat sich bei geschlossen-fugigem Eichenholz im Längsschnitt die Spachtelapplikation von Öl bewährt. Im Hirnschnitt kommt man mit dem Spachteln nicht nach. Zumal man auch Öl in die reichlich vorhandenen Fugen versenkt. Da ist es besser, das Imprägnieröl mit der Rolle aufzutragen. Vorteilhaft ist dabei ein Öl mit länger offener Trocknung , sodass man nicht unmittelbar nach Auftrag auspolieren muss und der Ölaufnahme durch das Holz Zeit geben kann. Vereinzelt kann bei Rollapplikation auch ein leichtes Reduzieren mit einer Systemverdünnung geeignet sein. Doch Achtung: In Deutschland wird das normalerweise nicht durch die bauaufsichtliche Zulassung abgedeckt.


Welche Praxis-Tipps geben Sie dem Parkettleger?

Das Vorwässern des Holzes vor einer Ölimprägnierung ist ein genereller Tipp! Dass ist sogar auf dem schon extrem saugfähigen Hirnschnitt vorteilhaft anzuwenden. Dabei geht es nicht um die Umsatzoptimierung des Ölherstellers, sondern um spätere optimierte Beständigkeit und ein homogeneres Oberflächenbild. Extremsauger, wie Hirnschnitt, werden bei einer direkten Wasserlackversiegelung sehr gut auch im Rohholzauftrag mit einem 2K-Lack behandelt. Grund hierfür sind die Lösemittel im Härter, die als Filmbildehilfsmittel agieren und mit dem Wasser des Wasserlacks weggezogene Filmbildhilfsmittel ergänzen. Übrigens sollte man einen Wasserlack nicht durch Gießen vorlegen und dem stark wasseraufnehmendem Hirnschnitt Zeit geben, das Wasser wieder abzugeben. Mit anderen Worten: keine zu schnelle Schichtenfolge.
aus Parkett Magazin 03/21 (Wirtschaft)